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neben den bekannten Standardtheorien<br />
auch jene Denker<br />
zu berücksichtigen, die selten<br />
<strong>als</strong> Geschichtsinterpreten rezipiert<br />
werden, etwa Konrad<br />
Lorenz, Sigmund Freud und<br />
Charles Darwin. Es verwundert<br />
nicht, daß der Verfasser<br />
am Ende der Erörterungen zu<br />
dem Schluß kommt, daß sich<br />
sämtliche Prognosen vom »Feierabend«<br />
der Geschichte bisher<br />
immer <strong>als</strong> f<strong>als</strong>ch herausgestellt<br />
haben. Wer Demandts<br />
umfangreiches Werk auch nur<br />
im Überblick kennt, ist über<br />
das besondere Maß an Akribie<br />
und Solidität der neuesten Monographie<br />
nicht erstaunt.<br />
Felix Dirsch<br />
Das Haus der<br />
Deutschen Kunst<br />
Friedrich Burgdorfer: Das<br />
Haus der Deutschen Kunst<br />
1937–1944. Kunstgeschichte<br />
in Farbe. Bände I und II,<br />
Neue deutsche Malerei. Weiterhin<br />
erschienen: Band III,<br />
Kriegsmaler, Kiel: Arndt Verlag<br />
2011. (je:) 160 S., 25.95 €<br />
Staatskunst ist ein Elefant auf<br />
dem Eis. Authentisches läßt<br />
sich nicht herbeimalen. Die<br />
heutigen Deutschen entsprechen<br />
dem in der SPD-Kunst<br />
»dokumentierten« Menschenbild<br />
aus sich heraus ebensowenig,<br />
wie sie es 1933 vermochten,<br />
sich die stilistische<br />
Haltung des<br />
NS ad hoc einzuverleiben,<br />
die Autor<br />
Friedrich Burgdorfer<br />
<strong>als</strong> antimodern<br />
beschreibt. Doch<br />
stilistischen Opportunismus<br />
verwechselt<br />
man heute wie<br />
einst gern mit Authentizität.<br />
Die NS-<br />
Staatskunst war von Anfang<br />
an auf Größe und Wirkmächtigkeit<br />
angelegt. Wie Max<br />
Klinger versuchten die vom<br />
Staat protegierten Künstler,<br />
Sujets der Kunstgeschichte zu<br />
aktualisieren, am liebsten der<br />
Antike. Doch selbst der nicht<br />
zivilreligiös Eingestellte sieht<br />
ein: Das »Urteil des Paris«<br />
(Ivo Salinger) mit drei nackten<br />
BDM-Damen und einem<br />
Bauern ist unendlich bemüht.<br />
Haltlos schlittert so etwas den<br />
Kitsch-Hang hinab, sei es, daß<br />
für »Alltagsszenen« der Biedermeier<br />
Pate steht, sei es, daß<br />
Aktmotive durchweg plumpdralle<br />
Mädel »nach dem Bade«<br />
zeigen, die entweder dümmlich<br />
ins Nichts hinein sinnieren<br />
oder <strong>als</strong> passive, kindliche<br />
Wesen ohne Libido und eigenen<br />
Willen erscheinen, sei es,<br />
daß ein gottgleicher Hitler im<br />
Harnisch daherreitet. Friedrich<br />
Burgdorfer glaubt, die<br />
beste Antithese zur heutigen<br />
200-Prozent-Ablehnung dieser<br />
Jahre und somit auch deren<br />
Kunst, sei eine Feier derselben.<br />
Wenig subtil stellt er dem<br />
Ganzen <strong>als</strong>o ein Hitlerzitat<br />
voran. Die Begleittexte vermitteln<br />
oft den Eindruck, der<br />
Kalender zeige noch 1933.<br />
In der Einleitung zum zweiten<br />
Band wird versucht, die<br />
Ausstellungsreihe »Entartete<br />
Kunst« ins »richtige« Licht<br />
zu rücken. Burgdorfer ist besessen<br />
von der Idee, der NS-<br />
Kunst eine weltgeschichtliche<br />
Rolle zu erstreiten. Leider<br />
übersieht er so den eigentlichen<br />
Schatz seines Kompendiums,<br />
dessen umfangreiche<br />
Recherchearbeit ausdrücklich<br />
zu loben ist! Dieser Schatz<br />
wäre tatsächlich eine kunstgeschichtliche<br />
Vertiefung wert:<br />
Die Kunst dieser Jahre wird<br />
dort bemerkenswert und authentisch,<br />
wo sie nichts vorspielt,<br />
sondern wo sie<br />
festhält, was typisch<br />
für die Zeit war.<br />
Es sind die Bilder<br />
der unzerbombten<br />
Städte vor der Zeitgrenze<br />
1945, aber vor<br />
allem die der Menschen,<br />
der verschwundenen<br />
Phänotypen.<br />
Sepp Hilz’ »Bauernbraut«<br />
steht stellvertretend<br />
für seinen in sich geschlossenen<br />
Themenkreis unverfälscht<br />
ländlichen Lebens.<br />
Max von Poosch-Gablenz gibt<br />
Lichtstimmungen gleich einem<br />
Max Liebermann wieder<br />
und hinterläßt ebensoviel Eindruck<br />
wie der an Dürer geschulte<br />
Adolf Wissel mit seinen<br />
klaren und ehrlichen Portraits.<br />
Beide verschreiben sich<br />
Szenen bäuerlichen Alltags,<br />
ohne durch die Hintertüre<br />
Berge weltanschaulichen Ballasts<br />
mitzuschleppen. Der Maler<br />
Udo Wendel wagt in seinem<br />
feinsinnigen Meisterwerk<br />
»Die Kunstzeitschrift« eine<br />
für ihn gefährliche Sezession:<br />
Stilistisch unverkennbar auf<br />
Otto Dix bezogen, kritisiert<br />
er die gesellschaftlichen Zustände,<br />
vor allem die lebensferne<br />
Spießbürgerlichkeit. Leider<br />
verschwinden diese heute<br />
allesamt vergessenen und verbrämten<br />
Talente bei Burgdorfer<br />
unter einem Wust von Hakenkreuzen,<br />
Hitlerzitaten und<br />
Übermenschen. Auch damit<br />
wird man die Historisierung<br />
der zwölf Jahre weiterhin erfolgreich<br />
verhindern.<br />
Benjamin Jahn Zschocke<br />
Spengler ist kein Megatrend<br />
Matthias Horx: Das Megatrend<br />
Prinzip. Wie die<br />
Welt von morgen entsteht,<br />
München: DVA 2011.<br />
335 S., 22.99 €<br />
Als sogenannter »Zukunftsforscher«<br />
(aber kann denn etwas,<br />
das noch gar nicht ist,<br />
bereits »erforscht« werden?)<br />
will Matthias Horx aufzeigen,<br />
wie die Welt von morgen<br />
entsteht. Das weckt natürlich<br />
Erwartungen, wobei man genau<br />
hinhören muß: Nicht, wie<br />
die Welt von morgen aussehen<br />
wird, will er verraten, sondern<br />
wie sie entsteht. Tatsächlich<br />
erhebt sich der Journalist, der<br />
schon viele Bücher zum gleichen<br />
Thema geschrieben hat,<br />
nicht zum Propheten. Statt<br />
dessen hält er sich an die alte<br />
Methode der Wetterprognose:<br />
Willst du wissen, wie das Wetter<br />
von morgen wird, schau<br />
dir das heutige an. Also beschreibt<br />
er anhand vieler Statistiken,<br />
die bekanntlich alles<br />
und nichts beweisen, flankiert<br />
von einer Menge Wikipedia-<br />
Wissen, den politisch-sozialen<br />
Zustand der Gegenwart, um<br />
dieses Ergebnis auf die Zukunft<br />
hochzurechnen. Das bedeutet,<br />
die Zukunft wird nicht<br />
viel anders sein <strong>als</strong> das Heute,<br />
nur daß sich die gegenwärtigen<br />
Trends noch wirklichkeitsbestimmender<br />
durchgesetzt<br />
haben werden. Diese Prognose<br />
ist nicht sehr originell,<br />
50<br />
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