08.07.2014 Aufrufe

2012 Oktober / Lebenshilfe Freising / Tausendfüßler-Magazin

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

umfassend zugänglich gemacht werden. Dies erfasst<br />

alle Verständnishindernisse gleich welcher Art, also z.B.<br />

auch die Verständigung mit Menschen mit geistiger<br />

Behinderung über Leichte Sprache.<br />

Neben dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen<br />

können auch unabhängige Gutachter die Begutachtung<br />

zur Pflegebedürftigkeit des Versicherten<br />

durchführen. Antragsteller werden im Rahmen der<br />

Begutachtung zudem über ihren Anspruch informiert,<br />

das Gutachten zugesandt zu bekommen. Auch wird<br />

gleichzeitig der Bedarf an medizinischer Rehabilitation<br />

ermittelt und in einer gesonderten Rehabilitationsempfehlung<br />

zusammengefasst. Wird ein Bedarf festgestellt<br />

(z.B. für eine Kur der Rentenversicherung) und<br />

stimmt der Versicherte zu, leitet die Pflegekasse diese<br />

Empfehlung zukünftig automatisch an den zuständigen<br />

Rehabilitationsträger weiter.<br />

Wird der Pflegebescheid nicht innerhalb von fünf<br />

Wochen nach Antragsstellung erteilt, zahlt die Pflegekasse<br />

dem Versicherten für jede angefangene Woche<br />

70 €. Dies gilt nicht für Antragsteller, die sich in stationärer<br />

Pflege befinden und bereits mindestens Pflegestufe<br />

I haben, oder wenn die Pflegekasse die Verzögerung<br />

nicht zu vertreten hat. Diese Regelung tritt erst<br />

zum 1. Juni 2013 in Kraft.<br />

4) Förderung von Wohngruppen<br />

Eine ambulant betreute Wohngruppe aus mindestens<br />

drei Pflegebedürftigen in einer gemeinsamen Wohnung<br />

erhält einen Zuschlag von 200 € monatlich. Zur<br />

Gründung gibt es als Anschubfinanzierung für die<br />

altersgerechte oder barrierearme Umgestaltung der<br />

Wohnung einmalig einen Betrag von bis zu 2500 € pro<br />

Pflegebedürftigem bzw. maximal 10 000 € pro ambulanter<br />

Wohngruppe. Der Anspruch muss innerhalb eines<br />

Jahres nach Gründung der Wohngruppe geltend<br />

gemacht werden.<br />

5) Anteiliges Pflegegeld<br />

Die von den Pflegekassen seit 2011 durchgeführte Praxis<br />

der Kürzung des anteiligen Pflegegeldes bei Leistungsberechtigten,<br />

die in einer Einrichtung der Behindertenhilfe<br />

leben (vgl. Hinweis im <strong>Tausendfüßler</strong> vom<br />

Januar <strong>2012</strong>), wird nun gesetzlich beendet. Zukünftig<br />

besteht ein Anspruch für diesen Personenkreis auf ungekürztes<br />

anteiliges Pflegegeld für die Tage, an denen<br />

sie sich in häuslicher Pflege befinden. Damit ist klargestellt,<br />

dass die Pflegekassen die übliche Berechnungsmethode<br />

anzuwenden haben.<br />

6) Erweiterte Altersgrenze<br />

bei Kurzzeitpflege<br />

Seit 2008 haben zu Hause gepflegte Kinder unter 18<br />

Jahren die Möglichkeit, die Kurzzeitpflege etwa bei<br />

Krankheit des pflegenden Elternteils auch in einer<br />

Einrichtung der Behindertenhilfe zu verbringen, die<br />

keinen Versorgungsvertrag nach SGB XI hat. Zukünftig<br />

wird dies bis zum 25. Geburtstag möglich sein.<br />

7) Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff<br />

Der seit 1995 bestehende Pflegebegriff benachteiligt insbesondere<br />

Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz<br />

und damit auch Menschen mit geistiger<br />

Behinderung. Auch beim „Pflege-Neuausrichtungsgesetz“<br />

gibt der Gesetzgeber zu, dass eine Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs<br />

unumgänglich ist. Dennoch geht er es<br />

nicht an sondern spricht von einem Übergangszeitraum,<br />

in dem ein neues Leistungssystem erarbeitet werden soll.<br />

Wissen muss man, dass es bereits seit 2009 Empfehlungen<br />

für einen neuen Pflegebegriff von Experten<br />

gibt, die ihn im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums<br />

entwickelt haben. Nun gibt es bereits seit März<br />

einen neuen Expertenbeirat zur konkreten Ausgestaltung<br />

eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs.<br />

Die Gründe, weshalb eine neue Definition des Pflegebegriffs<br />

noch nicht erfolgt ist, hängen mit den Abgrenzungsschwierigkeiten<br />

der Eingliederungshilfe<br />

(SGB XII) zur Pflege (SGB XI) zusammen. Nach wie vor<br />

fehlt ein Gesamtkonzept von Teilhabe und Pflege.<br />

8) Mehr Wahlmöglichkeiten bei<br />

Pflegeleistungen<br />

Die Leistungen der Pflegeversicherung sollen flexibler in<br />

Anspruch genommen und kombiniert werden können.<br />

Neben den heute geltenden verrichtungsbezogenen<br />

Tätigkeiten der Pflegedienste können künftig auch Zeitkontingente<br />

vereinbart werden, innerhalb derer Leistungen<br />

bedarfsgerecht erbracht werden können. In Betracht<br />

kommt z.B. eine Stundenvergütung, die je nach tatsächlichem<br />

Aufwand an Zeit anteilig berechnet wird. Welche<br />

Leistungen der Pflegedienst in dieser Zeit erbringt, obliegt<br />

der freien Auswahl durch den Pflegebedürftigen.<br />

9) Stärkung der Selbsthilfe<br />

Der Gesetzgeber will mit zehn Cent je Versicherten<br />

und Kalenderjahr, also insgesamt acht Millionen Euro,<br />

Selbsthilfegruppen fördern, die Pflegebedürftigen,<br />

Menschen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf<br />

und deren Angehörige unterstützen.<br />

SO WAR´S – DIE CHRONIK DER LEBENSHILFE FREISING // 17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!