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Wasser auf dem Globus - ACK-NRW

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3. Theologische Grundlagen Erich Zenger<br />

derstand, die Welt als Missgriff eines launischen oder zornigen Gottes zu verachten, und dass<br />

sie andererseits nie der Illusion erlag, durch menschliches Machertum könne die Welt vollkommen<br />

werden. Im Gegenteil: Unser Psalm erlebt diese Störungen als Zeichen der absoluten<br />

Verwiesenheit allen Lebens <strong>auf</strong> den einen Lebensatem, der JHWH selbst ist und an <strong>dem</strong> alle<br />

teilhaben, die leben. Wenn und wo JHWH seine Lebenskraft „ausschickt“, macht er Tote<br />

wieder lebendig (vgl. V. 30 a mit Ez 37,1-14) und gibt er der Erde immer wieder neue jugendliche<br />

Lebensfrische (V. 30 b). Dass die „alte“ Erde täglich „jung“ wird, ist die „neue“ Botschaft,<br />

mit der der Psalm seine Weltbetrachtung hoffnungsvoll zusammenfasst. Aber zugleich<br />

gilt: Wo die Lebewesen sich ihr Leben selbst nehmen wollen, gierig und gewalttätig wie Adam<br />

und Kain, zerstören sie sich selbst und ihre Lebenswelt.<br />

Das ist der lebenspraktische Realismus der Weisheit, die um die Schicksalsgemeinschaft von<br />

Mensch, Tier und Pflanze, ja um die unlösbare Verwiesenheit aller <strong>auf</strong>einander weiß. Von<br />

einer „königlichen“ Sonderstellung redet unser Psalm (vielleicht als bewusste Gegenstimme<br />

zu Gen 1, womit der Psalm 104 sich vielfach berührt?) nicht. Im Gegenteil: Ihm wird in V.<br />

14.23 „Dienst“ an der Erde zugewiesen. Das ist seine „Sonderstellung“, die Pflanzen, die<br />

JHWH aus der Erde „herauskommen“ lässt, zu Brot, Wein und Öl umzuwandeln. Die in Gen<br />

1-2 programmatisch entworfene Vision von pflanzlicher Nahrung als Absage an die Tötung<br />

von Tieren leuchtet auch hier wieder <strong>auf</strong>. Es ist die Vision gewaltlosen Zusammenlebens, in<br />

das die Menschen hier eingewiesen werden. Ihr Leben ist Leben neben und mit anderem Leben.<br />

Das Leben des Menschen im Lebenshaus der Schöpfung ist Teil „eines Vorgangs göttlichen<br />

Wirkens, der keineswegs nur für den Menschen oder nur <strong>auf</strong> ihn hin, sondern zugunsten<br />

alles Lebendigen geschieht ... Was der Mensch für sein Leben wahrnimmt, gilt auch für tierisches<br />

Leben, und damit ist den Tieren prinzipiell das gleiche Lebensrecht zugestanden wie<br />

<strong>dem</strong> Menschen“ (O. H. Steck). Die Sonderstellung der Menschen spricht der Psalm erst im<br />

„Abgesang" an (V. 35 a b). Sie besteht traurigerweise darin, dass er als Sünder und Gott-loser<br />

den gemeinsamen Lebensprozess stört und gefährdet und vor allem den Schöpfergott verleugnet<br />

und sich der ihm zugewiesenen „Lebens<strong>auf</strong>gabe“ verweigert.<br />

Die zum „inneren Rahmen“ gehörende Bitte V. 31-32 zielt dar<strong>auf</strong>, dass das Warten der<br />

Schöpfung nicht unerfüllt bleibt. Es ist die Bitte, der Weltkönig JHWH möge die Erde als Ort<br />

des Offenbarwerdens seiner Herrlichkeit vollenden, gerade angesichts der Erfahrung, dass so<br />

vieles <strong>auf</strong> der Erde das Erscheinen der Herrlichkeit behindert. Hier klingt jenes Leiden aller<br />

Kreaturen an, das Röm. 8, 22 die Geburtswehen der „neuen“ Erde nennt. Gerade eine Erde,<br />

der er täglich seine erneuernde Zuwendung schenkt, soll und wird JHWH besonders liebgewinnen<br />

und sich an ihr freuen. Um und für sie wird er kämpfen (V. 32), so er denn seine Bindung<br />

an die Schöpfung zu seinem fundamentalen Lebensvollzug gemacht hat.<br />

Die „Widmung“ V. 33-34 stammt schon aus der „Gebetsgeschichte“ des ursprünglichen<br />

Psalms V. 1 b-32. Hier redet einer, der den Hymnus gebetet und sich dabei so sehr von dessen<br />

theologischer Leidenschaft hat anstecken lassen, dass er in einem individuellen Lobpreisgelübde<br />

verspricht, sein ganzes weiteres Leben als einen einzigen grossen Lobgesang zu leben.<br />

Das ist in der Tat eine angemessene „Fortschreibung“ des Hymnus, insofern alles Gotteslob in<br />

eben <strong>dem</strong> Gott gründet, dessen liebevolle Zuwendung in V. 1 b-32 hymnisch gefeiert wird.<br />

Der Mensch, der das Gotteslob zur Gestalt seines Lebens macht, verwirklicht genau das, was<br />

der Psalm mit Leben als verdankter Gottesgabe meint. Daran will der Beter sich auch nicht<br />

durch die deprimierende Gegenerfahrung des Bösen und Rätselhaften in der Welt, um dessen<br />

Verschwinden er bittet (V. 35 a b), behindern lassen. Im Gegenteil: Mit der abschließenden<br />

„Andachtsformel“ V. 35 c fordert der Beter sich (wie in V. 1 a) abermals <strong>auf</strong>, bei aller Bedrohtheit<br />

der Schöpfung <strong>auf</strong> den Schöpfergott zu blicken und in ihm „Freude“ an der Schöp-<br />

20<br />

Michael Kappes (Hg.), <strong>Wasser</strong> – Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens

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