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Jahresgutachten 1983/84 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 10,Wahlperiode Drucksache 10/669<br />

eine be50ndere Verantwortung zu. Obwohl wir nicht<br />

für zutreffend halten, daß sIe es in der Hand hätten,<br />

die Last ungelöster Probleme von der Welt zu nehmen,<br />

ist doch sowohl von der Verursachung der<br />

Krise als auch von den Möglichkeiten zu deren<br />

Überwindung her das Gewicht der Vereinigten<br />

Staaten besonders groß, und gegen deren wirtschaftspolitische<br />

Strategie ist eine Überwindung<br />

wahrscheinlich überhaupt nicht möglich.<br />

50*. Daß wir die Gründe, die eine Stabilisierungsund<br />

schließlich eine Konsolidierungskrise haben<br />

unausweichlich werden lassen, für weltweit verteilt<br />

halten und daß hinsichtlich der Beseitigung der jeweils<br />

internen Gründe viele Länder stärker im Verzug<br />

sind als die Vereinigten Staaten, wird in diesem<br />

Gutachten dargelegt. Zumindest in dreierlei Hinsicht<br />

haben die Vereinigten Staaten eine Führungsrolle,<br />

der sie sich nicht unter Verweis auf den Vorrang<br />

der heimischen Probleme und auf ihre Autonomie<br />

Qei der Wahl der Strategie zu deren Lösung<br />

versagen können, nämlich hinsichtlich<br />

der hohen Zinsen in der Welt,<br />

der weltweiten Tendenz zum Protektionismus,<br />

der Behandlung der internationalen Finanzkrise<br />

in den internationalen Organisationen.<br />

Der aktuelle Hauptvorwurf gegen die Vereinigten<br />

Staaten ist, daß sie, obwohl Führungsmacht, <strong>zur</strong> Bekämpfung<br />

ihrer Probleme eine Wirtschaftspolitik<br />

gewählt haben, mit deren Zins- und Wechselkurswirkungen<br />

sie den anderen schaden und deren<br />

Prinzipien nicht Maxime auch des Vorgehens der<br />

anderen Länder sein können. Die weltweit ohnehin<br />

schon sehr hohe Nachfrage nach Finanzkapital<br />

schließt aus, daß alle Welt jetzt den Weg erhöhter<br />

Staatsdefizite gehen kann. Außerdem sind hohe<br />

Zinsen nicht für alle gleich schlimm. Die Vereinigten<br />

Staaten sind in hohem Maße Nettogläubiger,<br />

vor allem im Bereich langfristigen Kapitals.<br />

51 *. Bei den Industrieländern hat die Gruppe der<br />

in der Europäischen Gemeinschaft zusammengeschlossenen<br />

Länder das mit Abstand größte Gewicht<br />

in der Weltwirtschaft, Japan leidet nicht an<br />

konstitutionaler Schwäche. Die nicht in den Entwicklungsländern<br />

wurzelnden Probleme konzentrieren<br />

sich in Europa. Die Neigung, nach Ausschöpfung<br />

der Möglichkeiten sich durch Staatsverschuldung<br />

zu helfen, auf die fortdauernde Arbeitslosigkeit<br />

vor allem defensiv zu reagieren, ist nicht<br />

überwunden. Typische Defensivreaktionen sind<br />

Protektionismus, Subventionismus und Arbeitszeitverkürzung.<br />

Der Problemstau ist in Europa noch nicht aufgelöst:<br />

Rückstände bei der Inflationsbekämpfung, bei der<br />

Umstrukturierung und Modernisierung der Wirtschaft,<br />

bei der Korrektur eines zu hohen Lohnniveaus<br />

im Verhältnis <strong>zur</strong> Produktivität, bei der<br />

Senkung der Staatsdefizite und bei der Überwindung<br />

von Leistungsbilanzproblemen. Fast alle Länder<br />

haben hier zwar Fortschritte gemacht oder eingeleitet.<br />

Einige haben auch einen Vorsprung, so die<br />

Bundesrepublik und möglicherweise auch Großbritannien.<br />

Aber im ganzen ist Europa bei der Wiederherstellung<br />

der Bedingungen für neue Wachstumsdynamik<br />

gegenüber den Vereinigten Staaten vermutlich<br />

deutlich <strong>zur</strong>ück.<br />

Wirtschaftspolitik für 19<strong>84</strong> und danach<br />

(Ziffern 321 ff.)<br />

52*. Besteht auch gegenwärtig in der Bundesrepublik<br />

kein Handlungsbedarf für die Wirtschaftspolitik<br />

als Konjunkturpolitik, so gilt dies doch nicht für<br />

die Wirtschaftspolitik als Wachstumspolitik, die zugleich<br />

Beschäftigungspolitik ist im Hinblick auf die<br />

dauerhaften Ursachen für die hohe Arbeitslosigkeit,<br />

Die Erwartung, daß sich die konjunkturelle Erholung<br />

19<strong>84</strong> fortsetzen wird, räumt die Besorgnis nicht<br />

aus, daß doch nicht genug getan ist, die binnenwirtschaftlichen<br />

Wachstumshemmnisse abzubauen,<br />

noch nicht genug Anreize gesetzt sind, sich neuen<br />

Aktivitäten zuzuwenden. Und die Erwartung, daß<br />

sich bald auch die Weltkonjunktur erholen wird,<br />

räumt die Besorgnis nicht aus, daß verglichen mit<br />

früher die weltwirtschaftliehe Dynamik noch für<br />

längere Zeit schwach bleiben wird. Die konjunkturellen<br />

Auswirkungen der verschärften Inflationsbekämpfung<br />

in der Welt klingen ab; jetzt bleiben die<br />

Probleme, für die es eine rasche Lösung nicht gibt.<br />

53*. Im Konkreten hält der Sachverständigenrat<br />

<strong>zur</strong> Erreichung beziehungsweise Sicherung der<br />

Hauptziele der Wirtschaftspolitik und <strong>zur</strong> Vermeidung<br />

künftiger Fehlentwicklungen für besonders<br />

wichtig<br />

1. bei den Staatsausgaben: Die Fortsetzung des<br />

Kurses <strong>zur</strong> Konsolidierung der öffentlichen<br />

Haushalte, jetzt erleichtert durch die wirtschaftliche<br />

Erholung, künftig aber stärker geprägt einerseits<br />

von einem Rückzug des Staates aus<br />

Subventionen und aus Aufgaben, die auch oder<br />

sogar besser privat erledigt werden können, andererseits<br />

mehr Initiative, nötigenfalls auch<br />

mehr Ausgaben, auf Feldern, wo dringende Auf4<br />

gaben ins Hintertreffen geraten sind;<br />

2. bei den allgemeinen Steuern: Konzentration auf<br />

den Versuch, in einigen Jahren zu einer deutlichen<br />

Senkung der Grenzbelastung der Einkommen<br />

zu gelangen, Steuerbegünstigungen hingegen<br />

abzubauen;<br />

3. bei den Unternehmenssteuern: Konzentration<br />

auf die Aufgabe, die Reste der Gewerbesteuer<br />

abzuschaffen und durch eine gute Gemeindesteuer<br />

zu ersetzen;<br />

4. in der Geldpolitik: Ein Einschwenken auf eine<br />

Geldmengensteuerung, die möglichst konsequent<br />

am Wachstum der gesamtwirtschaftlichen<br />

Produktionsmöglichkeiten orientiert ist;<br />

5. in der Lohnpolitik: Die Fortsetzung des Kurses,<br />

der zu einer Senkung der realen Kosten in der<br />

Volkswirtschaft beiträgt, künftig auch geprägt<br />

von mehr Differenzierung in den Lohnverhandlungen;<br />

11<br />

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