Reise nach Ixtlan - Sapientia
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stürzte mein Bewußtsein in völliges Chaos. Mir war, als hätte ich statt Don Juans<br />
Zügen den Kopf eines Falken gesehen. Das Bild war zu flüchtig, und ich war zu<br />
verwirrt, als daß ich es aufmerksamer hätte prüfen können. Ganz aufgeregt sagte ich<br />
ihm, ich könne schwören, daß ich in seinem Gesicht die Züge eines Falken erkannt<br />
hätte. Wieder bekam er einen Lachanfall.<br />
Ich kenne den Blick in den Augen von Falken. Als Junge hatte ich sie gejagt und war,<br />
wie mein Großvater meinte, ein guter Jäger gewesen. Er hatte eine Leghorn-<br />
Hühnerfarm, und die Falken bedrohten sein Geschäft. Sie zu schießen, war daher<br />
nicht nur nützlich, sondern auch »richtig«. Bis zu diesem Augenblick hatte ich<br />
vergessen, daß der wilde Blick aus ihren Augen mich jahrelang verfolgt hatte; doch<br />
das lag in so ferner Vergangenheit, daß ich die Erinnerung daran verloren zu haben<br />
meinte. »Ich habe Falken gejagt«, sagte ich. »Ich weiß«, sagte Don Juan nüchtern.<br />
In seiner Stimme lag so viel Gewißheit, .daß ich lachen mußte. Er kam mir albern<br />
vor. Hatte er doch die Frechheit, so zu tun, als wisse er, daß ich Falken gejagt hatte.<br />
Ich empfand tiefe Verachtung für ihn.<br />
»Warum wirst du so böse?« fragte er mit wirklicher Besorgnis. Ich wußte nicht,<br />
warum. Er fing an, mich auf eine sehr eigenwillige Art auf die Probe zu stellen. Er<br />
forderte mich auf, ihn wieder anzusehen und ihm zu sagen, an welchen »sehr<br />
spaßigen Vogel« er mich erinnere. Ich versuchte mich ihm zu widersetzen und sagte<br />
geringschätzig, da gebe es nichts zu sagen. Dann konnte ich aber doch nicht<br />
widerstehen, ihn zu fragen, warum er behauptet hatte, er wisse, daß ich Falken<br />
gejagt hatte. Statt zu antworten, ließ er sich wieder über mein Verhalten aus. Er hielt<br />
mir vor, ich sei ein heftiger Mensch, jederzeit bereit, mich mit »Schaum vor dem<br />
Mund« zu ereifern. Ich protestierte, das sei nicht wahr. Ich hätte immer von mir<br />
geglaubt, eher umgänglich und verträglich zu sein. Ich sagte, es sei seine Schuld,<br />
daß er mich mit seinen unberechenbaren Worten und Taten um die Beherrschung<br />
brächte. »Warum dieser Ärger?« fragte er.<br />
Ich überprüfte meine Gefühle und Reaktionen. Ich hatte wirklich keinen Grund,<br />
wütend auf ihn zu sein.<br />
Wieder drängte er mich, ihm in die Augen zu sehen und ihm etwas über den<br />
»seltsamen Falken« zu sagen. Er hatte nun ein anderes Wort gewählt; vorhin hatte<br />
er von einem »sehr spaßigen Vogel« gesprochen, nun sagte er statt dessen: »ein<br />
seltsamer Falke«. Diese Änderung der Wortwahl entsprach ein Umschwung meiner<br />
Stimmung. Plötzlich war ich traurig. Er kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und