Handbuch Patientenverfügung
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Die PatVerfü<br />
Die Bedingung unter der die Vollmacht nur Gültigkeit erlangen kann, verstärkt daher die gesetzliche Regelung<br />
des § 1901 a BGB, in der festgelegt ist, dass der Bevollmächtigte dem in der <strong>Patientenverfügung</strong> niedergelegten<br />
Willen Geltung zu verschaffen hat. Eine nicht-konforme Anordnung einer/s Bevollmächtigten ist damit sofort<br />
unwirksam, da sie/er dann gar nicht Bevollmächtigter ist.<br />
Diese bedingte Vollmacht ist unmittelbar schon dann wirksam und in Kraft, wenn psychiatrischer Zwang angedroht<br />
werden sollte. Wenn die Psychiatrie beim Vorzeigen der PatVerfü von dem/der Betroffenen ablässt, dann<br />
brauchen Bevollmächtigte allerdings weder benachrichtigt zu werden, geschweige denn, zu handeln – die Vollmacht<br />
sollte in der Regel präventiv (vorbeugend) wirksam sein, ohne vollzogen werden zu müssen.<br />
Weil mit der PatVerfü keine psychiatrischen Diagnosen entstehen können, welche die „Einwilligungsfähigkeit“<br />
absprechen und aufgrund einer angeblichen „psychischen Krankheit“ (psychiatrischen Diagnose) nicht entmündigt<br />
werden kann, kann nicht die Situation eintreten, dass die Vorsorgebevollmächtigten wie „BetreuerInnen“<br />
genannte Vormünder gegen den Willen der VollmachtgeberInnen entscheiden können. Durch Bevollmächtigte<br />
kann nur noch ohne den Willen der VollmachtgeberInnen überhaupt etwas geregelt werden, wenn diese z.B. in<br />
einem länger anhaltenden Koma keinen Willen mehr zum Ausdruck bringen können und Situationen auftreten,<br />
die weder in der PatVerfü beschrieben wurden noch auf andere Weise mit den Vorsorgebevollmächtigten vereinbart<br />
wurden. Dann könnte es allerdings dazu kommen, dass die Bevollmächtigten etwas anordnen, was sich,<br />
wenn sich die aus dem Koma erwachende VollmachtgeberIn wieder äußern kann, als gegen deren Willen erweist,<br />
hätte er/sie sich zu dem Zeitpunkt äußern können. Die Gefahr, dass der mutmaßliche Wille des/der Betroffenen<br />
falsch gedeutet oder gar nicht ermittelt wird oder dass die hilflose Person von ihren rechtlichen StellvertreterInnen<br />
in deren Eigeninteresse missbraucht wird, ist jedoch erheblich geringer, wenn vertrauenswürdige Personen vorsorglich<br />
bevollmächtigt werden, welche den/die Betroffene/n kennen als dass sich Fremde und/oder missgünstige<br />
Personen, in einer Situation, in welcher der/die Betroffene keine Kontrolle mehr hat, vom Gericht als rechtliche<br />
StellvertreterInnen einsetzen lassen.<br />
An sich ist eine Vorsorgevollmacht an keine bestimmte Form gebunden, sie kann sogar mündlich (dann aber<br />
unter Zeugen) erteilt werden. Es gibt jedoch zwei bedeutsame Ausnahmen: Erstens ist Schriftform bei der Einrichtung<br />
der Vorsorgevollmacht erforderlich, „wenn der Bevollmächtigte auch über ärztliche Behandlung und<br />
Eingriffe entscheiden soll oder es um eine Bevollmächtigung für Eingriffe in höchstpersönliche Rechtsgüter wie<br />
freiheitsentziehende Maßnahmen durch Unterbringung in eine geschlossene Einrichtung oder freiheitsbeschränkende<br />
Maßnahmen wie Fixieren, Medikamentengaben oder Anbringen von Bettgittern geht.“ Das ist bei der Pat-<br />
Verfü der Fall, das heißt die oben genannte Art von Eingriffen wird im Bereich Psychiatrie verboten und auch<br />
deshalb ist die Vorsorgevollmacht in der PatVerfü schriftlich zu bekunden. Zweitens: „Die Einholung einer notariellen<br />
Beratung ist zwingend, wenn dem Bevollmächtigten auch die Möglichkeit eingeräumt werden soll, über<br />
den Immobilienbesitz des Vollmachtgebers zu verfügen.“ 11<br />
Eine Vorsorgevollmacht kann für alle Aufgabenbereiche des Betreuungsrechts, also die Vermögenssorge, die<br />
Gesundheitssorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht erteilt werden, ebenso kann eine entsprechend bevollmächtigte<br />
Vertrauensperson über freiheitsbeschränkende, freiheitsentziehende Maßnahmen und über ärztliche<br />
Heilbehandlung oder Eingriffe entscheiden. Voraussetzung nach Gesetzeslage ist lediglich, dass jeweils schriftlich<br />
ausdrücklich zu jeder der genannten Regelungsbereiche bevollmächtigt wurde. 12 Die Sachverhalte, über die<br />
sich eine Vollmacht erstreckt, müssen also konkret benannt werden, „eine pauschale Generalvollmacht in Vermögens-<br />
und Gesundheitsangelegenheiten“ [reicht] keinesfalls aus. Jede das Selbstbestimmungsrecht einschränkende<br />
Vollmacht muss genau den Gegenstand der Beschränkung, etwa freiheitsentziehend oder freiheitsbeschränkend,<br />
sogar gegebenenfalls die Zustimmung zur Erprobung nicht zugelassener Heilverfahren, bezeichnen.“ 13<br />
Um die PatVerfü zweckgemäß wirksam werden zu lassen, muss daher unter „Liste der Vorsorgebevollmächtigten“<br />
mindestens ein/e Bevollmächtigte eingetragen werden. Besser sind mehrere Bevollmächtigte. Die Bevollmächtigten<br />
belegen dann jeweils eine mit einer Ordnungszahl 1), 2), 3), 4), …. versehene Zeile. (Die im Vordruck-Formular<br />
angegebenen Zeilen sind auch wieder Beispiel, sie können dann entsprechend der Anzahl Ihrer<br />
Bevollmächtigten gelöscht oder erweitert werden.) Wichtig ist, vollständige Angaben zu machen<br />
• betreffs der Personaldaten der Vorsorgebevollmächtigten, also Vorname, Name, derzeitige Adresse, derzeitige<br />
Telefonnummer, zwecks Identifikation und Erreichbarkeit/Kontaktaufnahme<br />
• betreffs der den jeweiligen Vorsorgebevollmächtigten zugeteilten Aufgabenbereiche<br />
11 ebd.<br />
12 ebd.<br />
13 ebd.<br />
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