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Jahresgutachten 1983/84 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag -10.Wahlperiode Drucksache 10/669.<br />

Faßt.. man das Potentialwachstum und den Zuschlag<br />

für einen derzeit noch unvermeidlichen weiteren<br />

Anstieg des Preisniveaus zusammen, so erscheint<br />

eine Ausweitung der bereinigten Zentralbankgeldmenge<br />

im Verlauf des Jahres 19<strong>84</strong> um etwa 4 '<br />

;' v H<br />

ausreichend, aber auch angemessen.<br />

Man mag sich fragen, ob eine Expansionsrate von<br />

4 1 12 vH genügen würde, auch eine wirtschaftliche<br />

Aufwärtsbewegung abzudecken, die - was ja<br />

durchaus erwünscht wäre - das heute vorauszuschätzende<br />

Tempo überträfe. Diese Frage ist zu bejahen.<br />

Der Rat zu einer solchen Zielvorgabe ist aufgrund<br />

einer mittelfristigen Betrachtung der Geldversorgung<br />

und der Entwicklung der Umlaufsgeschwindigkeit<br />

des Geldes gewonnen. Die Geldversorgung<br />

würde ausreichen, ein Sozialprodukt, das<br />

die Produktionsmöglichkeiten der Volkswirtschaft<br />

normal auslastet, friktionsfrei zu finanzieren. Davon<br />

sind wir noch mehrere volle Prozentpunkte entfernt.<br />

68*. Wieder geben wir keine Zinsprognose ab. Von<br />

den binnenwirtschaftlichen Fundamentalfaktoren<br />

her - niedrige Inflationsrate, sinkende Staatsdefizite,<br />

befriedigende Leistungsbilanzüberschüsse ­<br />

stehen die Zeichen auf Zinssenkung. Auch eine weitere<br />

konjunkturelle Belebung der Kreditnachfrage<br />

steht dem nicht entgegen. Diese wird sich ohnehin<br />

in Grenzen halten, da schon <strong>1983</strong> zumindest die<br />

Nachfrage nach langfristigen Krediten recht lebhaft<br />

war, der Konsolidierungsbemühungen der Unternehmen<br />

wegen. An die Stelle von Krediten zu<br />

Konsolidierungszwecken könnten mehr Kredite zu<br />

Investitionszwecken treten.<br />

Wenn trotzdem Unsicherheit herrscht hinsichtlich<br />

der zu erwartenden Zinstendenz, so wegen der Unsicherheit<br />

hinsichtlich der amerikanischen Zinsen<br />

und hinsichtlich des Spielraums für eine verstärkte<br />

Abkoppelung von ihnen. Bei letzterem geht es um<br />

die Kombination von Zinsen und Wechselkurserwartungen.<br />

69*, Daß mehr Unternehmen als vor einem Jahr<br />

für eine Aufwärtsbewegung gerüstet sind, gehört zu<br />

den Gründen, warum wir ein Anhalten der verbesserten<br />

Investitionsneigung der Unternehmen auch<br />

für den Fall erwarten, daß etwa aus außenwirtschaftlichen<br />

Gründen die Zinsen verhältnismäßig<br />

hoch bleiben. Die Anpassung der Volkswirtschaft<br />

an möglicherweise dauerhaft höhere Zinsen hat<br />

Fortschritte gemacht. Und hier hat zweifellos die<br />

Lohnpolitik eine wichtige Rolle gespielt. Das, was in<br />

der internationalen Diskussion die Reallohn-Lücke<br />

in der Rentabilität zusätzlicher Produktion heißt<br />

und von vielen als ein zentraler Grund für die<br />

Wachstumsschwäche der Industrieländer diagnostiziert<br />

wird, ist außer in den Vereinigten Staaten<br />

wohl vor allem in der Bundesrepublik kleiner geworden.<br />

70'. Ein Mitglied des Sachverständigenrats, Hans­<br />

Jürgen Krupp, teilt zwar die Meinung der Mehrheit,<br />

daß die Geldpolitik <strong>zur</strong> Verstetigung der Wirtschaftsentwicklung<br />

beitragen muß. Dafür reicht<br />

aber seiner Meinung nach eine strikte Orientierung<br />

der Geldmengenentwicklung (in jeglicher Abgrenzung)<br />

am Wachstum des Produktionspotentials<br />

nicht aus. Die enge Beurteilung der Geldpolitik dieses<br />

Jahres und der der letzten Jahre im Rahmen<br />

des vom Sachverständigenrat zugrunde gelegten<br />

Konzepts wird der anstehenden wirtschaftlichen<br />

Probleme dieser Jahre nicht gerecht. Seiner Auffassung<br />

nach beeinflußt die Geldpolitik in stärkerem<br />

Maße, als dies die Mehrheit sieht, auch die langfristigen<br />

Zinsen, sowie die sich am Markt aus Nominallöhnen<br />

und Güterpreisen ergebenden Reallöhne<br />

und die Beschäftigung.<br />

Lohnpolilik<br />

(Ziffern 427 ff.)<br />

71 *. Den Tarifparteien sind in der nächsten Lohnrunde<br />

schwierige Aufgaben gestellt. Es stehen Auseinandersetzungen<br />

über Art und Umfang von Verkürzungen<br />

der Arbeitszeit bevor, die nicht ohne<br />

Auswirkungen auf die Lohnverhandlungen bleiben<br />

und aller Voraussicht nach in diese eingebunden<br />

werden. Es ist eine Antwort auf die Frage zu finden,<br />

wie die Lohnpolitik helfen kann, die Beschäftigungsprobleme<br />

zu vermindern. Mit der wirtschaftlichen<br />

Besserung zeichnet sich ab, daß die Lage am<br />

Arbeitsmarkt im kommenden Jahr erstmals seit<br />

drei Jahren nicht mehr schlechter wird, sondern<br />

möglicherweise sogar ein wenig besser. Von der<br />

Aufgabe, die Arbeitslosigkeit auf ein erträgliches<br />

Ausmaß <strong>zur</strong>ückzuführen, müssen sich die Tarifparteien<br />

jedoch auch im nächsten Jahr leiten lassen.<br />

72*. Soweit Reallohnsicherung für die Grundlinie<br />

der Lohnpolitik bestimmend bleibt, stellt sich an<br />

sich die Frage nicht, wie der Produktivitätszuwachs<br />

abzuschätzen ist, hinter dem der angestrebte Reallohnzuwachs<br />

<strong>zur</strong>ückbleiben sollte. Wegen der Bedeutung,<br />

welche diese Größe in der lohnpolitischen<br />

Diskussion hat, sei jedoch abermals ins Bild gerückt:<br />

Ratio einer am Ziel eines höheren Beschäftigungsstandes<br />

orientierten Lohnpolitik ist es, eine<br />

Besetzung oder Schaffung von Arbeitsplätzen rentabel<br />

werden beziehungsweise rentabel bleiben zu<br />

lassen, die trotz aller Rationalisierungsanstrengungen<br />

eine geringere Arbeitsproduktivität aufweisen<br />

als die - ja durchaus überwiegenden - Beschäfti·<br />

gungsfälle, die auch bei den gegenwärtigen Kostenverhältnissen<br />

rentabel und insoweit nicht gefährdet<br />

sind. Die zugleich mögliche und angestrebte durchschnittliche<br />

Arbeitsproduktivität sollte also Ergebnis<br />

einer Schätzung sein, die dem Rechnung trägt.<br />

Ein Durchschnitt, der deshalb hoch ist, weil weniger<br />

ertragreiche Beschäftigungsmöglichkeiten gar<br />

nicht genutzt werden, ist unerwünscht. Unberührt<br />

bleibt, daß es vernünftig ist, alle lohnenden Möglichkeiten<br />

einer Steigerung der Produktivität durch<br />

Kostensenkung auch zu nutzen; denn Kostensenkung<br />

erweitert zugleich den Spielraum für erhöhte<br />

Einkommen und lohnende Produktion. Kostenungünstige<br />

Produktionsverfahren deshalb wählen,<br />

weil sie beschäftigungsintensiver sind, hieße selbstverständlich<br />

widersinnig handeln. Aber selbst das<br />

wird gelegentlich verlangt.<br />

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