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Historische Entwicklung der Arbeitsgerichtsbarkeit - Institut für ...

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<strong>Historische</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Arbeitsgerichtsbarkeit</strong><br />

Mittelalter<br />

Zunftsgerichtsbarkeit<br />

Die Zunftgerichte entschieden Streitigkeiten zwischen Handwerkern sowie<br />

zwischen Handwerkern und ihren Gesellen.<br />

Die Zünfte wollten nach ihrem Selbstverständnis autonom agieren und sich<br />

nicht <strong>der</strong> staatlichen Gerichtsbarkeit unterordnen.<br />

1806 Conseils de prud’hommes (Räte <strong>der</strong> Gewerbeverständigen)<br />

ab 1808<br />

ab 1835<br />

Nach <strong>der</strong> Revolution von 1789 wird in Frankreich im Jahre 1791 die Gewerbefreiheit<br />

eingeführt und die Zünfte werden zurückgedrängt. Am<br />

18.3.1806 wird sodann ein Gesetz erlassen, welches (zunächst beschränkt<br />

auf Lyon, später [1809] auf ganz Frankreich ausgedehnt) den Zivilgerichten<br />

und Verwaltungsbehörden die Zuständigkeit für arbeitsrechtliche Streitigkeiten<br />

entzog und diese den neu geschaffenen „conseils de<br />

prud’hommes“ übertrug.<br />

Den conseils de prud’hommes wird weitreichen<strong>der</strong> Einfluss auf die <strong>Entwicklung</strong><br />

einer eigenständigen <strong>Arbeitsgerichtsbarkeit</strong> in Deutschland zugesprochen.<br />

U.a. findet die obligatorische Güteverhandlung zu Beginn des<br />

arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens im Verfahren <strong>der</strong> conseils de<br />

prud’hommes ihren Ursprung.<br />

Gewerbegerichte<br />

Nach dem französischen Vorbild werden Gewerbegerichte in den französisch<br />

verwalteten linksrheinischen Gebieten errichtet.<br />

Fabrik- und Gewerbegerichte<br />

Die Gründung von Fabrik- und Gewerbegerichten dehnt sich auf die<br />

rechtsrheinischen Gebiete aus.<br />

1890 Gewerbegerichtsgesetz<br />

In Deutschland wird eine umfassende Gewerbegerichtsbarkeit mit Verabschiedung<br />

des „Gesetzes betreffend die Gewerbegerichte“ am 28.6.1890<br />

erschaffen, welches die Vereinheitlichung <strong>der</strong> deutschen <strong>Arbeitsgerichtsbarkeit</strong><br />

vorantreibt.<br />

Die zunächst freiwillige Errichtung beson<strong>der</strong>er staatlicher Gerichte in Gemeinden<br />

mit mehr als 20.000 Einwohnern, die für gewerbliche Streitigkeiten<br />

zwischen Arbeitern und Arbeitgebern sowie zwischen Arbeitern zuständig<br />

waren, wurde ab 1901 in solchen Gemeinden obligatorisch.<br />

Im Einzelnen:<br />

- In <strong>der</strong> ersten Instanz trat die Gewerbegerichtsbarkeit vollständig an die<br />

Stelle <strong>der</strong> ordentlichen Gerichtsbarkeit.<br />

- Die Zuständigkeit in den weiteren Instanzzügen oblag weiterhin <strong>der</strong><br />

ordentlichen Gerichtsbarkeit, so v.a. die Berufungsinstanz den Landgerichten.<br />

- Die Richterbank war paritätisch mit Vertretern von Arbeiter- und Ar-<br />

1


eitgeberseite zu besetzen.<br />

- Der unabhängige Vorsitzende musste nicht über die Befähigung zum<br />

Richteramt verfügen.<br />

- Prägend für den Verfahrensverlauf war <strong>der</strong> Beschleunigungsgrundsatz.<br />

1904 Kaufmannsgerichtsgesetz<br />

Mit dem Kaufmannsgerichtsgesetz vom 6.7.1904 wird die Son<strong>der</strong>gerichtsbarkeit<br />

auch auf Handlungsgehilfen ausgedehnt.<br />

1926 1. Arbeitsgerichtsgesetz<br />

Das erste Arbeitgerichtsgesetz vom 23.12.1926 beseitigt die bis dato entstandene<br />

Zuständigkeits-Zersplitterung betreffend arbeitsrechtliche Streitigkeiten.<br />

Die Arbeitsgerichte treten als selbstständige staatliche Gerichte<br />

an die Stelle <strong>der</strong> Kaufmanns- und Gewerbegerichte sowie <strong>der</strong> Innungsschiedsgerichte.<br />

Das neue Gesetz beinhaltet u.a. folgende Regelungen, die<br />

teilweise bis heute die <strong>Arbeitsgerichtsbarkeit</strong> prägen:<br />

- Die Selbstständigkeit <strong>der</strong> Arbeitsgerichte betraf allein die erste Instanz,<br />

Berufungs- und Revisionsinstanz blieben <strong>der</strong> ordentlichen Gerichtsbarkeit<br />

zugeordnet. Die Landesarbeitsgerichte waren damit den Landgerichten<br />

zugeordnet, das Reichsarbeitsgericht (bestehend aus einem Senat)<br />

war Teil des Reichsgerichts.<br />

- Bei den Arbeits- und Landesarbeitsgerichten wurden Kammern gebildet,<br />

die in <strong>der</strong> Besetzung mit einem Vorsitzenden und je einem Vertreter<br />

<strong>der</strong> Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite verhandeln.<br />

- Die Vorsitzenden mussten nun „rechtsgelehrte Richter“ sein.<br />

- Einführung <strong>der</strong> richtungweisenden Zulassungsrevision.<br />

- Einführung des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens, insbeson<strong>der</strong>e<br />

für betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten.<br />

- Die Zuständigkeiten des Arbeitsgerichts waren vergleichbar <strong>der</strong> heutigen<br />

Regelung enumerativ aufgeführt.<br />

1933-1945 Tiefe Eingriffe in die <strong>Arbeitsgerichtsbarkeit</strong>, u.a. vollständige Beseitigung<br />

des eingeführten Beschlussverfahrens.<br />

1946 Kontrollratsgesetz Nr. 21<br />

1949 Grundgesetz<br />

Das Kontrollratsgesetz Nr. 21 vom 30.3.1946 leitet – unter Rückgriff auf<br />

das Arbeitsgerichtsgesetz von 1926 – den Neuaufbau <strong>der</strong> <strong>Arbeitsgerichtsbarkeit</strong><br />

ein und führt v.a. zur Selbstständigkeit <strong>der</strong> Landesarbeitsgerichte<br />

gegenüber den Landgerichten.<br />

Das Grundgesetz schreibt in Art. 96 (heute Art. 95) die Schaffung eines<br />

mehrgliedrigen Rechtssystems unter Errichtung eines obersten Gerichtshofs<br />

für jeden Zweig <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit vor; einer dieser selbstständigen<br />

Zweige sollte die <strong>Arbeitsgerichtsbarkeit</strong> sein.<br />

1953 Arbeitsgerichtsgesetz<br />

Das neue Arbeitsgerichtsgesetz (verkündet am 3.9.1953), das inhaltlich<br />

ebenfalls auf dem Arbeitsgerichtsgesetz von 1926 aufbaut, vollzieht vor<br />

2


allem die umfassende Eigenständigkeit des 3-gliedrigen Instanzenzugs<br />

(Arbeitsgericht – Landesarbeitsgericht – Bundesarbeitsgericht) von <strong>der</strong><br />

ordentlichen Gerichtsbarkeit.<br />

1954 Bundesarbeitsgericht, Sitz Kassel<br />

seit 1953<br />

1979<br />

Das Bundesarbeitsgericht nimmt seine Tätigkeit in Kassel auf.<br />

Än<strong>der</strong>ungen des Arbeitsgerichtsgesetzes<br />

Das Arbeitsgerichtsgesetz unterliegt (bis heute) wie<strong>der</strong>holten Än<strong>der</strong>ungen.<br />

So wurde etwa (durch das DRiG) 1961 die bis dahin bestehende Möglichkeit<br />

beseitigt, als Nichtjurist Vorsitzen<strong>der</strong> beim Arbeitsgericht zu werden.<br />

Nach weiteren umfassenden Än<strong>der</strong>ungen wird das Arbeitsgerichtsgesetz<br />

nach dem (auf einer entsprechenden ZPO-Reform aufbauenden) Gesetzentwurf<br />

zur Beschleunigung und Bereinigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens<br />

in seiner Fassung von 1979 am 2.7.1979 neu bekannt gemacht.<br />

1990 Mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung tritt auch in <strong>der</strong> ehemaligen DDR das Arbeitsgerichtsgesetz<br />

in Kraft. Die in <strong>der</strong> ehemaligen DDR bestehenden Kreisgerichte<br />

entscheiden jedoch bis zum vollständigen Aufbau einer <strong>Arbeitsgerichtsbarkeit</strong><br />

(teilweise bis 1993) weiterhin als Arbeitsgerichte, die Bezirksgerichte<br />

als Landesarbeitsgerichte.<br />

1992 Verlegung des Bundesarbeitsgerichts wird empfohlen und angenommen.<br />

1999 Bundesarbeitsgericht, Sitz Erfurt<br />

Nach dem Umzug von Kassel nimmt das Bundesarbeitsgericht seine Tätigkeit<br />

im November 1999 in Erfurt auf.<br />

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