19.06.2014 Aufrufe

Jahresgutachten 1983/84 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1983/84 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1983/84 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Deutscher Bundestag - 1O.Wahlperiode Drucksache 10/669<br />

13". In der Europäischen Gemeinschaft beherrschten<br />

in diesem Jahr die Haushaltsprobleme<br />

einen großen Teil des Geschehens. Die Ausgaben<br />

der Gemeinschaft sind bei den geltenden Regelungen<br />

an den Grenzen der Finanzierbarkeit angelangt.<br />

Als Lösungsmöglichkeiten werden, insbesondere<br />

im Agrarsektor, unverhohlen mehr Dirigismus<br />

im Innern und mehr Abwehrmaßnahmen nach außen<br />

propagiert. Die Aufnahme Spaniens und Portugals<br />

in die Gemeinschaft hat sich verzögert. Im Bereich<br />

der Währungspolitik blieb es vergleichsweise<br />

ruhig, nachdem im März mit viel Mühe Einigkeit<br />

über eine erneute Änderung der Leitkurse im Europäischen<br />

Währungssystem erzielt worden war.<br />

Die Binnenkonjunktur <strong>1983</strong><br />

14". In der Bundesrepublik hat die Wirtschaft <strong>1983</strong><br />

ein Stück des Weges aus der Talsohle <strong>zur</strong>ückgelegt.<br />

Die Produktion stieg wieder an, wenngleich nicht in<br />

beständigem Tempo. Das hat sich am Arbeitsmarkt<br />

schon bemerkbar gemacht. Vom Sommer an hat die<br />

Arbeitslosigkeit konjunkturell nicht mehr zugenommen.<br />

Wegen des Anstiegs zuvor war die Anzahl<br />

der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt mit 2,3 Millionen<br />

gleichwohl noch einmal deutlich höher als im<br />

Jahre 1982. Die Anzahl der Kurzarbeiter ist aber<br />

stark <strong>zur</strong>ückgegangen; hier zeigt sich Mehrbeschäftigung<br />

zuerst. Die Inflation ist eingedämmt, wenn<br />

auch noch nicht überwunden. Die unerwartet<br />

starke Senkung der Inflationsrate hat für die Umkehr<br />

zum Besseren eine zentrale Rolle gespielt ­<br />

über den günstigen Einfluß auf die Entwicklung der<br />

Kaufkraft des Geldes. Der Überschuß in der Leistungsbilanz<br />

dürfte mit 10 Mrd DM trotz niedrigerer<br />

Ausfuhrmengen noch etwas höher ausfallen als<br />

im vergangenen Jahr. Im Kapitalverkehr kam es<br />

erneut zU hohen Abflüssen langfristiger Mittel. Die<br />

D-Mark tendierte gegenüber dem Dollar das ganze<br />

Jahr über eher <strong>zur</strong> Schwäche. So blieb es bei dem<br />

engen Verbund mit den amerikanischen Zinsen.<br />

15*. Dieses Gesamturteil <strong>zur</strong> wirtschaftlichen<br />

Lage wirft indessen Fragen auf.<br />

Inwieweit haben konstitutionelle Schwächen an<br />

Bedeutung verloren?<br />

Wie konnte sich die wirtschaftliche Erholung<br />

ohne Antrieb von außen durchsetzen?<br />

Wieviel an Anstößen war von seiten der Wirtschaftspolitik<br />

im Spiel und wie sind im nachhinein<br />

die Auswirkungen des staatlichen Konsolidierungskurses<br />

zu sehen?<br />

Ist die Belebung dieses Jahres Ausdruck des zufälligen<br />

Zusammentreffens zeitweiliger positiver<br />

Einflüsse?<br />

16*. Der Pessimismus auf seiten der Unternehmen<br />

ist allmählich gewichen. Dazu hat vieles beigetragen.<br />

Auf den Inlandsmärkten sind die Absatzmöglichkeiten<br />

besser geworden, dasselbe gilt, freilich<br />

erst seit dem Sommer, für die Auslandsmärkte.<br />

Der Kostenauftrieb ist zum Stillstand gekommen,<br />

und es gab wieder höhere Erträge.<br />

Von den Lohnabschlüssen her war Raum für eine<br />

Korrektur des realen Kostenniveaus gegeben. Zu<br />

einem nennenswerten Teil haben sich die Unternehmen<br />

allerdings noch einmal durch den Abbau<br />

der Beschäftigung von Arbeitskosten entlastet. Die<br />

gesamten Stückkosten der Unternehmen waren<br />

erstmals seit langem nicht höher als im Vorjahr. So<br />

kam es zu einer weiteren Verbesserung im Verhältnis<br />

von Kosten und Preisen, obgleich die Preise<br />

weit weniger angehoben wurden als 1982. Bezogen<br />

auf den Wert aller abgesetzten und auf Lager genommenen<br />

Güter haben sich die Gewinne der Unternehmen<br />

in den Jahren 1982 und <strong>1983</strong> soweit verbessert,<br />

daß schätzungsweise zwei Drittel des davorliegenden<br />

Einbruchs wettgemacht werden konnten.<br />

Die eigenen Mittel der Unternehmen reichten<br />

aus, höhere Investitionen als im vergangenen Jahr<br />

nahezu vollständig zu finanzieren. Importierte Vorleistungen<br />

und die Beschaffung von Kapital waren<br />

billiger als 1982 (Ziffern 58 ff.).<br />

So wurde mehr investiert als im Vorjahr, die Läger<br />

wurden aufgestockt und die Anbieter reagierten im<br />

allgemeinen auf höhere Aufträge ohne langes Zögern<br />

mit einer Ausweitung der Produktion. Die Angebotsneigung<br />

ist größer geworden.<br />

17*. Eine wichtige Stütze erwuchs der Wirtschaft<br />

aus dem veränderten Verhalten der Konsumenten.<br />

Die Ausgabeneigung der privaten Haushalte hat<br />

sich wesentlich stärker gekräftigt als erwartet. Daß<br />

im Umfang von 6 Mrd DM mehr Güter und Dienstleistungen<br />

gekauft wurden, ist insoweit überraschend,<br />

als die Einkommen von beschäftigten und<br />

arbeitslosen Arbeitnehmern nach Abzug von Steuern<br />

und Abgaben der Kaufkraft nach sanken. Für<br />

diejenigen, die Einkommen vom Staat in Form von<br />

Renten und anderen Unterstützungszahlungen beziehen,<br />

galt das trotz einer Reihe von Kürzungsmaßnahmen<br />

nur in geringem Maße. Um ihre Kaufpläne<br />

nicht einschränken zu müssen, waren die<br />

Verbraucher offenbar bereit, außer dem laufenden<br />

Einkommen auch einen Teil der angesammelten<br />

Ersparnisse für den Kauf von Konsumgütern auszugeben,<br />

insbesondere für dauerhafte Gebrauchsgüter<br />

mit Investitionscharakter, oder sich dafür zu<br />

Lasten künftiger Einkommen zu verschulden. In<br />

diese Richtung wirkten wohl auch die Wertsteigerungen<br />

vieler Vermögensanlagen, in denen das<br />

Mehr an Zuversicht greifbar wurde (Ziffern 69 ff.).<br />

18". Die Ausfuhr hat sich unerwartet spät belebt.<br />

Ende vergangenen Jahres sah man es schon als<br />

Lichtblick an, daß die Aufträge aus dem Ausland<br />

und die Lieferungen dorthin nicht weiter sanken.<br />

Monat um Monat verging dann aber, ehe im Sommer<br />

Anzeichen einer Wiederbelebung sichtbar wurden.<br />

Bis dahin überwog der Nachfragerückgang auf<br />

wichtigen Absatzmärkten, so in Frankreich, Italien<br />

und im OPEC-Raum, die Belebung der Nachfrage in<br />

den Vereinigten Staaten, in Großbritannien und in<br />

Japan (Ziffern 73 ff.).<br />

Aber gegenüber dem Einfluß der positiven Faktoren<br />

blieb das Warten auf höhere Ausfuhren ohne<br />

3<br />

, ,~

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!