(Saison 2012/2013): VfL Gummersbach - Rhein-Neckar Löwen
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16 LÖWENGEBRÜLL TITELGESCHICHTE<br />
<br />
Betreuer Konrad Hoffmann ist inzwischen längst<br />
in seinem Reich angekommen. In diesem Zimmer<br />
des Trainingszentrums stehen zwei Ungetüme:<br />
eine große Waschmaschine, die nun mit den<br />
verschwitzten Jerseys der Protagonisten gefüllt<br />
wird, und ein riesiger Trockner. Noch gut eineinhalb<br />
Stunden hat Hoffmann nun Arbeit mit der<br />
Wäsche, dann fährt er heim nach Östringen. An<br />
ausreichend Schlaf ist allerdings nicht zu denken<br />
(„so viel brauche ich auch nicht“), häufig stehen<br />
zu Hause andere Aufgaben an. „Und dann geht’s<br />
ja auch schon bald wieder zurück in die Halle“,<br />
sagt der 57-Jährige und blickt auf den Trainingsplan.<br />
Inzwischen haben die beiden Physiotherapeuten<br />
Sven Raab und Sascha Pander die mobilen<br />
Massagebänke wieder in den heimischen Gefilden<br />
untergebracht und verabschieden sich in<br />
den kalten Morgen: „Bis später, dann schaffen<br />
wir weiter.“<br />
Dieser Winter will überhaupt kein Ende nehmen.<br />
So heißt die nächste gemeinsame Einheit:<br />
Eis kratzen, bevor die Löwen die Heimfahrt antreten.<br />
Noch etwas Schlaf nachholen, ehe Coach<br />
Gudmundsson am Nachmittag zur nächsten Zusammenkunft<br />
in der Trainingshalle bittet. „Wir<br />
haben ein sehr dicht gedrängtes Programm“, unterstreicht<br />
der Isländer, bei dem die Zahl 100<br />
eine besondere Rolle spielt. Denn er sieht seine<br />
Aufgabe vor allem darin, seine Spieler zu<br />
100 Prozent auf den nächsten Gegner vorzubereiten.<br />
Deshalb gehen unzählige Stunden fürs Videostudium<br />
drauf. Nachbereitung ist auch Vorbereitung.<br />
Die Tour zurück aus Ostwestfalen verbrachte<br />
er mit der Analyse der Partie beim TBV<br />
und klappte – in Kronau angekommen – zufrieden<br />
sein Laptop zu: „Wie die Mannschaft diesen<br />
Rückstand wettgemacht hat, das war schon phänomenal.“<br />
Zahlenspiele: Anita Hoffmann<br />
verarbeitete rund 1800 Eier<br />
in rund 300 Kuchen.<br />
Langsam leert sich der Parkplatz an der Kronauer<br />
Trainingshalle. Nachdem dieser vollständig<br />
ausgeräumt ist, startet auch Rainer Bauer den<br />
Bus. Vor ihm liegen noch gut 70 Kilometer zurück<br />
zum Betriebshof, wo der Starliner durch die<br />
Waschstraße muss, innen gereinigt und vollgetankt<br />
wird. Und damit bereit steht für den nächsten<br />
Einsatz.<br />
Begonnen hatte die Fahrt zwei Tage zuvor, am<br />
frühen Nachmittag. Nach dem Abschlusstraining<br />
und einem gemeinsamen Mittagessen in<br />
der Vereinsgaststätte waren Taschen, Trikots<br />
und die Massagebänke im dicken Bauch des<br />
Mannschaftsbusses verschwunden. Hinzu gesellten<br />
sich Kisten mit Wasser, Apfelschorle und<br />
Isogetränken. Die Akteure nahmen ihre Plätze<br />
ein. 19.30 Uhr: Zielankunft. Erklärte das Navi.<br />
Normalerweise. Wenn sich der Winter nicht eindrucksvoll<br />
zurückgemeldet hätte. Im Schritttempo<br />
ging’s zunächst auf den mit Eis und Schnee<br />
bedeckten Schnellstraßen voran. Verspätung<br />
programmiert. Gute Laune war dennoch<br />
Trumpf. Nicht zuletzt wegen der Verköstigung.<br />
Betreuer-Gattin Anita Hoffmann backt herrliche,<br />
süße Teile. Immer wieder. In den zurückliegenden<br />
drei Jahren verarbeitete sie etwa 1800 Eier in<br />
rund 300 Kuchen. Coach Gudmundsson hat den<br />
Marmorkuchen sofort erspäht („den mag ich am<br />
liebsten“). Auch die Kaffeemaschine hat längst<br />
Betriebstemperatur erreicht. Obendrein hat Betreuer<br />
Conny für Bananen (fünf bis sechs Kilo)<br />
und Äpfel gesorgt. Wird eine Auswärtsfahrt frü-<br />
Bei der Arbeit: Physiotherapeut Sascha Pander, Betreuer Conny und Anita Hoffmann.<br />
her angetreten, werden für das Frühstück etwa<br />
80 Rühreier, frische Brötchen und Brezeln sowie<br />
Wurst und Käse kredenzt. „Schließlich soll es den<br />
Spielern an nichts fehlen“, sagt Hoffmann – seit<br />
2005 hauptamtlich für die Löwen tätig, über<br />
30 Jahre kümmert sich das Östringer Urgestein<br />
insgesamt bereits um die kleinen und größeren<br />
Sorgen der Handballer.<br />
Seit Anfang 2010 ist der Löwen-Bus vom Reisebüro<br />
Walter Müller (Mannheim/Biblis) mit und<br />
für die badischen Handballer im Einsatz, fast genauso<br />
lang fährt Rainer Bauer die Bundesligatruppe.<br />
Knapp 250 000 Kilometer hat der gelbe<br />
Koloss (13 Meter lang, 3,97 Meter hoch und<br />
2,55 Meter breit, 506 PS) nun auf dem Tacho, davon<br />
etwa 80 000 mit den Handballern. Das einschneidendste<br />
Erlebnis mit dem „Neoplan Star-<br />
liner C“? „Die Rückfahrt vom Champions-League-Spiel<br />
in Chambery“, kommt es wie aus der<br />
Pistole geschossen. Als Bauer das Gefährt aus einem<br />
Tunnel steuerte, wurde es von einer kräftigen<br />
Windböe erfasst. „Ich habe alles gebraucht,<br />
um den Bus auf der Straße zu halten. Gott sei<br />
Dank war an diesem frühen Morgen nichts los<br />
und die Strecke komplett frei“, unterstreicht<br />
Bauer, der seit über 30 Jahren als Busfahrer quer<br />
durch Europa unterwegs ist – und den folgerichtig<br />
so schnell nichts aus der Spur und aus der<br />
Ruhe bringt.<br />
Auch nicht an diesem Tag. Etwa 430 Kilometer<br />
sind bis zum Hotel in Bad Salzuflen zu absolvieren.<br />
Von der Autobahn A 7 fährt er ab. Raststätte<br />
am Hasselberg. „45 Minuten Pause, Männer!“,<br />
erklärt Rainer Bauer übers Mikro.