Figurationen von Armut und Fremdheit. Eine Zwischenbilanz ...

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30 Lutz Raphael Seiten fortgeführt. In den Beiträgen der Sektion B: Herrschaftsträger, Gemeinschaften und Gesellschaften in Mittelalter und Früher Neuzeit werden die Spuren vermessen, welche das Leitbild christlicher Caritas, konkret die Armenfürsorge in der Legitimation und Praxis weltlicher wie kirchlicher Herrschaft hinterlassen haben. 37 In Sektion C stehen die Veränderungen im Mittelpunkt, welche seit der Entstehung moderner Verfassungsstaaten zu beobachten sind. Der Beitrag von Helga Schnabel-Schüle betont die Zäsur, welche die Entstehung moderner Verfassungsordnungen generell für die Modi der Inklusion / Exklusion von Fremden und Armen zur Folge hatte; 38 Radikalität und Reichweite einund ausgrenzender Maßnahmen gegenüber Fremden und Armen in den modernen Nationalstaaten wird im Beitrag von Dieter Gosewinkel erdeutlicht. 39 Frank Nullmeier wiederum beobachtet in seinem Beitrag in Sektion D die Verschiebungen von Teilhaberechten – bzw. Ansprüchen in den aktuellen sozialpolitischen Debatten und fragt nach den Tendenzen zur Abschwächung inkludierender Elemente in den westlichen parlamentarischen Demokratien angesichts wachsender ökonomischer Unsicherheiten und Internationalisierungsphänomene. 40 In engem Zusammenhang mit diesen vergleichend angelegten Studien beschäftigt sich der Arbeitskreis »Zugehörigkeitsrechte« mit der rechtlichen Ausgestaltung der Inklusion / Exklusion von Fremden in politischen Räumen. Unter ›Zugehörigkeitsrechten‹ sind dabei sowohl die gesetzlichen Regelungen des Zugangs zum politischen Raum als auch die Rechte und Pflichten, die aus dieser Zugehörigkeit erwachsen, zu verstehen. In einem epochenübergreifenden Vergleich werden dabei die rechtsrelevanten Kategorien von Zugehörigkeit und die damit je konkret verbundenen Rechte und Pflichten analysiert. In einem zweiten Schritt wird nach den spezifischen sozio-politischen, ethnischen, sprachlichen, religiösen und materiellen Kontexten und Faktoren bei der Ausgestaltung dieser Zugehörigkeitsrechte von Fremschaft und Modi der Inklusion und Exklusion von Armen und Fremden im mediterran-europäischen Raum seit der Antike. In: Gestrich /Raphael, Inklusion / Exklusion (wie Anm. 21), S. 15–34; vgl. Kritik und Differenzierungen bei Althammer / Gestrich, S. 379–406, in diesem Band. 37 Vgl. die Beiträge von Scholz, S. 111–132, Dort / Reuther, S. 133–164, Multrus, S. 213–240, Stathakopoulos, S. 165–179, und Schmidt, S. 241–274, in diesem Band. 38 Vgl. den Beitrag von Schnabel-Schüle, S. 293–309, in diesem Band. 39 Vgl. den Beitrag von Gosewinkel, S. 407–434, in diesem Band. 40 Vgl. Nullmeier, S. 443–460, in diesem Band.
Figurationen von Armut und Fremdheit 31 den gefragt. Methodische Grundlage ist der typologisierende Vergleich von Fallstudien, um so die chronologische und sachliche Spannweite der in den Teilprojekten untersuchten Prozesse der Integration bzw. des Ausschlusses von Fremden aus den unterschiedlichsten Herrschaftsverbänden bzw. politischen Räumen zu überbrücken. Erste Zwischenergebnisse der gemeinsamen Arbeit sind im bereits zitierten Tagungsband des SFBs 41 publiziert worden. Diesem Thema widmet sich im vorliegenden Band auch der bereits genannte Beitrag von Gosewinkel. Er analysiert am Beispiel der rassistischen Umformungen des Staatsbürgerrechts durch das NS-Regime einen besonders radikalen Fall politischer Instrumentalisierung von Zugehörigkeitsrechten. 42 Einen fünften Arbeitsschwerpunkt bildet die Repräsentation von Armen oder Fremden: Unter diesem Begriff werden explizit in einer weiten Definition die visuellen Präsentationen ebenso wie die politische Stellvertretung der Interessen von Gruppen gefasst. Beide Phänomene sind aufs engste mit den Diskursen und Deutungsmustern verbunden, die in einer gegebenen Gesellschaft bzw. einem politischen Feld in Umlauf sind. Die »Sichtbarkeit« von Armen und Fremden und deren Wandel steht dabei im Mittelpunkt. So wie im Fall der Herrschaft die Eigenlogik von Herrschaftsformen von besonderem Interesse ist, rückt in diesem Forschungsfeld die Eigenlogik der Medien und Modi der Repräsentation besonders in den Blick. Erkennbar wird die Verwendungsvielfalt, aber auch die Beharrungskraft und Prägnanz etablierter Bildprogramme und Bildordnungen bei der Bezeichnung / Adressierung von Armut und Fremdheit. Eine erste Fallstudie hat sich mit den Repräsentationen der Wohltätigkeit, konkret der Akte des Gebens und Nehmens in bildlichen Darstellungen seit dem 13. Jahrhundert beschäftigt. Deutlich treten dabei langfristige Kontinuitäten und spezifische Traditionsbildungen einerseits, Spannungen zwischen Bildprogrammen und Praktiken andererseits zu Tage. 43 41 Vgl. Sektion I: Zugehörigkeitsrechte und die Inklusion von Fremden in politische Räume in Gestrich /Raphael, Inklusion / Exklusion (wie Anm. 21), S. 51–230. 42 Vgl. den Beitrag von Gosewinkel, S. 407–434, in diesem Band. 43 Vgl. den Beitrag von Helas, S. 37–63, in diesem Band, sowie die Trierer Beiträge Raphael, Lutz: Repräsentation der Wohltätigkeit; Helas, Philine: Darstellungen der Mantelspende des Heiligen Martin vom 12. bis zum 15. Jahrhundert als Indikator der Veränderung sozialer Praktiken; Schmidt, Sebastian: Religiöse Bildprogramme als Ausdruck kollektiver Einstellungen? Zu widersprüchlichen Repräsentationen des Almosenspendens und ihrer politischen Funktion in der Frühen Neuzeit; Brandes,
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