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Figurationen von Armut und Fremdheit. Eine Zwischenbilanz ...

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<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong>.<br />

<strong>Eine</strong> <strong>Zwischenbilanz</strong> interdisziplinärer Forschung *<br />

Lutz Raphael<br />

Der Trierer Sonderforschungsbereich 600 blickt inzwischen auf fast<br />

sechs Jahre gemeinsamer Forschungsarbeit zurück <strong>und</strong> der vorliegende<br />

Band bietet Gelegenheit zu einer <strong>Zwischenbilanz</strong>.<br />

Seit dem Jahr 2002 beschäftigt sich dieser Forschungsverb<strong>und</strong>, an<br />

dem über 40 Wissenschaftler aus den Fächern Geschichte, Kunstgeschichte,<br />

Rechtsgeschichte, Kirchengeschichte, Germanistik, Medienwissenschaft,<br />

Soziologie <strong>und</strong> Politikwissenschaft beteiligt sind, mit der<br />

Frage, wie Gesellschaften im europäischen Kulturraum seit der Antike<br />

mit dem Phänomen <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong> umgehen. 1 Der Umgang<br />

mit Armen <strong>und</strong> Fremden, so die Arbeitshypothese, ermöglicht weitreichende<br />

Einblicke in gr<strong>und</strong>legende kulturelle, religiöse <strong>und</strong> politische<br />

Ordnungsmuster des <strong>von</strong> uns untersuchten mediterran-europäischen<br />

Raums. Der doppelte Untersuchungsgegenstand eröffnet ein breites<br />

Spektrum vergleichender historischer, sozial- <strong>und</strong> kulturwissenschaftlicher<br />

Fragestellungen, denn beide Phänomene gehören zu den regelmäßig<br />

wiederkehrenden Irritationen, mit denen sich die Gesellschaften<br />

Europas seit der Antike beschäftigen mussten: Die Instabilität der<br />

ökonomischen <strong>und</strong> ökologischen Lebensgr<strong>und</strong>lagen in Verbindung<br />

mit den Ungleichheitsstrukturen bei der Verteilung der materiellen<br />

Ressourcen schufen immer wieder Not- <strong>und</strong> Krisenlagen, welche die<br />

Ausbreitung <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> förderten. Migrationen, Eroberungen oder<br />

Herrschaftswechsel sind ebenfalls Konstanten der europäischen Geschichte<br />

seit der Antike, welche in immer neuen Konstellationen<br />

<strong>Fremdheit</strong>serfahrungen produzierten.<br />

* Ich danke ganz herzlich meinen Kollegen Andreas Gestrich <strong>und</strong> Herbert Uerlings<br />

für ihre kritischen Kommentare <strong>und</strong> weiterführenden Hinweise zur Überarbeitung<br />

einer ersten Fassung dieses Textes.<br />

1 Weitere Hinweise zum Forschungsverb<strong>und</strong>, seinen Wissenschaftlerinnen <strong>und</strong> Wissenschaftlern,<br />

Arbeitskreisen <strong>und</strong> Teilprojekten unter www.sfb600.uni-trier.de; vgl.<br />

zudem das Verzeichnis der Teilprojekte im Anhang.


14 Lutz Raphael<br />

<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

im Spannungsverhältnis <strong>von</strong> Ausschluss <strong>und</strong> Teilhabe<br />

Die Abhängigkeit Armer oder Fremder <strong>von</strong> Unterstützung, das Zusammenleben<br />

mit beiden als Impuls zur Intervention für Nachbarn,<br />

Gemeinden, Herrschaftsverbände oder Gesellschaften markieren den<br />

Ausgangspunkt, an dem die Fragen der SFB-Forscher ansetzen. Der<br />

Forschungsverb<strong>und</strong> untersucht die sozialen, politischen <strong>und</strong> kulturellen<br />

Gestaltungsformen, welche angesichts der Existenz <strong>von</strong> <strong>Armut</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong> in den Gesellschaften bzw. Kulturen Europas entwickelt<br />

worden sind. Dabei geht es immer auch um die Markierung<br />

<strong>von</strong> Grenzen der Zugehörigkeit <strong>und</strong> der Teilhabe, um Prozesse der<br />

Schließung bzw. Öffnung <strong>von</strong> Zugängen zu materiellen Ressourcen,<br />

sozialem Ansehen, kultureller Anerkennung oder politischer Macht.<br />

Mit diesen Fragen sind elementare Regulierungen bzw. Konstitutionsbedingungen<br />

<strong>von</strong> sozialem Zusammenleben angesprochen. Sie<br />

werden in ihrer spezifischen historisch-kulturellen Veränderung untersucht.<br />

Der Forschungsverb<strong>und</strong> fragt nach dem Wandel, dem die<br />

Formen der Einschließung <strong>und</strong> der Ausgrenzung unterliegen, sucht<br />

nach systematischen Verknüpfungen zwischen diesen Formen <strong>und</strong><br />

den Veränderungen in den Strukturen <strong>von</strong> Herrschaft, Gesellschaft<br />

oder Kultur.<br />

<strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> waren <strong>und</strong> sind vielfach miteinander verb<strong>und</strong>en.<br />

Definiert man den Fremden mit Georg Simmel als den Gast, »der<br />

heute kommt <strong>und</strong> morgen bleibt«, dann sind die Fremden »ein Element<br />

der Gruppe selbst, nicht anders als die Armen.« 2<br />

<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong> sind aus dieser Perspektive zentrale Problemfelder,<br />

an denen die »Schließung« 3 <strong>von</strong> Gesellschaften oder Gruppen<br />

untersucht werden kann. In beiden Fällen entstanden <strong>und</strong> entstehen<br />

Zonen prekärer materieller <strong>und</strong> sozialer Existenz am ›Rand‹ der Gesellschaften.<br />

Die Frage nach Zugehörigkeit bzw. Teilhabe <strong>von</strong> Armen<br />

<strong>und</strong> Fremden wird im Konfliktfall – wirtschaftlichen Notlagen, Kriegen,<br />

sozialen oder religiösen Konflikten – zugespitzt zur Frage, ob<br />

Schutz oder Hilfe gewährt, Anwesenheit geduldet wird.<br />

2 Simmel, Georg: Exkurs über den Fremden. In: Ders.: Soziologie. Untersuchungen<br />

über die Formen der Vergesellschaftung [1908]. 5. Aufl. Berlin 1968, S. 509.<br />

3 Weber, Max: Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft. Gr<strong>und</strong>riß einer verstehenden Soziologie<br />

[1922], 5. rev. Aufl. Tübingen 1985, S. 23f.


<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

15<br />

Die Themenbereiche <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> sind per se kein Neuland<br />

historisch-sozialwissenschaftlicher Forschung. Die Geschichte der <strong>Armut</strong><br />

<strong>und</strong> der Armenfürsorge ist ein wichtiger Zweig der Sozialgeschichte,<br />

für welche die Formen sozialer Ungleichheit immer im Zentrum der<br />

Forschungen standen. 4 Der Fremde ist Gegenstand einer interdisziplinär<br />

angelegten Migrationsforschung oder kulturgeschichtlicher bzw.<br />

-wissenschaftlicher Forschungen zu Kulturkontakt <strong>und</strong> Kulturtransfer.<br />

5 Die Verknüpfung beider Themenkreise unter der Leitperspektive<br />

<strong>von</strong> Einschluss bzw. Ausgrenzung führt diese Forschungstraditionen<br />

unter einer neuen Fragestellung im SFB zusammen.<br />

Das Spannungsverhältnis <strong>von</strong> Einbindung <strong>und</strong> Ausschluss trifft Arme<br />

<strong>und</strong> Fremde, jedoch in unterschiedlicher Weise. Die Hilfe für Arme, Alte<br />

oder Kranke, für Waisen <strong>und</strong> Witwen als besonders schutzbedürftigen,<br />

weil in ihren unmittelbaren sozialen Zusammenhängen nicht mehr gesicherten<br />

Mitgliedern der Gruppe bzw. Gemeinschaft rückte in der<br />

jüdischen <strong>und</strong> christlichen Welt seit der Spätantike in den Mittelpunkt<br />

der Aufmerksamkeit <strong>und</strong> wurde zu einer genuin religiösen Aufgabe. 6<br />

Die griechisch-römische Antike dagegen hatte der öffentlichen Verpflichtung<br />

zur Hilfe engere Grenzen gesetzt <strong>und</strong> sich stärker an politisch-kultischen<br />

Zugehörigkeiten orientiert. 7 Diese ganz anders gelagerten<br />

Grenzziehungen in der Antike schärfen wiederum den Blick auf<br />

Entwicklungen in der Neuzeit, in denen <strong>Armut</strong> keinen religiösen Wert<br />

mehr darstellt. Hier ergeben sich erste diachrone Vergleichsperspektiven<br />

über die weitreichenden kulturellen <strong>und</strong> historischen Differenzen<br />

hinweg.<br />

4 Riis, Thomas (Hg.): Aspects of Poverty in Early Modern Europe. 3 Bde. Stuttgart<br />

1981–1990; Gutton, Jean-Pierre: La société et les pauvres en Europe (XVI e –<br />

XVIII e siècles). Paris 1974; Geremek, Bronislaw: Geschichte der <strong>Armut</strong>. München<br />

/ Zürich 1988.<br />

5 Kleinschmidt, Harald: Menschen in Bewegung. Inhalte <strong>und</strong> Ziele historischer Migrationsforschung.<br />

Göttingen 2002; Lucassen, Jan (Hg.): Migration, Migration History,<br />

History. Old Paradigms and New Perspectives. Berlin 1997; Hoerder, Dirk:<br />

Cultures in Contact. World Migrations in the Second Millennium. Durham 2002.<br />

6 Mollat, Michel: Die Armen im Mittelalter. München 1984; Le Blevec, Daniel:<br />

La part du pauvre. L’assistance dans les pays du Bas-Rhône du XII e siècle au<br />

milieu du XV e siècle. 2 Bde. Rom 2000.<br />

7 Bolkestein, Hendrik: Wohltätigkeit <strong>und</strong> Armenpflege im vorchristlichen Altertum.<br />

Ein Beitrag zum Problem »Moral <strong>und</strong> Gesellschaft«. Utrecht 1939; Krause, Jens<br />

Uwe: Witwen <strong>und</strong> Waisen im römischen Reich. 4 Bde. Stuttgart 1994/95; Brown,<br />

Peter: Poverty and Leadership in the Later Roman Empire. Hanover [u.a.] 2002.


16 Lutz Raphael<br />

In ähnlicher Weise eröffnet auch der weite zeitliche <strong>und</strong> räumliche<br />

Horizont des Forschungsverb<strong>und</strong>es neue Fragestellungen für den Umgang<br />

mit <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> den Fremden. So transformiert sich zum Beispiel<br />

der antike ›peregrinus‹ zum mittelalterlichen Pilger. Damit bezeichnet<br />

das Wort nicht mehr allein die <strong>Fremdheit</strong> einer Person oder<br />

Gruppe, sondern es wurde zugleich auch zum Symbol für das generelle<br />

Los der Menschen, in ihrer irdischen Existenz nur auf Wanderschaft,<br />

also existentiell mit den fremden Pilgern verb<strong>und</strong>en zu sein. 8 Der Fremde<br />

wurde damit zunächst einmal auf semantischer Ebene vom bloßen<br />

Nicht-Bürger zum potentiellen Pilger <strong>und</strong> Spiegelbild menschlicher<br />

Existenz. Doch dieser religiös f<strong>und</strong>ierten Öffnung sozialer Grenzziehungen<br />

stand die Ausgrenzung <strong>von</strong> Andersgläubigen entgegen, die insbesondere<br />

in der Rivalität der monotheistischen Religionen immer wieder<br />

zur Dramatisierung der <strong>Fremdheit</strong> geführt hat. Die Herausbildung<br />

frühneuzeitlicher Territorial- <strong>und</strong> dann moderner Nationalstaaten führten<br />

wiederum zur Ausbildung neuer, nun in wachsendem Maße ›religionsneutraler‹<br />

<strong>Fremdheit</strong>skategorien, wie der des Ausländers. Mit all<br />

diesen Kategorisierungen sind jeweils spezifische Praktiken des Einschlusses<br />

<strong>und</strong> der Ausgrenzung verb<strong>und</strong>en, die in der Moderne <strong>von</strong> der<br />

polizeilichen Überwachung bis zur Einweisung in Lager oder der Ausweisung<br />

bzw. Vertreibung oder Vernichtung reichen.<br />

Diese Beispiele mögen genügen, um die Relevanz der leitenden Fragestellung<br />

deutlich werden zu lassen. Der Umgang mit <strong>Armut</strong>, mit<br />

Hunger <strong>und</strong> Not, mit den prekären Existenzweisen <strong>von</strong> Armen <strong>und</strong><br />

Fremden besitzt eine enge Verbindung mit den Gr<strong>und</strong>strukturen der<br />

politischen wie der religiösen Ordnungsmustern einer Gesellschaft.<br />

Hier werden gr<strong>und</strong>sätzliche Fragen ihres Selbstverständnisses thematisiert.<br />

Ihnen kommt daher eine ganz wesentliche Bedeutung für ihre kollektiven<br />

Deutungsmuster <strong>und</strong> öffentlichen Repräsentationen zu. Angesichts<br />

<strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong> werden Ideale <strong>und</strong> Normen formuliert,<br />

denen sich eine Gesellschaft oder eine Gruppe verpflichtet fühlen; es<br />

werden Klassifikationen artikuliert, welche die Wahrnehmungsschemata<br />

<strong>und</strong> die Handlungsmuster dieser Gesellschaft bzw. Gruppe prägen.<br />

8 Stichweh, Rudolf: Fremde im Europa der Frühen Neuzeit. In: Bohn, Cornelia /<br />

Willems, Herbert (Hg.): Sinngeneratoren. Fremd- <strong>und</strong> Selbstthematisierung in<br />

soziologisch-historischer Perspektive. Konstanz 2001, S. 17–33, hier S. 18.


<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

17<br />

Der SFB 600 folgt also einer Forschungsstrategie, die mediterraneuropäischen<br />

Gesellschaften <strong>von</strong> ihren Grenzen <strong>und</strong> Grenzziehungen<br />

her zu untersuchen. In beiden Fällen, bei <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong>, ist die<br />

Spannweite der Beziehungen groß, reicht <strong>von</strong> gewalttätiger Beseitigung<br />

oder rechtlicher Ausschließung bis hin zu familiärer Adoption oder<br />

kultureller Verschmelzung.<br />

Erstens fragt der Forschungsverb<strong>und</strong> nach gr<strong>und</strong>legenden Strukturmustern,<br />

Typologien, welche jenseits der situationsspezifischen, zeit<strong>und</strong><br />

ortstypischen Aspekte in diesen Gestaltungsformen zu entdecken<br />

sind; zweitens untersucht er die kulturellen <strong>und</strong> religiösen Traditionen<br />

bzw. Institutionen, welche in der Perspektive langer Dauer diese Muster<br />

geprägt haben <strong>und</strong> bis zur Gegenwart prägen. Drittens beschäftigt<br />

sich der SFB mit dem Zusammenhang zwischen den gr<strong>und</strong>legenden<br />

Strukturmustern der Gesellschaften <strong>und</strong> Kulturen einerseits, ihren Reaktionsweisen<br />

auf <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong> andererseits.<br />

Inklusion / Exklusion als theoretischer Bezugsrahmen<br />

Ein solches Forschungsvorhaben bedarf neben einer gemeinsamen Fragestellung<br />

auch einer gemeinsamen Begrifflichkeit, um dem selbstgesteckten<br />

Ziel, über den Vergleich zu verallgemeinerungsfähigen Beschreibungen<br />

<strong>und</strong> Erklärungsmodellen zu gelangen, näher zu kommen. Dies stellt<br />

das Konzept Inklusion / Exklusion dar. Dessen theoretische Entfaltung<br />

<strong>und</strong> empirische Nutzung in den Sozialwissenschaften steht in enger<br />

Wechselbeziehung mit der Dramatisierung gegenwärtiger Problemlagen<br />

im Zeichen wachsender Zugangsbarrieren zu Bildung, Arbeit <strong>und</strong> sozialen<br />

Sicherungssystemen. Besonders die deutschsprachige soziologische Debatte<br />

konzentriert sich auf die Frage, ob dieses Begriffspaar eine Schlüsselkategorie<br />

sei zur Charakterisierung der Entwicklungstendenzen <strong>und</strong><br />

Folgen sozialer Ordnungen angesichts der Globalisierung <strong>von</strong> Märkten,<br />

der weiteren Ausdifferenzierung anderer grenzüberschreitender Funktionssysteme<br />

<strong>und</strong> der sinkenden Steuerungskapazität nationaler Politik. 9<br />

9 Leisering, Lutz: Desillusionierung des modernen Fortschrittsglaubens. »Soziale<br />

Exklusion« als gesellschaftliche Selbstbeschreibung <strong>und</strong> soziologisches Konzept.<br />

In: Schwinn, Thomas (Hg.): Differenzierung <strong>und</strong> soziale Ungleichheit. Die zwei<br />

Soziologien <strong>und</strong> ihre Verknüpfung. Frankfurt a.M. 2004, S. 238–267; Kronauer,<br />

Martin: Exklusion. Die Gefährdung des Sozialen im hochentwickelten Kapitalismus.<br />

Frankfurt a.M. / New York 2002.


18 Lutz Raphael<br />

Die Entwicklung des Gegensatzpaars Inklusion / Exklusion folgte auch<br />

der Hinwendung Luhmanns <strong>und</strong> der an ihn anknüpfenden systemtheoretischen<br />

Soziologie zum Verhältnis zwischen Person <strong>und</strong> sozialen Systemen,<br />

10 kann also auch als »Wiedereinzug« <strong>von</strong> »Raum <strong>und</strong> Menschen« 11<br />

in diesen Theorieansatz interpretiert werden <strong>und</strong> bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte<br />

für Forschungen, welche nicht der systemtheoretischen<br />

Beschreibung <strong>von</strong> Gesellschaft folgen wollen. Die aktuelle soziologische<br />

Debatte um »die intern Ausgegrenzten« 12 der in ihrem Selbstverständnis<br />

<strong>und</strong> in ihrem Strukturaufbau auf Integration <strong>und</strong> Teilhabe ausgerichteten<br />

westlichen Gesellschaften stellt aber nur einen Ausgangspunkt für die<br />

Entfaltung des Konzepts Inklusion / Exklusion dar.<br />

Im Kreis des SFB 600 haben Cornelia Bohn <strong>und</strong> Alois Hahn das im<br />

systemtheoretischen Kontext entwickelte Begriffspaar für die historisch-soziologischen<br />

Fragestellungen zu einem Analyseinstrument vergleichender<br />

Arbeiten zu Formen <strong>von</strong> Ein- <strong>und</strong> Ausschluss weiterentwickelt.<br />

13 Mit Rudolf Stichweh steht der Forschungsverb<strong>und</strong> seit seinen<br />

Anfängen in engem Austausch, seine Studien zur Soziologie des Fremden<br />

<strong>und</strong> zum Begriffspaar Inklusion / Exklusion markieren wichtige<br />

Bezugspunkte für die theoretischen Weiterentwicklungen in der gegenwärtigen<br />

Diskussion. 14 Für die soziologisch-historische Debatte innerhalb<br />

des Forschungsverb<strong>und</strong>s ist gr<strong>und</strong>legend, dass sie im Anschluss an<br />

die Überlegungen <strong>von</strong> Bohn <strong>und</strong> Hahn differenzierungstheoretische<br />

mit devianztheoretischen Perspektiven verbindet, also neben Luhmann<br />

<strong>und</strong> den an ihn anschließenden systemtheoretischen Autoren auch Fou-<br />

10 Luhmann, Niklas: Inklusion <strong>und</strong> Exklusion. In: Ders.: Soziologische Aufklärung 6.<br />

Die Soziologie <strong>und</strong> der Mensch. Opladen 1995, S. 237–264; Stichweh, Rudolf:<br />

Inklusion <strong>und</strong> Exklusion. Studien zur Gesellschaftstheorie. Bielefeld 2005; Farzin,<br />

Sina: Inklusion / Exklusion. Entwicklungen <strong>und</strong> Probleme einer systemtheoretischen<br />

Unterscheidung. Bielefeld 2006.<br />

11 Farzin, Inklusion / Exklusion (wie Anm. 10), S. 9.<br />

12 Bourdieu, Pierre / Champagne, Patrick: Les exclus de l’intérieur. In: Bourdieu,<br />

Pierre [u. a.]: La misère du monde. Paris 1993, S. 597 (dt. Bourdieu, Pierre / Champagne,<br />

Patrick: Die intern Ausgegrenzten. In: Bourdieu, Pierre [u. a.]: Das Elend der<br />

Welt. Zeugnisse <strong>und</strong> Diagnosen alltäglichen Leidens an der Gesellschaft. Konstanz<br />

1997, S. 527).<br />

13 Bohn, Cornelia: Inklusion, Exklusion <strong>und</strong> die Person. Konstanz 2006; Dies./Hahn,<br />

Alois (Hg.): Prozesse <strong>von</strong> Inklusion <strong>und</strong> Exklusion: Identität <strong>und</strong> Ausgrenzung.<br />

(Annali di sociologia / Soziologisches Jahrbuch, Bd. 2). Trient 2006.<br />

14 Stichweh, Inklusion <strong>und</strong> Exklusion (wie Anm. 10); Ders.: Der Fremde – Zur<br />

Soziologie der Indifferenz. In: Münkler, Herfried / Ladwig, Bernd (Hg.): Furcht<br />

<strong>und</strong> Faszination. Facetten der <strong>Fremdheit</strong>. Berlin 1997, S. 45–64.


<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

19<br />

cault <strong>und</strong> die vielfach an ihn anschließende französische Debatte aufnimmt.<br />

1. Bei Inklusion / Exklusion handelt es sich um einen »operativen<br />

Elementarvorgang« (Stichweh), der die Verbindung zwischen Psyche<br />

<strong>und</strong> Sozialem markiert <strong>und</strong> konstitutiv für soziale Beziehungen ist. Die<br />

Art <strong>und</strong> Weise, wie Gesellschaften Personen exkludieren, kann nur<br />

verstanden werden, wenn man deren Inklusionsmodus analysiert <strong>und</strong><br />

umgekehrt. »Jede Seite der Unterscheidung ändert ihre Bedeutung mit<br />

dem Austausch der anderen Seite.« 15<br />

Konkret kann dieser Vorgang nur in historisch <strong>und</strong> kulturell spezifischen<br />

Typen <strong>von</strong> Sozialität gefasst werden. Dies setzt wiederum voraus,<br />

dass die historischen <strong>und</strong> kulturellen Veränderungen in der Art,<br />

wie Menschen in soziale Ordnungen eingeb<strong>und</strong>en werden, beachtet<br />

werden. Dahinter verbirgt sich das komplexe Problem, dass das moderne<br />

Individuum selbst als Produkt der Geschichte anzusehen ist. Die<br />

unterschiedlichen Formen, in denen typischerweise in einer Epoche<br />

<strong>und</strong> Gesellschaft der Einzelne <strong>von</strong> den Instanzen der Gesellschaft, Politik,<br />

Religion oder Kultur adressiert worden ist, haben wiederum auch<br />

Einfluss auf die Modi, in denen sich Inklusionen / Exklusionen <strong>von</strong><br />

Armen <strong>und</strong> Fremden vollziehen.<br />

Gr<strong>und</strong>legende Überlegungen zu den Operationen, mit denen Personen<br />

aus Gesellschaft ausgeschlossen werden, entwickelt in diesem<br />

Band der Beitrag <strong>von</strong> Alois Hahn, der zusammen mit Cornelia Bohn<br />

die soziologische Perspektive im Forschungsverb<strong>und</strong> des SFBs vertritt.<br />

16 Die historischen Fallstudien <strong>und</strong> theoretischen Überlegungen<br />

<strong>von</strong> Cornelia Bohn beschäftigen sich mit den Formen, in denen die<br />

abstrakte Kategorie Fremder zeittypisch operationalisiert wird: Ihre<br />

Studie Passregime: Vom Geleitbrief zur Identifikation der Person entwirft<br />

ein historisches Modell, das die Generalisierung, Verdichtung <strong>und</strong><br />

Verstetigung der vielen Kategorien des ›Fremden‹ hin zum ›Ausländer‹<br />

beschreibt <strong>und</strong> in Beziehung setzt zum Wandel der Stellung des Einzelnen<br />

mit dem Vorrücken der funktionalen Differenzierung als der<br />

dominanten Form gesellschaftlicher Organisation. 17<br />

15 Bohn, Inklusion (wie Anm. 13), S. 32.<br />

16 S. den Beitrag <strong>von</strong> Alois Hahn in diesem Band, S. 65–96.<br />

17 Bohn, Inklusion (wie Anm. 13), S. 71–94.


20 Lutz Raphael<br />

2. Inklusion / Exklusion ist als Prozess aufzufassen, vollzieht sich<br />

konkret im Plural konkreter Operationen des Ein- bzw. Ausschließens.<br />

Dementsprechend kann <strong>von</strong> Inklusionen / Exklusionen im Plural unterschiedlicher<br />

Handlungsvollzüge <strong>und</strong> Institutionen gesprochen werden,<br />

die auf den Ebenen des Rechts, der Politik, sozialer Interaktionen<br />

oder in kulturellen Artefakten wie Bildern oder Texten ihre Spuren<br />

hinterlassen haben. Für die Operationalisierung des Begriffspaars in<br />

den Forschungsprojekten des SFBs hat es sich als sehr fruchtbar erwiesen,<br />

die unterschiedlichen Referenzsysteme oder Handlungsfelder<br />

deutlich herauszuarbeiten, in denen Ausschlüsse bzw. Teilhabe geschehen<br />

bzw. reguliert werden. Untersuchungen des Forschungsverb<strong>und</strong>es<br />

richten also deshalb zunächst auf konkrete Phänomene (Ereignisse,<br />

Verhaltensweisen, Diskurse) unterhalb der Makroebene. Diese<br />

»Inklusionsfiguren« 18 können mit ganz unterschiedlichen Theorieansätzen<br />

bearbeitet werden – Inklusion / Exklusion wird deshalb als analytische<br />

Kategorie abgelöst vom systemtheoretischen Referenzmodell<br />

<strong>und</strong> in den meisten Untersuchungen des Forschungsverb<strong>und</strong>es mit akteurszentrierten<br />

bzw. handlungstheoretischen Beschreibungs- <strong>und</strong> Erklärungsmodellen<br />

verb<strong>und</strong>en.<br />

3. Inklusion / Exklusion bezeichnet in der aktuellen Debatte gleichzeitig<br />

auch das Ensemble dieser Operationen <strong>und</strong> zielt damit auf die<br />

Makroebene <strong>von</strong> Gesellschaft oder Kultur. Das Begriffspaar wird immer<br />

auch als ein wesentliches Element innerhalb einer Theorie <strong>von</strong><br />

Gesellschaft oder darüber hinausgreifend einer Kultur bzw. Zivilisation<br />

verstanden. Für den Forschungsverb<strong>und</strong> stellt sich die Frage nach strukturellen<br />

Kopplungen zwischen den verschiedenen Inklusions- / Exklusionsfiguren<br />

oder Operationen als offene empirische Frage, welche nicht<br />

durch theoretische Vorentscheidungen für makrosoziologische Großtheorien<br />

vorentschieden ist. Insbesondere das Verhältnis zwischen den<br />

großen Transformationen, die auf der Makroebene den Wechsel zwischen<br />

den <strong>von</strong> uns untersuchten übergreifenden Epochen Antike / Spätantike-Frühmittelalter<br />

/ Mittelalter, Frühe Neuzeit / Neuere <strong>und</strong> schließlich<br />

Neueste Geschichte bzw. Gegenwart begleiten, <strong>und</strong> den Figuren<br />

der Inklusion / Exklusion <strong>von</strong> Fremden <strong>und</strong> Armen ist gerade für die<br />

beteiligten historischen Disziplinen <strong>von</strong> besonderem Interesse. Leiteten<br />

die Wandlungsprozesse in den sozialen Strukturen einen Umbruch in<br />

18 Bohn, Inklusion (wie Anm. 13), S. 29.


<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

21<br />

den Umgangsweisen mit Armen <strong>und</strong> Fremden ein? Ein solches Etappenmodell<br />

des Wandels der Inklusions- / Exklusionsfiguren ist vor allem <strong>von</strong><br />

Seiten der Soziologie entworfen worden (nach dem klassischen, auch in<br />

der Systemtheorie nochmals aufgegriffenen Schema: segmentäre, stratifikatorische,<br />

funktional differenzierte Gesellschaft), harrt aber nach wie vor<br />

der empirischen Überprüfung.<br />

Die bislang vorliegenden Bef<strong>und</strong>e deuten eher darauf hin, dass in diesen<br />

Bereichen das Gewicht vor allem religiöser Traditionen bzw. Institutionen<br />

einer solchen Parallelisierung im Weg gestanden hat. Bei näherem Hinsehen<br />

sind zudem die realen Gesellschaften nicht hinreichend trennscharf<br />

ausgehend <strong>von</strong> den in ihnen dominierenden, aber nur in Ausnahmefällen<br />

allein funktionierenden Gesellschaftssystemen zeitlich zu ordnen.<br />

Für eine historisch-empirisch gesättigte Modellbildung auf der Makro-<br />

Ebene bietet es sich deshalb an, vom Nebeneinander ganz unterschiedlicher<br />

»Systemlogiken« bzw. Strukturprinzipien auszugehen, welche in der<br />

Gleichzeitigkeit ganz verschiedener Modi der Inklusion / Exklusion <strong>von</strong><br />

Armen <strong>und</strong> Fremden innerhalb einer Kultur zum Tragen kommen.<br />

Der Verb<strong>und</strong> hat die Forschungsstrategie gewählt, der Beharrungskraft<br />

der spezifischen Inklusionsfiguren im Umgang mit <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

über den Wandel gr<strong>und</strong>legender gesellschaftlicher, politischer <strong>und</strong> kultureller<br />

Strukturmuster hinweg besondere Aufmerksamkeit zu schenken.<br />

4. Bei der Analyse <strong>von</strong> Inklusions- <strong>und</strong> Exklusionsprozessen bietet es<br />

sich an, systematisch eine sozialstrukturelle <strong>und</strong> eine semantische Dimension<br />

zu unterscheiden. Beide erzeugen <strong>und</strong> legitimieren die konkreten<br />

Operationen des Ein- <strong>und</strong> Ausschließens. »Semantiken können<br />

strukturellen Entwicklungen vorauseilen (preadaptive advances), sie können<br />

aber auch strukturellen Veränderungen abzuwehren versuchen, immer<br />

aber handelt es sich um ein zirkuläres Verhältnis zwischen Struktur<br />

<strong>und</strong> Repräsentationen, die zeitgleich oder zeitversetzt ablaufen.« 19<br />

5. Besonderes Augenmerk verdienen die Operationen, welche Inklusion<br />

<strong>und</strong> Exklusion kombinieren <strong>und</strong> beide Seiten zeitlich <strong>und</strong> sachlich<br />

abstufen <strong>und</strong> begrenzen. Gerade im Umgang mit Armen <strong>und</strong><br />

Fremden existieren zeitlich begrenzte Praktiken der Überwachung oder<br />

der Einschließung, welche als typische Formen inkludierender Exklusion<br />

aufgefasst werden können. 20<br />

19 Bohn, Inklusion (wie Anm. 13), S. 32.<br />

20 Bohn, Inklusion (wie Anm. 13), S. 20.


22 Lutz Raphael<br />

6. Für die vergleichende historisch-soziologische <strong>und</strong> kulturwissenschaftliche<br />

Perspektive kommt den Unterschieden, welche in unterschiedlichen<br />

Handlungszusammenhängen bei der Benutzung der binären<br />

Kodierung Inklusion / Exklusion zu beobachten sind, besondere<br />

Bedeutung zu. Hier kann zum einen auf die analytischen Differenzierungen<br />

zurückgegriffen werden, welche in den einzelnen Disziplinen<br />

bzw. in der soziologischen Theorie entwickelt worden sind, um die<br />

Vielfalt sozialer Institutionen, Interaktionsformen <strong>und</strong> Funktionssysteme<br />

hinsichtlich universeller Merkmale bzw. vergleichbarer Funktionalitäten<br />

<strong>und</strong> Prozessabläufe zu kategorisieren. Dass Inklusion / Exklusion<br />

in Märkten etwas anderes bezeichnet als in Organisationen ist<br />

eine Banalität, die jedoch für die Fragestellung des SFB komplexere<br />

Folgen hat: Die soziale Situation <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong> wird gewissermaßen<br />

gebildet oder zusammengefügt aus den unterschiedlichen<br />

Operationen <strong>von</strong> Inklusion / Exklusion. Für die weitere vergleichende<br />

Forschung ist es ganz wichtig, Gr<strong>und</strong>konstellationen oder Modelle kultur-<br />

bzw. Herrschafts- oder gesellschaftstypischer Kombinationen solcher<br />

Operationen zu entwickeln. Anknüpfend an den Sprachgebrauch<br />

in den Sozialwissenschaften könnte man <strong>von</strong> spezifischen <strong>Armut</strong>s- oder<br />

<strong>Fremdheit</strong>sregimen sprechen.<br />

7. Die laufenden Forschungen im Verb<strong>und</strong> fördern immer wieder<br />

gegenläufige Tendenzen im Umgang mit Armen <strong>und</strong> Fremden zu Tage,<br />

so dass neben den Situationen wechselseitiger Verstärkungen der unterschiedlichsten<br />

Maßnahmen, Verhaltensweisen oder Diskurse Richtung<br />

Inklusion oder Exklusion auch eine Situation besonders zu beachten<br />

ist, in der die Mischungsverhältnisse zu einer instabilen Balance<br />

führen: Ausländer werden geduldet, Arme, Hungernde notdürftig <strong>und</strong><br />

willkürlich bzw. unregelmäßig unterstützt. An dieser Stelle spielt wiederum<br />

die zeitliche Dimension eine ganz wichtige Rolle: Ausnahmeregelungen<br />

oder stillschweigende Nichteinhaltung <strong>von</strong> Normen gehören<br />

zu wesentlichen Formen, in denen zum Beispiel starre Regime der<br />

Inklusion / Exklusion gegenüber Fremden <strong>und</strong> Armen praxistauglich<br />

gehalten wurden.<br />

Im Ergebnis hat sich der Forschungsverb<strong>und</strong> mit dem Begriffspaar<br />

Inklusion / Exklusion ein zwangsläufig abstraktes <strong>und</strong> zunächst formales<br />

Analyseinstrumentarium geschaffen, das ihm erlaubt, mit einer<br />

gemeinsamen Theoriesprache die unterschiedlichen Semantiken <strong>und</strong><br />

Strukturen zu beschreiben, welche Gegenstand der Einzeluntersuchun-


<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

23<br />

gen sind <strong>und</strong> dabei den spezifischen disziplinären Zugriffen dieser Studien<br />

ihr volles Recht zuzugestehen. Diese Theoriesprache erlaubt es<br />

zum Beispiel, über Kultur-, Epochen- <strong>und</strong> Sprachgrenzen hinweg weitere<br />

analytische Kategorien zu schaffen, welche uns erlauben, die Vielzahl<br />

<strong>von</strong> Institutionen, Semantiken oder Praktiken vergleichend einzuordnen<br />

<strong>und</strong> damit die Basis für weiterreichende materialgesättigte<br />

Untersuchungen zu Inklusions- / Exklusionsprozessen zu erhalten.<br />

Dieses bewusst minimalistische Theorieprogramm setzt darauf, dass<br />

es innerhalb des Forschungsverb<strong>und</strong>es gelingt, ausgehend <strong>von</strong> unseren<br />

empirischen Untersuchungsergebnisse eigene Beiträge zu einer historischen<br />

Analytik <strong>von</strong> Inklusion / Exklusion zu generieren. <strong>Eine</strong> solche<br />

»historische Grammatik« (Wilfried Rudloff) wird vor allem in der Abschlussphase<br />

des Projekts in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit<br />

<strong>und</strong> Anstrengungen rücken.<br />

Arbeitsschwerpunkte <strong>und</strong> Forschungsperspektiven<br />

Ein solches Forschungskonzept ist Perspektiven langer Dauer verpflichtet.<br />

Methodisch hat dies zur Folge, dass der Verb<strong>und</strong> zum einen<br />

seine disziplinspezifisch ausgerichteten Einzeluntersuchungen zugleich<br />

auch als exemplarische Fallstudien anlegt, um seine Hypothesen zu<br />

überprüfen <strong>und</strong> Typologien bzw. Erklärungsmodelle weiterzuentwickeln;<br />

zum andern heißt dies, chronologische <strong>und</strong> thematische Schwerpunkte<br />

auszuwählen, um das Zusammenspiel der unterschiedlichen<br />

Dimensionen bzw. Aspekte der Inklusion / Exklusion <strong>von</strong> Fremden<br />

oder Armen genauer in den Blick zu nehmen.<br />

Bislang sind folgende zeitliche <strong>und</strong> räumliche Schwerpunkte gewählt<br />

worden: 21 In der Antike bildet der Umgang mit Fremden den thematischen<br />

Schwerpunkt; die Untersuchungen konzentrieren sich zeitlich<br />

<strong>und</strong> geographisch auf das Zusammenleben der unterschiedlichen Ethnien<br />

bzw. religiösen Gruppen im hellenistischen <strong>und</strong> römischen Ägypten<br />

<strong>und</strong> den Umgang Roms mit fremden Verbündeten bzw. ›Fre<strong>und</strong>en‹<br />

in der Zeit der späten Republik <strong>und</strong> des frühen Prinzipats. 22 Die kunst-<br />

21 <strong>Eine</strong> erste Bilanz der Forschungen bis 2004 ist zu finden in Gestrich, Andreas /<br />

Raphael, Lutz (Hg.): Inklusion / Exklusion. Studien zu <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong><br />

<strong>von</strong> der Antike bis zur Gegenwart. Frankfurt a.M. [u. a.] 2004.<br />

22 Als Ergebnisse liegen inzwischen vor: Coskun, Altay (Hg.): Roms auswärtige<br />

Fre<strong>und</strong>e in der späten Republik <strong>und</strong> im frühen Prinzipat. Göttingen 2005; Ders.:


24 Lutz Raphael<br />

historischen wie mediävistischen Forschungen nehmen langfristige Entwicklungen<br />

in der Armenfürsorge <strong>von</strong> der Spätantike bis ins Spätmittelalter<br />

in den Blick <strong>und</strong> konzentrieren sich dabei auf die beiden im<br />

Reichsverb<strong>und</strong> miteinander verknüpften städtischen Räume Italiens<br />

<strong>und</strong> Deutschlands. 23 In diesem Raum sind auch die Fallstudien zur<br />

Geschichte christlich-jüdischer Beziehungen seit dem Hochmittelalter<br />

angesiedelt. 24 Dem mitteleuropäischen Raum gelten auch die Fallstudien,<br />

die sich mit den Weiterentwicklungen der Armenfürsorge in den<br />

sich herausbildenden Territorialstaaten des Alten Reiches sowie mit den<br />

Folgen der Herrschaftswechsel im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> insbesondere im<br />

Anschluss an die Französische Revolution beschäftigen. 25 Die Verän-<br />

Von der »Geißel Asiens« zu »kaiserfrommen« Reichsbewohnern. Studien zur<br />

politischen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Entwicklung der Galater unter besonderer Berücksichtigung<br />

der amicitia populi Romani <strong>und</strong> der göttlichen Verehrung des<br />

Augustus (3. Jh. v.– 2. Jh. n. Chr.) Habil. Trier 2007; Pfeiffer, Stefan: Das Dekret<br />

<strong>von</strong> Kanopos (238 v. Chr.); Philologisch-historischer Kommentar eines dreisprachigen<br />

Synodaldekretes der ägyptischen Priester zu Ehren Ptolemaios’ III. <strong>und</strong><br />

seiner Familie. München / Leipzig 2004; Ders. (Hg.): Ägypten unter fremden<br />

Herrschern. Von der persischen Satrapie bis zur römischen Provinz (Oikumene.<br />

Studien zur antiken Weltgeschichte, Bd. 3), Frankfurt a.M. 2008; Ders.: Der römische<br />

Kaiser <strong>und</strong> das Land am Nil. Kaiserverehrung <strong>und</strong> Kaiserkult in Alexandria<br />

<strong>und</strong> Ägypten <strong>von</strong> Augustus bis Caracalla. Habil. Trier 2007; Schäfer, Donata:<br />

Das Verhältnis zwischen den frühen Ptolemäern <strong>und</strong> ägyptischen Priestern<br />

im Spiegel der Satrapenstele <strong>und</strong> verwandte Texte aus der Zeit Ptolemaios’ II. Diss.<br />

Trier 2008.<br />

23 Vgl. die Trierer Beiträge (Dort / Reuther, Multrus, Escher-Apsner) in Sektion B des<br />

vorliegenden Bandes; des Weiteren Altenburg, Tilo: Soziale Ordnungsvorstellungen<br />

Hildegards <strong>von</strong> Bingen. Wahrnehmungen, Einmischungen <strong>und</strong> Verwicklungen.<br />

Diss. Trier 2004; Jörg, Christian: Teure, Hunger, Großes Sterben. Die<br />

Hungersnot der Jahre 1437–1439/40 <strong>und</strong> die Rahmenbedingungen städtischer Versorgungspolitik<br />

in den oberdeutschen Landen während des ausgehenden Mittelalters.<br />

Diss. Trier 2006; Multrus, Dirk: <strong>Armut</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong>sdarstellungen.<br />

Wirklichkeitsorientierungen, Deutungshorizonte <strong>und</strong> historische Hintergründe in<br />

der Chronik des franziskanischen Mönches Johannes <strong>von</strong> Winterthur. Diss. Trier<br />

2007; Helas, Philine / Wolf, Gerhard (Hg.): <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> Armenfürsorge in der<br />

italienischen Stadtkultur zwischen 13. <strong>und</strong> 16. Jahrh<strong>und</strong>ert. Bilder, Texte, Praktiken<br />

(Inklusion / Exklusion. Studien zu <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> <strong>von</strong> der Antike bis<br />

zur Gegenwart, Bd. 2). Frankfurt a.M. [u. a.] 2006.<br />

24 Barzen, Rainer: Takkanot Kehillot Schum. Die Rechtssatzungen der jüdischen<br />

Gemeinden <strong>von</strong> Mainz, Worms <strong>und</strong> Speyer im hohen <strong>und</strong> späteren Mittelalter.<br />

Diss. Trier 2005; Dohm, Barbara: Christen <strong>und</strong> Juden in Nördlingen im 15.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert. Diss. Trier 2006; Möschter, Angela: Juden im venezianischen Treviso<br />

1389–1509. Diss. Trier 2004; Ruf, Reinhold S.: Geschichte der Juden in Erfurt<br />

<strong>und</strong> den wettinischen Herrschaftsgebieten im späten Mittelalter. Diss. Trier 2006.


<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

25<br />

derungen im langen 19. Jahrh<strong>und</strong>ert werden in Fallstudien behandelt,<br />

welche zum einen die Veränderungen in <strong>Armut</strong>ssemantiken unter Einschluss<br />

der medialen Umbrüche untersuchen, zum anderen Praktiken<br />

<strong>und</strong> Institutionen der Armenfürsorge insbesondere mit Blick auf die<br />

Unterschiede zwischen Stadt <strong>und</strong> Land analysieren. 26 Dabei weitet sich<br />

der geographische Horizont zu einem deutsch-britischen bzw. europäischen<br />

Vergleich. 27 <strong>Eine</strong> weitere Fallstudie zur Semantisierung <strong>von</strong><br />

›Zigeunern‹ steht in enger thematischer Verbindung mit den Fallstudien<br />

zur Armenpolitik im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert, setzt aber mit einem deutschrumänischen<br />

Vergleich wiederum andere räumliche Akzente <strong>und</strong> weitet<br />

gleichzeitig den zeitlichen Horizont bis ins 20. Jahrh<strong>und</strong>ert. 28 Die zwei-<br />

25 Vgl. die Beiträge <strong>von</strong> Sebastian Schmidt, S. 241–274, <strong>und</strong> Helga Schnabel-Schüle, S.<br />

293–309, in diesem Band; vgl. auch die Beiträge <strong>von</strong> Schmidt, Sebastian <strong>und</strong> Wagner,<br />

Alexander in Schmidt, Sebastian / Aspelmeier, Jens (Hg.): Norm <strong>und</strong> Praxis<br />

der Armenfürsorge in Spätmittelalter <strong>und</strong> früher Neuzeit (Beihefte der VSWG, Nr.<br />

189). Stuttgart 2006. (Wagner, Alexander: Armenfürsorge in (Rechts)Theorie <strong>und</strong><br />

Rechtsordnungen der frühen Neuzeit, S. 21–59; Schmidt, Sebastian: »Gott wohlgefällig<br />

<strong>und</strong> den Menschen nützlich«. Zu Gemeinsamkeiten <strong>und</strong> konfessionsspezifischen<br />

Unterschieden frühneuzeitlicher Armenfürsorge, S. 61–90.); Schmidt, Sebastian<br />

(Hg.): Recht, Religion <strong>und</strong> Lebenslaufperspektiven. Unterschiedliche Strategien<br />

im Umgang mit <strong>Armut</strong> im frühneuzeitlichen Europa. Frankfurt a.M. [u. a.] 2008 (im<br />

Druck). Schnabel-Schüle, Helga / Gestrich, Andreas (Hg.): Fremde Herrscher –<br />

fremdes Volk. Inklusions- <strong>und</strong> Exklusionsfiguren bei Herrschaftswechseln in Europa.<br />

(Inklusion / Exklusion. Studien zu <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> <strong>von</strong> der Antike bis zur<br />

Gegenwart, Bd. 1) Frankfurt a.M. [u. a.] 2006.<br />

26 Vgl. die Beiträge <strong>von</strong> Bernhard Schneider / Patrick Bircher, S. 311–340, sowie <strong>von</strong><br />

Beate Althammer / Andreas Gestrich, S. 379–406, in diesem Band; Krieger, Martin:<br />

Arme <strong>und</strong> Ärzte, Kranke <strong>und</strong> Kassen. Ländliche Ges<strong>und</strong>heitsversorgung <strong>und</strong><br />

kranke Arme in der südlichen Rheinprovinz (1869–1930). Diss. Trier 2007; Marx,<br />

Katrin: <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> Armenfürsorge auf dem Land. Die Kreise Bernkastel <strong>und</strong><br />

Wittlich <strong>von</strong> den 1880er Jahren bis 1933. Diss. Trier 2005; Scherder, Ina: Kommunale<br />

Armenfürsorge in Galway. <strong>Eine</strong> Studie zum Zusammenhang der Entwicklung<br />

<strong>von</strong> Armenadministration <strong>und</strong> lokaler Verwaltung in Irland 1838–1921. Diss.<br />

Trier 2007.<br />

27 Althammer, Beate (Hg.): Bettler in der europäischen Stadt der Moderne (Inklusion /<br />

Exklusion. Studien zu <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> <strong>von</strong> der Antike bis zur Gegenwart,<br />

Bd. 4). Frankfurt a.M. [u. a.] 2007; Gestrich, Andreas / King, Steven / Raphael,<br />

Lutz (Hg.): Being Poor in Modern Europe. Historical Perspectives 1800–1940. Oxford<br />

[u. a.] 2006; King, Steven (Hg.): Narratives of Poverty and Sickness in Europe<br />

1780–1938. Amsterdam 2008 (im Druck); Brandes, Inga / Marx-Jaskulski, Katrin<br />

(Hg.): Armenfürsorge <strong>und</strong> Wohltätigkeit. Ländliche Gesellschaften in Europa 1850–<br />

1930. Poor relief and charity. Rural societies in Europe, 1850–1930. Frankfurt a.M.<br />

[u. a.] 2008 (im Druck).<br />

28 Vgl. den Beitrag <strong>von</strong> Iulia-Karin Patrut, S. 341–377, in diesem Band; Patrut,


26 Lutz Raphael<br />

te Hälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> die Gegenwart sind bislang in den<br />

Fallstudien des Forschungsverb<strong>und</strong>es mit zwei Themenschwerpunkten<br />

vertreten: Zum einen werden die sozialen <strong>und</strong> politischen Begleiterscheinungen<br />

<strong>und</strong> Folgen <strong>von</strong> Migration in den Industrieländern Westeuropas<br />

untersucht. 29 Der zweite Schwerpunkt gilt den innen- <strong>und</strong><br />

außenpolitischen Konsequenzen <strong>von</strong> Solidarität <strong>und</strong> Integration als<br />

zwei Leitkonzepten demokratischer Politik angesichts <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Fremdheit</strong>. 30<br />

Jenseits der spezifischen Fragestellungen, welche in diesen Teilprojekten<br />

oder Fallstudien verfolgt werden, haben sich fünf Arbeitsschwerpunkte<br />

herausgebildet.<br />

<strong>Eine</strong>n ersten Themenschwerpunkt bilden Untersuchungen über Ausnahmesituationen,<br />

die gewissermaßen als Lackmustests Auskunft zu geben<br />

vermögen über die Inklusions- / Exklusionsweisen <strong>von</strong> Herrschaftsverbänden<br />

bzw. Sozialformationen; zu nennen sind hier Untersuchungen<br />

über die Versorgungskrisen <strong>und</strong> Hungersnöte wie zum Phänomen der<br />

Iulia-Karin / Gutu, George / Uerlings, Herbert (Hg.): Fremde Arme – arme<br />

Fremde. ›Zigeuner‹ in Literaturen Mittel- <strong>und</strong> Osteuropas (Inklusion / Exklusion.<br />

Studien zu <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> <strong>von</strong> der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 3).<br />

Frankfurt a.M. [u. a.] 2007; Uerlings, Herbert / Patrut, Iulia-Karin (Hg.): Repräsentation<br />

– Inklusion – Exklusion. Zur Semantisierung der ›Zigeuner‹ (Inklusion<br />

/ Exklusion. Studien zu <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> <strong>von</strong> der Antike bis zur Gegenwart).<br />

Frankfurt a.M. [u. a.] 2008 (im Druck); Ders./Dies./ Sass, Maria (Hg.):<br />

Europa <strong>und</strong> seine ›Zigeuner‹. Literatur- <strong>und</strong> kulturgeschichtliche Studien (Germanistische<br />

Beiträge. Sonderband). Hermannstadt / Sibiu 2008.<br />

29 S. den Beitrag <strong>von</strong> Clelia Caruso, S. 487–520, in diesem Band; Losego, Sarah<br />

Vanessa: »J’aimerais tant vivre comme tout le monde.« Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />

aus den Ländern des Maghreb in der lothringischen Industrieregion <strong>von</strong><br />

Longwy nach 1945. Diss. Trier 2007; Losego, Sarah Vanessa / Raphael, Lutz:<br />

Pratiques de naturalisation. Le cas du bassin industriel de Longwy (1946–1990). In:<br />

Annales. HSS 61 (2006) 1, S. 135–162; Caruso, Clelia: La mémoire collective des<br />

Italiens de Seraing. Rites et cérémonies commémoratifs entre mémoire locale,<br />

mémoires nationales et mémoire européenne. In: Dies./Pleinen, Jenny / Raphael,<br />

Lutz (Hg.): Postwar Mediterranean Migration to Western Europe. Legal<br />

and Political Frameworks, Social Mobility and Memory. Frankfurt a.M. [u. a.]<br />

2008 (im Druck).<br />

30 S. die Beiträge <strong>von</strong> Rachel Folz, Simon Musekamp, Siegfried Schieder, S. 521–548,<br />

sowie <strong>von</strong> Nora Blaes-Hermanns, S. 461–486, in diesem Band; Schieder, Siegfried<br />

/ Maull, Hanns W. / Harnisch, Sebastian (Hg.): Solidarität <strong>und</strong> Gemeinschaftsbildung<br />

in der internationalen Politik. Beiträge zur Soziologie der internationalen<br />

Beziehungen. Frankfurt a.M. 2008 (im Druck); Thaa, Winfried (Hg.):<br />

Inklusion durch Repräsentation. Baden-Baden 2007; Linden, Markus: Politische<br />

Integration im vereinten Deutschland. Baden-Baden 2006.


<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

27<br />

Herrschaftswechsel. 31 Prekäre Situationen lassen v. a. Entscheidungszwänge<br />

<strong>und</strong> -alternativen schärfer hervortreten, konturieren sowohl auf<br />

der Ebene der Normen wie auch in der Praxis Inklusions- oder Exklusionstendenzen<br />

deutlicher.<br />

Zweitens entstehen Untersuchungen über Netzwerke, welche Arme<br />

oder Fremde in die jeweiligen größeren Sozial- bzw. Herrschaftseinheiten<br />

einbinden. Gerade im diachronen Vergleich tritt die große Bandbreite<br />

<strong>von</strong> Gestaltungsformen zu Tage. Bruderschaften, Mitgliedschaften,<br />

Fre<strong>und</strong>schaftsbindungen, Klientelbeziehungen kommen an dieser Stelle in<br />

den Blick. 32 Wesentlich ist die Richtung dieser Vergemeinschaftungsformen:<br />

Sie überbrücken die sozialen Hierarchien bzw. Grenzziehungen wie<br />

oben – unten, fremd – heimisch.<br />

Gleichzeitig sind diese Sozialformen der Inklusion zugleich auch<br />

hervorragende Beobachtungspunkte für die gegenläufigen Tendenzen<br />

zur sozialen Schließung, also hin zu wachsender Exklusivität ihrer Leistungen<br />

<strong>und</strong> Zugehörigkeiten. An ihnen lässt sich die Sachlogik des<br />

Mangels an hinreichenden Ressourcen zur Versorgung <strong>von</strong> Armen oder<br />

Fremden <strong>und</strong> zugleich auch die soziale Logik der Statussicherung seitens<br />

der beteiligten sozialen Gruppen studieren.<br />

Ein drittes gemeinsames Untersuchungsgelände bildet das Feld der Semantiken<br />

<strong>von</strong> Inklusion / Exklusion. Während die konkreten Spannungsbeziehungen<br />

zwischen ihnen <strong>und</strong> den realen Praktiken vor allem in den<br />

Einzeluntersuchungen untersucht <strong>und</strong> dabei die je spezifische historischkulturellen<br />

Konstellationen herausgearbeitet werden, untersuchen verschiedene<br />

Arbeitsgruppen des Forschungsverb<strong>und</strong>es die Entwicklung<br />

semantischer Traditionen. Bis zur Gegenwart wird der Umgang mit<br />

<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong> geprägt durch die christlich-jüdische Semantik,<br />

deren Topoi <strong>und</strong> Argumente den unterschiedlichsten Umständen <strong>und</strong><br />

31 Vgl. die Sektion II: Hungersnöte: Verarmung – Entfremdung – Gegenmaßnahmen<br />

in Gestrich /Raphael, Inklusion / Exklusion (wie Anm. 21), S. 233–384; Schnabel-Schüle<br />

/Gestrich, Fremde Herrscher – fremdes Volk (wie Anm. 25).<br />

32 Vgl. den Beitrag <strong>von</strong> Monika Escher-Apsner, S. 181–212, in diesem Band sowie<br />

Haverkamp, Alfred: Bruderschaften <strong>und</strong> Gemeinden im 12. <strong>und</strong> 13. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

In: Schneidmüller, Bernd / Weinfurter, Stefan (Hg.): Ordnungskonfigurationen<br />

im hohen Mittelalter (Vorträge <strong>und</strong> Forschungen, Bd. 64). Stuttgart 2006,<br />

S. 153–192; <strong>und</strong> Escher-Apsner, Monika (Hg.): Mittelalterliche Bruderschaften<br />

in europäischen Städten. Funktionen, Formen, Akteure / Medieval confraternities<br />

in European Towns. Functions. Forms, protagonists. Trier 2008 (im Druck). Vgl.<br />

zudem Coskun, Roms Fre<strong>und</strong>e (wie Anm. 22).


28 Lutz Raphael<br />

Praktiken im Umgang mit Armen oder Fremden angepasst oder schlicht<br />

kontrastiv zur Seite gestellt worden sind. Hieraus ergibt sich zum einen<br />

eine komplexe Geschichte der Anpassungen religiöser Argumentationsfiguren<br />

an konkrete Sachprobleme, soziale Hierarchien <strong>und</strong> Herrschaftsbedürfnisse,<br />

zum andern jedoch auch die Generierung spezifischer Fürsorgepraktiken<br />

<strong>und</strong> Inklusionsprogramme aus dem Traditionsbestand<br />

generalisierter Inklusionssemantiken. 33<br />

Im Kontext dieses weiten Rahmenthemas sind auch die Forschungen<br />

des internen Arbeitskreises »Vom Nutzen <strong>und</strong> Schaden der Sorge für<br />

Arme« angesiedelt. In ihm sind alle Teilprojekte beteiligt, die sich mit<br />

Problemen der <strong>Armut</strong> beschäftigen. Hier wird der thematische Zusammenhang<br />

<strong>von</strong> Sorge für Arme <strong>und</strong> Gemeinwohl näher in den Blick<br />

genommen <strong>und</strong> versucht, die unterschiedlichen argumentativen Verknüpfungen<br />

beider Aspekte genauer zu betrachten. Der methodische<br />

Zugang erfolgt über die Analyse historisch spezifischer Diskurse mit<br />

einer Vielzahl <strong>von</strong> Begrifflichkeiten. Die in den Quellen gemeinte ›Sorge‹<br />

kann dabei <strong>von</strong> individuellen Almosenakten, über die Sicherung der<br />

reinen Notdurft bis hin zu wohlfahrtsstaatlichen Konzepten reichen.<br />

Das ›Gemeinwohl‹ <strong>und</strong> seine vielfältigen, variierenden Begriffe verweisen<br />

auf damit verb<strong>und</strong>ene Werte- <strong>und</strong> Vorstellungsgemeinschaften.<br />

Die Heterogenität der Quellen hat es nahegelegt, sich auf die Analyse<br />

<strong>von</strong> Argumentationsmustern zu konzentrieren, die jenseits der unterschiedlichen<br />

diskursiven Konstellationen auf einer abstrakteren Ebene<br />

verglichen werden können. Auffälligstes Zwischenergebnis der bisherigen<br />

Arbeiten ist die Kontinuität bzw. Langlebigkeit gr<strong>und</strong>legender<br />

Argumentationsmuster zu ›Nutzen‹ oder ›Schaden‹ <strong>von</strong> Armenhilfe.<br />

Vor allem die argumentative Verbindung <strong>von</strong> Armenfürsorge <strong>und</strong> Gemeinwohl<br />

mit der Aufrechterhaltung <strong>von</strong> politisch-herrschaftlicher Sicherheit,<br />

Ordnung <strong>und</strong> Stabilität stellt ein Motiv langer Dauer dar.<br />

Gleiches gilt für den Zusammenhang <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> Arbeit <strong>und</strong> die<br />

entsprechenden semantischen Verknüpfungen.<br />

Speziell der Darstellung <strong>und</strong> Bewertung ›nichtsesshafter‹ Armer seit<br />

dem ausgehenden Mittelalter widmet sich eine weitere Gruppe <strong>von</strong><br />

Forschern des Verb<strong>und</strong>es. Mit der Verdichtung zunächst städtischer,<br />

33 S. die Beiträge <strong>von</strong> Scholz, S. 111–132, Dort / Reuther, S. 133–164, Multrus, S. 213–<br />

240, Stathakopoulos, S. 165–179, <strong>und</strong> Schneider / Bircher, S. 311–340, in diesem<br />

Band.


<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

29<br />

dann territorialstaatlicher Ordnungsbestrebungen wurden Nichtsesshafte<br />

zu ›herrenlosem Gesindel‹ <strong>und</strong> ›Unruhestiftern‹. ›Landstreicher‹<br />

wurde der üblichste Begriff für mittellos Umherziehende, deren Kriminalisierung<br />

weiter fortschritt. Das Spektrum der ihnen zugeschriebenen<br />

Gefährdungen erweiterte sich fortlaufend bis ins 19. Jahrh<strong>und</strong>ert,<br />

<strong>und</strong> dieser Prozess der Verdichtung <strong>von</strong> Exklusionssemantiken mitsamt<br />

der dazugehörenden kameralistischen, später nationalökonomischen,<br />

medizinischen, pädagogischen <strong>und</strong> sozialpolitischen Argumentationsmuster<br />

steht im Mittelpunkt der laufenden Arbeit. Im weiteren Verlauf<br />

des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts gewannen dann sozialpathologische <strong>und</strong> soziobiologische<br />

Argumente zunehmend an Gewicht. 34<br />

Viertens wirft der SFB 600 seit Beginn seiner Tätigkeit einen besonders<br />

scharfen Blick auf die ›politische‹ Dimension <strong>von</strong> <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Armut</strong>, fragt also mit besonderem Nachdruck nach den spezifischen<br />

Beziehungen zwischen ›Herrschaft‹ <strong>und</strong> Fürsorge / Armenversorgung<br />

<strong>und</strong> Umgang mit Fremden. Gerade der Umgang mit Fremden, Migranten,<br />

Ausländern, fremden Herrschern provoziert die Frage nach<br />

dem Wechselbeziehungen zwischen Außen- <strong>und</strong> Innenbeziehungen,<br />

zwischen aktueller Außen- oder Außenwirtschaftspolitik der Europäischen<br />

Union einerseits, der Sozialpolitik ihrer Mitglieder andererseits<br />

oder zwischen Roms republikanischer Elite <strong>und</strong> fremden Herrschern<br />

am Rande bzw. im Einzugsbereich römischer Außenbeziehungen. 35<br />

Die Organisation politischer Einheiten <strong>und</strong> Gemeinschaften produzierte<br />

seit der Gründung der antiken Stadtstaaten ganz spezifische Kategorien<br />

<strong>von</strong> Fremden <strong>und</strong> Armen, bestimmte also in wesentlichem<br />

Maße die Chancen für Teilhabe <strong>und</strong> Zugehörigkeit, <strong>von</strong> Schutz <strong>und</strong><br />

Sicherheit für Arme <strong>und</strong> Fremde innerhalb des eigenen Territoriums.<br />

Hierzu liegt eine erste Skizze vor, welche in Anknüpfung an die Weberschen<br />

Kategorien die Wahlverwandtschaften monarchischer, kommunaler<br />

<strong>und</strong> schließlich nationalstaatlicher Herrschaft zur Inklusion <strong>von</strong> Armen<br />

<strong>und</strong> Fremden untersucht. 36 Diese Diskussion wird in den folgenden<br />

34 Vgl. den Beitrag <strong>von</strong> Althammer / Gestrich, S. 379–406, in diesem Band, weitere<br />

Teilergebnisse sind in den Beiträgen in Althammer, Bettler (wie Anm. 27) sowie<br />

Gestrich /King /Raphael, Being Poor (wie Anm. 27) <strong>und</strong> King, Narratives<br />

(wie Anm. 27), zu entnehmen.<br />

35 Vgl. Coskun, Roms Fre<strong>und</strong>e (wie Anm. 22); Folz / Musekamp / Schieder, S. 521–<br />

548, in diesem Band.<br />

36 Raphael, Lutz: Königschutz, Armenordnung <strong>und</strong> Ausweisung – Typen der Herr-


30 Lutz Raphael<br />

Seiten fortgeführt. In den Beiträgen der Sektion B: Herrschaftsträger,<br />

Gemeinschaften <strong>und</strong> Gesellschaften in Mittelalter <strong>und</strong> Früher Neuzeit<br />

werden die Spuren vermessen, welche das Leitbild christlicher Caritas,<br />

konkret die Armenfürsorge in der Legitimation <strong>und</strong> Praxis weltlicher<br />

wie kirchlicher Herrschaft hinterlassen haben. 37 In Sektion C stehen die<br />

Veränderungen im Mittelpunkt, welche seit der Entstehung moderner<br />

Verfassungsstaaten zu beobachten sind. Der Beitrag <strong>von</strong> Helga Schnabel-Schüle<br />

betont die Zäsur, welche die Entstehung moderner Verfassungsordnungen<br />

generell für die Modi der Inklusion / Exklusion <strong>von</strong><br />

Fremden <strong>und</strong> Armen zur Folge hatte; 38 Radikalität <strong>und</strong> Reichweite ein<strong>und</strong><br />

ausgrenzender Maßnahmen gegenüber Fremden <strong>und</strong> Armen in den<br />

modernen Nationalstaaten wird im Beitrag <strong>von</strong> Dieter Gosewinkel erdeutlicht.<br />

39 Frank Nullmeier wiederum beobachtet in seinem Beitrag in<br />

Sektion D die Verschiebungen <strong>von</strong> Teilhaberechten – bzw. Ansprüchen<br />

in den aktuellen sozialpolitischen Debatten <strong>und</strong> fragt nach den Tendenzen<br />

zur Abschwächung inkludierender Elemente in den westlichen<br />

parlamentarischen Demokratien angesichts wachsender ökonomischer<br />

Unsicherheiten <strong>und</strong> Internationalisierungsphänomene. 40<br />

In engem Zusammenhang mit diesen vergleichend angelegten Studien<br />

beschäftigt sich der Arbeitskreis »Zugehörigkeitsrechte« mit der<br />

rechtlichen Ausgestaltung der Inklusion / Exklusion <strong>von</strong> Fremden in<br />

politischen Räumen. Unter ›Zugehörigkeitsrechten‹ sind dabei sowohl<br />

die gesetzlichen Regelungen des Zugangs zum politischen Raum<br />

als auch die Rechte <strong>und</strong> Pflichten, die aus dieser Zugehörigkeit erwachsen,<br />

zu verstehen. In einem epochenübergreifenden Vergleich<br />

werden dabei die rechtsrelevanten Kategorien <strong>von</strong> Zugehörigkeit <strong>und</strong><br />

die damit je konkret verb<strong>und</strong>enen Rechte <strong>und</strong> Pflichten analysiert. In<br />

einem zweiten Schritt wird nach den spezifischen sozio-politischen,<br />

ethnischen, sprachlichen, religiösen <strong>und</strong> materiellen Kontexten <strong>und</strong><br />

Faktoren bei der Ausgestaltung dieser Zugehörigkeitsrechte <strong>von</strong> Fremschaft<br />

<strong>und</strong> Modi der Inklusion <strong>und</strong> Exklusion <strong>von</strong> Armen <strong>und</strong> Fremden im<br />

mediterran-europäischen Raum seit der Antike. In: Gestrich /Raphael, Inklusion<br />

/ Exklusion (wie Anm. 21), S. 15–34; vgl. Kritik <strong>und</strong> Differenzierungen bei<br />

Althammer / Gestrich, S. 379–406, in diesem Band.<br />

37 Vgl. die Beiträge <strong>von</strong> Scholz, S. 111–132, Dort / Reuther, S. 133–164, Multrus,<br />

S. 213–240, Stathakopoulos, S. 165–179, <strong>und</strong> Schmidt, S. 241–274, in diesem Band.<br />

38 Vgl. den Beitrag <strong>von</strong> Schnabel-Schüle, S. 293–309, in diesem Band.<br />

39 Vgl. den Beitrag <strong>von</strong> Gosewinkel, S. 407–434, in diesem Band.<br />

40 Vgl. Nullmeier, S. 443–460, in diesem Band.


<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

31<br />

den gefragt. Methodische Gr<strong>und</strong>lage ist der typologisierende Vergleich<br />

<strong>von</strong> Fallstudien, um so die chronologische <strong>und</strong> sachliche Spannweite<br />

der in den Teilprojekten untersuchten Prozesse der Integration bzw.<br />

des Ausschlusses <strong>von</strong> Fremden aus den unterschiedlichsten Herrschaftsverbänden<br />

bzw. politischen Räumen zu überbrücken. Erste Zwischenergebnisse<br />

der gemeinsamen Arbeit sind im bereits zitierten Tagungsband<br />

des SFBs 41 publiziert worden. Diesem Thema widmet sich<br />

im vorliegenden Band auch der bereits genannte Beitrag <strong>von</strong> Gosewinkel.<br />

Er analysiert am Beispiel der rassistischen Umformungen des<br />

Staatsbürgerrechts durch das NS-Regime einen besonders radikalen<br />

Fall politischer Instrumentalisierung <strong>von</strong> Zugehörigkeitsrechten. 42<br />

<strong>Eine</strong>n fünften Arbeitsschwerpunkt bildet die Repräsentation <strong>von</strong><br />

Armen oder Fremden: Unter diesem Begriff werden explizit in einer<br />

weiten Definition die visuellen Präsentationen ebenso wie die politische<br />

Stellvertretung der Interessen <strong>von</strong> Gruppen gefasst. Beide Phänomene<br />

sind aufs engste mit den Diskursen <strong>und</strong> Deutungsmustern<br />

verb<strong>und</strong>en, die in einer gegebenen Gesellschaft bzw. einem politischen<br />

Feld in Umlauf sind. Die »Sichtbarkeit« <strong>von</strong> Armen <strong>und</strong> Fremden<br />

<strong>und</strong> deren Wandel steht dabei im Mittelpunkt. So wie im Fall der<br />

Herrschaft die Eigenlogik <strong>von</strong> Herrschaftsformen <strong>von</strong> besonderem<br />

Interesse ist, rückt in diesem Forschungsfeld die Eigenlogik der Medien<br />

<strong>und</strong> Modi der Repräsentation besonders in den Blick. Erkennbar<br />

wird die Verwendungsvielfalt, aber auch die Beharrungskraft <strong>und</strong><br />

Prägnanz etablierter Bildprogramme <strong>und</strong> Bildordnungen bei der Bezeichnung<br />

/ Adressierung <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong>. <strong>Eine</strong> erste Fallstudie<br />

hat sich mit den Repräsentationen der Wohltätigkeit, konkret<br />

der Akte des Gebens <strong>und</strong> Nehmens in bildlichen Darstellungen seit<br />

dem 13. Jahrh<strong>und</strong>ert beschäftigt. Deutlich treten dabei langfristige<br />

Kontinuitäten <strong>und</strong> spezifische Traditionsbildungen einerseits, Spannungen<br />

zwischen Bildprogrammen <strong>und</strong> Praktiken andererseits zu Tage. 43<br />

41 Vgl. Sektion I: Zugehörigkeitsrechte <strong>und</strong> die Inklusion <strong>von</strong> Fremden in politische<br />

Räume in Gestrich /Raphael, Inklusion / Exklusion (wie Anm. 21), S. 51–230.<br />

42 Vgl. den Beitrag <strong>von</strong> Gosewinkel, S. 407–434, in diesem Band.<br />

43 Vgl. den Beitrag <strong>von</strong> Helas, S. 37–63, in diesem Band, sowie die Trierer Beiträge<br />

Raphael, Lutz: Repräsentation der Wohltätigkeit; Helas, Philine: Darstellungen<br />

der Mantelspende des Heiligen Martin vom 12. bis zum 15. Jahrh<strong>und</strong>ert als Indikator<br />

der Veränderung sozialer Praktiken; Schmidt, Sebastian: Religiöse Bildprogramme<br />

als Ausdruck kollektiver Einstellungen? Zu widersprüchlichen Repräsentationen des<br />

Almosenspendens <strong>und</strong> ihrer politischen Funktion in der Frühen Neuzeit; Brandes,


32 Lutz Raphael<br />

Der Arbeitskreis »Visuelle <strong>und</strong> textliche Repräsentationen <strong>von</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Armut</strong>« befasst sich mit unterschiedlichen Textsorten <strong>und</strong> Bildern<br />

<strong>von</strong> der Frühen Neuzeit bis heute. Das Spektrum reicht <strong>von</strong> literarischen,<br />

journalistischen <strong>und</strong> autobiographischen Texten bis hin zu<br />

Bildwerken, Druckgraphiken, Photographien, Filmen <strong>und</strong> Bildern, die<br />

in Laterna-Magica-Aufführungen zum Einsatz kamen.<br />

Im Mittelpunkt der gemeinsamen Analyse stehen die visuellen <strong>und</strong><br />

sprachlichen Repräsentationen <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong>. Bei den Texten<br />

<strong>und</strong> Bildern handelt es sich immer um Inszenierungen <strong>von</strong> Wirklichkeit,<br />

die oftmals bestimmte Vorstellungen <strong>und</strong> Realitätskonstruktionen bedienen,<br />

stützen oder aber – hier kommt ihr ästhetisches Potential ins Spiel –<br />

reflexiv brechen <strong>und</strong> in Frage stellen. Gerade solchen komplexeren visuellen<br />

<strong>und</strong> sprachlichen Repräsentationen <strong>von</strong> Armen <strong>und</strong> Fremden gilt das<br />

besondere Interesse dieses Arbeitskreises, in den die Fächer Kunstgeschichte,<br />

Neuere <strong>und</strong> Neueste Geschichte, Germanistik <strong>und</strong> Medienwissenschaften<br />

ihre unterschiedlichen Perspektiven einbringen.<br />

Aktuell steht die Analyse des Würdediskurses in ausgesuchten bildlichen<br />

<strong>und</strong> textlichen Repräsentationen <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong> im<br />

Mittelpunkt. Basis der gemeinsamen Arbeit bildet eine Auswahl <strong>von</strong><br />

Texten <strong>und</strong> Bildern aus dem Zeitraum vom Mittelalter bis zur Gegenwart.<br />

Erste Ergebnisse zeigen, dass die semantische Verbindung <strong>von</strong><br />

<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> Würde verschiedene, ja gegensätzliche Traditionen <strong>und</strong><br />

Diskursmuster kombiniert – auch solche, die sonst nicht zusammengehören.<br />

Neben der Idee einer allgemeinen Menschenwürde steht der<br />

Gedanke, Würde sei an spezifische Gruppen <strong>und</strong> das entsprechende<br />

Verhalten ihrer Mitglieder geknüpft. Diese beiden Ansichten konkurrieren<br />

in den analysierten Bild- <strong>und</strong> Textzeugnissen vielfach miteinander.<br />

Zugleich fallen die zahlreichen Überschneidungen des Diskurses<br />

mit anderen Kategorien wie Ehre, Stolz <strong>und</strong> Erhabenheit auf, die sich<br />

auf seine beiden Dimensionen beziehen können <strong>und</strong> jeweils situativ in<br />

Inga: Der Fotoapparat als Herrschaftsinstrument: Die visuelle Inszenierung erfolgreicher<br />

britischer ›Entwicklungspolitik‹ in Irland vor dem Ersten Weltkrieg; Lingelbach,<br />

Gabriele: Das Bild des Bedürftigen <strong>und</strong> die Darstellung <strong>von</strong> Wohltätigkeit in<br />

den Werbemaßnahmen b<strong>und</strong>esrepublikanischer Wohltätigkeitsorganisationen, <strong>und</strong><br />

den Beitrag der Salzburger Kollegen Ammerer, Gerhard / Veits-Falk, Sabine: Die<br />

Visualisierung des Bettelns. Geben <strong>und</strong> Nehmen zwischen Mildtätigkeit <strong>und</strong> Sozialkritik<br />

an bildlichen Beispielen Österreichs <strong>und</strong> Süddeutschlands vom 16. bis zum 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert, alle in Archiv für Kulturgeschichte 89 (2007) 2, S. 253–365.


<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

33<br />

Machtkämpfen oder Konflikten <strong>von</strong> den Beteiligten zum eigenen Vorteil<br />

eingesetzt werden.<br />

Als Arbeitsinstrument steht bei all diesen Arbeiten das FuD-Datenbanksystem<br />

zur Verfügung 44 ; individuelle wie kollektive Arbeitsvorhaben,<br />

die sich auf Dokumente <strong>und</strong> Forschungsergebnisse aller Teilprojekte<br />

beziehen, sind damit leichter möglich.<br />

Es ist gezielt als ein möglichst flexibles Arbeitsinstrument entwickelt<br />

worden: es dient der zum einen der Inventarisierung <strong>und</strong> Erfassung <strong>von</strong><br />

Text- <strong>und</strong> Bildquellen unterschiedlichen Dokumenttyps in einem Gesamtinventar<br />

<strong>und</strong> Dokumentarchiv; es erschließt diese Primärdaten auf<br />

der Gr<strong>und</strong>lage eines gemeinsamen Schlagwortsystems; erlaubt drittens<br />

eine sachsystematische Analyse des Datenmaterials zur Beschreibung<br />

<strong>von</strong> <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> sowie der Modi <strong>von</strong> Inklusion <strong>und</strong> Exklusion<br />

sowie historisch-semantische Untersuchungen zur Repräsentation<br />

<strong>von</strong> <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> sowie der Modi <strong>von</strong> Inklusion <strong>und</strong><br />

Exklusion (Wortfeldanalyse, Argumentationsanalyse, qualitative Inhaltsanalyse).<br />

So soll die wechselseitige Nutzung <strong>von</strong> Primärquellen <strong>und</strong><br />

Forschungsergebnissen innerhalb unseres Projektverb<strong>und</strong>es intensiviert<br />

werden. Schließlich schafft es die Voraussetzung für den Aufbau projektübergreifender<br />

Text- <strong>und</strong> Bildkorpora zu all den Sachgesichtspunkten,<br />

auf die sich unsere gemeinsame Aufmerksamkeit richtet.<br />

Offene Fragen<br />

Aus dieser <strong>Zwischenbilanz</strong> ergeben sich zahlreiche offene Fragen, die<br />

noch der weiteren Klärung bedürfen. Einige seien zum Schuss wenigstens<br />

benannt.<br />

1. Welches Gewicht kommt den christlich-jüdischen Semantiken der<br />

Inklusion / Exklusion <strong>von</strong> Armen <strong>und</strong> Fremden in der Dynamik europäisch-mediterraner<br />

Gesellschaften seit dem Hochmittelalter zu? Dahinter<br />

steht die Frage nach den Beziehungen zwischen religiösen Werten <strong>und</strong><br />

44 Minn, Gisela / Stazic-Wendt, Tamara: Das Forschungsnetzwerk <strong>und</strong> Datenbanksystem<br />

(FuD-System) <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong>. <strong>Eine</strong> integrierte Informations- <strong>und</strong><br />

Arbeitsplattform zur kollaborativen Inventarisierung, Erschließung <strong>und</strong> Analyse<br />

<strong>von</strong> Primärquellen in interdisziplinären Forschungsverbünden. In: Burkhard,<br />

Daniel / Hohls, Rüdiger / Prinz, Claudia (Hg.): .hist 2006. Geschichte im Netz.<br />

Praxis, Chancen, Visionen (Historisches Forum, Bd. 10). Berlin 2007, S. 387–406.<br />

Vgl. das Handbuch zum FuD-Datenbanksystem unter www.fud.uni-trier.de.


34 Lutz Raphael<br />

Praktiken im Umgang mit Armen <strong>und</strong> Fremden <strong>und</strong> den gesellschaftlichen<br />

bzw. herrschaftlich-politischen Vorstellungen <strong>und</strong> Interessen. Schon<br />

die Konstruktion dieses ›Dreiecksverhältnisses‹ auf der Makroebene historisch-soziologischer<br />

Epochenvergleiche verweist darauf, dass es nach<br />

den bisherigen Forschungsbef<strong>und</strong>en eher um komplexe Wechselwirkungen<br />

geht, aber auch große Unterschiede im Grad der Verkopplungen <strong>von</strong><br />

religiösen, herrschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Semantiken <strong>und</strong> Praktiken<br />

festzustellen sind. Die Genese eigenständiger politisch-herrschaftlicher,<br />

ökonomischer, schließlich gesellschaftlicher <strong>und</strong> humanitärer Semantiken<br />

der Armen- <strong>und</strong> Fremdenpolitik seit dem Mittelalter ist immer<br />

wieder linear als Ab- <strong>und</strong> Auflösungsprozess traditionell religiöser Semantik<br />

interpretiert worden, in pointiert modernisierungstheoretischen<br />

Lesarten ist der europäische Sozialstaat in allen seinen Varianten sogar<br />

der säkulare Nachfolger <strong>von</strong> Caritas <strong>und</strong> misericordia. Welches Modell<br />

wird den zahlreichen Bef<strong>und</strong>en zur langfristigen Wirkmächtigkeit religiöser<br />

Semantiken, Institutionen <strong>und</strong> Praktiken vor allem in der Fürsorge<br />

<strong>und</strong> Armenhilfe besser gerecht? Welche Zäsuren erweisen sich für<br />

eine epochenübergreifende Betrachtung als relevant <strong>und</strong> wichtig?<br />

2. Die Beschäftigung mit den Zugehörigkeitsrechten <strong>von</strong> Fremden hat<br />

– wie nicht anders zu erwarten – die Heterogenität der historischen Konstellationen<br />

<strong>und</strong> das Gewicht konkreter Interessenlagen scharf herausgearbeitet,<br />

welche das Recht als Inklusionsmodus <strong>von</strong> Fremden in Herrschaftsverbände<br />

kennzeichnen. Aufschlussreich <strong>und</strong> erfolgversprechend<br />

scheint es, diesen Weg weiterzuschreiten erstens hin zu einem systematischen<br />

Vergleich dieser rechtlich-politischen Ausgestaltungen der Beziehungen<br />

zwischen Fremden <strong>und</strong> Einheimischen hinsichtlich der rechtlich<br />

geregelten Handlungsräume, zweitens – damit eng verb<strong>und</strong>en – hinsichtlich<br />

der Relevanz dieser Rechte für die Alltagsexistenz der Betroffenen<br />

<strong>und</strong> drittens schließlich mit Blick auf die Differenz zu den Rechtsstellungen<br />

der Nicht-Fremden <strong>und</strong> ihren Handlungsoptionen im Rahmen des<br />

rechtlich Normierten.<br />

3. Das Spannungsfeld zwischen Semantiken der Inklusion / Exklusion<br />

<strong>und</strong> visuellen Repräsentationen der <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> der Fürsorge ist<br />

bereits an vielen Einzelbeispielen präzisiert worden. Können diese Fälle<br />

in einen größeren Zusammenhang gestellt werden? Lassen sich Phasen<br />

des Umbruchs <strong>und</strong> der Genese neuer Bildformate <strong>und</strong> Bildprogramme<br />

erkennen, die wiederum in Bezug stehen mit Umbrüchen in den Inklusions-<br />

/ Exklusionsweisen <strong>von</strong> Armen? Welche Beziehungen – <strong>von</strong>


<strong>Figurationen</strong> <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

35<br />

der Konkurrenz bis zur Komplementarität bzw. Verstärkung – lassen<br />

sich zwischen sprachbasierten <strong>und</strong> bildbasierten Semantiken der Inklusion<br />

/ Exklusion beobachten?<br />

4. Im Verlauf der internen Diskussionen <strong>und</strong> beim Vergleich seiner<br />

Forschungsergebnisse ist der Forschungsverb<strong>und</strong> immer wieder auf die<br />

Bedeutung der Quellenbegriffe, gr<strong>und</strong>sätzlich der politischen, religiösen<br />

Sprache im Umgang mit Armen <strong>und</strong> Fremden gestoßen. Nur für Teile<br />

dieser Sprachen liegen bereits begriffsgeschichtliche oder diskursanalytische<br />

Untersuchungen vor. Gerade Untersuchungen zur historischen Semantik,<br />

konkret zur Geschichte <strong>von</strong> Diskursen bzw. Sprachen der Fürsorge<br />

<strong>und</strong> der Fremdenpolitik, zu Schlüsselbegriffen wie Caritas oder<br />

Solidarität drängen sich angesichts unseres langen Zeithorizonts <strong>und</strong> der<br />

gemeinsamen sprachlichen, politischen <strong>und</strong> kulturellen Gr<strong>und</strong>lagen unserer<br />

Untersuchungsfelder geradezu auf. In diesen Kontext steht auch die<br />

bereits erwähnte Untersuchung über die »Würde der Armen«, die nach<br />

der Genese des modernen Menschenrechtsdiskurses angesichts <strong>von</strong> <strong>Armut</strong><br />

fragt.<br />

5. Schließlich hat der SFB in der Zwischenzeit auch ganz spezifische<br />

Erfahrungen mit dem Konzept Inklusion / Exklusion sammeln können.<br />

Diese Erfahrungen auszuwerten, um entsprechende Vorschläge für die<br />

Verwendung <strong>und</strong> Weiterentwicklung des Begriffspaars <strong>und</strong> der damit<br />

verknüpfbaren sozialwissenschaftlichen Theorien zu formulieren, bietet<br />

sich ebenfalls als ein weiteres gemeinsames Arbeitsziel an. Hier ist vor<br />

allem an die vielfältigen Arbeitsergebnisse zu den Verknüpfungen bzw.<br />

prozesshaften Verkettungen <strong>von</strong> Exklusionen zu Inklusionen oder in<br />

umgekehrter Reihenfolge zu denken, die als inkludierende Exklusion<br />

bzw. exkludierende Inklusionen bezeichnet werden können. Schließlich<br />

liegen auch zahlreiche Beobachtungen, aber erst wenige theoretische<br />

Präzisierungen zum Gegen- bzw. Nebeneinander <strong>von</strong> Inklusionssemantiken<br />

<strong>und</strong> Exklusionspraktiken vor.<br />

6. Die zeitliche Dynamik <strong>von</strong> <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong>, also Prozesse<br />

<strong>von</strong> Verarmung bzw. Verfremdung, spielen in zahlreichen Untersuchungen<br />

unseres SFBs eine ganz prominente Rolle. Dies gilt sowohl auf<br />

der Ebene <strong>von</strong> Personen als Studie über die biographischen Risiken des<br />

Ausschlusses oder der Marginalisierung, wie auch auf der Ebene <strong>von</strong><br />

Gruppen bzw. Kollektiven, z. B. als Untersuchung der Verfremdung<br />

<strong>von</strong> Vagab<strong>und</strong>en, ›Zigeunern‹, der Vertreibung <strong>und</strong> Entrechtung <strong>von</strong><br />

Juden, wie aber auch in Bezug auf Gesellschaften bzw. Herrschafts-


36 Lutz Raphael<br />

verbände insgesamt, als Problem der Sicherung der eigenen materiellen<br />

Ressourcen oder als Problem der Grenzschließung. Der topische Gegensatz<br />

<strong>von</strong> ›fortuna‹ <strong>und</strong> ›paupertas‹ verdeutlicht die Wahrnehmung<br />

<strong>von</strong> <strong>Armut</strong> oder <strong>Fremdheit</strong> als konkreten Formen einer generell risikoreichen<br />

Zukunft <strong>und</strong> als Projektionsfläche entsprechender individueller<br />

wie kollektiver Ängste. Darin zeigt sich schließlich auch eine<br />

vielfach vernachlässigte Dimension im gesellschaftlichen Umgang mit<br />

<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong>.<br />

7. <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong> haben als soziale Beziehungsformen schließlich<br />

auch eine sozialräumliche Dimension. Inklusion / Exklusion bezeichnen<br />

immer auch Situationen der Segregation bzw. Nachbarschaft, der<br />

Vertreibung bzw. Marginalisierung im Wortsinne des An-den-Rand-<br />

Drängens. In den Projekten des SFBs liegen bereits zahlreiche Bef<strong>und</strong>e<br />

vor, die des systematischen Vergleichs <strong>und</strong> der historischen Einordnung<br />

bedürfen.<br />

Damit sind Forschungsfragen benannt, welche der weiteren Bearbeitung<br />

im Forschungsverb<strong>und</strong> harren. Sie sind zugleich auch weitere<br />

Schritte auf dem Weg zu einer historisch <strong>und</strong> empirisch gesättigten<br />

Theorie des Wandels in den Modi <strong>von</strong> Inklusion / Exklusion Armer<br />

<strong>und</strong> Fremder im Kontext der griechisch-römischen <strong>und</strong> dann christlichwestlichen<br />

Zivilisation.

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