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ausgabe1109_07:Ausgabe12 30.03.2010 17:47 Seite 1 Erstmals Kollektivvertrag für Lehrpraktikanten – ein Durchbruch! Gerald Radner, stellvertretender Obmann der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien, über den zu erwartenden Engpass für Lehrpraktikanten in Wien und warum er trotzdem für den neuen Kollektivvertrag gestimmt hat. Mit 1. Jänner 2010 gilt der neue Kollektivvertrag für Lehrpraktikanten. Dem untragbar gewordenen Lohndumping wurde damit ein Riegel vorgeschoben. Gerade im Hinblick auf den Facharzt für Allgemeinmedizin ist nun die Bundesregierung gefragt. Es gilt – wie international üblich –, eine Finanzierung der Lehrpraxis zu sichern. Ohne öffentliche Finanzierung droht der Lehrpraxis nach 20 Jahren das Aus. Bei Einführung der Lehrpraxis vor mehr als 20 Jahren einigte man sich auf ein Grundgehalt von damals 15.000 Schilling für Lehrpraktikanten Das entsprach dem damaligen Turnusarztgrundgehalt im Krankenhaus aliquotiert auf 35 Stunden. 15.000 Schilling, umgerechnet 1090 Euro – dem entspricht auch heute noch die Förderung seitens des Gesundheitsministeriums. Bereits damals wollte man eine Gleichstellung im Verdienst mit Turnusärzten in Krankanstalten sowie die Verhinderung von Preisdumping bei Lehrpraktikanten beziehungsweise einer Reduktion von Fördermittel seitens des Ministeriums sicherstellen. Doch genau das geschah. Seit dieser Zeit kam es zu einem massiven Lohndumping bei Lehrpraktikanten, wurden Förderungsmittel seitens des Ministeriums gekürzt sowie die Einzelför-derung nicht ein einziges Mal der Inflation angepasst. Ein Realeinkommensverlust von zumindest 30 Prozent für Turnusärzte in Rahmen ihrer Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin war die Folge. Ein sinnvoller Ausbildungsteil, nämlich die Lehrpraxis, wurde nahezu ausschließlich vom schwächsten Glied in der Kette, den Turnusärzten, finanziert. Bis zum heutigen Tag konnten sich Bund und Länder nicht durchringen, entsprechend ausländischen Modellen die Lehrpraxis ausreichend zu fördern. Warum denn auch, wenn Lehrpraktikanten oftmals „bereit“ sind (wohl eher für den Abschluss ihrer Ausbildung gezwungen sind), nahezu unentgeltlich tätig zu sein. Da lässt sich leicht die Lehrpraxis im Ausbildungskonzept zum Facharzt für Allgemeinmedizin, ohne ein gültiges Finanzierungskonzept seitens des Bundes, weiter ausbauen. Weil es scheinbar „eh nichts kostet ...“. Untragbarer Zustand Gerade junge Kolleginnen und Kollegen, die oft schon eine Familie zu versorgen haben und sich im Aufbau Ihrer Lebensgrundlage befinden, sind unter den gegenwärtigen Rahmenbe-dingungen gezwungen, extrem starke Lohneinbußen für den Abschluss ihrer Ausbildung hinzunehmen. In vielen Fällen handelte es sich um reine Ausbeutung unserer jungen Kolleginnen und Kollegen. Am 29. September 2009 stimmten die Bundeskurie angestellten Ärzte sowie die Bundeskurie niedergelassene Ärzte der Österreichischen Ärztekammer dem ersten Kollektivvertrag für Lehrpraktikanten zu. Mit Überzeugung stimmte auch ich als Vertreter der Wiener angestellten Ärzte und Turnusärzte zu. So ist es nach mehr als 20 Jahren endlich gelungen, ein entsprechendes 7
ausgabe1109_08:Ausgabe12 30.03.2010 17:54 Seite 1 jm Grundgehalt für Lehrpraktikanten zu sichern sowie auch geregelte Arbeitsbedingungen in der Lehrpraxis zu gewährleisten, und dort, wo Ausbeutung vorlag, dem einen Riegel vorzuschieben. Uns sind die zu lösenden Schwierigkeiten, die mit diesem gewaltigem Schritt auftreten, vollkommen bewusst. Lehrpraxisbetreiber, die mit viel Idealismus beispielhaft zur Ausbildung unserer jungen Kolleginnen und Kollegen beigetragen haben, werden vielfach das faire Gehalt nach dem neuen Kollektivvertrag nicht alleine tragen können. Für Lehrpraktikanten wird es gerade in Wien zu einem spürbaren Engpass kommen, den es zu lösen gilt. Dem zur Ausbeutung gewordenen alten System weinen Lehrpraktikanten aber keineswegs nach. Zu wenig Fördermittel Das jetzige Lehrpraxiskonzept ist an der mangelnden Finanzierungsbereitschaft seitens des Bundes und der Länder gescheitert. Mehr als zwei Jahrzehnte hatten diese Zeit, ein ausrei-chendes Finanzierungsmodell, wie zum Beispiel in Deutschland, auf die Beine zu stellen. Doch offensichtlich fehlt bis heute der politische Wille, die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten zu unterstützen. Die Finanzierungsmöglichkeit wäre sicher gegeben gewesen. Wir bekennen uns zur Lehrpraxis als ein gutes, international angesehenes Ausbildungsmodell. Doch Faktum ist, dass das jetzige Lehrpraxiskonzept gescheitert ist. Die Fördermittel des Bundes sind bei Weitem nicht ausreichend. Die Lehrpraxis kann weder allein durch den Lehrpraxisinhaber noch durch den Lehrpraktikanten finanziert werden. Sollte es dem Bund nicht bald gelingen, ein entsprechendes, ausreichendes Finanzierungskonzept zu gewährleisten, wird realistischerweise die Lehrpraxis bald der Vergangenheit angehören. Den Facharzt für Allgemeinmedizin wird es dann wohl allein in Österreich nicht geben können.
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