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2011-02: Dekor

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Alexander Röder<br />

Die Vielzahl und die Unterschiedlichkeit der auf den Spendertafeln<br />

dargestellten Anlässe, Ereignisse und Namen sind Bezug zu St. Michaelis immer wieder finden: Die ‚Liebe zum<br />

schehen sei. Auch das lässt sich auf den Spendertafeln mit<br />

zwar öffentlich und jederzeit zugänglich, hatten aber bislang Michel‘ wird nicht nur materiell durch die Spende bezeugt,<br />

keinerlei von der Kirchengemeinde St. Michaelis angebotene sondern zudem in knapper verbaler Form, womit ein geistliches<br />

Heimatgefühl zum Ausdruck gebracht wird.<br />

oder erbetene Andachten oder Gedenkfeiern zur Folge. Alles<br />

Gedenken im christlichen Sinne, das hier stattfindet, ist Teil Hamburg hat mit der Hauptkirche St. Michaelis eine Kirche<br />

der individuellen Frömmigkeit von Menschen, die an diesem als Wahrzeichen, das weit über die Grenzen der verfassten<br />

Ort an Angehörige oder Freunde gedenken und sich erinnern. Kirche hinaus größte Akzeptanz genießt. Der Michel steht für<br />

Das Totengedenken auf den Spendertafeln ist, wo es nicht Hamburg, und auch von diesem Verständnis eines eher säkularen<br />

Bürgerstolzes geben manche Inschriften Zeugnis: Ein<br />

eine ganze Tafel ausfüllt, hineingenommen in die unterschiedlichen<br />

Anlässe des Gedenkens, die darauf zu finden sind, und Ehepaar hat auf einer am 1. Juni <strong>2011</strong> verlegten Tafel neben<br />

ist damit auch ein Zeichen dafür, dass der Tote und das Erinnern<br />

der Toten ein Teil und Ereignis des Lebens insgesamt ist. ihre Stadt liebende geborene Hamburger“. Auf einer anderen<br />

den Namen ein Bekenntnis zu Hamburg abgegeben: „zwei<br />

Viele Tauf- und Trauerinnerungen finden sich auf den Tafeln. Tafel zur Geburt eines Kindes heißt es: „Kind dieser Stadt –<br />

Der im Familien- und Freundeskreis gefeierte Kasualgottesdienst,<br />

der von vielen Menschen kaum noch als ein allgemei-<br />

Die inzwischen 168 Spendentafeln vor der Kirche sind ein Spen-<br />

Sei behütet auf Deinen Wegen“.<br />

ner und öffentlicher Gottesdienst der Kirche wahrgenommen derverzeichnis, sind aber zugleich ein Gebet- und Gedenkbuch,<br />

wird, wird durch die Erwähnung auf einer Tafel nicht nur zu „Poesiealbum“ und übernehmen auch die Funktion, die früher<br />

einem Memorial für spätere Jahre und nachfolgende Generationen<br />

der eigenen Familie, sondern zugleich zu einer öffentlichen und Bekenntnisse zueinander ritzten. Die Tafeln werden von<br />

alte Bäume hatten, in deren Rinde Liebespaare ihre Initialen<br />

Bekanntgabe und damit zu einem Bekenntnis zur Taufe bzw. den Spendern besucht und neue Tafeln immer öffentlich und<br />

kirchlichen Trauung. Ein weiterer Aspekt des Gedenkens auf unter großer Beteiligung der Spender verlegt. Sie sind inzwischen<br />

auch ein Ort, der von Touristen und Gästen aufgesucht<br />

den Tafeln betrifft besondere Geburtstage, Hochzeitstage oder<br />

Jubiläen, für die Dank gesagt und Glück und Segen gewünscht wird – ein Buch mit 168 Seiten, in dem Glaube, Hoffnung und<br />

wird. Das Festhalten solcher Daten und Wünsche enthält das Liebe dokumentiert ist, das zum Nachdenken und Gedenken<br />

Moment des fürbittenden Gedenkens, das diesen Ort zu einem einlädt und noch lange nicht fertig geschrieben ist.<br />

Ort des Gebets und der Gemeinschaft im Gebet werden lässt.<br />

Viele Stiftungen von Kunstwerken für evangelische Kirchen<br />

wurden in früheren Jahrhunderten mit den erklärenden Worten<br />

versehen, dass die Stiftung „zur Zierde dieser Kirche“ ge- in Hamburg (Foto: Arvid Knoll)<br />

Spender- und Gedenktafeln auf dem Vorplatz der Hauptkirche St. Michaelis<br />

© Springer-Verlag kunst und kirche 03/<strong>2011</strong> 31

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