Verwertbarkeit von Selbstgesprächen

Verwertbarkeit von Selbstgesprächen
- Hinweise zur Nacharbeit
- Dem Fall liegen folgende BGH-Entscheidungen zugrunde:
BGHSt 50, 206 ff. und BGHSt 57, 71 ff.
- Alpmann/Schmidt, Rechtsprechungsübersicht, Heft 4/2012, 237 ff.
- FAMOS 10/2005 und 5/2012 – je Fall des Monats, online einzusehen unter
http://famos.rewi.hu-berlin.de/file.php/inline/FAMOS_2005_10.pdf?id=47289 sowie
http://famos.rewi.hu-berlin.de/file.php/inline/famos_1205.pdf?id=94341
- Absolut empfehlenswert: Zimmermann, GA 2013, 162 ff.

Verwertbarkeit von Selbstgesprächen
1. Gespräch im Krankenzimmer:
- Rechtsgrundlage für Abhörmaßnahme?
§ 100c StPO (sog. großer Lauschangriff) – innerhalb von Wohnungen
§ 100f StPO (sog. kleiner Lauschangriff) – außerhalb von Wohnungen
- Krankenzimmer = Wohnung?
Zimmer bildet ganz überwiegend einen Rückzugsraum privater
Lebensgestaltung für den Patienten – Möglichkeit des ungehinderten
Zutritts durch das Krankenhauspersonal ändere daran nichts
a.A. Zimmer stelle keine selbständige Unterkunft , sondern nur ein Hilfsmittel zur
Behandlung und Pflege dar

Verwertbarkeit von Selbstgesprächen
1. Gespräch im Krankenzimmer:
§ 100c StPO (sog. großer Lauschangriff) – innerhalb von Wohnungen
Beweisverwertungsverbot?
- Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung
zuzurechnen sind, dürfen nicht verwertet werden
Kernbereich: darunter fallen NICHT
- Gespräche in Betriebs- und Geschäftsräume
und
- über begangene Straftaten (vgl. § 100c Abs. 4 S. 2, 3 StPO)

Verwertbarkeit von Selbstgesprächen
1. Gespräch im Krankenzimmer:
§ 100c StPO (sog. großer Lauschangriff) – innerhalb von Wohnungen
Beweisverwertungsverbot
- Gespräch über begangene Straftaten?
P1: Gespräch mit sich selbst = Kommunikation nach außen?
(vgl. Tagebuchentscheidung des BVerfG)

Verwertbarkeit von Selbstgesprächen
1. Gespräch im Krankenzimmer:
P2: Unmittelbarkeit des Straftatbezugs
– genügt hierfür gedankliche Befassung des Beschuldigten mit einer
alternativen Tötungsart i.S. eines vagen Indizes für dessen Täterschaft?
- ursprünglich: fragliche Informationen geben irgendwie Aufschluss über
die „Vorgeschichte der Tat“ bzw. einen der in § 46 II StGB genannten
Faktoren
- nunmehr: bloßer Bezug zu Indiztatsachen über die Schuld- und
Straffrage nicht ausreichend

Verwertbarkeit von Selbstgesprächen
1. Gespräch im Pkw:
§ 100c StPO (sog. großer Lauschangriff) – innerhalb von Wohnungen
§ 100f StPO (sog. kleiner Lauschangriff) – außerhalb von Wohnungen
- Pkw = Wohnung?
Pkw stellt wohl keinen Rückzugsraum privater Lebensgestaltung dar,
sondern wird als Mittel der Fortbewegung genutzt
- kleiner Lauschangriff gemäß § 100f StPO

Verwertbarkeit von Selbstgesprächen
1. Gespräch im Pkw:
Beweisverwertungsverbot – hier aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG?
3-Sphären-Theorie des BVerfG
- Geschäftssphäre – voll verwertbar, da sie dem Bereich des sozialen
Interagierens entstammen
- Individualsphäre – prinzipiell verwertbar, wenn Abwägung zwischen
dem Persönlichkeitsschutz und der Strafrechtspflege dies gebietet
- Intimsphäre – staatliche Eingriffe generell unzulässig, ausgenommen sind
Angaben über begangene oder bevorstehende schwere Straftaten

Verwertbarkeit von Selbstgesprächen
1. Gespräch im Pkw:
Welche Sphäre ist betroffen?
- Gespräch nicht in Wohnung
- aber: Schutz des Kernbereichs der Persönlichkeit in Bezug auf
Äußerungen beschränkt sich nicht auf den räumlichen Bereich von
Wohnungen
- vielmehr kann auch das „Alleinsein mit sich selbst“ in einem Pkw diesen
Schutz begründen

Verwertbarkeit von Selbstgesprächen
1. Gespräch im Pkw:
Welche Sphäre ist betroffen?
ergo: Gespräch fällt in den Kernbereich der Persönlichkeit
(Leitlinie: Selbstgespräche fallen grundsätzlich in den Bereich des
Höchstpersönlichen; vgl. Tagebuchentscheidung des BVerfG –
Sondervotum)
- hier: „Geständnis“ einer Straftat – Verwertung zulässig wegen
unmittelbaren Straftatbezugs (a.A. BGH)