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Reise nach Ixtlan - Sapientia

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er, irgendwie in ihre Pläne einbauten, und in der Regel hatte ich dann immer in der<br />

Luft gehangen.<br />

»Du beklagst dich«, sagte er sanft. »Du hast dich dein Leben lang beklagt, weil du<br />

nicht die Verantwortungen für deine Entscheidungen übernimmst. Hättest du die<br />

Verantwortung für den Vorschlag deines Vaters, um sechs Uhr morgens schwimmen<br />

zu gehen, übernommen, dann wärst du notfalls allein schwimmen gegangen, oder du<br />

hättest ihm gleich beim erstenmal, sobald er nur den Mund auftat, deine Meinung<br />

gesagt, <strong>nach</strong>dem du seine Ausflüchte kanntest. Du aber hast nichts gesagt. Daher<br />

warst du genauso schwach wie dein Vater.<br />

Die Verantwortung für seine Entscheidungen übernehmen, heißt bereit sein, für sie<br />

zu sterben.« »Halt, halt!« rief ich, »Du verdrehst die Dinge.« Er ließ mich nicht<br />

ausreden. Ich wollte ihm sagen, daß ich meinen Vater nur als Beispiel für<br />

unrealistisches Handeln angeführt hatte und daß niemand, der recht bei Trost ist,<br />

bereit sei, für etwas so Albernes zu sterben, wie um sechs Uhr morgens schwimmen<br />

zu gehen.<br />

»Es kommt nicht auf die Art der Entscheidung an«, sagte er, »nichts ist ernster oder<br />

weniger ernst als alles übrige. Siehst du das nicht? In einer Welt, wo der Tod der<br />

Jäger ist, gibt es keine kleinen oder großen Entscheidungen. Es gibt nur<br />

Entscheidungen, die wir angesichts unseres unausweichlichen Todes treffen.«<br />

Ich konnte nichts entgegnen. Es verging etwa eine Stunde. Don Juan saß völlig<br />

reglos auf seiner Matte, obwohl er nicht schlief. »Warum sagst du mir das alles, Don<br />

Juan?« fragte ich. »Warum machst du das mit mir?«<br />

»Du bist zu mir gekommen«, sagte er. »Nein, das stimmt nicht, du wurdest mir<br />

geschickt, und ich hatte ein Zeichen mit dir.« »Wie bitte?«<br />

»Du hättest ein Zeichen mit deinem Vater haben können, wenn du für ihn<br />

schwimmen gegangen wärest, aber du hast es nicht getan, vielleicht, weil du zu jung<br />

warst. Ich lebe schon länger als du. Auf mich wartet nichts Unerledigtes. In meinem<br />

Leben ist keine Kilo, deshalb kann ich es mir leisten, ein Zeichen mit dir zu haben.«<br />

Am Nachmittag machten wir eine Wanderung. Ich konnte leicht mit ihm Schritt halten<br />

und wunderte mich wieder über seine erstaunliche körperliche Tüchtigkeit. Er ging so<br />

behend und mit so sicheren Schritten dahin, daß ich mir neben ihm wie ein Kind<br />

vorkam. Wir gingen in östlicher Richtung. Dabei bemerkte ich, daß er nicht gern im<br />

Gehen sprach. Immer, wenn ich etwas zu ihm sagte, blieb er stehen, um mir zu<br />

antworten. Nach ein paar Stunden kamen wir zu einem Hügel. Er setzte sich und

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