Fall Nr.6
Fall Nr.6
Fall Nr.6
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1<br />
§ 19<br />
Bereicherungsrecht
2<br />
Einführung
3<br />
Begriff und Funktion
Begriff und Funktion<br />
4<br />
Begriff<br />
Regelungsstandort (§§ 812 ff.)<br />
Funktion<br />
Ausgleich ungerechtfertigter Vermögensverschiebungen<br />
"[...] ist [das Bereicherungsrecht] dazu bestimmt, ... eine<br />
gerechte und billige Regelung der Vermögensverhältnisse,<br />
gerade dann zu verwirklichen, wenn Gründe<br />
der Rechtslogik oder andere Umstände zunächst zu<br />
einem anderen Ergebnis geführt haben" (BGHZ 36,<br />
234)
Begriff und Funktion<br />
5<br />
Beispielsfall<br />
V verkauft, übergibt und übereignet K ein Notebook. K ficht<br />
den Kaufvertrag wegen Irrtums an und weigert sich, den<br />
Kaufpreis zu zahlen. Er weigert sich aber auch, das<br />
Notebook zurückzugeben. Er, K, habe ja nur den<br />
Kaufvertrag, nicht aber die Eigentumsübertragung<br />
angefochten (§ 929 Satz 1). Daher stehe V auch kein<br />
Herausgabeanspruch zu.<br />
• V gegen K auf Herausgabe des Notebooks gem. § 985<br />
• Nein!<br />
• V gegen K auf Herausgabe des Notebooks gem. § 812 Abs.1<br />
• Ja!
6<br />
Kategorien<br />
Leistungs- vs. Nichtleistungskondiktion
Kategorien<br />
7<br />
Ungerechtfertigte<br />
Bereicherung<br />
Leistungskondiktion<br />
§ 812 Abs.1 Satz 1<br />
<strong>Fall</strong> 1, Satz 2 etc.<br />
Nichtleistungskondiktion<br />
§ 812 Abs.1 Satz 1<br />
<strong>Fall</strong> 2<br />
Eingriff Rückgriff Verwendung
Kategorien<br />
8<br />
Leistungskondiktion<br />
Leistung, die ohne gültiges Kausalgeschäft erbracht<br />
wurde oder sonst fehlgeschlagen ist<br />
• Beispiel: K beschränkt seine Irrtumsanfechtung auf den<br />
Kaufvertrag (§§ 119 f.)<br />
Nichtleistungskondiktion<br />
Bereicherung "in sonstiger Weise auf dessen Kosten"<br />
• Beispiel: Die Schafe des Bauern B grasen im Garten des<br />
Nachbarn N – ohne N vorher gefragt zu haben.
Kategorien<br />
9<br />
Vorrang der Leistungskondiktion<br />
BGH, NJW 2005, 60 "Ein Anspruch wegen Bereicherung<br />
in sonstiger Weise (§ 812 Abs.1 Satz 1 Alt.2) kann nur<br />
dann entstehen, wenn der Bereicherungsgegenstand<br />
überhaupt nicht, also von niemandem geleistet worden<br />
ist."
10<br />
Leistungskondiktion
Leistungskondiktion<br />
11<br />
Herausgabeanspruch des Bereicherungsgläubigers<br />
gegen den Bereicherungsschuldner, der<br />
[…] etwas erlangt hat, und das<br />
[…] durch Leistung und<br />
[…] ohne rechtlichen Grund.
Leistungskondiktion<br />
12<br />
Leistungskondiktion<br />
§ 812 Abs.1 Satz<br />
1 <strong>Fall</strong> 1 –<br />
condictio indebiti<br />
§ 812 Abs.1 Satz<br />
2 <strong>Fall</strong> 1 –<br />
condictio ob<br />
causam finitam<br />
§ 812 Abs.1 Satz<br />
2 <strong>Fall</strong> 2 –<br />
condictio ob rem<br />
§ 817 Satz 1 –<br />
condictio ob<br />
turpem vel iniustam<br />
causam<br />
Rechtsgrund fehlt<br />
von Beginn an<br />
Rechtsgrund fällt<br />
später weg<br />
Bezweckter Erfolg<br />
tritt nicht ein<br />
Gesetzes- oder<br />
sittenwidriger<br />
Leistungszweck
13<br />
§ 812 Abs.1 Satz 1 <strong>Fall</strong> 1<br />
condictio indebiti
14<br />
<strong>Fall</strong> Nr.1 [Das Boot]
<strong>Fall</strong> Nr.1 [Das Boot]<br />
15<br />
Lösungsvorschlag<br />
K gegen M auf Rückzahlung der 75,- Euro gem. § 812 I 1<br />
<strong>Fall</strong> 1<br />
• Etwas Erlangt<br />
• Besitz und Eigentum an den 75,- Euro<br />
• Leistung<br />
• BGH NJW 2004, 1169: […] "bewusste und zweckgerichtete<br />
Mehrung fremden Vermögens"<br />
• Kein Rechtsgrund<br />
• Kaufvertrag ist unwirksam (§§ 106 ff.)<br />
• Kein Kondiktionsausschluss<br />
• Hier: § 814 <strong>Fall</strong> 1? Positive Kenntnis der Nichtschuld?<br />
• Ergebnis
16<br />
Tatbestand
17<br />
Etwas Erlangt
Etwas erlangt<br />
18<br />
Bereicherung?<br />
Jeder Vorteil<br />
• Erwerb von Rechts- und Realpositionen<br />
• Besitz und Eigentum<br />
• Forderungen<br />
• Befreiung von Verbindlichkeiten
19<br />
Leistung
Leistung<br />
20<br />
BGH NJW 2004, 1169<br />
Unter Leistung i.S. des § 812 Abs.1 Satz 1 ist die<br />
bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden<br />
Vermögens zu verstehen. Dabei kommt es in erster Linie<br />
darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem<br />
zum Ausdruck gekommenen Willen mit der Zuwendung<br />
verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Parteien<br />
nicht überein, ist eine objektive Betrachtungsweise aus<br />
der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten ... ."
Leistung<br />
21<br />
Rechtsfolgen des Leistungsbegriffs<br />
A beauftragt B, seine Kunststoffmaschine zu verkaufen<br />
(Kommissionsgeschäft), und übergibt und übereignet sie<br />
an B. B verkauft, übergibt und übereignet die<br />
Kunststoffmaschine in eigenem Namen aber für fremde<br />
Rechnung an C. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass<br />
das Kommissionsgeschäft nichtig ist. A verlangt Herausgabe<br />
der Kunststoffmaschine von C.
Leistung<br />
22<br />
A gegen C auf Hrsg. gem. § 812 Abs.1 Satz 1 Alt.1<br />
(Leistungskondiktion)<br />
Etwas erlangt<br />
• Besitz und Eigentum an der Kunststoffmaschine<br />
Leistung<br />
• Keine Leistung des A an C<br />
A gegen C auf Hrsg. gem. § 812 Abs.1 Satz 1 Alt. 2<br />
(Nichtleistungskondiktion)<br />
Vorrang der Leistungskondiktion<br />
• Leistung des B hat an C<br />
• Lieferung der Kunststoffmaschine zur Erfüllung des Kaufvertrags als<br />
Leistung solvendi causa
Leistung<br />
23<br />
B gegen C auf Hrsg. gem. § 812 Abs.1 Satz 1 Alt.1<br />
(Leistungskondiktion)<br />
Etwas erlangt<br />
• Besitz und Eigentum an der Kunststoffmaschine<br />
Leistung<br />
• Ja! (s.o.)<br />
Kein Rechtsgrund<br />
• Doch: Kaufvertrag B – C ist wirksam; auf die Frage, ob das<br />
Kommissionsgeschäft zwischen A und B wirksam ist oder<br />
nicht, kommt es nicht an.
24<br />
Fehlender Rechtsgrund
Fehlender Rechtsgrund<br />
25<br />
Nichtbestehen des Anspruchs<br />
Erfolgreiche Irrtumsanfechtung (§§ 119, 142) als <strong>Fall</strong><br />
der condictio indebitit (§ 812 Abs.1 Satz 1 <strong>Fall</strong> 1) oder<br />
als <strong>Fall</strong> der condictio ob causam finitam (Satz 2 <strong>Fall</strong> 1)?<br />
• Für die condictio indebiti: Ex tunc [!] Nichtigkeit<br />
• Für die condictio ob causam finitam: Bis zur Erklärung der<br />
Irrtumsanfechtung (§ 143 Abs.1) ist das Rechtsgeschäft als<br />
wirksam zu behandeln
26<br />
Kein Ausschluss
27<br />
§ 814<br />
Leistung in Kenntnis der Nichtschuld<br />
Leistung in Erfüllung einer sittlichen Pflicht<br />
Leistung entspricht "einer auf den Anstand zu<br />
nehmenden Rücksicht"
28<br />
§ 817 Satz 2
§ 817 Satz 2<br />
29<br />
<br />
BGH, NW 2006, 45 [Schenkkreis]<br />
K verlangt die Rückerstattung eines Betrags, den er im Rahmen<br />
der Teilnahme an einem Schenkkreis an die B gezahlt hat. Die<br />
Schenkkreise waren nach Art einer Pyramide organisiert. Die an<br />
der Spitze stehenden Mitglieder des Empfängerkreises erhielten<br />
von ihnen nachgeordneten Geberkreisen bestimmte Geldbeträge.<br />
Darauf schieden die Beschenkten aus dem Spiel aus; an ihre<br />
Stelle traten die Mitglieder der nächsten Ebene, die nunmehr die<br />
Empfängerposition einnahmen. Es galt dann, genügend Teilnehmer<br />
für neu zu bildende Geberkreise zu finden, die bereit waren, den<br />
festgelegten Betrag an die in den Empfängerkreis aufgerückten<br />
Personen zu zahlen. Die Anwerbung war Sache der auf der<br />
untersten Reihe verbliebenen Mitspieler. In Kenntnis des<br />
vorbeschriebenen Systems trat K in einen Geberkreis ein und<br />
zahlte an B, die mit anderen den Empfängerkreis besetzt hatte,<br />
1.250,- Euro.
§ 817 Satz 2<br />
30<br />
K gegen B auf Hrsg. der 1250,- Euro gem. § 812<br />
Abs.1 Satz 1 <strong>Fall</strong> 1?<br />
Etwas Erlangt<br />
Leistung<br />
Kein Rechtsgrund<br />
• Nichtigkeit des Schneeballsystems gem. § 138 Abs.1<br />
• BGH, NJW 2008, 1942: "Der Schenkkreis zielt darauf ab,<br />
zugunsten einiger weniger 'Mitspieler' leichtgläubige und<br />
unerfahrene Personen auszunutzen und sie zur Zahlung des<br />
'Einsatzes zu bewegen'. Einem solchen sittenwidrigen Verhalten<br />
steuert § 138 entgegen, indem er … Nichtigkeit anordnet."
§ 817 Satz 2<br />
31<br />
Kein Ausschluss<br />
• Kondiktionssperre gem. § 817 Satz 2?<br />
• BGH, NJW 2008, 1942<br />
• Die Nichtigkeit gem. § 138 "würde aber im Ergebnis konterkariert,<br />
und die Initiatoren solcher 'Spiele' würden zum<br />
Weitermachen geradezu eingeladen, wenn sie die mit<br />
sittenwidrigen Methoden erlangten Gelder – ungeachtet der<br />
das 'Spiel' tragenden sozialschädlichen Abreden behalten<br />
dürften."<br />
Ergebnis<br />
• Herausgabe ungerechtfertiger Bereicherung in Höhe der<br />
1250,- Euro (+)
32<br />
Rechtsfolge
33<br />
Herausgabe (§§ 812, 818 Abs.1)<br />
ggf.: Wertersatz (§ 818 Abs.2)
Rechtsfolge<br />
34<br />
Herausgabe des Erlangten in natura<br />
§ 812 Abs.1<br />
Herausgabe der gezogenen Nutzungen<br />
§§ 818 Abs.1, 100<br />
Herausgabe der Surrogate<br />
§ 818 Abs.1<br />
• Forderung gegen einen (Sach-)Versicherer<br />
Wertersatz<br />
§ 818 Abs.2
35<br />
Entreicherung (§ 818 Abs.3)?
Entreicherung<br />
36<br />
Rechtsgedanke<br />
Es soll nur eine noch vorhandene Bereicherung<br />
abgeschöpft werden!<br />
Entreicherung u.a., wenn<br />
[…] das Erlangt verbraucht, verschenkt oder<br />
untergegangen ist
Entreicherung<br />
37<br />
Entreicherung, wenn der Bereicherungsschuldner<br />
ohne Rechtsgrund erlangtes Geld ausgegeben hat?<br />
K überweist rechtsgrundlos 25.000,- Euro an B. B macht<br />
sofort eine Kreuzfahrt auf der Queen Mary II, die er<br />
sich sonst nie hätte leisten können.<br />
• Keine Bereicherung mehr vorhanden!<br />
K überweist rechtsgrundlos 25.000,- Euro an B. B<br />
bezahlt mit den 25.000,- Euro die fälligen Raten für<br />
seinen BMW X5.<br />
• Ersparnis von Aufwendungen. Bereicherung ist im Vermögen<br />
des B noch vorhanden und kann abgeschöpft werden!
38<br />
<strong>Fall</strong> Nr.2 [Pech]
<strong>Fall</strong> Nr.2 [Pech]<br />
39<br />
Lösungsvorschlag<br />
K gegen E auf Rückgabe der Lampe und auf Wertersatz<br />
gem. §§ 812 Abs.1 Satz 1 <strong>Fall</strong> 1, 818 Abs.1 und 2<br />
• Etwas Erlangt<br />
• Besitz und Eigentum an der Lampe<br />
• Leistung<br />
• Leistung solvendi causa = zur Erfüllung einer Verbindlichkeit<br />
• Kein Rechtsgrund<br />
• Nichtigkeit der Schenkung<br />
• Keine Entreicherung<br />
• Doch!<br />
• Ergebnis
40<br />
Haftungsverschärfung
41<br />
<strong>Fall</strong> Nr.3 [Pech]
<strong>Fall</strong> Nr.3 [Pech]<br />
42<br />
Lösungsvorschlag<br />
V gegen E auf Rückgabe der Lampe und auf<br />
Entschädigung gem. §§ 812 I 1 <strong>Fall</strong> 1, 818 II<br />
• Etwas Erlangt<br />
• Leistung<br />
• Keine Rechtsgrund<br />
• Keine Entreicherung<br />
• Doch!<br />
• Ergebnis
<strong>Fall</strong> Nr.3 [Pech]<br />
43<br />
Lösungsvorschlag<br />
V gegen E auf Entschädigung gem. §§ 819 Abs.1, 818<br />
Abs.4, 292 Abs.1, 989, 990<br />
• Kenntnis des Empfängers im Hinblick auf den Mangel des<br />
Rechtsgrunds<br />
• Hier: E hat im Nachhinein erfahren, dass der Kaufvertrag nichtig ist<br />
• Haftung von dem Erwerb der Kenntnis an<br />
• § 990 Abs.1 Satz 1<br />
• E erfährt nachträglich von dem fehlenden Besitzrecht<br />
• § 989<br />
• Verschlechterung der Sache<br />
• Verschulden des E (§ 276 Abs.1)<br />
• Ergebnis
44<br />
Rückabwicklung<br />
[…] insb. Rückabwicklung gegenseitiger<br />
Verträge: Saldotheorie
Bereicherungsausgleich<br />
45<br />
bei gegenseitigen Verträgen: Saldotheorie<br />
[…] nach std. Rspr. muss berücksichtigt werden, dass<br />
zwischen der erbachten Leistung und der Gegenleistung<br />
ein tatsächliches Abhängigkeitsverhältnis besteht<br />
• Faktisches Synallagma
46<br />
<strong>Fall</strong> Nr.4 [Unfälle]
<strong>Fall</strong> Nr.4 [Unfall]<br />
47<br />
V<br />
Kaufvertrag<br />
§ 812 Abs.1<br />
Rückzahlung des Kaufpreises (200,- Euro)<br />
Einwand des V<br />
[…] von dem Kaufpreis ist der Wert des zerstörten<br />
Unfallboots (150,-Euro) abzusetzen!<br />
K
<strong>Fall</strong> Nr.4 [Unfälle]<br />
48<br />
Lösungsvorschlag<br />
K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises (§ 812<br />
Abs.1 Satz 1 <strong>Fall</strong> 1)<br />
• Etwas erlangt<br />
• Besitz und Eigentum an den 200,- Euro<br />
• Leistung<br />
• Kein Rechtsgrund<br />
• Erfolgreiche Irrtumsanfechtung führt zur Nichtigkeit des<br />
Kaufvertrags (§§ 142 Abs.1, 123 Abs.1)<br />
• Rechtsfolge<br />
• Herausgabe des Kaufpreises
<strong>Fall</strong> Nr.4 [Unfälle]<br />
49<br />
Lösungsvorschlag<br />
• Berücksichtigung des Gegenanspruchs?<br />
• V gegen K auf Rückgabe des Bootes (§ 812 Abs.1 Satz 1<br />
<strong>Fall</strong> 1)<br />
• Voraussetzungen (s.o.)<br />
• Rechtsfolge<br />
• Fortwirkendes Synallagma auch im Rückabwicklungsstadium?<br />
Dafür: BGH, NJW 2000, 3064 (Saldotheorie)<br />
• Einschränkung: BGHZ 53, 144: Kein Rückgriff auf die<br />
Saldotheorie zu Lasten eines arglistig Getäuschten!<br />
Ergebnis
Saldotheorie<br />
50<br />
BGH, NJW 2000, 3064<br />
"Bei der Abwicklung eines nichtigen gegenseitigen<br />
Vertrags ... nach den Vorschriften über die<br />
ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 Abs.1 Satz 1,<br />
818 Abs.1-3) begründen die beiderseitigen<br />
Vermögensverschiebungen (grds) keine eigenständigen<br />
Herausgabeansprüche. Es besteht vielmehr von<br />
vornherein nur ein einheitlicher Anspruch auf<br />
Herausgabe des Überschusses der Aktiv- über die<br />
Passivposten, der dem Teil zusteht, zu dessen Gunsten<br />
sich ein Saldo errechnet.
51<br />
§ 812 Abs.1 Satz 2 <strong>Fall</strong> 1<br />
Condictio ob causam finitam
§ 812 Abs.1 Satz 2 <strong>Fall</strong> 1<br />
52<br />
Condictio ob causam finitam<br />
Späterer Wegfall des rechtlichen Grundes<br />
• Parteivereinbarung<br />
• […] auflösende Bedingung<br />
• Einseitige Erklärung<br />
• Widerruf einer Schenkung (§§ 530, 531 Abs.2)<br />
• Anfechtung? (str.)
53<br />
§ 812 Abs.1 Satz 2 <strong>Fall</strong> 2<br />
condictio ob rem
§ 812 Abs.1 Satz 2 <strong>Fall</strong> 2<br />
54<br />
condictio ob rem = condictio causa data causa non<br />
secuta<br />
Nichteintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolgs<br />
• Keine Leistung zur Erfüllung einer Verbindlichkeit (Leistung<br />
solvendi causa). Denn insoweit greift bereits § 812 Abs.1<br />
Satz 1.<br />
• Beispiel<br />
• A zahlt 5000,- Euro an B in der (gemeinsamen) Erwartung, B<br />
werde ihn später als seinen Erben einsetzen<br />
Kein <strong>Fall</strong> des § 815
55<br />
§ 813
56<br />
§ 817 Satz 1<br />
Condictio ob turpem vel iniustam causam
§ 817 Satz 1<br />
57<br />
Leistungskondiktion wegen eines rechts- oder<br />
sittenwidrigen Leistungszwecks
58<br />
Nichtleistungskondiktion
59<br />
§ 812 Abs.1 Satz 1 <strong>Fall</strong> 2
60<br />
Eingriffskondiktion
Eingriffskondiktion<br />
61<br />
Begriff<br />
"Die Eingriffskondiktion ist dadurch gekennzeichnet,<br />
dass der Bereicherungsschuldner eine geschützte<br />
Rechtsposition des Gläubigers ohne Erlaubnis zu<br />
eigenen Zwecken nutzt und hierdurch sein Vermögen<br />
auf dessen Kosten vermehrt" (Looschelders, Schuldrecht<br />
BT, 6. Aufl. 2011, Rn.1062).<br />
Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines<br />
fremden Rechts (BGHZ 107, 117, 121)
62<br />
<strong>Fall</strong> Nr.5 [Herforder Pils]
<strong>Fall</strong> Nr.5 [Herforder Pils]<br />
63<br />
Lösungsvorschlag<br />
E gegen K, L und M auf Herausgabe der Bereicherung<br />
gem. §§ 812 I 1 <strong>Fall</strong> 2, 818 II (Eingriffskondiktion)<br />
• Etwas erlangt<br />
• Nichtleistung ("in sonstiger Weise auf dessen Kosten")<br />
• Eingriff in den Zuweisungsgehalt des Eigentums des E (§ 903)<br />
• Kein Rechtsgrund<br />
• Keine Entreicherung<br />
• Ergebnis
64<br />
Rückgriffskondiktion
Rückgriffskondiktion<br />
65<br />
Tilgung fremder Schuld (§ 267 Abs.1 Satz 1)<br />
Beispiel<br />
• B gewährt K einen Kredit. D tilgt den Kredit, weil er glaubt,<br />
er selbst sei Kreditschuldner (str.)<br />
• D gegen K gem. § 812 Abs.1 Satz 1 <strong>Fall</strong> 2<br />
(Rückgriffskondiktion)?<br />
• Etwas erlangt<br />
• Befreiung von der Kreditverbindlichkeit<br />
• Keine Leistung an K<br />
• Kein Rechtsgrund
66<br />
Verwendungskondiktion
Verwendungskondiktion<br />
67<br />
Verwendung, d.h. Aufwendung auf eine (fremde)<br />
Sache<br />
Beispiel<br />
• Bauer B bringt versehentlich Saatgut auf dem Feld seines<br />
Nachbarn N aus.<br />
• B gegen N aus § 812 Abs.1 Satz 1 <strong>Fall</strong> 2 –<br />
Verwendungskondiktion
68<br />
§ 816
69<br />
§ 816 Abs.1<br />
Verfügung eines Nichtberechtigten
70<br />
<strong>Fall</strong> <strong>Nr.6</strong>
Verfügung eines Nichtberechtigten<br />
71<br />
<strong>Fall</strong> <strong>Nr.6</strong> [Leihe]: K verleiht seine Uhr an L. L veräußert<br />
die Uhr heimlich an M, der glaubt, dass L Eigentümer<br />
der Uhr sei.<br />
K gegen M auf Hrsg. gem. § 985?<br />
• Nein! (gutgläubiger) Eigentumserwerb des M gem. §§ 929 S.1,<br />
932 Abs.1<br />
K gegen L auf Hrsg. des Erlöses gem. § 816 Abs.1<br />
• (Entgeltliche) Verfügung eines Nichtberechtigten<br />
• Eigentumsübertragung durch Rechtsgeschäft L – M<br />
• Wirksamkeit der Verfügung gegenüber dem Berechtigten (K)<br />
• §§ 932 ff.<br />
• Rechtsfolge<br />
• Herausgabeanspruch des Berechtigten (K)<br />
• Herausgabe des durch die Verfügung erlangten: Kaufpreis!
72<br />
§ 816 Abs.2<br />
Leistung an einen Nichtberechtigten
73<br />
<strong>Fall</strong> Nr.7
Leistung an einen Nichtberechtigten<br />
74<br />
<br />
<strong>Fall</strong> Nr.7 [Kredit]: K gewährt L einen Kredit (500,- Euro) und<br />
tritt seinen Rückzahlungsanspruch anschließend an M ab,<br />
ohne L davon in Kenntnis zu setzen. L zahlt an K.<br />
M gegen L auf Rückzahlung des Kredits gem. §§ 488 Abs.1 Satz<br />
2, 398<br />
• Kreditforderung (§ 488 Abs.1 Satz 2)<br />
• (P) Erlöschen der Kreditforderung gem. §§ 362 Abs.1, 407 Abs.1<br />
M gegen K auf Herausgabe der an ihn gezahlten 500,- Euro<br />
gem. § 816 Abs.2<br />
• Bewirken der Leistung an einen Nichtberechtigten<br />
• Hier: Leistung an K, obwohl K gar nicht mehr Forderungsinhaber ist<br />
• Wirksamkeit der Leistung<br />
• § 407 Abs.1<br />
• Herausgabeanspruch des Berechtigten (M) gegen den nichtberechtigten<br />
Empfänger (K) auf Hrsg. des Erlangten (500,- Euro)
75<br />
Mehrpersonenverhältnisse
76<br />
<strong>Fall</strong> Nr.8 [Taschenrechner]
<strong>Fall</strong> Nr.8 [Taschenrechner]<br />
77<br />
Lösungsvorschlag<br />
K gegen M auf Herausgabe gem. § 812 I 1 <strong>Fall</strong> 1<br />
• Etwas Erlangt<br />
• Leistung<br />
• K wollte seine Leistungspflicht (§ 433 I 1) gegenüber L erfüllen;<br />
gleichzeitig wollte L dadurch, dass er K anwies, das Eigentum an M<br />
zu übertragen, seine Leistungspflicht (§ 433 I 1) gegenüber M<br />
erfüllen. Es liegt also eine Leistung K an L und eine Leistung L an M,<br />
aber keine Leistung K an M vor.<br />
• Ergebnis<br />
K gegen M auf Herausgabe gem. § 812 I 1 <strong>Fall</strong> 2<br />
• Einwand: Vorrang der Leistungskondiktion!<br />
• Ergebnis
<strong>Fall</strong> Nr.8 [Taschenrechner]<br />
78<br />
Lösungsvorschlag<br />
K gegen L auf Wertersatz (§§ 812 I 1 <strong>Fall</strong> 1, 818)<br />
• Etwas Erlangt<br />
• Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber M<br />
• Leistung<br />
• (s.o.)<br />
• Kein Rechtsgrund<br />
• Nichtigkeit des Kaufvertrags (§§ 142 I, 119 I)<br />
• Ergebnis<br />
Ergebnis