Gottes Bodenpersonal - Schw. StV
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<strong>Schw</strong>ester Ingrid Grave: Die Zeit beim <strong>Schw</strong>eizer Fernsehen<br />
Als Moderatorin nicht nur gern gesehen<br />
<strong>Schw</strong>ester Ingrid Grave ist in der <strong>Schw</strong>eiz<br />
einigen wohl aus dem Fernsehen bekannt.<br />
Sechs Jahre moderierte sie die Sendereihe<br />
Sternstunde sonntagmorgens im <strong>Schw</strong>eizer<br />
Fernsehen. Anschliessend durfte sie während<br />
zweier Jahre ihre Gedanken in der Sendung<br />
Wort zum Sonntag vorstellen. Noch heute wird<br />
sie an Veranstaltungen eingeladen, um über<br />
ihre Erfahrungen beim Fernsehen zu erzählen.<br />
Sei es an Altersnachmittagen, vor Schulklassen,<br />
an Vereinsanlässen oder in Jugendkirchen.<br />
Die Arbeit beim Fernsehen öffnete<br />
<strong>Schw</strong>ester Ingrid Grave verschiedene Türen,<br />
um später vor Publikum über Spiritualität und<br />
Mystik zu referieren.<br />
Auch persönlich habe diese Aufgabe sie<br />
weitergebracht. «Ich bin in ein Gebiet eingetaucht,<br />
das ich vorher nicht kannte», erklärt<br />
die Dominikanerin. Sie habe Menschen<br />
kennen gelernt, die nichts mit Kirche oder Religion<br />
zu tun hatten. «Dadurch konnte ich deren<br />
Weltsicht erfahren», erklärt sie. Zudem kam sie<br />
mit sehr vielen Themen in Berührung, lernte,<br />
vor Publikum aufzutreten und frei zu sprechen.<br />
«Insgesamt war für mich die Zeit beim Fernsehen<br />
eine Horizonterweiterung», erklärt sie.<br />
Der Zufall half mit<br />
Die Ordensschwester nennt es Zufall, dass sie diese<br />
Aufgabe beim Fernsehen übernehmen durfte.<br />
«Ich habe mich nicht um die Stelle beworben»,<br />
sagt die 72-Jährige und lacht. Zufällig sei sie es<br />
gewesen, die die telefonische Anfrage des <strong>Schw</strong>eizer<br />
Fernsehens entgegengenommen habe. Ingrid<br />
Grave war zu dieser Zeit im Team der Ordensleitung.<br />
Doch ihre Amtszeit in der Leitung neigte<br />
sich bereits dem Ende entgegen. «Auch das<br />
ein Zufall», sagt sie. Denn, die beiden Aufgaben<br />
wären unmöglich miteinander vereinbar gewesen.<br />
So liess sich <strong>Schw</strong>ester Ingrid Grave als Moderatorin<br />
«testen». «Alle Interessentinnen wurden<br />
getestet. Wie ist die Sprache? Wie steht man da?<br />
Wie kommt man rüber?», erzählt sie. «Ganz unerwartet<br />
habe ich diesen Test bestanden.»<br />
Viel Lob, aber auch heftige Kritik<br />
Die Ordensschwester stand also vor der Entscheidung,<br />
ob sie die Stelle beim Fernsehen<br />
antreten soll oder nicht. Sie ahnte wohl, dass<br />
sie bei einer Zusage nicht nur lobende Worte zu<br />
hören bekommen würde. Und tatsächlich, ihre<br />
Fernsehauftritte wurden auch stark kritisiert.<br />
«Vor allem aus konservativen Kreisen musste ich<br />
mir heftigste Kritik anhören», erinnert sie sich.<br />
«Statt in Bescheidenheit zu leben, würde ich am<br />
Bildschirm eine Show abziehen, hiess es.» Dass<br />
sie als Frau so etwas machte, kam auch nicht<br />
überall gut an. «Daneben bekam ich aber auch<br />
ganz viel Lob», fügt sie an.<br />
Sie lernte mit den kritischen Stimmen umzugehen,<br />
zumal sie sich selbst in ihrer Entscheidung<br />
sicher war. «Der heilige Dominikus und die<br />
Dominikaner waren Prediger», erklärt sie. Es lag<br />
also im Ursprung des Ordens, zu predigen, nach<br />
draussen zu gehen und seine Meinung kund<br />
zu tun. «Bei der Entscheidung fragte ich mich:<br />
wenn Dominikus heute leben würde, was würde<br />
er dazu sagen, dass ich als Frau diese Fernsehstelle<br />
annehme? Die Antwort war klar. Er würde<br />
sagen: Selbstverständlich!» Im Grunde war es<br />
die moderne Art, nach draussen zu gehen, zu<br />
predigen und zu überzeugen, was sie glaubt.<br />
Foto: Hanspeter Bärtschi<br />
10 civitas 03 / 04 2010