Handbuch Patientenverfügung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Psychiatrischer Zwang und<br />
seine rechtlichen Grundlagen<br />
testens im Zuge der Ratifizierung der UN- Behindertenrechtskonvention („Convention on the Rights of Persons<br />
with Disabilities“) annulliert werden müssen. Wie Wolfgang Kaleck, Söhnke Hilbrans und Sebastian Scharmer<br />
am Beispiel des PsychKG Berlin nachwiesen, besteht eine Unvereinbarkeit der psychiatrischen Zwangsunterbringung<br />
und Zwangsbehandlung und der ihnen zugrunde liegenden Gesetze mit der UN-Behindertenrechtskonvention.<br />
57 Artikel 14 der UN-Behindertenrechtskonvention besagt nämlich, „dass das Vorliegen einer Behinderung<br />
in keinem Fall eine Freiheitsentziehung rechtfertigt“. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte bestätigte<br />
im Oktober 2008 unmissverständlich, dass der Freiheitsentzug aufgrund einer „Behinderung“ „intrinsisch diskriminierend“<br />
und „ungesetzlich“ ist: „The Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD) states<br />
clearly that deprivation of liberty based on the existence of a disability is contrary to international human rights<br />
law, is intrinsically discriminatory, and is therefore unlawful.“ 58 Die Gesetzgebung, welche die Institutionalisierung<br />
von Personen aufgrund ihrer „Behinderung“ ohne deren freie und informierte Zustimmung zulasse, müsse<br />
abgeschafft werden, so das UN- Hochkommissariat im Januar 2009 („Legislation authorizing the institutionalization<br />
of persons with disabilities on the grounds of their disability without their free and informed consent must<br />
be abolished.“). 59 Ungeachtet dessen wurde die UN-Behindertenrechtskonvention am 4.12.2008 vom deutschen<br />
Bundestag ratifiziert, ohne die psychiatrischen Zwangsgesetze zu beseitigen. Bis heute halten die GesetzgeberInnen<br />
an diesem Konventionsbetrug fest. 60 Mit der erfreulichen Entscheidung für das Gesetz zur <strong>Patientenverfügung</strong><br />
eröffneten jedoch die GesetzgeberInnen die Möglichkeit, die Menschenrechte mit einer <strong>Patientenverfügung</strong><br />
gegenüber der Psychiatrie jeweils persönlich durchsetzen zu können. Wer Menschen mit PatVerfü psychiatrisch<br />
einsperrt, läuft Gefahr, wegen Freiheitsberaubung angeklagt zu werden und bei einer Zwangsbehandlung wegen<br />
Körperverletzung. Für ÄrztInnen ist die neue Regelung aber positiv, nun endlich Rechtssicherheit zu haben, wann<br />
sie behandeln sollen und wann nicht. Sie brauchen sich jedenfalls gegenüber Menschen, die eine präzise ausgearbeitete<br />
<strong>Patientenverfügung</strong> besitzen, nicht mehr darum zu sorgen, wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt<br />
werden zu können.<br />
57 Kaleck, Wolfgang/ Hilbrans, Sönke/ Scharmer, Sebastian 2008: Gutachterliche Stellungnahme. Ratifikation der UN Disability Convention<br />
vom 30.03.2007 und Auswirkung auf die Gesetze für so genannte psychisch Kranke am Beispiel der Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung<br />
nach dem PsychKG Berlin. www.die-bpe.de/stellungnahme<br />
58 UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (UNHCHR): Dignity and Justice for Detainees week [6.-12. Oktober 2008]. Information Note<br />
No. 4, S.2, www.ohchr.org/EN/UDHR/Documents/60UDHR/detention_infonote_4.pdf<br />
59 UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (UNHCHR): Annual report of the United Nations High Commissioner and the Secretary General.<br />
A/HCR/10/48, 26.1.2009, S.16, www2.ohchr.org/english/bodies/hrcouncil/docs/10session/A.HRC.10.48.pdf<br />
60 Ausführlicher Bericht siehe „Chronik eines Betrugs. Wie die Behindertenrechtskonvention zu einem Mittel der Täuschung gemacht wurde.“<br />
www.zwangspsychiatrie.de/kampagnen/chronik-eines-betrugs<br />
19