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Zulässigkeitsprüfung Urteilsverfahren - detailliert

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Zulässigkeitsprüfung <strong>Urteilsverfahren</strong><br />

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen (Sachurteilsvoraussetzungen) haben die Gerichte von<br />

Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu überprüfen.<br />

I. Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten<br />

Zunächst ist zu klären, ob die Arbeitsgerichtsbarkeit und nicht eine andere Gerichtsbarkeit<br />

(etwa die ordentliche Gerichtsbarkeit oder Sozialgerichtsbarkeit) die zuständige Gerichtsbarkeit<br />

ist. Bezüglich des <strong>Urteilsverfahren</strong>s begründet § 2 ArbGG für (individual)rechtliche<br />

Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis eine umfassende Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit.<br />

Hierbei handelt es sich nicht um eine Frage der sachlichen Zuständigkeit,<br />

sondern um eine Frage des richtigen Rechtswegs.<br />

Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nach § 2 I ArbGG ist eine ausschließliche Zuständigkeit.<br />

Daraus folgt, dass die Parteien weder durch vertragliche Vereinbarung (Prorogation)<br />

noch durch rügelose Einlassung (vgl. §§ 38 ff. ZPO) die Zuständigkeit etwa der ordentlichen<br />

Gerichtsbarkeit anstelle der Arbeitsgerichtsbarkeit begründen können und umgekehrt.<br />

II. Zuständigkeit<br />

1. sachlich<br />

Die sachliche Zuständigkeit legt fest, welches Gericht erstinstanzlich zur Entscheidung berufen<br />

ist. In der Arbeitsgerichtsbarkeit liegt die Zuständigkeit (vor allem auch unabhängig<br />

vom Streitwert und damit im Unterschied zur ordentlichen Gerichtsbarkeit, vgl. § 23 Nr. 1<br />

GVG) bei den Arbeitsgerichten (§ 8 I ArbGG). Damit kommt der Frage nach der sachlichen<br />

Zuständigkeit im Rahmen der Arbeitsgerichtsbarkeit keine vergleichbare Bedeutung wie im<br />

Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu.<br />

Die funktionelle Zuständigkeit bestimmt demgegenüber die Zuständigkeit eines bestimmten<br />

Rechtspflegeorgans. Eine über die sachliche Zuständigkeit hinausgehende Zuständigkeitsverteilung,<br />

etwa zwischen Vorsitzendem und Kammer, enthält § 8 I ArbGG nicht.<br />

2. örtlich<br />

Das ArbGG enthält hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit zwei besondere Regelungen:<br />

Machen mehrere Bewerber wegen Benachteiligung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses<br />

oder beim beruflichen Aufstieg eine Entschädigung nach § 15 AGG gerichtlich<br />

geltend, so wird auf Antrag des Arbeitgebers das ArbG, bei dem die erste Klage erhoben ist,<br />

auch für die übrigen Klagen ausschließlich zuständig, § 61b II 2 ArbGG. Später angerufene<br />

ArbG haben daher den jeweiligen Rechtsstreit von Amts wegen an das zuerst angerufene<br />

ArbG zu verweisen, §§ 61b II 2, 48 ArbGG, § 17 ff. GVG). Neu eingeführt wurde zudem<br />

der besondere Gerichtsstand des Arbeitsortes (§ 48 Ia ArbGG).<br />

Darüber hinaus gelangen nach § 46 II ArbGG die Regelungen der ZPO über die örtliche<br />

Zuständigkeit zur Anwendung (§§ 12 ff. ZPO). Relevant sind dabei vorrangig die Vorschriften<br />

über die allgemeinen Gerichtsstände, konkret über den Wohnsitz des Beklagten<br />

(§ 13 ZPO, bei juristischen Personen deren Sitz, § 17 ZPO) sowie über den besonderen Gerichtsstand<br />

des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO; vgl. § 269 I BGB).<br />

Gerichtsstandsvereinbarungen sind grundsätzlich unzulässig (§ 46 II ArbGG i.V.m. §§ 38 I,<br />

29 II ZPO). Insbesondere soll der Arbeitgeber nicht in (vorformulierten) Arbeitsverträgen<br />

seinen Firmensitz als ausschließlichen Gerichtsstand festlegen können. Ausnahmen legt<br />

§ 48 II ArbGG für Gerichtsstandsvereinbarungen in Tarifverträgen fest. Für unbedenklich<br />

hält der Gesetzgeber auch die Prorogation nach Entstehen der Streitigkeit (§ 46 II ArbGG<br />

i.V.m. § 38 III Nr. 1 ZPO).<br />

1


III. Richtige Klageart<br />

Der Kläger muss die seinem Klagebegehren entsprechende Klageart wählen. Wie im Rahmen<br />

des Zivilprozesses gilt es innerhalb des prozessualen Inhalts der Klage zwischen den<br />

„Grundtypen“ Leistungs-, Gestaltungs- und Feststellungsklage zu unterscheiden.<br />

IV. Ordnungsgemäße Klageerhebung<br />

Die ordnungsgemäße Erhebung der Klage richtet sich über § 46 II ArbGG nach der ZPO.<br />

Danach erfolgt gemäß § 253 I ZPO die Erhebung der Klage durch Zustellung des Schriftsatzes<br />

an den Beklagten. Die Einreichung der Klageschrift bei Gericht hat die Anhängigkeit,<br />

die Zustellung beim Beklagten die Rechtshängigkeit der Klage zur Folge (§ 261 ZPO). Die<br />

Voraussetzungen an den Inhalt der Klageschrift folgen aus § 253 II-V ZPO.<br />

V. Besondere Klagevoraussetzungen<br />

Ob bestimmte Klagevoraussetzungen einzuhalten sind, hängt von der jeweiligen Klageart<br />

ab. So setzt bspw. die Feststellungsklage ein Feststellungsinteresse voraus (§ 256 ZPO).<br />

VI. Partei-, Prozess- und Postulationsfähigkeit<br />

1. Parteifähigkeit<br />

Parteifähigkeit ist die Fähigkeit, Partei eines Rechtsstreits zu sein, also im eigenen Namen<br />

einen Prozess als Kläger oder Beklagter zu führen. Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist (§ 50 I<br />

ZPO). Eine umfassende Vorschrift über die Parteifähigkeit existiert im ArbGG nicht, so<br />

dass über § 46 II ZPO auf § 50 ZPO zurückzugreifen ist. § 10 ArbGG erweitert diese Parteifähigkeit,<br />

indem er Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie deren Zusammenschlüssen<br />

Parteifähigkeit zuspricht.<br />

2. Prozessfähigkeit und -führungsbefugnis<br />

Die Prozessfähigkeit richtet sich ebenfalls gemäß § 46 II ArbGG nach den Vorschriften<br />

über die ZPO. Prozessfähig ist, wer Prozesshandlungen selbst oder durch einen gewählten<br />

Vertreter vornehmen kann (vgl. § 51 I ZPO). Während die Parteifähigkeit der Rechtsfähigkeit<br />

entspricht, entspricht die Prozessfähigkeit der Geschäftsfähigkeit.<br />

Im Unterschied zur Prozessfähigkeit ist die Prozessführungsbefugnis gesetzlich weder im<br />

ArbGG noch in der ZPO ausdrücklich geregelt. Prozessführungsbefugt ist generell nur derjenige,<br />

der ein eigenes Recht in eigenem Namen geltend macht bzw. aus dem streitigen<br />

Rechtsverhältnis berechtigt oder verpflichtet werden kann. Das Erfordernis der Prozessführungsbefugnis<br />

soll der Geltendmachung von fremden Rechten in eigenem Namen und damit<br />

der (gewillkürten) Prozessstandschaft Einhalt gebieten.<br />

3. Postulationsfähigkeit<br />

§ 11 ArbGG trifft eine Sonderregelung über die Postulationsfähigkeit, also über die Fähigkeit,<br />

in eigener Person rechtswirksam prozessual handeln zu können. Gemäß § 11 I 1 Hs. 1<br />

ArbGG können die Parteien vor den Arbeitsgerichten den Rechtsstreit selbst führen. Im<br />

Übrigen richtet sich die Postulationsfähigkeit nach § 46 II ArbGG i.V.m. §§ 78 ff. ZPO.<br />

VII. Sonstige Prozessvoraussetzungen<br />

Nur im Falle eines konkreten Anlasses müssen auch folgende Prozessvoraussetzungen noch<br />

angesprochen werden:<br />

- keine anderweitige Rechtshängigkeit<br />

- keine entgegenstehende Rechtskraft<br />

- Rechtsschutzbedürfnis<br />

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