19.06.2014 Aufrufe

Jahresgutachten 1983/84 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1983/84 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1983/84 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Deutscher Bundestag - 10.Wahlperiode Drucksache 10/669<br />

erzielt worden. Am weitesten vorangekommen ist<br />

die Bekämpfung der Inflation. Der Preisauftrieb<br />

verringerte sich von mehr als 10 vH im Jahre 1981<br />

über knapp 6 vH im vergangenen Jahr auf etwa<br />

4 vH im Jahre <strong>1983</strong>. Der Abbau staatlicher Regulierungen<br />

wurde fortgesetzt, und die Umstrukturierung<br />

des Steuersystems hin zu einer Entlastung der<br />

Unternehmen wurde vorangetrieben.<br />

Demgegenüber ist der Bundeshaushalt einem Ausgleich<br />

nicht nähergekommen; das Defizit hat sich<br />

vielmehr beträchtlich vergrößert. Die Einkommensteuern<br />

wurden wie angekündigt gesenkt, und die<br />

Abschreibungsmöglichkeiten wurden verbessert.<br />

Die davon erhoffte Belebung der wirtschaftlichen<br />

Aktivität ließ jedoch bei den hohen Zinsen lange<br />

auf sich warten. Zu den Ankündigungen gehörte<br />

außerdem, die Staatsquote, die in den siebziger Jahren<br />

stark gestiegen war, <strong>zur</strong>ückzuführen. Die Militärausgaben<br />

sollten freilich kräftig erhöht werden.<br />

Das geschah auch. Die vorgesehenen Kürzungen im<br />

Sozialbereich wurden indes wegen der Widerstände<br />

im Kongreß nur zum Teil durchgesetzt, und die Sozialausgaben<br />

nahmen bis in dieses Jahr hinein sogar<br />

rascher zu als das Sozialprodukt. In den Haushaltsjahren<br />

1981/82 und 1982/83 sind die Bundesausgaben<br />

insgesamt um 10,8 vH beziehungsweise<br />

um 11 v H gestiegen, unter Ausschaltung der Konjunktureinflüsse<br />

ergab sich noch eine Zunahmevon<br />

über 9 1 12 vH beziehungsweise von etwa 9 vH. Die<br />

Staatsquote lag zuletzt um rund 2 Prozentpunkte<br />

über dem Wert des Jahres 1980.<br />

Die wirtschaftliche Aufwärtsbewegung in den Vereinigten<br />

Staaten trägt gewisse Züge eines von fiskalischen<br />

Nachfrageimpulsen angetriebenen Aufschwungs<br />

der Konsumnachfrage und - deutlich<br />

verzögert - der von dem zunehmenden Auslastungsgrad<br />

der Kapazitäten der Konsumgüterindustrie<br />

abhängigen Investitionen. Rückwirkungen<br />

so angetriebener konjunktureller Bewegungen sind<br />

Abzugsposten entweder bei den zinsabhängigen Investitionen<br />

oder beim Außenbeitrag. In den Vereinigten<br />

Staaten gab es beide Reaktionen. Besonders<br />

auffällig ist die Reaktion bei den Exporten und Importen,<br />

bei der starken Verschlechterung der Leistungsbilanz<br />

also (Ziffer 11). Aber auch die zinsabhängigen<br />

Investitionen blieben anscheinend zunächst<br />

nur wegen der großen Steuervorteile wenigstens<br />

auf ihrem stark ermäßigten Niveau. Solche<br />

negativen Rückwirkungen im Zusammenhang mit<br />

den hohen amerikanischen Staatsdefiziten führten<br />

in den ersten Jahren des neuen wirtschaftspolitischen<br />

Weges der Vereinigten Staaten, als sie mit<br />

den Auswirkungen der Inflationsbekämpfung<br />

durch die Geldpolitik zusammentrafen, sogar <strong>zur</strong><br />

Rezession.<br />

Es wäre aber falsch, einseitig die fiskalischen Impulse<br />

in den Brennpunkt zu rücken, wenn man die<br />

konjunkturelle Aufwärtsbewegung der Vereinigten<br />

Staaten deutet, zumal die Geldpolitik sich hinsichtlich<br />

der Finanzierung dieser Impulse nicht als So<br />

nachgiebig erwiesen hat, wie es früher im Rahmen<br />

einer nachfrageorientierten Konjunkturpolitik gängig<br />

war. In den Mittelpunkt der Erklärung des amerikanischen<br />

Aufschwungs gehören die positiven<br />

Auswirkungen der erfolgreichen Inflationsbekämpfung.<br />

die der Kaufkraft zugute gekommen sind und<br />

das Investitionskalkül durch Reduktion der inflationsbedingten<br />

Besteuerung von Scheingewinnen<br />

verbessert haben sowie mehr Flexibilität in der<br />

Lohnpolitik und die Wiederbelebung des Produktivitätsfortschritts,<br />

die das amerikanische Kostenniveau<br />

gesenkt haben. Diese Verbesserungen sind zugleich<br />

Verbesserungen der Konstitution der Volkswirtschaft.<br />

Und wenn jetzt Hoffnung besteht, daß<br />

sich die Investitionsneigung in Amerika trotz der<br />

fortbestehenden hohen Staatsdefizite und der hohen<br />

Realzinsen auch in der Breite erholt, also nicht<br />

nur in den Bereichen, die von der fiskalischen Stimulierung<br />

der Verbrauchernachfrage begünstigt<br />

sind, so wegen dieser konstitutionellen Faktoren.<br />

Zu sehen sind freilich auch die teilweise problematischen<br />

Rückwirkungen des amerikanischen wirt~<br />

schaftspolitischen Weges auf die übrige Welt (Ziffern<br />

307 f.).<br />

30. Ein Mitglied des Sachverständigenrates, Hans­<br />

Jürgen Krupp, sieht die konjunkturelle Entwicklung<br />

in den Vereinigten Staaten als ein Beispiel für<br />

einen Aufschwung, der einerseits von der unstreitigen<br />

Verbesserung der Angebotsbedingungen, andererseits<br />

aber auch von staatlichen Nachfrageimpul~<br />

sen getragen wird. Anders als von der Mehrheit<br />

noch im vergangenen Jahr hinsichtlich der "... nötigen<br />

Maßnahmen <strong>zur</strong> Wiederbelebung des Wirtschaftswachstums<br />

.' ." in der Bundesrepublik in einer<br />

Situation, in der mittelfristige und kurzfristige<br />

Erfordernisse miteinander konkurrieren, diagnostiziert,<br />

ist es offensichtlich nicht nötig, zusätzliche<br />

wachstumsfördernde Ausgaben und steuerliche Erleichterungen<br />

für Investoren durch Ausgabenkürzungen<br />

und durch höhere Steuern an anderer Stelle<br />

so auszugleichen, daß insgesamt die Steuerquote<br />

und die Staatsquote unverändert bleiben (SG 1982<br />

Ziffern 49 ff.). Der amerikanische Aufschwung<br />

wurde erreicht bei einem deutlichen Anstieg der<br />

Staatsquote, der nicht nur konjunkturell bedingt<br />

war, und bei einer Verminderung der Steuerquote;<br />

auch hier konkurrierten mittelfristige und kurzfristige<br />

Erfordernisse (Ziffer 29).<br />

Offensichtlich hat das staatliche Defizit in den Vereinigten<br />

Staaten nicht dazu geführt, daß der Staat<br />

die Privaten dadurch behindert, daß er sie mit sei~<br />

nem hohen Kapitalbedarf am Kapitalmarkt verdrängt,<br />

so wie dies die Mehrheit vielfach selbst für<br />

eine Situation der Unterbeschäftigung unterstellt.<br />

Vielmehr haben die vom Staat ausgehenden Nachfrageanstöße<br />

auch die notwendigen Anregungen für<br />

eine kräftige Entwicklung im privaten Bereich gegeben.<br />

Dies wird nicht so bleiben. Bei einem anhaltenden<br />

Aufschwung sind die wachstums- und stabilitätspolitischen<br />

Risiken eines hohen Staatsdefizits<br />

nicht gering zu achten. Der Staat sollte dann sein<br />

Defizit wieder reduzieren, ein Prozeß, der durch die<br />

mit dem Wachstum steigenden Staatseinnahmen<br />

erleichert wird.<br />

Anders als in den beiden Jahren zuvor wurde die<br />

expansive Finanzpolitik von einer Lockerung der<br />

restriktiven Geldpolitik begleitet. Zwar ist der geldpolitische<br />

Kurs auch in vielen anderen Ländern ge·<br />

35<br />

, :

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!