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Wasser auf dem Globus - ACK-NRW

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3. Theologische Grundlagen Erich Zenger<br />

rung und Kraft geben. Die weisheitliche Schöpfungstheologie legt, vor allem in ihrer älteren<br />

Gestalt, den Akzent nicht <strong>auf</strong> die Schöpfung am Anfang, sondern <strong>auf</strong> die „Schöpfung“, die<br />

sich fortwährend vollzieht. Fachtheologisch gesprochen: Nicht die creatio prima, sondern die<br />

creatio continua ist ihr Hauptthema. Ob man das „Welterhaltung“ oder „Neuschöpfung“ nennen<br />

soll, hängt davon ab, wie man die Gefährdungen und Störungen der Welt beurteilt. Die<br />

Hauptansage bleibt: Die weisheitliche Schöpfungstheologie trägt vor allem die Lebensordnungen<br />

zusammen, an denen die Welt als Lebensprozess hängt. Für ein Leben nach diesen<br />

Ordnungen wirbt sie; in ihnen sieht sie den guten, das Leben liebenden Gott selbst am Werk.<br />

3.1.2 Psalm 104 – ein weisheitlicher Schöpfungshymnus<br />

Der 104. Psalm ist insofern weisheitlich, als er die konkret wahrgenommene Welt „systematisch“<br />

beschreibt. Der Psalmdichter listet, gewiss in poetischer Auswahl, all sein naturkundliches<br />

Wissen <strong>auf</strong>. Geradezu ins Detail verliebt (auch uns moderne Weltbetrachter faszinieren<br />

ja immer wieder die Vielfalt und die Schönheit jedes „Einzelexemplars“ von Mineralien,<br />

Pflanzen, Tieren und Menschen) zeichnet der Verfasser von Ps 104 die Welt so nach, wie er<br />

sie sieht. Er durchschreitet die Lebensräume seiner dreigeteilten Welt, den Himmel (V. 2-4:<br />

kurz), die Erde (V. 5-23: lang) und das Meer (V.25-26: kurz). Wie unsere Auslegung zeigen<br />

wird, zeichnet er nicht nur die einzelnen Lebensräume und Lebenszeiten nach, sondern sieht<br />

das Leben geradezu in funktionalen Zusammenhängen. So verbindet er auch Aussagen über<br />

die Erschaffung der Erde (V. 5-9) mit solchen über ihre Erhaltung (V. 10-23).<br />

Aber all dies geschieht nicht in der distanzierten Beschreibung des empirischen Wissenschaftlers<br />

oder des interessierten „Laien“, sondern im hymnischen Lobpreis. Nicht nur die Selbst<strong>auf</strong>forderungen<br />

zum Lobgesang am Anfang und am Schluss des Psalms, nicht nur die für den<br />

Hymnus typischen Partizipien (in unserer Übersetzung leider nicht zu erkennen!) lassen für<br />

den, der mit der Tradition der hymnischen Formen vertraut ist, sofort deutlich werden, dass es<br />

hier von Anfang an bis zum Schluss um das Rühmen des guten Schöpfergottes geht. Die ganze<br />

„Skizze“ des Weltbilds zielt <strong>auf</strong> die zentrale Aussage von V. 27-30: dass alles, was lebt,<br />

sein gemeinsames Leben der gebenden Hand, <strong>dem</strong> liebevoll zugewandten Angesicht und <strong>dem</strong><br />

belebenden Atem Gottes verdankt – einem Du, vor und zu <strong>dem</strong> der Beter begeistert sein<br />

Schöpfungslob singt. So ist der Psalm insgesamt ein weisheitlicher Schöpfungshymnus, um<br />

dessen schöpfungstheologischen „Hauptteil“ (V. 2 b-30) ein doppelter Rahmen gelegt ist. Den<br />

äußeren Rahmen bilden „Aufgesang“ (V. 1 a: Selbst<strong>auf</strong>forderung zur Beraka) und „Abgesang“<br />

(V. 33-34: Widmung des Psalms; V. 35 a b: Bitte um „Erlösung von <strong>dem</strong> Übel“, das die<br />

Schöpfung mutwillig bedroht und verletzt; V. 35 c: Selbst<strong>auf</strong>forderung zur Beraka, wie V. 1<br />

a). Der innere Rahmen ist von (altorientalisch breit belegten) Motiven der Gottkönigtums-<br />

Theologie bestimmt und zeichnet in V. 1 b-2 a JHWH als den im Königsglanz erscheinenden<br />

Gott, dessen welterhaltende „Herrlichkeit“ und freudige Zugewandtheit für die Welt bis zum<br />

Ende der Weltzeit in V. 31-32 erfleht wird. Dieser innere Rahmen lässt JHWH die von ihm<br />

geschaffene und geordnete Welt gewissermaßen buchstäblich umfangen und halten. Zu dieser<br />

theologischen Rahmenstruktur gehört auch, nach <strong>dem</strong> breiten Abschnitt über die Erde (V. 5-<br />

23), der faszinierte Ausruf V. 24, der in seiner dritten Zeile nochmals das den Abschnitt einleitende<br />

(V. 5 a!) Themawort „Erde“ wiederholt.<br />

Der Psalm liest sich wie ein religionsgeschichtliches Florilegium (= lat. Blütenlese, Lesefrüchte<br />

M.K.) von phönizisch-kanaanäischen, ägyptischen und assyrisch-babylonischen, aber<br />

auch genuin altisraelitischen Überlieferungen über die Themen „Bändigung und Verwandlung<br />

14<br />

Michael Kappes (Hg.), <strong>Wasser</strong> – Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens

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