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Anders sieht die Lage bei den großen<br />
Banken und Tradern aus, die traditionell<br />
sehr kurzfristig investiert sind. Seitdem<br />
die Unterstützung bei 1.315 US-Dollar<br />
je Feinunze Gold im Juni durchbrochen<br />
wurde, haben diese Marktteilnehmer<br />
den Goldmarkt vorerst abgeschrieben.<br />
Sie sehen den Goldpreis langfristig in<br />
der Krise, erwarten in naher Zukunft<br />
keine signifikante Besserung und positionieren<br />
sich entsprechend. Da der Preis<br />
an den Futuremärkten aber genau von<br />
diesen Investoren mitbestimmt wird,<br />
könnte dieses negative Sentiment einer<br />
möglichen Rally mittelfristig tatsächlich<br />
entgegenstehen. Erst wenn wirklich<br />
neue Tiefs im Bereich von 1.110 US-<br />
Dollar erreicht werden und gleichzeitig<br />
die Nachrichtenlage günstige Signale<br />
sendet, würden aus charttechnischer<br />
Sicht die Trader wohl wieder auf steigende<br />
Preise setzten, so die gängige<br />
Meinung.<br />
Hinzukommt, dass sich der Rest des<br />
Goldmarktes relativ ruhig verhält und<br />
nicht mit fundamentalen Änderungen<br />
aufwarten kann, die nicht bereits eingepreist<br />
sind. Beispielsweise liefert ein<br />
Blick auf die Gold-Silber-Ratio kaum<br />
neue Offenbarungen. Mit aktuell konstant<br />
60 Zählern liegt das Verhältnis<br />
zwischen Gold- und Silberpreis nicht<br />
besonders hoch und nicht besonders<br />
niedrig. Das ist in etwa so, wie wenn es<br />
im Wetterbericht heißt: „[…]heiter, teils<br />
Gold-Bestände<br />
des SPDR Gold<br />
Trusts in Millionen<br />
Unzen;<br />
Quelle: SPDR<br />
Gold Trust<br />
wolkig. In den Abendstunden kann es<br />
vereinzelt zu leichten Schauern kommen“.<br />
Übersetzt heißt das: Man muss<br />
auf alles gefasst bleiben. Ein signifikanter<br />
Ausbruch der Ratio in die eine<br />
oder andere Richtung könnte als Indiz<br />
für Aufholpotenzial oder je nach Marktlage<br />
auch für eine anstehende Korrektur<br />
sprechen. So aber entzieht sich der<br />
sonst so wichtige Indikator einer klaren<br />
Bewertung.<br />
Ähnliches gilt für den ETF-Markt. Ein<br />
Blick auf die Einlagen des SPDR Gold<br />
Trust zeigt zwar massive Abflüsse zum<br />
Jahreswechsel, seitdem aber kaum<br />
noch eine Veränderung. Seit etwa Mitte<br />
Juli verwaltet der größte Gold-ETF weltweit<br />
relativ konstant rund 29,5 Millionen<br />
Unzen (906 Tonnen) Gold. Ein Ausbruch<br />
in die eine oder andere Richtung<br />
ist aktuell nicht zu erkennen, der Chart<br />
zeigt stattdessen eine ausgeprägte Seitwärtsbewegung.<br />
Eine Aussage über<br />
Änderungen bei der Positionierung der<br />
institutionellen Investoren lässt sich so<br />
nicht treffen – auch hier herrscht Wartestimmung.<br />
Ein Grund dafür könnte die aktuelle<br />
fundamentale Lage sein, denn aus<br />
statistischer Sicht gibt es wenig Richtungsweisendes<br />
zu berichten. Laut den<br />
jüngsten Zahlen des World Gold Councils<br />
(WGC), fiel die gesamte Goldnachfrage<br />
im zweiten Quartal 2013 um drastische<br />
12 Prozent auf 856 Tonnen Gold<br />
gegenüber dem Vorjahr ab. Der Abfall<br />
ist vor allem durch die oben erwähnten<br />
Abflüsse am Gold-ETF-Markt und<br />
einem leichten Rückgang bei der Nachfrage<br />
der Zentralbanken zu begründen.<br />
Gleichzeitig zitiert der Bericht aber eine<br />
phänomenalen Anstieg der weltweiten<br />
Schmucknachfrage um 37 Prozent<br />
auf 576 Tonnen für Q2. So groß und<br />
vor allem unerwartet war der Anstieg,<br />
dass das WGC sogar vom „großen Goldschmuckrausch“<br />
spricht. In der Summe<br />
aber auch hier kein klares Bild, womit<br />
vor diesem Hintergrund mittelfristig<br />
weder für ein bullisches noch schlüssig<br />
für ein bärisches Szenario argumentiert<br />
werden kann.<br />
Und schließlich können auch die weltweiten<br />
Terminbörsen wenig spannendes<br />
vermelden. An der LBMA, wo im<br />
August mit negativen Gold-Forward-<br />
Zinsen noch absoluter Ausnahmezustand<br />
herrschte, hat sich die Situation<br />
mittlerweile deutlich erholt. Aktuell<br />
liegt der Zinssatz bei durchschnittlichen<br />
0,09 Prozent und nicht bei minus 0,12<br />
wie in der Spitze am 22. August. Gleiches<br />
gilt für COMEX: Die großen kommerziellen<br />
Händler sind mit grob<br />
71.000 Kontrakten aktuell kaum außergewöhnlich<br />
short. Auch wenn in den<br />
letzten Wochen ein leichter Anstieg<br />
verzeichnet wurde, kann von Übertreibung<br />
nicht die Rede sein.<br />
Unter normalen Umständen könnte<br />
diese Nachrichtenlage als letzter Ausläufer<br />
der Sommerpause charakterisiert<br />
werden. Mit Blick auf die geopolitische<br />
Lage kann freilich nicht von normalen<br />
Umständen die Rede sein. Und so wird<br />
für Kleinanleger die Positionierung zur<br />
Gretchenfrage oder anders gesagt: Ist<br />
von einer Eskalation der weltweiten<br />
Schuldenproblematik und damit verbunden<br />
mit einem Anstieg der Nachfrage<br />
nach dem sicheren Gold auszugehen?<br />
Antwort auf diese Frage werden<br />
die nächsten Monate liefern. Unabhängig<br />
davon seien Edelmetallanleger an<br />
dieser Stelle aber daran erinnert, dass<br />
auch der Bullenmarkt der 1970er Jahre<br />
keine unaufhörliche Rally war. Zwischen<br />
1975 und 1977 fielen die Preise<br />
zunächst ab, bevor der Markt dann zum<br />
großen Kursfeuerwerk ansetzte.<br />
<strong>Schoeller</strong> <strong>Münzhandel</strong> Ausgabe 3/2013 Seite 4