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Trödler Plakate (Vorschau)

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102<br />

TECHNIK<br />

Stiche pro Minute. Das Arbeitsprinzip: „Eine<br />

Hakennadel wird von oben durch das<br />

Nähgut geführt, nimmt den Faden unter<br />

dem Stoff auf und zieht diesen auf die<br />

Oberseite des Nähgutes. Während sie die<br />

nach oben geführte Fadenschlinge ,festhält‘,<br />

sticht sie ein Stückchen versetzt erneut<br />

in den Stoff ein. Nun greift sich die Hakennadel<br />

wieder den Faden und zieht ihn<br />

jetzt sowohl durch das Nähgut als auch<br />

durch die festgehaltene Schlinge. Damit<br />

ist die erste Schlinge durch die neu entstandene<br />

zweite fixiert und kann freigegeben<br />

werden." Dasselbe geschieht mit allen<br />

weiteren Schlingen. Thimonniers Maschine<br />

besaß noch keinen Stofftransport, die<br />

Näherin oder der Näher mussten den Stoff<br />

selbst weiterbewegen. Je gleichmäßiger<br />

dieser Vorgang ausgeführt wurde, desto<br />

ebenmäßiger fiel die Stichlänge aus. Thimonnier<br />

versuchte in den nächsten Jahren<br />

immer wieder, eine fabrikmäßige Nähmaschinenproduktion<br />

aufzubauen, was ihm<br />

jedoch nicht gelang. Der Grund für das<br />

Scheitern lag vermutlich auch an seinem<br />

Heimweh. Noch in der Aufbauphase flüchtete<br />

er 1831 zurück in seinen Heimatort<br />

Amplepuis bei Lyon. Im britischen Manchester<br />

wurde er später ebenfalls nicht<br />

glücklich. Hier sollte er seinen neu entwickelten<br />

Cousobrodeur für die Firma Lakeman<br />

in Serie bauen, brach seinen Aufenthalt<br />

aber nach wenigen Monaten ab.<br />

Amerikanischer Durchbruch<br />

06 / 14<br />

Ähnlich unglücklich wie Madersperger<br />

agierte Walter Hunt (1796-1859). Der New<br />

Yorker kam anders als Krems, Madersperger<br />

oder Thimonnier nicht aus dem<br />

Textilgewerbe, sondern war Mechaniker<br />

und erfand einige bemerkenswerte Gegenstände<br />

– die Sicherheitsnadel, eine<br />

Straßenreinigungsmaschine, einen Messerschleifer<br />

– und 1834 eine Doppelstich-<br />

Schiffchen-Maschine, die er jedoch nicht<br />

zur Nähfähigkeit brachte. Hunt löste sich<br />

von der Vorgabe, das Handnähen oder<br />

Häkeln nachzuahmen. Er erkannte, dass<br />

man zwei Fäden für eine feste Maschinennaht<br />

benötigte, die man von oben und unten<br />

an das Nähgut heranführen und verknüpfen<br />

musste. Dafür setzte er ein Schiffchen<br />

ein, in dem sich der zweite auf einer<br />

Spule aufgewickelte Faden befand.<br />

Auf dieser Zwei-Faden-Technik basierte<br />

Elias Howe’s (1819-1867) erstellter Urtyp<br />

Elias Howe, Boston, USA, Doppelsteppstich-Nähmaschine,<br />

um 1846<br />

Barthélémy Thimonnier, St. Etienne, Frankreich,<br />

Kettenstich-Nähmaschine, 1831<br />

Singer Nr. 1, Doppelsteppstich-Nähmaschine mit<br />

gerader Schiffchenbahn, USA, 1855<br />

einer Doppelstich-Nähmaschine, die auch<br />

brauchbar war und 1846 patentiert wurde.<br />

Sie leistete die Arbeit von vier bis sechs<br />

Näherinnen. Howe’s Versuche gehören zu<br />

den zahlreichen Geschichten um die Entstehung<br />

der Nähmaschine. In Boston hörte<br />

er seinen Chef – ein Hersteller von<br />

Spinn- und Webmaschinen – zu einer<br />

Kundin sagen: „Wer eine Maschine erfände,<br />

die nähen kann, würde ein Vermögen<br />

machen." Diese Idee ließ Howe nicht mehr<br />

ruhen: „Er beobachtete die Finger seiner<br />

Frau beim Nähen und versuchte zuerst,<br />

deren Handbewegungen maschinell umzusetzen<br />

(…) Er tüftelte so lange, bis er eine<br />

Nähmaschine erschaffen hatte, die 250<br />

feste Stiche in der Minute nähte. Bei einem<br />

Wettbewerb gegen geübte Handnäherinnen<br />

nähten die Frauen 50 Stiche pro Minute,<br />

seine Maschine jedoch 300". Howes<br />

Unglück war, dass die Zeitgenossen sich<br />

nicht für seine Erfindung interessierten<br />

und er keinen Hersteller fand. Auch sein<br />

Versuch, in England zu reüssieren, schlug<br />

fehl. Sein Misserfolg lag neben dem hohen<br />

Preis auch an den noch vorhandenen Unzulänglichkeiten<br />

der Maschine, sie konnte<br />

nur wenige Stiche hintereinander ausführen,<br />

der Faden besaß zu wenig Spannung,<br />

die Nadel brach häufig ab. Er veräußerte<br />

aus finanziellen Gründen sein Patent und<br />

kehrte ernüchtert in die USA zurück. Wie<br />

das Leben so spielt: Inzwischen hatte Howe’s<br />

Erfindung ihre Anerkennung gefunden.<br />

Trotz ihrer Mängel waren die patentierten<br />

Teile und ihre Kombination wesentlich,<br />

sie wurden von anderen Erfindern aufgegriffen<br />

und verbessert. Als Howe einen

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