Reise nach Ixtlan - Sapientia
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eine bestimmte Mitgliedschaft gemeinsam ist, gemeinsam anzustellen gelernt haben.<br />
Die Vorstellung, daß die Wahrnehmungsinterpretationen, welche die Welt<br />
konstituieren, im Fluß begriffen sind, stimmt mit der Tatsache überein, daß sie<br />
ununterbrochen stattfinden und selten, wenn überhaupt, in Frage gestellt werden.<br />
Tatsächlich wird die Realität der Welt, wie wir sie kennen, als so feststehend<br />
angesehen, daß die Grundprämisse der Zauberei, nämlich daß unsere Realität nur<br />
eine von vielen möglichen Beschreibungen ist, kaum eine Chance hat, als ernsthafte<br />
These akzeptiert zu werden. Im Fall meiner Lehrzeit kümmerte sich Don Juan<br />
glücklicherweise überhaupt nicht darum, ob ich seine Behauptung als seriös<br />
akzeptieren konnte, und trotz meines Widerstands, meines Unglaubens und meiner<br />
Unfähigkeit, zu verstehen was er sagte, erläuterte er seine Feststellungen immer<br />
wieder. Als Lehrer war Don Juan also bestrebt, mir von unserem ersten Gespräch an<br />
die Welt zu beschreiben. Meine Schwierigkeiten, seine Begriffe und Methoden zu<br />
erfassen, rührten von der Tatsache her, daß die Einheiten seiner Beschreibung<br />
meinen eigenen fremd und mit ihnen unvereinbar waren.<br />
Er war davon überzeugt, daß er mich »Sehen« lehrte, im Gegensatz zum bloßen<br />
»Schauen«, und daß der erste Schritt zum Sehen darin bestünde, »die Welt<br />
anzuhalten«.<br />
Jahrelang hatte ich die Vorstellung, »die Welt anzuhalten«, als kryptische Metapher<br />
aufgefaßt, die in Wirklichkeit nichts besagte. Erst im Verlauf einer formlosen<br />
Unterhaltung gegen Ende meiner Lehrzeit geschah es, daß ich ihre Tragweite und<br />
ihre Bedeutung als eines der wichtigsten Elemente von Don Juans Wissen voll<br />
erfaßte. Don Juan und ich hatten uns in einer entspannten und unstrukturierten Form<br />
über dies und jenes unterhalten. Ich hatte ihm von einem meiner Freunde und von<br />
dessen Problem mit seinem neunjährigen Sohn erzählt. Das Kind, das die letzten vier<br />
Jahre bei der Mutter verbracht hatte, lebte damals bei meinem Freund, und nun<br />
erhob sich die Frage, was künftig mit ihm geschehen sollte. Wie mein Freund meinte,<br />
war das Kind in der Schule ein Versager; es fehlte ihm an Konzentration, und es<br />
interessierte sich für gar nichts. Es neigte zu Wutanfällen, zerstörerischem Verhalten<br />
und lief oft von zu Hause fort.<br />
»Sicher hat dein Freund ein Problem«, sagte Don Juan lachend. Ich wollte fortfahren,<br />
ihm all die »fürchterlichen« Sachen zu erzählen, die das Kind angestellt hatte, aber<br />
er unterbrach mich. »Du brauchst mir nicht noch mehr über diesen armen Jungen zu<br />
sagen«, meinte er. »Es ist unnötig, daß wir, du oder ich, seine Taten irgendwie