SPRACHROHR 1/2003
Zeitung des ver.di-Landesfachbereichs Medien, Kunst und Industrie Berlin-Brandenburg.
Zeitung des ver.di-Landesfachbereichs Medien, Kunst und Industrie Berlin-Brandenburg.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Berichte sprachrohr 1|03<br />
ver.di auf<br />
Rosa-Luxemburg-<br />
Konferenz<br />
Jugendliches Engagement für ein brisantes Thema.<br />
„Der Schoß ist fruchtbar noch...“<br />
ver.di holte Brecht-Kantate an die Akademie der Künste<br />
Zur vorerst letzten Aufführung<br />
der Koloman-Wallisch-Kantate von<br />
Bertolt Brecht durch ein Bremer<br />
Theaterprojekt lud der ver.di-<br />
Fachbereich Medien, Kunst und Industrie<br />
am 25. Januar in die Akademie<br />
der Künste in Berlin ein.<br />
„Wir verstehen diese Aufführung<br />
als Beitrag unserer Gewerkschaft<br />
anzeige<br />
zur Auseinandersetzung mit der<br />
Geschichte und als Ermutigung<br />
zur Beibehaltung des aufrechten<br />
Gangs”, erklärte dazu der Landesfachbereichsvorstand<br />
Berlin-<br />
Brandenburg. Mit der Aufführung<br />
der Kantate wurde an die<br />
Machtübernahme der NSDAP vor<br />
70 Jahren, am 30. Januar 1933,<br />
Foto: transit<br />
erinnert. „Die Auseinandersetzung<br />
mit der Geschichte passiert<br />
nicht in der Abhaltung von Weihestunden<br />
und auch nicht lediglich<br />
durch die Vermittlung von<br />
Lehren aus der Geschichte, sondern<br />
in der unmittelbaren Konfrontation<br />
mit dieser Vergangenheit<br />
hier und heute“, erklärte<br />
Constanze Lindemann, ver.di-<br />
Landesfachbereichsvorsitzende.<br />
Sie betonte, dass Errungenschaften,<br />
die auf dem unter großen<br />
Opfern erkämpften Sieg über den<br />
Faschismus fußen, heute „von<br />
vielen Seiten her bedroht sind“<br />
und verwies auf einen drohenden<br />
Krieg gegen den Irak sowie auf<br />
Auswirkungen bei der Durchsetzung<br />
des Hartz-Konzeptes. Die<br />
Aufführung der „Kantate Koloman<br />
Wallisch” stehe deshalb unter<br />
dem Motto des Brecht-Satzes<br />
„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus<br />
dem das kroch”.<br />
Kinder und Jugendliche aus Bremen,<br />
Hamburg und Niedersachsen<br />
haben sich zusammen mit<br />
der Bremer Gruppe Roter Pfeffer<br />
und einem 12köpfigen Orchester<br />
erstmals daran gemacht, das weitgehend<br />
unbekannt gebliebene<br />
Exil-Werk Brechts für die Bühne<br />
einzurichten. Die Kantate zeichnet<br />
die letzten Tage aus dem Leben<br />
des österreichischen Arbeitersekretärs<br />
und sozialdemokratischen<br />
Abgeordneten Koloman Wallisch<br />
nach, der im Februar 1934 bewaffneten<br />
Widerstand gegen den<br />
aufkommenden Faschismus in<br />
seiner Heimatregion organisierte,<br />
verraten und gehängt wurde. Für<br />
Traditionell lud die Tageszeitung<br />
junge welt auch Anfang Januar<br />
diesen Jahres zur Rosa-Luxemburg-Konferenz,<br />
um aktuelle politische<br />
Ereignisse aus einer kritischen<br />
Perspektive zu diskutieren.<br />
Diesmal stand der drohende<br />
Krieg gegen den Irak und eine<br />
inaktive Linke im Vordergrund.<br />
Nachmittags saßen unter anderem<br />
Peter Strotmann für Attac,<br />
Uwe Hiksch als Bundesgeschäftsführer<br />
der PDS und Constanze<br />
Lindemann für ver.di Berlin<br />
(Fachbereich Medien, Kunst<br />
und Industrie) auf dem Podium.<br />
Eckart Spoo, Herausgeber der<br />
Zeitschrift Ossietzky, kritisierte<br />
den Tarifabschluss im öffentlichen<br />
Dienst, als „einen Kampf,<br />
der zu Ende ging, bevor er richtig<br />
begonnen hatte“, und bezog<br />
sich positiv auf die Politik<br />
der früheren IG Medien. Er forderte<br />
von allen Anwesenden eine<br />
klare kompromisslose Antikriegshaltung.<br />
Constanze Lindemann<br />
erklärte, dass „Tarifverhandlungen<br />
Kompromisse verlangen,<br />
der Kampf gegen den<br />
Krieg aber nicht!“ Für die Gewerkschaften<br />
sei wichtig, durch<br />
eine eindeutige Haltung verlorene<br />
Glaubwürdigkeit zurück<br />
zu gewinnen. Hannes Heine<br />
die Aufführung wurde Musik aus<br />
Orchester-Suiten von Hanns Eisler<br />
genutzt. Gefördert wurde das Projekt<br />
durch verschiedene Gewerkschaftsorganisationen<br />
und über<br />
das Aktionsprogramm des Bundes<br />
„Jugend für Toleranz und Demokratie<br />
– Gegen Rechtsextremismus,<br />
Fremdenfeindlichkeit und<br />
Antisemitismus”. Seit der Uraufführung<br />
im Dezember 2001 lößte<br />
das Stück auf einer Deutschland-<br />
Tournee kontroverse Debatten aus.<br />
Trotz des großen Engagements<br />
der Beteiligten und erkennbarer<br />
künstlerisch-darstellerischer Ansätze<br />
konnte auch die Abschluss-<br />
Aufführung in der Akademie der<br />
Künste über Schwächen des<br />
Stücks und dramaturgische Unzulänglichkeiten<br />
nicht hinwegtäuschen.<br />
Ob die Ausgrabung geeignet<br />
ist, die wichtige und aktuelle<br />
Aussage an ein heutiges Publikum<br />
zu bringen, bleibt unentschieden.<br />
neh<br />
5