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Jahresgutachten 1983/84 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 10/669 Deutscher Bundestag - 10.Wahlperiode<br />

tein ausgestattet werden. Die gegenwärtig angestrebte<br />

Ausstattung ist das Minimum, im nächsten<br />

Jahr wird eine weitere Erhöhung notwendig sein.<br />

Die Kürzung des erweiterten Zugangs zu den Mitteln<br />

des Fonds sollte rückgängig gemacht werden,<br />

zumindest für die hochverschuldeten Länder. Dem<br />

IWF müssen vorübergehend Sanierungsaufgaben<br />

zugewiesen werden.<br />

Die Weltbank und die Entwicklungsbanken müssen<br />

ihre Mittel für einen projektgebundenen Einsatz<br />

weiter ausdehnen. Dieser Bankengruppe kommt<br />

vor allem bei der Stimulierung von mehr Direktinvestitionen<br />

in den Entwicklungsländern eine große<br />

Bedeutung zu. So hat die Weltbank Anfang <strong>1983</strong> die<br />

Mittel für gemeinsam mit privaten Banken finanzierte<br />

Investitionen (Kofinanzierung) aufgestockt,<br />

um private Kapitalzuflüsse in die Entwicklungsländer<br />

zu fördern.<br />

Gefahren einer erneuten Beschleunigung der Welt­<br />

'inflation sind bei einer Erweiterung der Refinanzierungsmöglichkeiten<br />

des IWF gering zu schätzen.<br />

Eine zusätzliche Quotenerhöhung des IWF oder andere<br />

Erhöhungen der Mitgliedereinlagen müssen<br />

nicht mit mehr Inflation verbunden sein, zumal die<br />

Währungsreserven der Zentralbanken der IWF­<br />

Länder seit 1980 erheblich geschrumpft sind. In bezug<br />

auf Inflationsgefahren wäre auch die Refinanzierung<br />

des IWF auf den Kapitalmärkten unbedenklich;<br />

freilich könnte dabei der politische Wille<br />

zu einer Zusammenarbeit der außenwirtschaftlich<br />

starken Länder bei der Hilfe an die außenwirtschaftlieh<br />

schwachen, der Solidarcharakter des<br />

IWF, empfindlich geschwächt werden. Diese Form<br />

der Refinanzierung würde die Aufgabenzuweisung<br />

an den IWF weit mehr verändern als eine Quotenerhöhung.<br />

Auf die Kapitalmärkte sollte der IWF daher<br />

nur im Notfall <strong>zur</strong>ückgreifen.<br />

Nur ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einer<br />

weiteren Verschuldung und der nötigen Anpassung<br />

kann verhindern, daß die harten Anpassungsmaßnahmen<br />

letztlich eine politische Krise in den betroffenen<br />

Ländern auslösen (Ziffer 300). Ein solches<br />

ausgewogenes Verhältnis herzustellen, kann nur<br />

unter Mitwirkung internationaler Stellen gelingen.<br />

Soweit die Meinung dieses Ratsmitglieds.<br />

305. Weil der klare Strich unter die Vergangenheit<br />

nicht möglich ist, die Inanspruchnahme restriktiver<br />

Anpassungsprozesse der Schuldnerländer unvermeidlich<br />

erscheint, gleichwohl das mit den Umschuldungsabkommen<br />

sich erneuernde Kreditgebäude<br />

wenig stabil bleiben wird, wenn diese Abkommen<br />

zwar durchaus anspruchsvoll, aber eben<br />

auch realistisch einzuschätzenden Anpassungsmöglichkeiten<br />

der Schuldnerländer nicht genügend<br />

Rechnung tragen, muß man sich darauf einstellen,<br />

daß von dieser Seite her die weltwirtschaftliche Dynamik<br />

noch auf Jahre hin beeinträchtigt ist. Zu dem<br />

besonders dramatischen Teil des Konsolidierungsprozesses<br />

in der Welt, den die Überschuldungskrise<br />

darstellt, tritt hinzu der Konsolidierungsbedarf, den<br />

fast alle Industrieländer noch vor sich haben. Und<br />

nicht zu übersehen, sondern allenthalben zu spüren<br />

ist die wechselseitige Verstärkung dieser Probleme.<br />

So werden die Kosten der Aufräumungsarbeiten in<br />

bezug auf die Vergangenheit und die fortdauernde<br />

allgemeine Unsicherheit im Zusammenhang mit ihnen<br />

die Nutzung der Zukunftschancen in der Welt<br />

weiterhin beengen. Der vorläufig fortdauernde<br />

hohe Kreditbedarf und die Unsicherheit halten die<br />

Zinsen hoch. Nur was trotz solcher Zusatzkosten<br />

und solcher Unsicherheit attraktiv erscheint,<br />

kommt zum Zuge.<br />

Anders gewendet: Gemessen an den geplanten und<br />

in Angriff genommenen Investitionsprojekten muß<br />

man die Sparkapitalbildung in der Welt eher für<br />

reichlich halten. Knapp sind Investitionsprojekte,<br />

die unter den gegebenen Umständen als rentabel<br />

gelten können, knapp ist Kreditwürdigkeit in der<br />

Welt. Gleichwohl kommt es trotz dieser Umstände<br />

nicht zu einer massiven Zinssenkung, nicht zu einer<br />

ausreichenden Verbilligung von Sparkapital, die für<br />

die große Menge an ausfallenden Investitionsprojekten<br />

Ersatz finden hülfe - und zwar nicht nur<br />

der erhöhten gesamtwirtschaftlichen Risiken wegen<br />

nicht. Denn nach wie vor ist in der Welt die<br />

Summe an Kapitalnachfrage groß, mit der der Staat<br />

in die Lücke springt, bevor die Zinsen ausreichend<br />

gesunken sind. Das begrenzt den Zinssenkungsprozeß.<br />

Schematisch gesprochen: Weiter als bis zu dem<br />

Punkt, an dem der Staat als Kapitalnachfrager auftritt,<br />

weil eine unbefriedigende Wirtschaftslage ihn<br />

zum Gegenhalten mit Hilfe kreditfinanzierter<br />

Staatsausgaben veranlaßt, können die Zinsen nicht<br />

sinken. Die überzogene staatliche Kreditnachfrage<br />

hat leider nur allzu wenig mit zusätzlichen produktiven<br />

Investitionen zu tun (was allerdings nicht so<br />

sein müßte). Wahrscheinlich gilt, massiver Fehlleitung<br />

wegen, dasselbe auch für einen erheblichen<br />

Teil privater Kapitalnachfrage. Auch der hohe Kreditbedarf<br />

der überschuldeten Länder wird sich vorläufig<br />

nicht auf das reduzieren, was diese Länder<br />

an zukunftsträchtigen Projekten anzubieten haben.<br />

Die Folge ist, daß es bei zu geringer Sachkapitalbildung<br />

bleibt. Und da nur die produktiven Investitionen<br />

Produktivitätsfortschritt und Wachstum bringen,<br />

bleibt der durchschnittliche Ertrag aus der<br />

Weltsparkapitalbildung - den ertragreich investierten<br />

Ersparnissen zusammen mit den für unrentable<br />

Investitionen und staatlichen Konsum verwendeten<br />

- so viel niedriger, als wir es von früher<br />

gewohnt sind.<br />

306. Diese Konstellation ist auch verteilungspolitisch<br />

ein weltweites Ärgernis. Und Verteilungspro·<br />

bleme schaffen immer auch Stabilitätsprobleme.<br />

Die Inflationsbekämpfung hat die von wechselhaften,<br />

unvorhersehbaren Inflationsraten getroffenen<br />

Geldvermögensbesitzer wieder in ihre Rechte eingesetzt,<br />

ihnen wieder einen positiven Realzins verschafft.<br />

Und mehr als das: Sie hat den Realzins<br />

zunächst einmal sogar ungewöhnlich hoch werden<br />

lassen. Die fortdauernd hohe Kapitalnachfrage<br />

wird ihnen in einer entsprechenden Risikoprämie<br />

vergolten. All dies würde bei allgemeiner Prosperität<br />

womöglich sogar akzeptiert werden. Bedrükkend<br />

ist jedoch, daß wie zuvor dargelegt ein stark<br />

gewachsener Teil der hohen Zinseinkommen nicht<br />

aus produktiver Kapitalanlage bedient werden<br />

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