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60 AUFWÄRTS - aktive Senioren in Maintal

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legal. Hier haben auch chronisch Kranke, Psychiatrie-Patienten<br />

und Alzheimer-Kranke e<strong>in</strong><br />

Recht auf Sterbehilfe. Allerd<strong>in</strong>gs verweigern<br />

immer wieder Ärzte die Hilfe beim Sterben. Sie<br />

wird überwiegend nur Krebspatienten im Endstadium<br />

gewährt.<br />

Um dies zu ändern gibt es nun e<strong>in</strong>e Initiative,<br />

die e<strong>in</strong>e Sterbekl<strong>in</strong>ik gründen will. Diese Kl<strong>in</strong>ik<br />

soll e<strong>in</strong>e Möglichkeit für Menschen se<strong>in</strong>, die eigentlich<br />

unter die legale Sterbehilferegelung fallen,<br />

aber ke<strong>in</strong>en Hausarzt f<strong>in</strong>den, der ihnen hilft.<br />

Hier würden nur Niederländer aufgenommen,<br />

da man sonst Sterbetourismus befürchtet.<br />

Und wie gestaltet sich die Diskussion<br />

um <strong>aktive</strong> Sterbehilfe <strong>in</strong> Deutschland?<br />

E<strong>in</strong>e Umfrage 2012 br<strong>in</strong>gt folgende Zahlen zutage:<br />

Auf die Frage: „S<strong>in</strong>d Sie für oder gegen<br />

e<strong>in</strong>e <strong>aktive</strong> Sterbehilfe?“ sprachen sich 58% der<br />

Befragten dafür aus, 23% waren unentschieden,<br />

19% waren dagegen.<br />

In Deutschland gibt es ke<strong>in</strong> Recht auf Selbsttötung,<br />

aber sie ist auch nicht verboten. Aktive<br />

Sterbehilfe, das heißt Tötung auf Verlangen, ist<br />

verboten. Die Beihilfe zum Suizid wird dagegen<br />

zurzeit nicht bestraft. Wenn e<strong>in</strong> Sterbewilliger<br />

etwa e<strong>in</strong> tödliches Medikament selbst und aus<br />

freiem Willen e<strong>in</strong>nimmt, bleibt der Helfer straffrei.<br />

Dürfen Ärzte, außer, dass sie für Lebenserhalt<br />

oder für das Unterlassen lebensverlängernder<br />

Maßnahmen sorgen,<br />

auch Leidenden beim Sterben helfen?<br />

Die Bundesärztekammer hat im Jahr 2011<br />

ihre Statuten so verändert, dass es Mediz<strong>in</strong>ern<br />

seitdem untersagt ist, sterbenden und unheilbar<br />

kranken Patienten Hilfe zur Selbsttötung zu<br />

leisten. Allerd<strong>in</strong>gs entsprechen diese Grundsätze<br />

nicht unbed<strong>in</strong>gt der Stimmung der gesamten<br />

Ärzteschaft. E<strong>in</strong> Drittel der befragten Ärzte können<br />

sich unter bestimmten Umständen begleitende<br />

Sterbehilfe bei Patienten vorstellen, e<strong>in</strong><br />

Viertel sogar <strong>aktive</strong> Sterbehilfe.<br />

9<br />

Für neue Aufregung sorgt e<strong>in</strong> Gesetzentwurf<br />

der schwarz-gelben Koalition. Danach soll gewerbsmäßige<br />

Förderung der Selbsttötung künftig<br />

mit Gefängnis bestraft werden. Die Debatte<br />

um das Gesetz flammte nach dem Freitod<br />

des ersten Torschützen der Bundesliga, Timo<br />

Konietzka, wieder auf. Er litt unheilbar an Gallenkrebs<br />

und nahm Anfang des Jahres <strong>in</strong> der<br />

Schweiz Sterbehilfe <strong>in</strong> Anspruch.<br />

Die CDU will Sterbehilfe gegen Geldleistung<br />

grundsätzlich verbieten, während der Koalitionspartner<br />

die Grenze so ziehen möchte, dass mit<br />

Angeboten zur Sterbehilfe „ke<strong>in</strong>e kommerziellen<br />

Profite gemacht werden dürfen“.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Zankapfel besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geplanten<br />

E<strong>in</strong>schränkung: Angehörige oder den<br />

Sterbewilligen nahe stehende Menschen sollen<br />

straffrei bleiben, wenn sie als Dritte an e<strong>in</strong>er gewerbsmäßigen<br />

Sterbehilfe beteiligt s<strong>in</strong>d (zum<br />

Beispiel als Begleitung). Nahestehende Menschen<br />

könnten dann auch Pfleger und Ärzte<br />

se<strong>in</strong>. Dagegen laufen die Ärzte-Verbände Sturm.<br />

Auch der Europäische Gerichtshof hat die Frage,<br />

ob es e<strong>in</strong> Grundrecht auf Sterbehilfe gibt,<br />

nicht beantwortet. E<strong>in</strong> Witwer aus Deutschland,<br />

dessen querschnittsgelähmter Frau e<strong>in</strong>e<br />

tödliche Dosis Schlaftabletten verweigert worden<br />

war, brachte se<strong>in</strong>e Frau daraufh<strong>in</strong> <strong>in</strong> die<br />

Schweiz. Dort half ihr der Sterbehilfevere<strong>in</strong> Dignitas<br />

zu sterben. Der Witwer reichte e<strong>in</strong>e Beschwerde<br />

beim Europäischen Gerichtshof e<strong>in</strong>,<br />

da er das Recht se<strong>in</strong>er Frau auf e<strong>in</strong> menschenwürdiges<br />

Sterben <strong>in</strong> Deutschland verletzt sah.<br />

Der Europäische Gerichtshof nahm zur Frage,<br />

ob der Frau das tödliche Medikament dort<br />

hätte gewährt werden müssen, nicht Stellung.<br />

Deutschland wurde aber angewiesen, dem Kläger<br />

Schmerzensgeld zu zahlen und Ersatz für<br />

entstandene Kosten.<br />

Aus Ländern, <strong>in</strong> denen <strong>aktive</strong> Sterbehilfe erlaubt<br />

ist, gibt es <strong>in</strong>teressante Zahlen. Im US-<br />

Staat Oregon ist der ärztlich assistierte Suizid<br />

seit 2003 möglich. Hier g<strong>in</strong>g die Nachfrage nach<br />

der Beihilfe und die Selbsttötung seitdem zurück.<br />

Auch Schweizer Sterbehilfe-Organisationen<br />

berichten Ähnliches. Viele Menschen hätten<br />

vom Suizid Abstand genommen, nachdem sie<br />

die Sicherheit hatten, die Hilfe im äußersten<br />

Notfall <strong>in</strong> Anspruch nehmen zu können.<br />

Dieser Artikel ist ke<strong>in</strong>e umfassende Darstellung<br />

des Problemfeldes „<strong>aktive</strong> Sterbehilfe <strong>in</strong><br />

Deutschland“. Wichtige Bereiche blieben unerwähnt.<br />

Me<strong>in</strong> Anliegen ist es dagegen, darauf h<strong>in</strong>zuweisen,<br />

dass e<strong>in</strong> Wegdrängen der Problematik<br />

nicht weiterhilft. E<strong>in</strong>e offene und tabufreie gesellschaftliche<br />

Diskussion muss geführt werden.

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