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Handbuch Patientenverfügung

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Die PatVerfü<br />

Verfügten zustimmen oder sie untersagen. In diesem Absatz 1 des § 1901a BGB ist vom „Betreuer“ als rechtliche<br />

StellvertreterIn die Rede. Ist jemand zum Zeitpunkt der Situation der Einwilligungsunfähigkeit nicht bereits<br />

durch „Betreuung“ entmündigt, so kann das Gericht zum Zwecke der Durchsetzung des § 1901a BGB, Absatz 1<br />

eine „BetreuerIn“ als rechtliche StellvertreterIn bestellen. Das ist jedoch weder nötig noch möglich, wenn der/die<br />

Betroffene eine (oder mehrere) Person(en) vorsorglich bevollmächtigt hatte. Vorsorgebevollmächtigte haben in<br />

dieser Situation dieselbe Funktion wie BetreuerInnen. Dies ist in § 1901a BGB, Absatz 5 geregelt: „Die Absätze<br />

1 bis 3 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.“ Daher ist es äußerst wichtig, dass eine PatVerfü durch die eingebaute<br />

Vorsorgevollmacht abgesichert ist, d.h. die VerfasserIn Personen bevollmächtigt, die den in der PatVerfü<br />

niedergelegten Willen durchsetzen und gleichsam aufgrund ihrer gegebenen Funktion als Vorsorgebevollmächtigte<br />

verhindern, dass ein/e BetreuerIn bestellt wird. Dass eine Vorsorgevollmacht eine rechtliche „Betreuung“<br />

funktionell ersetzt und daher nicht entmündigt werden kann, wenn jemand bereits Personen bevollmächtigt hat,<br />

ist in § 1896 BGB (Voraussetzungen einer rechtlichen Betreuung), Absatz 2 geregelt: „Ein Betreuer darf nur<br />

für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist nicht erforderlich,<br />

soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1897 Abs. 3<br />

bezeichneten Personen gehört, oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso<br />

gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.“ Dies wird in der PatVerfü auch explizit benannt: „Durch<br />

die Benennung von Vorsorgebevollmächtigten am Ende dieser <strong>Patientenverfügung</strong>, deren Bevollmächtigung aber<br />

nur unter der Bedingung wirksam ist, wenn diese sich strikt an diese <strong>Patientenverfügung</strong> halten, möchte ich eine<br />

eventuelle Anordnung einer Betreuung gegen meinen Willen durch ein Betreuungsgericht funktionell ersetzen,<br />

um die Wahrnehmung meiner Interessen und Entscheidungsbefugnisse meine Person betreffend für einen solchen<br />

Fall auf Personen meines besonderen Vertrauens zu übertragen und eine Unterbringung in einer geschlossenen<br />

psychiatrischen Einrichtung strikt und verbindlich und unter allen Umständen zu unterbinden.“ Weiteres zur<br />

Vorsorgevollmacht in Verbindung mit der PatVerfü siehe unten: „Zu Teil D) der PatVerfü, Vorsorgevollmacht<br />

(II)“, Seite 28.<br />

Darlegung der persönlichen Überzeugungen: Zunächst weiter im Text der PatVerfü: „Da ich …“ – hier folgen<br />

die für schriftliche Willensbekundungen erforderlichen persönlichen Daten der VerfasserIn – „die Existenz irgendeiner<br />

psychischen Krankheit abstreite, stattdessen den psychiatrischen Sprachgebrauch und psychiatrische Diagnosen<br />

für eine schwere Persönlichkeitsverletzung und Verleumdung, sowie die Gefangennahme in einer Psychiatrie<br />

für eine schwere Freiheitsberaubung und jede psychiatrische Zwangsbehandlung für Folter und schwerste<br />

Körperverletzung erachte, möchte ich gemäß dem § 1901 a BGB hiermit eine Vorausverfügung errichten, um<br />

mich vor einer solchen Diagnostizierung bzw. Verleumdung und deren Folgen zu schützen, indem ich verbiete,<br />

folgende medizinischen Maßnahmen an mir durchzuführen:“<br />

Sich sogar in einer schriftlichen Erklärung gegen das angebliche Vorhandensein „psychischer Krankheiten“ auszusprechen,<br />

könnte einigen Menschen noch schwerer fallen als sich gegen Zwangsbehandlung auszusprechen. Es<br />

ist eine Ideologie- und Glaubensfrage, was „Geist“ und was „Seele“ ist und wie sie überhaupt „krank“ werden<br />

könnten. Die von der Psychiatrie propagierte „Lehre“ von den angeblichen „psychischen Krankheiten“ ist die<br />

Grundlage für die Machtausübung der Psychiatrie, denn – und dieser wichtige Punkt wird noch weiterhin ausdrücklich<br />

wiederholt – die „Diagnosestellung“ ist die gesetzlich vorgeschriebene Voraussetzung, dass PsychiaterInnen<br />

Zwang und Gewalt ausüben können.<br />

Es ist anzuraten, die oben genannten Formulierungen der PatVerfü zu verwenden. Die VerfasserIn unterstreicht<br />

damit ihren Willen, stellt klar, dass es ihr Unglauben gegenüber den Behauptungen der Psychiatrie ist, der sie<br />

„Diagnostizierung“ wie auch „Behandlungen“ durch PsychiaterInnen ablehnen lässt. Wer nicht an die Existenz<br />

von Geisteskrankheiten glaubt, hält sich und andere jederzeit für Handelnde, die für ihre Handlungen und deren<br />

Konsequenzen verantwortlich sind und – auch wenn das eigene Verhalten anderen als absonderlich, selbstzerstörerisch,<br />

abstoßend oder beängstigend vorkommen mag – nicht durch eine ominöse Krankheit ‚fremdbestimmt‘<br />

werden und somit auch nicht gesondert behandelt werden will. 5 Sie brauchen übrigens nicht wirklich davon überzeugt<br />

zu sein, dass es keine „psychischen Krankheiten“ gibt. Behalten Sie in diesem Fall Ihre Skepsis und benutzen<br />

Sie trotzdem die Formulierung, denn sie wird Ihnen im Notfall gute Dienste leisten. Was Sie tatsächlich glauben,<br />

geht niemanden etwas an und kann auch von niemandem überprüft werden.<br />

5 Diese Ansicht basiert vor allem darauf, dass menschliches Verhalten, Gedanken und Gefühle im medizinischen Sinne nicht „krank“ sein<br />

können. „Psychische Krankheit“ ist daher allenfalls eine Metapher, so wie zu sagen, ein Witz sei “krank” oder “es krankt an guten Ideen”.<br />

Zur Nicht-Existenz von „psychischen Krankheiten“ siehe: Thomas Szasz, Geisteskrankheit. Ein moderner Mythos? Kindler: München 1975.<br />

Ders., „Mythos Geisteskrankheit“, deutsche Übersetzung des Ursprungsartikels „The Myth of Mental Illness“, erschienen 1960 in American<br />

Psychologist: www.szasz-texte.de/texte/mythos-geisteskrankheit.html; FAQ des Werner-Fuß-Zentrums, „1.0 Gibt es überhaupt so etwas wie<br />

‚psychische Krankheit‘?“: www.zwangspsychiatrie.de/faq/faq#0<br />

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