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parmenides' grundlegung seiner seinslehre b 2-7 (diels-kranz)

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122 Joachim Klowski<br />

vertretenen Konzeption. Wäre B 4 nicht erhalten, so müßte ich<br />

sogar postulieren, daß uns Darlegungen von der Art, wie sie<br />

sich in B 4 finden, verlorengegangen sind. Parmenides muß<br />

nämlich zwischen der ersten Konstitution des absolut Vorhandenen<br />

in B 2 und dem resümierenden Abschluß dieser Konstitution<br />

in B 6 irgendwie noch eine erklärende und/oder argumentierende<br />

Beziehung zwischen dem Ausgangspunkt der Konstitution,<br />

dem relativ Vorhandenen, und seinem Ziel, dem absolut<br />

Vorhandenen, hergestellt haben. War nämlich die Konstitution<br />

in B 2 für Parmenides' Zeitgenossen auch unmittelbarer zu<br />

verstehen als für uns, die wir uns etwa die Bedeutung des Ausdrucks<br />

TO s6v, die er vor Parmenides allein haben konnte, erst<br />

mühsam erschließen müssen, so waren sie uns gegenüber indes<br />

insofern im Nachteil, als ihnen der Abstraktionsprozeß vom<br />

relativ Vorhandenen hin zum absolut Vorhandenen völlig neu<br />

war und ihnen in dieser Hinsicht gleichsam erst die geistigen<br />

Augen geöffnet werden mußten. Dies geschieht jedoch offensichtlich<br />

in dem Zusammenhang, aus dem uns B 4 erhalten ist.<br />

Die Hörer bzw. Leser werden nicht nur aufgefordert, ihr ,geistiges<br />

Auge zu öffnen' (Aeva(je v6(p), sondern auch der Ausgangspunkt<br />

ist das relativ Vorhandene bzw. nicht Vorhandene und<br />

das Ziel das absolut Vorhandene. Denn es gibt wohl keine<br />

präziseren und eindeutigeren Ausdrücke für das relativ Vorhandene<br />

bzw. Nichtvorhandene als Ta :Twee6na bzw. Ta Une6vTa.<br />

Diese traditionelle Unterscheidung sollen sie aber, weil für den<br />

Nus falsch, aufgeben und einsehen, daß für den Nus auch das<br />

relativ Nichtvorhandene vorhanden ist, und es somit für ihn nur<br />

das absolut Vorhandene (rd s6v) gibt, das man nicht teilen kann<br />

wie Gegenständliches, das sich im Kosmos nach allen Richtungen<br />

hin zerstreut oder auch zusammenballt.<br />

Habe ich einleitend versucht darzulegen, welche Funktion<br />

B 4 im Zusammenhang des Lehrgedichts hat, so seien als nächstes<br />

die bisherigen Einordnungsvorschläge diskutiert, wobei ich<br />

mich notgedrungen auf das wesentlichste beschränken werde.<br />

Das Fragment ist uns allein von Clemens überliefert. Dieser<br />

suchte für die christliche Trias ,Glaube, Liebe, Hoffnung' heidnische<br />

Parallelen zu ermitteln und glaubte, B 4 mit der christlichen<br />

Hoffnung in Verbindung bringen zu können. Da sich<br />

jedoch im Fragment keine Aussage findet, die sich direkt mit<br />

dem Begriff der Hoffnung in Verbindung bringen läßt, meinte<br />

Diels in seinem Parmenides, unser Fragment schließe an eine<br />

uns verlorengegangene Zeile an, die eine Aussage über die Hoff-

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