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Figurationen von Armut und Fremdheit. Eine Zwischenbilanz ...

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14 Lutz Raphael<br />

<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong><br />

im Spannungsverhältnis <strong>von</strong> Ausschluss <strong>und</strong> Teilhabe<br />

Die Abhängigkeit Armer oder Fremder <strong>von</strong> Unterstützung, das Zusammenleben<br />

mit beiden als Impuls zur Intervention für Nachbarn,<br />

Gemeinden, Herrschaftsverbände oder Gesellschaften markieren den<br />

Ausgangspunkt, an dem die Fragen der SFB-Forscher ansetzen. Der<br />

Forschungsverb<strong>und</strong> untersucht die sozialen, politischen <strong>und</strong> kulturellen<br />

Gestaltungsformen, welche angesichts der Existenz <strong>von</strong> <strong>Armut</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong> in den Gesellschaften bzw. Kulturen Europas entwickelt<br />

worden sind. Dabei geht es immer auch um die Markierung<br />

<strong>von</strong> Grenzen der Zugehörigkeit <strong>und</strong> der Teilhabe, um Prozesse der<br />

Schließung bzw. Öffnung <strong>von</strong> Zugängen zu materiellen Ressourcen,<br />

sozialem Ansehen, kultureller Anerkennung oder politischer Macht.<br />

Mit diesen Fragen sind elementare Regulierungen bzw. Konstitutionsbedingungen<br />

<strong>von</strong> sozialem Zusammenleben angesprochen. Sie<br />

werden in ihrer spezifischen historisch-kulturellen Veränderung untersucht.<br />

Der Forschungsverb<strong>und</strong> fragt nach dem Wandel, dem die<br />

Formen der Einschließung <strong>und</strong> der Ausgrenzung unterliegen, sucht<br />

nach systematischen Verknüpfungen zwischen diesen Formen <strong>und</strong><br />

den Veränderungen in den Strukturen <strong>von</strong> Herrschaft, Gesellschaft<br />

oder Kultur.<br />

<strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> waren <strong>und</strong> sind vielfach miteinander verb<strong>und</strong>en.<br />

Definiert man den Fremden mit Georg Simmel als den Gast, »der<br />

heute kommt <strong>und</strong> morgen bleibt«, dann sind die Fremden »ein Element<br />

der Gruppe selbst, nicht anders als die Armen.« 2<br />

<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> <strong>Fremdheit</strong> sind aus dieser Perspektive zentrale Problemfelder,<br />

an denen die »Schließung« 3 <strong>von</strong> Gesellschaften oder Gruppen<br />

untersucht werden kann. In beiden Fällen entstanden <strong>und</strong> entstehen<br />

Zonen prekärer materieller <strong>und</strong> sozialer Existenz am ›Rand‹ der Gesellschaften.<br />

Die Frage nach Zugehörigkeit bzw. Teilhabe <strong>von</strong> Armen<br />

<strong>und</strong> Fremden wird im Konfliktfall – wirtschaftlichen Notlagen, Kriegen,<br />

sozialen oder religiösen Konflikten – zugespitzt zur Frage, ob<br />

Schutz oder Hilfe gewährt, Anwesenheit geduldet wird.<br />

2 Simmel, Georg: Exkurs über den Fremden. In: Ders.: Soziologie. Untersuchungen<br />

über die Formen der Vergesellschaftung [1908]. 5. Aufl. Berlin 1968, S. 509.<br />

3 Weber, Max: Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft. Gr<strong>und</strong>riß einer verstehenden Soziologie<br />

[1922], 5. rev. Aufl. Tübingen 1985, S. 23f.

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