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Wasser auf dem Globus - ACK-NRW

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3. Theologische Grundlagen Erich Zenger<br />

24). Solch riesige Bäume sind Götterbäume; der Psalm nennt sie „Bäume JHWHs“, er hat sie<br />

gepflanzt, und sie sind in besonderer Weise Ausdruck seiner Lebensmächtigkeit. Selbst die<br />

Bäume der Bergregion sind, so staunt der Dichter, „Lebensbäume“ für Vögel. Ja, sogar dort,<br />

wo die Waldregion <strong>auf</strong>hört, gibt es immer noch Leben; hier tummeln sich (wie man in der<br />

Bergregion über En-Gedi erleben kann!) Steinböcke und Klippdachse.<br />

Wie für den priesterschriftlichen Theologen, <strong>dem</strong> wir Gen 1,1 - 2,4 a verdanken, ist auch für<br />

Ps 104 eine Voraussetzung dafür, dass die Erde das vom Schöpfergott gewollte „Lebenshaus"<br />

bleibt, dass die unterschiedlichen Lebewesen die ihnen zugewiesenen Lebensräume und Lebenszeiten<br />

respektieren. Deshalb kommt nun in V. 19-23 die vom Schöpfergott gesetzte Lebensordnung<br />

der Zeiten so zur Sprache, dass zunächst Mond und Sonne als die „Ordner" der<br />

Zeit und danach die dadurch geordneten Lebensvollzüge für die Wildtiere und sodann für die<br />

Menschen (und der mit ihnen lebenden Tierwelt) beschrieben werden. Der Mond zeigt die<br />

grundlegenden Ordnungen „Jahr“ und „Monat“ (der altorientalische Kalender hat ursprünglich<br />

ein Mondjahr!) sowie die großen Festtage des landwirtschaftlichen und des kultischen<br />

Lebens (z. B. Neumond– und Vollmondfesttag, aber auch Pessach, Wochen– und Herbstfest)<br />

an. Die an zweiter Stelle genannte Sonne strukturiert die Zeit in Tag und Nacht und begründet<br />

die in Israel entstandene Siebentage-Woche mit ihrer grundlegenden Unterscheidung von Arbeit<br />

und Ruhe. Dass hier zunächst der Sonnenuntergang (V. 19 b) genannt wird, hängt mit der<br />

in der nachexilischen Zeit vorherrschend gewordenen Tageszählung zusammen, die den Tag<br />

mit <strong>dem</strong> Sonnenuntergang beginnen lässt (so im Judentum und im liturgischen Kalender des<br />

Christentums bis heute!). Nur wenn die Zeiten der Arbeit und der Ruhe, die Zeiten der Natur<br />

und der Feste, aber auch die unterschiedlichen Zeiten der Tiere und der Menschen (V. 20-23)<br />

beachtet werden, kann sich das allen gemeinsame Leben in seinem Reichtum entfalten – das<br />

ist die großartige Idee dieses Abschnitts, die uns im Zeitalter der ökologischen Neubesinnung<br />

höchst modern erscheint.<br />

Nach<strong>dem</strong> der Psalmdichter in V. 5-23 die der Erde eingestifteten Lebensordnungen und -<br />

möglichkeiten besungen hat, bricht er in V. 24 in sein begeistertes „Zwischenfazit" aus: All<br />

dies ist die Erde von JHWH her – vorgängig vor allem Eingreifen des Menschen und unabhängig<br />

davon. Das ist ja das schöpfungstheologische „Ur-Erlebnis“ der alttestamentlichen<br />

Menschen, über das sie un<strong>auf</strong>hörlich staunen: Dass das Leben einfach da ist, schier unerschöpflich<br />

vorgegeben, freilich auch dar<strong>auf</strong> angewiesen, es immer neu entgegenzunehmen,<br />

weil keines der Lebewesen es für sich selbst machen kann. So ist für den Psalmdichter die<br />

natürliche Welt, insofern und wie sie lebt, ein höchst positives Machterlebnis, das ihm die<br />

grundlegende und bleibende Zuwendung des Schöpfergottes zur Welt bewusstmacht. Alles ist<br />

„in Weisheit“ gemacht, und übervoll ist die Erde von der Lebenskraft, die Gott in sie „investiert“.<br />

Die „Weisheit“, von der hier die Rede ist, meint nicht nur eine Eigenschaft Gottes, sondern<br />

zugleich eine Eigenschaft der Welt, die Gott ihr eingestiftet hat. Sie ist das Geheimnis,<br />

durch das sie den Menschen anrührt, geradezu als ein Ich anredet. Es ist nicht das Ich JHWHs<br />

– Israel hat immer um die un<strong>auf</strong>hebbare Grenze zwischen der Schöpfung und <strong>dem</strong> Schöpfer<br />

gewusst –, sondern es ist die Sinndimension und die Schönheit der Schöpfung, insofern sie<br />

von und durch die Weisheit JHWHs gestaltet und geliebt wird. Wer <strong>auf</strong> diese „Weisheit“ der<br />

Schöpfung hört, gewinnt Weisheit, mit der das Leben zu sich selbst kommt.<br />

Knapp, aber ausdrucksstark skizziert V. 25-26 noch das Meer, also das <strong>Wasser</strong>, das nach <strong>dem</strong><br />

altorientalischen Weltbild die Erdscheibe umgibt, als Lebensraum für Tiere und als Raum, der<br />

durch Gottes Schöpfermacht seine mythisch-chaotische Gefährlichkeit verloren hat (V. 26 b).<br />

Das Meer ist übervoll von großen und kleinen <strong>Wasser</strong>tieren, die hier leben. Sogar Schiffe<br />

können hier „einhergehen“. Da Schiffe keine Lebewesen sind, scheinen sie hier zu stören.<br />

18<br />

Michael Kappes (Hg.), <strong>Wasser</strong> – Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens

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