Reise nach Ixtlan - Sapientia
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flimmernde Bewegung über dem Felsen wahrzunehmen. Ein Schauder lief durch<br />
meinen Körper, die Muskeln meines Unterleibs zogen sich unwillkürlich zusammen<br />
und ich bekam einen schockartigen Krampf. Im nächsten Moment gewann ich meine<br />
Fassung wieder und den Eindruck, einen flimmernden Schatten gesehen zu haben,<br />
erklärte ich mir als optische Illusion hinweg – dadurch verursacht, daß ich meinen<br />
Kopf so plötzlich gedreht hatte.<br />
»Der Tod ist unser ewiger Begleiter«, sagte Don Juan mit sehr ernster Miene. »Er ist<br />
immer zu unserer Linken, eine Armeslänge entfernt. Er hat dir zugesehen, als du den<br />
weißen Falken beobachtetest. Er flüsterte dir etwas ins Ohr und du spürtest den<br />
Schauder, wie du ihn heute spürtest. Er hat dich immer beobachtet. Er wird es immer<br />
tun, bis zu dem Tag, an dem er dich anrührt.« Er streckte seinen Arm aus, berührte<br />
mich leicht an der Schulter und machte gleichzeitig mit der Zunge ein dumpfes,<br />
schnalzendes Geräusch. Die Wirkung war verheerend; ich mußte mich beinah<br />
übergeben.<br />
»Du bist der Junge, der auf die Pirsch ging und geduldig wartete, genau wie der Tod<br />
wartet; du weißt ganz gut, daß der Tod zu unserer Linken sitzt, genau wie du zur<br />
Linken des weißen Falken gesessen hast.«<br />
Seine Worte hatten die seltsame Macht, mich in einen unverhältnismäßigen<br />
Schrecken zu stürzen; meine einzige Abwehr bestand darin, zwanghaft alles<br />
aufzuschreiben, was er sagte. »Wie kann sich jemand nur so wichtig vorkommen, wo<br />
wir wissen, daß der Tod uns umschleicht?« fragte er.<br />
Ich hatte das Gefühl, daß eine Antwort sich erübrigte. Ich hätte ohnehin nichts sagen<br />
können. Eine neue Stimmung hatte von mir Besitz ergriffen.<br />
»Was du tun mußt, wenn du ungeduldig bist«, fuhr er fort, »ist dies: Wende dich <strong>nach</strong><br />
links und frag deinen Tod um Rat. Ungeheuer viel Belangloses fällt von dir ab, wenn<br />
dein Tod dir ein Zeichen gibt, wenn du einen Blick auf ihn werfen kannst, oder, wenn<br />
du einfach das Gefühl hast, daß dein Begleiter da ist und dich beobachtet.«<br />
Wieder beugte er sich herüber und flüsterte mir ins Ohr, daß ich, wenn ich mich auf<br />
sein Zeichen hin plötzlich <strong>nach</strong> links wendete, noch einmal meinen Tod auf dem<br />
Felsen sehen könne. Er gab mir mit den Augen ein kaum wahrnehmbares Zeichen,<br />
aber ich wagte nicht, hinzuschauen.<br />
Ich sagte, daß ich ihm glaubte und daß er nicht länger bei diesem Thema verweilen<br />
solle, weil ich Angst hätte.<br />
Er lachte schallend und aus vollem Hals, wie es seine Art war. Er antwortete, daß wir