60 AUFWÃRTS - aktive Senioren in Maintal
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Im nächsten Jahr wird alles anders<br />
(RG) „Also, so wie letztes Jahr kann das diesmal<br />
nicht laufen. Da b<strong>in</strong> ich kurz vorm Fest fast<br />
durchgedreht, weil alles auf e<strong>in</strong>mal kam. Die<br />
Geschenke, die Plätzchen, der Weihnachtsbaum<br />
und dann noch das Essen. Im nächsten<br />
Jahr fang ich rechtzeitig an. Schließlich kommt<br />
Weihnachten ja nicht überraschend. Und <strong>in</strong> drei<br />
Monaten ist schon wieder alles vorbei.“<br />
Renate sitzt an ihrem Schreibtisch und murmelt<br />
die Namen all derer vor sich h<strong>in</strong>, denen sie<br />
zu Weihnachten e<strong>in</strong> Geschenk machen will.<br />
„Zuerst ist da mal Horst. Obwohl, wenn ich es<br />
mir recht überlege, hat der sich letztes Jahr mit<br />
dem immer wieder gleichen Parfum, dass ich jedes<br />
Mal an Frau Meier weiterverschenke, auch<br />
ke<strong>in</strong>en Blumentopf verdient. Die Frau Meier wird<br />
sicher auch schon denken, ich hätte ke<strong>in</strong>e Ideen.<br />
Vielleicht sollte ich mir endlich mal e<strong>in</strong> Herz<br />
fassen und Horst sagen, dass ich das Parfum<br />
e<strong>in</strong>fach nicht riechen kann. Allerd<strong>in</strong>gs müsste<br />
ich mir dann für Frau Meier noch was ausdenken,<br />
wenn ich mich wirklich bei Horst beschweren<br />
will. Ich glaube, da lasse ich lieber alles beim<br />
Alten. Also mit dem Geschenk für Horst, da warte<br />
ich mal, bis ich spontan was f<strong>in</strong>de, das hat<br />
ja nun wirklich noch Zeit. Aber für Gisela muss<br />
es etwas besonders Schönes se<strong>in</strong>. Die gibt sich<br />
immer so viel Mühe. Aber was schenkt man e<strong>in</strong>er<br />
Frau, die schon alles hat? Am besten, ich<br />
lass mich beim Bummeln <strong>in</strong>spirieren. Wenn ich<br />
vorher über den Weihnachtsmarkt geschlendert<br />
b<strong>in</strong>, komme ich bestimmt <strong>in</strong> Stimmung. Dann<br />
kann ich auch gleich e<strong>in</strong>e Kle<strong>in</strong>igkeit für Sab<strong>in</strong>e<br />
suchen. Die hat ja so e<strong>in</strong>en ähnlichen Geschmack<br />
wie Gisela. Da f<strong>in</strong>det sich schon was.“<br />
Gedankenverloren malt Renate Strichmännchen<br />
auf den Block, der vor ihr liegt.<br />
„Vielleicht sollte ich e<strong>in</strong>e Liste machen. Gaby<br />
sagt immer, Listen erleichtern das Leben un-geme<strong>in</strong>.<br />
Gaby ist auch so effektiv. Bei der läuft immer<br />
alles wie am Schnürchen und ich habe noch<br />
nie erlebt, dass bei ihr mal irgen-detwas nicht<br />
klappt. Ich mach das dieses Jahr auch. E<strong>in</strong>e Liste<br />
a la Gabi.“<br />
Renate fängt an, nach e<strong>in</strong>em L<strong>in</strong>eal zu suchen.<br />
In der dritten Schublade f<strong>in</strong>det sie e<strong>in</strong> Päckchen<br />
<strong>in</strong> Goldpapier e<strong>in</strong>gewickelt, mit e<strong>in</strong>er rotgoldenen<br />
Schleife.<br />
„Was ist das denn? Ach du me<strong>in</strong>e Güte, das wird<br />
17<br />
doch nicht? Doch!!! Das s<strong>in</strong>d die Pral<strong>in</strong>en, die<br />
ich Oma Krause schenken wollte. Hier haben<br />
die sich versteckt? Ob die noch gut s<strong>in</strong>d? Ich<br />
kann aber doch ke<strong>in</strong>e Pral<strong>in</strong>en vom letzten Jahr<br />
verschenken.“<br />
Renate wickelt das Päckchen aus.<br />
„Habe ich mir`s doch gedacht. Abgelaufen. Aber<br />
erst seit zwei Monaten. Schmecken tat-sächlich<br />
noch ganz gut. Da sieht man aber, was ich<br />
schon immer sage. Es hat gar ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, zu<br />
früh mit den Weihnachtse<strong>in</strong>käufen anzufangen.<br />
Man vergisst, wo man sie h<strong>in</strong>ge-legt hat. Gaby<br />
würde das natürlich nie passie-ren. Mir auch<br />
nicht noch mal. Also ich mach jetzt e<strong>in</strong>e Liste,<br />
mit Namen, welches Ge-schenk für wen und vor<br />
allem, wo ich es so-lange h<strong>in</strong>lege. Was es zu<br />
essen geben soll, wann der Baum geschmückt<br />
wird. Mit anderen Worten, dieses Jahr mache<br />
ich e<strong>in</strong>en richtigen Plan.“<br />
Entschlossen zeichnet Renate e<strong>in</strong>e Liste mit<br />
Längsspalten. Oben drüber schreibt sie<br />
- Weihnachten 2012 - , <strong>in</strong> Spalte e<strong>in</strong>s die Namen,<br />
bei der zweiten Spalte bleibt ihre Hand mit<br />
dem Kugelschreiber <strong>in</strong> der Luft stehen.<br />
„So geht das nicht. Wenn jetzt jemand den<br />
Zettel f<strong>in</strong>det, dann wären me<strong>in</strong>e Geheimnisse<br />
ja nicht mehr geheim. Ich könnte natürlich die<br />
Liste <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Computer speichern. Aber das<br />
ist wiederum zu blöd. Den schlepp ich beim<br />
E<strong>in</strong>kaufen doch nicht mit mir rum. Auf me<strong>in</strong>em<br />
Handy vielleicht? Geht auch nicht. Erstens weiß<br />
ich gar nicht genau, wie das geht, außerdem<br />
s<strong>in</strong>d die Buchstaben so kle<strong>in</strong>, dass ich sie nicht<br />
mal mit Brille erkennen kann. Nee, ich lass das<br />
mit der Liste. Wozu auch? Ich müsste dieses<br />
Jahr nur früher anfangen, damit ich nicht so <strong>in</strong><br />
Stress komme. Spätestens um Nikolaus rum.<br />
Außerdem muss Horst dann eben auch e<strong>in</strong>en<br />
Teil übernehmen. Den Baum kann er auch ohne<br />
mich kaufen. Obwohl, das ist dann am Ende so<br />
e<strong>in</strong> w<strong>in</strong>dschiefes D<strong>in</strong>g, damit werde ich dann<br />
auch nicht froh. Und alles andere mache ich<br />
auch lieber selbst. Dann weiß ich wenigstens,<br />
dass alles so ist, wie es se<strong>in</strong> soll.“<br />
Die Liste wird zu Schnipseln und rieselt wie<br />
weihnachtliche Flocken <strong>in</strong> den Papierkorb.<br />
„Ich habe me<strong>in</strong>en Plan im Kopf. Und jetzt ist erst<br />
September. Ich lass mich doch nicht verrückt<br />
machen.“