2011-02: Dekor
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© Springer-Verlag kunst und kirche 03/<strong>2011</strong> 49<br />
Berichte<br />
sind aus Innensicht nicht mehr nur luzid.<br />
Und für die jetzt hallige Akustik,<br />
die mit dem Teppich und der permanenten<br />
Bestuhlung früher keine Fragen aufwarf,<br />
sucht die Swiss Church im lichten<br />
Raum nach einer Lösung.<br />
Weißtanne und Lichteinfälle.<br />
Seelsorgezentrum Lichtenberg,<br />
Oberösterreich<br />
Gabriele Kaiser<br />
Swiss Church, London, Einbau und Renovation, 2010, Grundriss Mezzanin<br />
Das im Dezember 2010 eingeweihte Seelsorgezentrum<br />
steht als weiß verputztes<br />
Mehrzweckgefüge auf einer Hangkante<br />
im Ortszentrum von Lichtenberg, einer<br />
seit den 1960er Jahren stark wachsenden<br />
Gemeinde im Ballungsraum Linz,<br />
die zum Pfarrgebiet des Pöstlingbergs<br />
gehört. Ursprünglich sollte lediglich das<br />
1967 errichtete Pfarrheim, das als jahrzehntelanges<br />
Provisorium auch als Kirchenraum<br />
Verwendung fand, saniert<br />
und erweitert werden, doch entschied<br />
man sich nach einer statischen Untersuchung<br />
des abgewohnten Bestands aus<br />
funktionalen wie wirtschaftlichen Gründen<br />
für einen vollständigen Neubau.<br />
Für den architektonischen Entwurf und<br />
die Ausführungsplanung zeichnen die<br />
Architekten Wolfgang Schaffer (Leiter<br />
des Baureferates der Diözese Linz) und<br />
Alfred Sturm verantwortlich, die künstlerische<br />
Swiss Church, London, Einbau und Renovation, 2010, Längsschnitt<br />
Gestaltung des Kirchenraums<br />
ans Basler Büro Christ & Gantenbein.<br />
Unter Berücksichtigung der denkmalpflegerischen<br />
Auflagen hält sich deren<br />
dreigeschossiger Einbau gegenüber<br />
der originalen Bausubstanz soweit wie<br />
möglich auf Distanz und stellt historischen<br />
Bauschmuck frei. Die Durchfensterung<br />
der antikisierenden Fassade lässt<br />
im Treppenhaus und im ersten Obergeschoss<br />
marginale Durchblicke auf die<br />
Strasse zu. Der unterkellerte Bürotrakt,<br />
den der gläserne Paravan zur Halle hin<br />
abschirmt, nimmt über dem multifunktionalen<br />
Foyer ein Büro mit mehreren<br />
Arbeitsplätzen, ein kleines Sitzungszimmer<br />
und hinter der Orgel ein geräumiges<br />
zweites Sitzungszimmer auf. Ein<br />
Lift verbindet alle Etagen und definiert<br />
den neuen im alten Bau zusätzlich als<br />
autonomes Gefüge. In der Halle sind<br />
der blaue und gelbe Anstrich der Apsis<br />
und der Stuckaturen im Tonnengewölbe<br />
einheitlich weiss gefasst, der alte Boden<br />
mit einem hellen Parkett ausgelegt.<br />
Von einer „neocalvinistischen Reinigung“<br />
war schon die Rede in Bezug auf<br />
die Massnahmen von Christ & Gantenbein.<br />
Die dezidierte Trennung zwischen<br />
Innen und Aussen, zwischen Halle und<br />
dem Bürotrakt, entwirft ein starkes Bild.<br />
Der Hauptraum bricht sich in kristalliner<br />
Schärfe im Fensterglas, operiert mit<br />
Perspektivwechseln und vollzieht jede<br />
Bewegung ästhetisch mit. Elegant ist<br />
dieses puristische Bild. In der Materialisierung<br />
liess es sich nicht ganz so leichtfüssig<br />
umsetzen, hat das Bild eine Rückseite.<br />
Feuersichere Ein- und Ausgänge,<br />
die zwingend massive Rahmung wandhoher<br />
Fenster, die Brüche in der Wand<br />
stammt von der Künstlerin Siegrun Appelt<br />
und der Architektin Andrea Konzett.<br />
In ihrem differenzierten, aus der<br />
Kreisgeometrie abgeleiteten Raum- und<br />
Lichtkonzept beziehen sich die beiden<br />
nicht nur explizit auf eine frühchristliche<br />
Tradition des Sakralbaus, sondern<br />
erweisen auch dem Ortsnamen Lichtenberg<br />
eine eindrucksvolle metaphorische<br />
Reverenz.<br />
Der vielgliedrige Gebäudekomplex aus<br />
Kirche, Pfarrsaal/Mehrzweckraum, Foyer<br />
und Pfarrnebenräumen (das Untergeschoss<br />
wurde gemeinsam mit der<br />
Basis für den Dreifachglockenturm in<br />
Stahlbeton, das Saalgeschoss zur Gänze<br />
in Holzgroßrahmenbauweise errichtet)<br />
nimmt in der Ortsmitte eine städtebaulich<br />
bedeutsame Stelle ein und habe –<br />
so die Architekten – eine Planungsdynamik<br />
in Gang gesetzt, die in einem