KOMM 3/2023
KOMM ist das Mitgliedermagazin der Bundesfachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
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<strong>KOMM</strong><br />
IBM<br />
03/<strong>2023</strong>WWW.TK-IT.VERDI.DE<br />
NACH ZÄHEN GESPRÄCHEN<br />
ZUM ERGEBNIS<br />
Foto: Joachim E. Roettgers<br />
Nach intensiven Verhandlungen<br />
in der zweiten Verhandlungsrunde<br />
der Tarifrunde <strong>2023</strong> im IBM-Konzern<br />
konnten ver.di und IBM am 21. April<br />
ein Verhandlungsergebnis erzielen.<br />
Es war kein leichter Weg: Zum Verhandlungstermin<br />
beharrte die Arbeitgeberseite<br />
weiterhin auf dem Standpunkt,<br />
dass IBM nicht einsieht, warum sie auf<br />
die stark gestiegenen Verbraucherpreise<br />
mit Gehaltssteigerungen reagieren sollen.<br />
Zwei Angebote der IBM-Vertreter:innen<br />
waren nicht einigungsfähig,<br />
ver.di lehnte ab. Als die Gespräche auf<br />
der Kippe standen, wurde in den Abendstunden<br />
ein Sondierungsgespräch in<br />
kleiner Runde anberaumt. Dort wurde<br />
gemeinsam eine Option erarbeitet, die<br />
die Basis für den zweiten Verhandlungstag<br />
legte. Die Arbeitgeber:innen starteten<br />
in den zweiten Verhandlungstag mit<br />
einem erneuten Angebot, das die jetzt<br />
vorliegende Einigung ermöglichte.<br />
Danach sollen die Tarifgehälter ab<br />
1. Mai <strong>2023</strong> für die Gesellschaften IBM D,<br />
R&D, CSS und FMS um 3,5 Prozent erhöht<br />
werden. Der Entgelttarifvertrag wird<br />
zu diesem Termin wieder in Kraft gesetzt<br />
und kann frühestens zum 30. April 2024<br />
gekündigt werden.<br />
Als Besonderheit gibt es bei IBM noch<br />
ein übertarifliches Gehaltserhöhungsprogramm,<br />
das ebenfalls am 1. Mai wirksam<br />
werden soll und ab Juni ausgezahlt wird.<br />
Dieses Programm sieht vor, dass zunächst<br />
eine Sockelerhöhung in Höhe von 2,7<br />
Prozent für alle Beschäftigten vorgenommen<br />
wird. Darüber hinaus wird ein Betrag<br />
in Höhe von 2,8 Prozent aus der<br />
Gesamtsumme aller Monatsgrundgehälter<br />
einer Abteilung errechnet, der<br />
von den Führungskräften individuell verteilt<br />
wird. Beschäftigte können damit<br />
noch einmal bis zu sechs Prozent mehr<br />
Geld erhalten. Die beiden Beträge aus<br />
Sockelerhöhung und der Führungskräfteplanung<br />
werden danach zu einem<br />
Erhöhungsbetrag addiert und ergeben<br />
die individuelle Gehaltserhöhung. „Das<br />
Gesamtpaket garantiert eine gute Entgeltsteigerung,<br />
in Summe kommen wir<br />
auf ein Gesamtvolumen in Höhe von 5,5<br />
Prozent“, sagt ver.di-Verhandlungsführer<br />
Pascal Röckert.<br />
Nachwuchskräfte<br />
Die Vergütungen für Master- und dual<br />
Studierende sollen um 3,5 Prozent angehoben<br />
werden. Für die Auszubildenden<br />
in der CSS GmbH sind pauschal 150 Euro<br />
mehr Ausbildungsvergütung zum 1. Mai<br />
vorgesehen. Die Einstiegsgehälter nach<br />
einem erfolgreichen Ausbildungsabschluss<br />
sollen bei Festanstellung auf<br />
3150 Euro monatlich steigen. „Uns war<br />
sehr wichtig, dass die Nachwuchskräfte<br />
profitieren. Für die Auszubildenden bedeuten<br />
150 Euro monatlich mehr Geld<br />
eine Tarifsteigerung im ersten Ausbildungsjahr<br />
von 18,75 Prozent“, erläutert<br />
Pascal Röckert.<br />
SIL<br />
Das Verhandlungsergebnis wird den<br />
ver.di-Mitgliedern im IBM-Konzern zur<br />
Diskussion vorgelegt (nach Redaktionsschluss).<br />
www.ibm.verdi.de
2<br />
INHALT<br />
2 ver.di<br />
ver.di-Podcast<br />
3 Editorial<br />
Termine der<br />
Betriebsgruppen<br />
4/5 Vodafone<br />
Wir werden um jeden<br />
Arbeitsplatz kämpfen!<br />
VER.DI<br />
ver.di-Podcast<br />
Die ver.di-Bundesfachgruppe IKT gibt es<br />
jetzt auch für die Ohren: Mit einem eigenen<br />
Podcast behandeln Jessica Sauerwald,<br />
zuständig für Social Media, und<br />
ver.di-Tarifsekretär Tim Feise aktuelle Themen.<br />
Ob Homeoffice, Tarifdschungel,<br />
Energiegeld oder Rente – die Themen<br />
sind vielfältig. Monatlich soll es zwei Folgen<br />
geben.<br />
Foto: Christian von Polentz<br />
5 Energiegeld<br />
Wir bleiben am Ball<br />
6 DOKOM21<br />
Angebot nicht einigungsfähig<br />
6 AT&T<br />
8 Prozent mehr Geld<br />
7 Google<br />
Europäischer Betriebsrat<br />
in den Startlöchern<br />
8/9 Montenegro<br />
136 Tage Streik<br />
erfolgreich beendet<br />
10/11 Jugend<br />
Bezahlbarer Wohnraum<br />
muss her<br />
Zum Podcast:<br />
https://verdiikt.<br />
podigee.io/<br />
VER.DI BUNDESFACHGRUPPE IKT<br />
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Foto: Charles Yunck<br />
12/13 ver.di<br />
ver.di-Allianz der Versorger<br />
gut gerüstet<br />
14 Soziale Medien<br />
„Menschliche Filter für das<br />
Grausamste, was es gibt“<br />
15 Besoldung<br />
Unpassende Weichenstellung<br />
16 Schwerbehinderte<br />
Menschen<br />
Inklusion muss selbstverständlich<br />
sein<br />
Vom Reden zum Tun –<br />
der Aktionsplan 2.0<br />
IMPRESSUM<br />
<strong>KOMM</strong> Nr. 3/<strong>2023</strong><br />
23. Jahrgang<br />
Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bundes vorstand: Frank Werneke<br />
Christoph Schmitz, Fachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)<br />
Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin, Telefon: 030 6956-0 Internet: https://ikt.verdi.de<br />
Erscheinungsweise: 8 Ausgaben pro Jahr<br />
Redaktion: Jessica Sauerwald, Silke Leuckfeld (SIL) E-Mail: redaktion.komm@verdi.de<br />
Layout: datagraphis GmbH, Wiesbaden-Nordenstadt Internet: https://datagraphis.de<br />
Gedruckt auf GraphoSilk FSC® 80g/m 2<br />
Druck: Schaffrath DruckMedien GmbH Auflage: 80 394<br />
Anzeigen und Beilagen: Jessica Sauerwald<br />
Telefon: 030 6956-2442<br />
E-Mail: redaktion.komm@verdi.de<br />
Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 9. Juni <strong>2023</strong>
3<br />
<strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />
EDITORIAL<br />
TERMINE DER BETRIEBSGRUPPEN<br />
Diese Ausgabe ...<br />
... legt einen Schwerpunkt auf einen Antrag der Jugend bei der ver.di-Bundesfachbereichskonferenz.<br />
Die jungen Kolleginnen und Kollegen fordern von den Unternehmen<br />
Wohnheimplätze für Auszubildende und dual Studierende. Wie dringend<br />
sie gebraucht werden, ist, angesichts der explodierenden Mietpreise, die viele von<br />
uns spüren, nur zu ersichtlich. Besonders in den Ballungsräumen werden Quadratmeterpreise<br />
von weit mehr als zehn Euro bei Neuvermietungen gefordert. Nebenkosten<br />
und Heizung kommen noch obendrauf und die weiteren Lebenshaltungskosten<br />
sind auch nicht berücksichtigt.<br />
Dabei sind die Vergütungen der Auszubildenden und dual Studierenden zum Beispiel<br />
bei der Telekom durch die ver.di-Tarifverträge im Vergleich zu anderen Unternehmen<br />
gut. Dort werden bereits zu Beginn der Ausbildung 1085 Euro gezahlt.<br />
Die Telekom beteiligt sich mit der Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 300 Euro auch<br />
noch unter bestimmten Voraussetzungen an den Wohnkosten. Dennoch ist die<br />
Situation für die jungen Menschen schwierig. Wohnheimplätze gibt es nicht oder<br />
zu wenig, Wohnungen sind bundesweit Mangelware, das Ziel der Bundesregierung<br />
jährlich 400 000 Wohnungen zu bauen, ist in weite Ferne gerückt. Es gehört zur<br />
bitteren Wahrheit, dass nicht jede und jeder umziehen kann, um in einer anderen<br />
Stadt einen Beruf zu erlernen – weil das Geld nicht reicht, es keinen Wohnraum<br />
gibt und die Eltern nicht einspringen können. Damit werden Chancen vertan für<br />
die jungen Menschen, aber auch für die Unternehmen. Wohnen muss und wird<br />
deshalb auch ein brennendes Thema für die Gewerkschaften bleiben.<br />
<br />
Die <strong>KOMM</strong>-Redaktion<br />
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Foto: geralt/pixabay<br />
Sie sind online zu finden unter:<br />
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4<br />
VODAFONE<br />
Foto: Christian von Polentz<br />
Wir werden um jeden<br />
Arbeitsplatz kämpfen!<br />
1300 Arbeitsplätze sollen in Deutschland wegfallen, teilte Vodafone in einer<br />
knappen Pressemitteilung Ende März mit. Das Unternehmen richte sich neu<br />
aus. Das Ziel sei, den Kunden ein vertrauensvollerer Partner (Trusted Partner)<br />
zu werden und mit attraktiveren Angeboten im Markt wieder zu wachsen.<br />
Dafür wolle man effizienter werden und künftig noch stärker in kundennahe<br />
Bereiche wie Technik, Netzausbau und Großkunden-Projekte investieren.<br />
Wegfallen sollen Arbeitsplätze im Management,<br />
Doppelfunktionen und solche,<br />
die keinen direkten Kundenkontakt haben.<br />
Das Unternehmen wolle dabei „sozialverträglich<br />
vorgehen“. Gleichzeitig will<br />
Vodafone 400 Stellen im direkten Kundenkontakt<br />
neu besetzen. Zusammengefasst<br />
soll in einem Jahr die Zahl der Stellen<br />
um rund 900 gesunken sein. „Wir<br />
fordern keinen Stellenabbau, sondern<br />
Investitionen in die Qualifikation der Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter“, betont<br />
Rolf Hartmann, ver.di-Gewerkschaftssekretär.<br />
„Die Beschäftigten brauchen<br />
Sicherheit im Umbruch. Es darf keine betriebsbedingten<br />
Beendigungskündigungen<br />
geben. Die Geschäftsleitung muss ihr<br />
Versprechen eines sozialverträglichen<br />
Umbaus ein halten.“<br />
Weniger Personal, besserer Service?<br />
„Wie soll mit weniger Personal besserer<br />
Kundenservice erzielt werden? Überall<br />
werden Fachkräfte gesucht, der Rotstift<br />
wird aus meiner Sicht an der falschen<br />
Stelle angesetzt“, sagt Patricia Thienel,<br />
stellvertretende Betriebsratsvorsitzende<br />
Vodafone Deutschland, Region 2. Und die<br />
Beschäftigten werden nicht zum ersten<br />
Mal mit Personalabbau konfrontiert. Vodafone<br />
übernahm 2015 Kabel Deutschland<br />
und 2019 Unitymedia. Seit der Übernahme<br />
von Unitymedia wurde unter der<br />
Überschrift „Integration und Transformation“<br />
bis vor Kurzem noch erheblich Personal<br />
abgebaut. Der dringend benötigte<br />
Erfolg am Markt hat sich hierdurch nicht<br />
eingestellt. „Bei ehemals Unitymedia wurde<br />
die Belegschaft vor und während der<br />
Integration in die Vodafone schon mehr<br />
als halbiert, unter anderem Doppelfunktionen<br />
abgebaut“, stellt Petra Schuster,<br />
ver.di-Betriebsgruppenvorsitzende Vodafone<br />
West in Baden-Württemberg, fest.<br />
„Das scheint wohl nicht so erfolgreich<br />
gewesen zu sein, wenn man direkt im Anschluss<br />
ein weiteres Programm hinterherschmeißen<br />
muss. Ich frage mich, wie man<br />
die verbleibenden Kolleginnen und Kollegen<br />
noch motivieren will, um ein erfolgreiches<br />
Kabelgeschäft zu gewährleisten.“<br />
Sowohl die Beschäftigten, als auch die<br />
Betriebsräte reagierten auf das angekündigte<br />
erneute Sparprogramm mit Unverständnis.<br />
Bezweifelt wird auch, ob sich<br />
dadurch die erwünschten Effekte wie ein<br />
verbesserter Kundenservice und mehr<br />
Marktanteile realisieren lassen.
5 <strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />
Fehler nicht wiederholen<br />
„Seien wir ehrlich“, sagte Vodafone-<br />
Deutschland-Chef Philippe Rogge dem<br />
„Handelsblatt“: „Wir brauchen jetzt einen<br />
Neustart. Und dafür müssen wir in Zukunft<br />
einiges gänzlich anders machen.“<br />
Gänzlich anders als in der Vergangenheit<br />
klingen seine Pläne für die Beschäftigten<br />
allerdings nicht, wie Frank Gerth, Betriebsratsvorsitzender<br />
Vodafone West,<br />
feststellt: „Die Zukunftsstrategie der Geschäftsführung<br />
kommt uns doch sehr bekannt<br />
vor: Kunden im Fokus, einfacher<br />
werden, Silodenken abbauen. Kennen wir<br />
diese Argumente nicht schon aus zahlreichen<br />
anderen Umstrukturierungsmaßnahmen<br />
der letzten Jahre? Vodafone will<br />
ein ,Trusted Partner‘ für unsere Kunden<br />
werden – aber bitte auch für unsere Kolleginnen<br />
und Kollegen. Personalabbau ist<br />
für mich die falsche Zukunftsstrategie.“<br />
Auch Hartmut Kort, Betriebsratsvorsitzender<br />
Vodafone Deutschland, Region 1,<br />
mahnt an, nicht die Fehler der Vergangenheit<br />
zu wiederholen: „Das Hauptaugenmerk<br />
sollte jetzt eher auf der Steigerung<br />
der Umsätze und Verbesserung der Servicequalität<br />
liegen und nicht darauf, mit<br />
Stellenabbau kurzfristig Personalkosten zu<br />
sparen. Ohne qualifiziertes Personal keine<br />
Kundenzufriedenheit! Im Klartext: Stellen<br />
abbauen und Aufgaben outsourcen hat in<br />
den vergangenen Jahren nicht wirklich<br />
super funktioniert.“ Deshalb sollten die<br />
Kernkompetenzen wieder zurück in die<br />
Vodafone nach Deutschland geholt werden.<br />
Durch Personalabbau seien die Probleme<br />
der Kund:innen erst recht nicht<br />
gelöst worden. Er kündigt an: „Wir werden<br />
um jeden Arbeitsplatz kämpfen!“<br />
Schlechte Quartalszahlen<br />
Laut „Handelsblatt“ seien im vergangenen<br />
Quartal die besonders relevanten<br />
Serviceumsätze abermals um 1,8 Prozent<br />
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingebrochen,<br />
25 000 Kabelkunden hätten<br />
das Weite gesucht. Als eine Ursache für<br />
das schwindende Kundenvertrauen sieht<br />
Michael Haering, bei Vodafone West<br />
ver.di-Betriebsgruppenvorsitzender Nordrhein-Westfalen,<br />
auch die vergangenen<br />
Sparrunden: „Leider scheint es sich zu<br />
rächen, dass bei der Vodafone West zu<br />
viele Fach- und Führungskräfte, die Ahnung<br />
von der Materie hatten, das Unternehmen<br />
verlassen mussten. Das dadurch<br />
fehlende Knowhow wirkt sich jetzt auf<br />
das Unternehmensergebnis aus und<br />
zeugt von einer Kurzsichtigkeit des oberen<br />
Managements, die die Mitarbeitenden<br />
mal wieder bezahlen müssen.“<br />
Auf dem Rücken der Beschäftigten<br />
„Der Arbeitgeber begründet den geplanten<br />
Personalabbau von 1300 Stellen damit,<br />
dass wir in den letzten Wochen und<br />
Monaten unsere Ziele nicht erreicht haben.<br />
Schon vor Jahren haben Betriebsräte<br />
und vor allem Mitarbeitende aus sämtlichen<br />
Fachbereichen darauf aufmerksam<br />
gemacht, dass diese Einsparpolitik nicht<br />
zielführend sein kann“, sagt Marco Seefeldt,<br />
Betriebsratsvorsitzender Vodafone<br />
Deutschland Region 3: „Im Moment ist<br />
man mehr damit beschäftigt, sich intern<br />
zu transformieren, anstatt sich auf das<br />
Eigentliche zu konzentrieren, auf den<br />
Kunden. Es ist sehr traurig, dass die Mitarbeitenden<br />
wieder einmal die Leidtragenden<br />
sind und ihren Kopf für Misswirtschaft<br />
hinhalten müssen.“<br />
SIL<br />
www.vodafone.verdi.de<br />
ENERGIEGELD<br />
Wir bleiben am Ball<br />
Seit November fordert ver.di für die Beschäftigten in der IKT-Branche die<br />
Zahlung eines Energiekostenzuschusses – kurz Energiegeld. In einigen Tarifrunden<br />
für Telekom-Töchter wurden bereits erste Zahlungen vereinbart, wie<br />
bei der Privatkunden Vertriebsgesellschaft mbH (PVG) oder der Deutsche<br />
Telekom Services Europe SE (DT SE). Mit dem März-Gehalt zahlte die Telekom<br />
nun auch ein Energiegeld an die Tarifbeschäftigten im Konzern – allerdings<br />
nur unter bestimmten Voraussetzungen.<br />
Nach den Gesprächen, die ver.di<br />
im Januar mit der Telekom dazu<br />
geführt hatte, erhielten die Tarifbeschäftigten<br />
einschließlich der<br />
beurlaubten Beamtinnen und Beamten<br />
im Konzern ein Energiegeld.<br />
Voraussetzung dafür ist,<br />
dass das Jahresziel- oder Jahresfestgehalt<br />
am 31. Dezember 2022<br />
den Betrag von 75 000 Euro nicht<br />
überstiegen hat. Gezahlt wurde<br />
mit dem Gehalt im März <strong>2023</strong> ein<br />
Energiegeld in Höhe von 1000<br />
Euro, das steuer- und sozialabgabenfrei<br />
ist. Teilzeitbeschäftigte,<br />
die auf Vollzeitbasis die Voraussetzungen<br />
erfüllen, erhielten ebenfalls<br />
1000 Euro, Auszubildende und dual Studierende<br />
500 Euro. Nicht berücksichtigt<br />
wurden von der Telekom Ruheständler,<br />
Illustration: ver.di<br />
Personen in der passiven Altersteilzeit und<br />
aktive Beamt:innen.<br />
„In den Gesprächen hat sich ver.di dafür<br />
eingesetzt, dass der Arbeitgeber das<br />
Energiegeld ohne Unterschiede an alle<br />
Beschäftigten auszahlt“, sagt Frank<br />
Sauer land, ver.di-Bereichsleiter Tarifpolitik.<br />
„Wir konnten erreichen, dass nicht<br />
zwischen Entgeltgruppen sowie zwischen<br />
Voll- und Teilzeitbeschäftigten differenziert<br />
wird. Allerdings war der Arbeitgeber<br />
nicht bereit, auf eine Einkommensgrenze<br />
zu verzichten.<br />
Auch war er nicht bereit, denselben<br />
Betrag an Auszubildende<br />
und dual Studierende zu zahlen.“<br />
Im Wissen, dass viele Beschäftigte<br />
dringend auf das<br />
Geld angewiesen sind, hat sich<br />
das zuständige ver.di-Gremium<br />
mehrheitlich für eine schnelle<br />
Umsetzung der zusätzlichen<br />
Zahlung des Arbeitgebers ausgesprochen.<br />
Da mit der jetzigen<br />
Zahlung die Möglichkeiten, die<br />
der Gesetzgeber bis Ende 2024<br />
vorgesehen hat, noch nicht ausgeschöpft<br />
sind, bleibt ver.di<br />
beim Energiegeld am Ball. „Wir haben mit<br />
der Telekom verabredet, in 2024 weitere<br />
Gespräche hierzu zu führen“, betont<br />
Frank Sauerland.<br />
RED
6<br />
DOKOM21<br />
Angebot nicht einigungsfähig<br />
Die Tarifverhandlungen für die<br />
ver.di-Mitglieder bei dem regionalen<br />
Telekommunikationsanbieter<br />
DOKOM21 in Nordrhein-Westfalen<br />
wurden am 30. März fortgesetzt. Die<br />
Arbeitgeberseite legte zwar ein verbessertes<br />
Angebot vor, das aber aus<br />
ver.di-Sicht nicht einigungsfähig ist.<br />
Die Arbeitgeberseite unterbreitete zu Beginn<br />
der Verhandlungsrunde ein „neues“<br />
Angebot. „Sie haben aber ihr zweites Angebot<br />
vom 6. März nur ,aufgehübscht‘<br />
und bieten nun zusätzlich einen Sockelbetrag<br />
von 50 Euro an“, sagt Martin<br />
Wolff, ver.di-Gewerkschaftssekretär. „Um<br />
diesen Betrag wollen sie die Einkommen<br />
zunächst erhöhen und darauf dann die<br />
von ihnen angebotene Lohnerhöhung<br />
von 3,2 Prozent zahlen.“ Die ver.di-Verhandlungskommission<br />
bewertete das als<br />
völlig unzureichend. Nach intensiven Gesprächen<br />
am Verhandlungstisch legte die<br />
Geschäftsführung dann ein verbessertes<br />
Angebot vor. Danach sollen die Einkommen<br />
noch in diesem Jahr um 5,2 Prozent<br />
steigen, in 2024 dann um 3,3 Prozent. Sie<br />
boten zudem 2400 Euro Einmalzahlungen<br />
noch in <strong>2023</strong> und 600 Euro im kommenden<br />
Jahr an.<br />
Reicht immer noch nicht<br />
Das ver.di-Verhandlungsteam (v. l. n. r.) Oliver Möllenberg, Tobias Oswald,<br />
Martin Wolff, Fabian Serfling, Rejhan Nailovic.<br />
Die Geschäftsleitung beharrt auf einer<br />
Laufzeit von zwei Jahren für einen Tarifabschluss.<br />
„Die Entwicklungen der Lebenshaltungskosten<br />
und auch die wirtschaftlichen<br />
Entwicklungen über einen<br />
Zeitraum von 24 Monaten seriös zu prognostizieren,<br />
ist in der aktuellen Situation<br />
praktisch unmöglich“, betont Tobias<br />
Oswald von der ver.di-Verhandlungskommission.<br />
Deshalb halte ver.di eine Laufzeit<br />
von zwei Jahren für beide Seiten für den<br />
falschen Weg. ver.di fordert weiterhin<br />
einen Abschluss über zwölf Monate, um<br />
dann in erneute Tarifverhandlungen einzutreten.<br />
Zudem seien die angebotenen<br />
Prozentpunkte nicht ausreichend angesichts<br />
der aktuellen Preissteigerungen.<br />
Der von den ver.di-Mitgliedern geforderte<br />
Mindestbetrag, der gerade die Kolleginnen<br />
und Kollegen in den unteren Entgeltgruppen<br />
stärken soll, fehlt auch im neuen<br />
Angebot. Überhaupt nicht von ihnen berücksichtigt<br />
wurden die Auszubildenden.<br />
Die ver.di-Forderungen<br />
Die ver.di-Mitglieder bei DOKOM21 hatten<br />
Ende Januar die Tarifforderungen<br />
beschlossen. ver.di fordert eine tabellenwirksame<br />
Erhöhung der Entgelte um<br />
zwölf Prozent, mindestens aber 500<br />
Euro. Die Vergütungen der Auszubildenden<br />
sollen pauschal um 200 Euro steigen.<br />
Gestrichen werden soll die Entgeltgruppe<br />
1a. <br />
SIL<br />
Über den weiteren Verlauf<br />
der Tarifverhandlungen<br />
informieren wir unter<br />
https://kurzelinks.de/<br />
ua62<br />
Foto: ver.di<br />
AT&T<br />
8 Prozent mehr Geld<br />
ver.di konnte in der Tarifrunde 2022/23 für die Tarifbeschäftigten bei AT&T<br />
Global Network Services Deutschland GmbH ein sehr gutes Tarif ergebnis<br />
erzielen.<br />
Zum April <strong>2023</strong> steigen die Tarifgehälter<br />
um acht Prozent. Darüber hinaus wird<br />
eine Inflationsausgleichsprämie – steuerund<br />
sozialabgabenfrei – in Höhe von<br />
1500 Euro gezahlt. Berechtigt zur Auszahlung<br />
der Inflationsausgleichs prämie<br />
sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />
deren tatsächliches monat liches<br />
Grundgehalt zum 1. Januar <strong>2023</strong> mehr<br />
als 200 Euro unter den neuen Tarifgehältern<br />
lag. Durch die Tariferhöhung steigert<br />
sich auch die Mehrarbeitszeitgrenze um<br />
acht Prozent. Diese ist an das Tarifgehalt<br />
PRO B gekoppelt und wird danach berechnet.<br />
Der neue Tarifvertrag hat eine<br />
Laufzeit bis 31. März 2024.<br />
Tarifgehälter gültig ab 1. April <strong>2023</strong><br />
(Brutto-Beträge)<br />
ATO A3 / PRO A3<br />
ATO A4 / PRO A4<br />
ATO A5 / PRO A5<br />
PRO B / MGR B<br />
5202,00 Euro<br />
5934,00 Euro<br />
6745,00 Euro<br />
7687,00 Euro<br />
JETZT ONLINE BEITRETEN<br />
mitgliedwerden.verdi.de
7<br />
<strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />
GOOGLE<br />
Europäischer Betriebsrat<br />
in den Startlöchern<br />
Die europäische Google-Belegschaft<br />
– einschließlich der Arbeitnehmer:innen<br />
in der Schweiz und im Vereinigten<br />
Königreich – wird bald unter die<br />
erste Vereinbarung über einen Europäischen<br />
Betriebsrat fallen, die den<br />
Arbeitnehmer:innen das Recht einräumt,<br />
bei Entscheidungen, die ihre<br />
Interessen betreffen, informiert und<br />
angehört zu werden. Dies teilte die<br />
Uni Global Union, der weltweite Zusammenschluss<br />
der Dienstleistungsgewerkschaften<br />
mit.<br />
Die Vereinbarung über einen Europäischen<br />
Betriebsrat (EBR) sei Ende März<br />
unterzeichnet worden. Sie sei von entscheidender<br />
Bedeutung, da Google in<br />
ganz Europa in größerer Zahl Entlassungen<br />
vornehme. Die Beschäftigten seien<br />
weder rechtzeitig informiert noch beteiligt<br />
worden.<br />
Dieses globale Personalabbauprogramm<br />
habe teilweise zu einem beschleunigten<br />
Anstieg der Eintritte in die Gewerkschaften<br />
beigetragen, insbesondere<br />
im Vereinigten Königreich, in Irland und<br />
in der Schweiz, den drei größten europäischen<br />
Standorten von Google.<br />
Mit der Vereinbarung wird der erste<br />
EBR im Unternehmen gegründet. EBRs<br />
vertreten die Arbeitnehmer:innen eines<br />
Unternehmens, das in Europa ansässig<br />
ist. Über diese Räte müssen die Unternehmen<br />
Informationen austauschen und die<br />
Vertreter:innen der Arbeitnehmer:innen<br />
anhören. Den Vertreter:innen der Beschäftigten<br />
wird bei Entscheidungen, die<br />
sich auf die Beschäftigungs- oder Arbeitsbedingungen<br />
auf europäischer Ebene<br />
auswirken könnten, ermöglicht, angehört<br />
zu werden. EBR sind für Unternehmen,<br />
die in zwei oder mehr Mitgliedstaaten der<br />
Europäischen Union tätig sind, gesetzlich<br />
vorgeschrieben, wenn sie von den Arbeitnehmer:innen<br />
initiiert werden.<br />
Vereinbarungen zur Einrichtung von<br />
Betriebsräten werden von einem besonderen<br />
Verhandlungsgremium (BVG) ausgehandelt,<br />
das sich aus den Vertreter:innen<br />
der Arbeitnehmer:innen aus den<br />
verschiedenen Ländern des europäischen<br />
Betriebs zusammensetzt. Die Vertreter:innen<br />
der Beschäftigten von Google<br />
Foto: ©Sundry Photography – stock.adobe.com<br />
wurden im BVG von Jonathan Hayward,<br />
dem Experten von Unite the Union für<br />
EBR, unterstützt. Christine Muhr von<br />
ver.di ist im internationalen Austausch<br />
auch als UNI-Vice-Präsidentin für den<br />
ICTS-Sektor engagiert und die deutsche<br />
Ansprechpartnerin für Google-Beschäftigte.<br />
Schweiz und Großbritannien dabei<br />
Das Vereinigte Königreich hat eine der<br />
größten Belegschaften in ganz Europa. Es<br />
ist den Google-Mitarbeiter:innen im BVG<br />
gelungen, die Einbeziehung des Vereinigten<br />
Königreichs und der Schweiz, zweier<br />
europäischer Länder, die nicht Teil der<br />
Europäischen Union sind, auszuhandeln.<br />
„Ein bedeutender Durchbruch wurde erzielt,<br />
als wir mit dem Google-Managementteam<br />
eine Einigung über die Einbeziehung<br />
von Arbeitnehmer:innen aus<br />
dem Vereinigten Königreich und der<br />
Schweiz sowie viele andere wichtige Verbesserungen<br />
des Abkommens erzielten“,<br />
so Hayward von Unite.<br />
Die Google-Arbeitnehmer:innen werden<br />
in den kommenden sechs Monaten<br />
ihre EBR-Vertreter:innen wählen. Unmittelbar<br />
nach den Wahlen wird der EBR<br />
seine Arbeit aufnehmen.<br />
„UNI wird die Gewerkschaften weiterhin<br />
bei der Organisierung und der Durchsetzung<br />
von Tarifverträgen auf nationaler<br />
Ebene unterstützen, aber diese Vereinbarung<br />
ist ein großer Schritt auf dem<br />
Weg zu einer Stimme der Arbeitnehmer:innen<br />
auf europäischer Ebene“, sagte<br />
Oliver Roethig, Regionalsekretär von<br />
UNI Europa.<br />
UNI Global Union<br />
UNI Global Union unterstützt seit Langem<br />
die grenzüberschreitende Organisierung<br />
von Tech-Beschäftigten – einschließlich<br />
Google-Beschäftigten – in Europa und auf<br />
der ganzen Welt. Mit diesem neuen Start<br />
für einen EBR glauben die Gewerkschaften,<br />
dass „Googlers getting organized“<br />
(„Googler organisieren sich“) ein Suchbegriff<br />
ist, der an Popularität gewinnen<br />
wird.<br />
Die Gewerkschaften, die die Google-<br />
Beschäftigten vertreten, betrachten dies<br />
als eine wichtige Entwicklung im Technologiesektor,<br />
da Unternehmen von<br />
Googles Größe, Bedeutung und Einfluss<br />
die Arbeitswelt im Allgemeinen beeinflussen.<br />
Unite ist entschlossen, durch ihre eigenen<br />
Aktivist:innen und engagierten Funktionär:innen<br />
in der Digital- und Technologiebranche<br />
die Gewerkschaft an der Spitze<br />
der digitalen Wirtschaft zu halten.<br />
Zum Artikel bei Uni Global Union:<br />
https://kurzelinks.de/z715
8<br />
MONTENEGRO<br />
Fotos: Union of Free Trade Unions of Montenegro<br />
136 Tage Streik<br />
erfolgreich beendet<br />
Foto: Kay Herschelmann<br />
Die Gewerkschaft Sindikat Telekoma<br />
CRNE Gore (Gewerkschaft der Beschäftigten<br />
der Telekom Montenegros)<br />
konnte den Dauerkonflikt mit<br />
dem Unternehmen erfolgreich beenden.<br />
Länger als vier Monate wurde<br />
die Cmogorski Telekom bestreikt.<br />
Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft<br />
der Hrvatski Telekom in<br />
Kroatien, die wiederum ein Tochterunternehmen<br />
der Deutschen Telekom<br />
ist. 480 Beschäftigte arbeiten in<br />
dem Unternehmen in Montenegro.<br />
Fast 200 Gewerkschaftsmitglieder<br />
waren 136 Tage im Dauerstreik.<br />
Jetzt gab es eine Einigung.<br />
VON ADO WILHELM<br />
Seit 2008 hatten die Beschäftigten keine<br />
Tariferhöhung mehr erhalten. Die Inflation<br />
in Montenegro hat seitdem die Rekordmarke<br />
von 48 Prozent erreicht. Es<br />
ging den Streikenden aber nicht nur ums<br />
Geld. Das Unternehmen hat einseitig Regelungen<br />
und Verträge gebrochen und<br />
Leistungen eingestellt. Das Unternehmen<br />
ist in Montenegro die Nummer zwei am<br />
Ado Wilhelm<br />
Beauftragter der<br />
ver.di-Bundesfachgruppe<br />
IKT für<br />
internationale<br />
Fragen<br />
Markt und extrem erfolgreich. Geld ist<br />
also da, auch wenn die Unternehmensleitung<br />
den wirtschaftlichen Erfolg, wie bei<br />
Tarifauseinandersetzungen üblich, „klein<br />
rechnet“. Die Gewerkschaft ist eine<br />
Schwestergewerkschaft von ver.di, gemeinsam<br />
unter dem Dach von UNI Global<br />
UNION (UNI), dem Dachverband der<br />
Dienstleistungsgewerkschaften weltweit.<br />
Neben dem Komplex Tariferhöhungen,<br />
gab es weitere streitige Sachverhalte.<br />
Dem Unternehmen wurde vorgeworfen,<br />
gegen bestehende Gesetze, gegen nationales<br />
Arbeitsrecht, Verträge und gemeinsame<br />
Vereinbarungen verstoßen zu haben.<br />
Zudem seien einseitig vertraglich<br />
geschützte Regelungen ausgesetzt worden.<br />
Druck und Repressalien<br />
Die Gewerkschaft hatte sich öffentlich darüber<br />
beklagt, dass sie und die Streikenden<br />
ständig Druck, Drohungen und Repressalien<br />
ausgesetzt worden seien. Beide<br />
Seiten haben sich auch mit einer Reihe von<br />
Anzeigen vor der Arbeitsinspektion, die<br />
vergleichbar mit einem Arbeitsgericht in<br />
Deutschland ist, überzogen. Respekt, Fairness<br />
und Anstand sind die Verhaltensnormen,<br />
die ein Unternehmen im Umgang<br />
mit seinen Beschäftigten auszeichnet und<br />
nicht Überordnung und Unterordnung.<br />
Die Angriffe gegen die Gewerkschaft und<br />
deren Mitglieder sind Managementmethoden<br />
aus dem vergangenen Jahrhundert.<br />
Auch der Einsatz von Streikbrechern,<br />
so der Vorwurf der Gewerkschaft, stelle<br />
einen klaren Rechtsverstoß dar.<br />
Internationale Solidarität<br />
ver.di unterstützte die Streikenden. Unter<br />
anderem wurde auf das Telekom-Management<br />
in Deutschland eingewirkt, um<br />
das örtliche Management anzuhalten faire<br />
Verhandlungen zu führen, um den Konflikt<br />
rasch zu beenden. ver.di-Bundesfachbereichsleiter<br />
Christoph Schmitz führte<br />
diverse Gespräche mit dem Management<br />
der DTAG. Er machte deutlich, dass auch<br />
Ansehen und Reputation der Muttergesellschaft<br />
DTAG auf dem Spiel stünden.<br />
Der globale Gewerkschaftsbund UNI,<br />
der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB),<br />
der Europäische Gewerkschaftsbund<br />
(EGB), OTU (Union der europäischen Gewerkschaften<br />
im Telekom Konzern), die<br />
ver.di-Bundesfachgruppenkonferenz IKT<br />
und die ver.di-Bundesfachbereichskonferenz<br />
sagten den Streikenden in Montenegro<br />
ihre Solidarität und Unterstützung zu.<br />
Sie appellierten an das Management und<br />
schrieben an Dritan Abazović , Ministerpräsident<br />
von Montenegro. Dabei forderten<br />
sie, die Gesetze einzuhalten und auf<br />
faire Verhandlungen auf Augenhöhe hinzuwirken.<br />
Besuch in Montenegro<br />
Ado Wilhelm und Achim Fischer, Beauftragte<br />
der ver.di-Bundesfachgruppe IKT<br />
für internationale Fragen, besuchten im
9 <strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />
März die Streikenden in Podgorica, der<br />
Landeshauptstadt Montenegros und<br />
gleichzeitig Sitz des Unternehmens. Der<br />
Präsident der Gewerkschaft, Zeljko Buric,<br />
zeigte sich sehr dankbar für die Unterstützung<br />
durch ver.di. Gespräche mit dem<br />
Vorstand der Gewerkschaft, dem Streikkomitee<br />
und der Besuch einer Streikversammlung<br />
standen auf der Agenda.<br />
Gespräch mit dem CEO<br />
Bei ihrem Besuch führten die beiden<br />
ver.di-Kollegen auch ein Gespräch mit<br />
Stjepan Udovicić , Generaldirektor und CEO<br />
des Unternehmens. Dabei wurde deutlich,<br />
dass die Positionen der beiden Parteien<br />
weit auseinanderliegen. Es wurde darüber<br />
diskutiert, wie die beiden „Seiten“ konstruktiv<br />
aufeinander zugehen könnten.<br />
Nach dem Gespräch mit dem CEO<br />
stand ein weiterer wichtiger Termin an.<br />
Der deutsche Botschafter Peter Felten<br />
hatte Interesse daran, von ver.di zu erfahren,<br />
wie denn die Situation zu bewerten<br />
sei. Die beiden ver.di-Vertreter berichteten<br />
dem Botschafter über die ver.di-Bemühungen<br />
in Deutschland und über die<br />
bisher mit der Gewerkschaft und dem<br />
Dachverband der Gewerkschaften (Union<br />
of Free Trade Unions of Montenegro) geführten<br />
Gespräche. Auch die Eindrücke<br />
aus dem Gespräch mit dem CEO fanden<br />
sein Interesse. Einige Tage zuvor hatte der<br />
Botschafter ebenfalls den CEO getroffen.<br />
Weitere Unterstützung zugesagt<br />
Auch nachdem nun der Konflikt beendet<br />
ist, wurde mit den Kolleg:innen vereinbart,<br />
sie weiter zu unterstützen. In einem<br />
Workshop soll die Tarifauseinandersetzung<br />
aufgearbeitet und Schlüsse für die<br />
Zukunft gezogen werden.<br />
DER TARIFVERTRAG IM DETAIL<br />
Nach intensiven Verhandlungen, die<br />
Anfang März begannen und nach 136<br />
Tagen Dauerstreik, einigten sich die<br />
Parteien auf Beibehaltung und Verbesserung<br />
der tarifvertraglichen Leistungen.<br />
Damit wurde der beste Tarifvertrag<br />
für die Beschäftigten in der Privatindustrie<br />
von Montenegro erreicht:<br />
Der Monatslohn der Beschäftigten<br />
von Crnogorski Telekom steigt um<br />
15 Prozent ab 1. April <strong>2023</strong>, um 2,5<br />
Prozent ab 1. Januar 2024 und noch<br />
einmal um 2,5 Prozent ab Januar<br />
2025.<br />
Das Wintergeld (erhöhte Zahlungen<br />
wegen höherer Lebenshaltungskosten<br />
in den Wintermonaten) bleibt<br />
in der bisherigen Form im Tarifvertrag<br />
bestehen.<br />
Prämien für das Erreichen persönlicher<br />
und kollektiver Ziele werden<br />
in den Tarifvertrag eingeführt. Das<br />
neue Leistungssystem wird ab 2024<br />
angewendet, nachdem die Systematik<br />
der Zielefestlegung und Leistungsbewertung<br />
vertraglich geregelt<br />
wurde.<br />
Die vom Arbeitgeber bisher gewährte<br />
Zahlung für die freiwillige private<br />
Krankenversicherung gilt weiterhin.<br />
Die Zahlungen für Sommer- und<br />
Winterurlaubszuschüsse, Jubiläumsprämien,<br />
Abfindungen und anderen<br />
Regelungen wurden ebenfalls<br />
deutlich verbessert.<br />
Alle Regelungen gelten fünf Jahre,<br />
bis 31. Dezember 2027.<br />
Die Mitarbeiter von Crnogorski Telekom<br />
haben damit den besten Tarifvertrag<br />
aller Privatunternehmen in<br />
Montenegro. Das Ziel, die bestmöglichen<br />
Arbeitsbedingungen in dem Unternehmen<br />
zu schaffen, die Zufriedenheit<br />
der Mitarbeiter zu erhöhen, um<br />
damit zusätzliches Wachstum des Unternehmens<br />
zu fördern und die führende<br />
Position von Crnogorski Telekom in<br />
Montenegro erhalten und auszubauen,<br />
wurde erreicht. Das macht auch die<br />
Arbeitsplätze sicherer. <br />
AW
10<br />
OXOXOXOXOOX<br />
JUGEND<br />
BEZAHLBARER<br />
WOHNRAUM MUSS HER<br />
Die ver.di-Jugend hat sich klar positioniert: „Bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende“<br />
lautete ihr Antrag auf der ver.di-Bundesfachbereichskonferenz.<br />
Die Delegierten stimmten zu und leiteten ihn an den ver.di-Bundeskongress,<br />
der das höchste Gremium der Gewerkschaft ist, weiter. Im Herbst tagt der<br />
ver.di-Bundeskongress, dort wird dann entschieden, ob die gesamte Gewerkschaft<br />
sich hinter diese Forderung stellt.<br />
VON SILKE LEUCKFELD<br />
Vom 17. bis 23. September <strong>2023</strong> tagt in<br />
Berlin der 6. ordentliche ver.di-Bundeskongress.<br />
Alle vier Jahre kommen rund<br />
1000 ver.di-Mitglieder aus ganz Deutschland<br />
zu diesem Kongress zusammen. In<br />
ihren Unterlagen werden sich rund 1000<br />
Anträge befinden, über die sie beraten<br />
und entscheiden sollen. Mit dabei ist der<br />
Antrag der ver.di-Jugend zu bezahlbarem<br />
Wohnraum und er ist sicherlich einer der<br />
Wichtigsten. Der Antragstext lautet:<br />
„ver.di setzt sich dafür ein, dass Arbeitgeber<br />
sich verstärkt an den Mietkosten ihrer<br />
Auszubildenden, dual Studierenden sowie<br />
Beamtenanwärterinnen und -anwärter<br />
(Nachwuchskräfte) beteiligen. Zusätzlich<br />
sollen Arbeitgeber mehr Werkswohnungen<br />
für Nachwuchskräfte schaffen.“<br />
Geld von der Telekom<br />
Bisher sind dazu nur wenige Unternehmen<br />
bereit. Werkswohnungen für Auszubildende<br />
und dual Studierende gibt es<br />
auch bei der Deutschen Telekom nicht.<br />
Aber ver.di hat mit dem Konzern eine Vereinbarung<br />
zur Unterhaltsbeihilfe abgeschlossen,<br />
die im vergangenen Jahr auf<br />
300 Euro monatlich erhöht wurde. Die<br />
Unterhaltsbeihilfe wird gewährt, wenn<br />
die einfache Entfernung/Fahrtzeit zwischen<br />
Haustür der Eltern des Auszubildenden<br />
und Haustür der Ausbildungsstätte,<br />
inklusive aller Warte- und Umsteigezeiten<br />
(sowie Fußwegen), mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln mehr als 90<br />
Minuten beträgt. Für dual Studierende ist<br />
die Fahrtzeit zwischen Wohnort und Studienort<br />
maßgeblich). Alle antragsberechtigten<br />
Auszubildenden und dual Studierenden<br />
erhalten die Unterhaltsbeihilfe ab<br />
dem Monat, in dem der Antrag beim
11 <strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />
OXOXOXOXOOX<br />
Zentralen Ausbildungsmanagement eingegangen<br />
ist. Tipp: ver.di empfiehlt, die Berechnung<br />
der Fahrtzeit mithilfe des Online-Portals<br />
der Deutschen Bahn („Adresse<br />
zu Adresse“-Suche) vorzunehmen und einen<br />
Ausdruck an den Antrag anzuhängen.<br />
Dieser zwischen ver.di und der Deutschen<br />
Telekom vereinbarte Zuschuss ist<br />
einmalig in der IKT-Branche.<br />
Politik aufgewacht?<br />
Noch während der Antrag der ver.di-Jugend<br />
im Fachbereich beraten wurde,<br />
verkündete Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin<br />
für Wohnen, Stadtentwicklung<br />
und Bauwesen, ihr Programm „Bezahlbarer<br />
Wohnraum für junge Menschen:<br />
Sonderprogramm Junges Wohnen<br />
gestartet!“. Noch in diesem Jahr will sie<br />
500 Millionen Euro für neue Wohnheimplätze<br />
für Studierende und Auszubildende<br />
und zusätzlich weitere zwei Milliarden<br />
Euro für den sozialen Wohnungsbau ausgeben.<br />
„Zum ersten Mal gibt es im Rahmen<br />
des sozialen Wohnungsbaus ein<br />
Förderprogramm nur für junge Menschen<br />
in Ausbildung. Sie sollen sich vor<br />
allem auf ihre Ausbildung konzentrieren<br />
und nicht wochen- oder gar monatelang<br />
auf Wohnungssuche sein“, sagte die<br />
Ministerin. „Mit einer halben Milliarde<br />
Euro können die Länder jetzt Wohnheimplätze<br />
neu- oder umbauen, um junge<br />
Menschen in die Region zu holen oder<br />
zu halten.“ Damit würde der Standort<br />
Deutschland insgesamt attraktiv für junges<br />
Knowhow, aber auch die einzelnen<br />
Regionen würden erheblich profitieren.<br />
„Wer einmal da ist, bleibt vielleicht. Wie<br />
gut man Wohnraum findet, den sich<br />
jeder leisten kann, ist dabei ein entscheidender<br />
Faktor“, meinte Klara Geywitz.<br />
„Mit diesem gezielten Fokus auf Junges<br />
Wohnen werden wir sicher schnell Erfolge<br />
erzielen.“<br />
Schnelle Erfolge?<br />
Ob das Wohnungsbauprogramm<br />
der<br />
Bundesregierung so<br />
schnell neuen Wohnraum<br />
für Auszubildende<br />
und Studierende<br />
schaffen kann, wie<br />
Wohnungen aktuell<br />
benötigt werden, ist<br />
zweifelhaft. Bundesweit<br />
fehlen in diesem<br />
Jahr rund 700 000<br />
Wohnungen. Dies hat<br />
eine Studie errechnet,<br />
die vom Bündnis „Soziales<br />
Wohnen“ in<br />
Auftrag gegeben wurde. Zu dem Bündnis<br />
haben sich der Mieterbund, die Industriegewerkschaft<br />
Bauen-Agrar-Umwelt<br />
(IG BAU) und weitere Verbände zusammengeschlossen.<br />
Die Bundesregierung will jedes Jahr<br />
400000 neue Wohnungen bauen, davon<br />
100000 Sozialwohnungen. Dass dies umsetzbar<br />
ist, wird von Expert:innen angesichts<br />
explodierender Bau- und Grundstückskosten<br />
bezweifelt. Ernüchtert ist<br />
auch Bundesbauministerin Klara Gey witz,<br />
die gegenüber dem Portal „Web.de<br />
Fotos: Charles Yunck<br />
News“ sagte: „Ich gehe nicht davon aus,<br />
dass die Zahl von 400 000 Wohnungen in<br />
den Jahren 2022 und <strong>2023</strong> erreichbar ist.“<br />
Umso wichtiger ist es, dass Auszubildende<br />
und dual Studierende nicht auch<br />
noch um den knappen Wohnraum mit<br />
anderen Wohnungssuchenden konkurrieren<br />
müssen. „Auszubildende brauchen<br />
günstigen Wohnraum, insbesondere in<br />
den Ballungsgebieten, wo die Nachfrage<br />
immer weiter steigt. Während es für Studierende<br />
längst Wohnheime gibt – wenn<br />
auch mit zu wenigen Plätzen – sind Auszubildenden-Wohnheime<br />
immer noch<br />
die Ausnahme. Deshalb begrüßen wir<br />
das Förderprogramm ,Junges Wohnen‘<br />
des Bundes“, betonte Julia Böhnke,<br />
ver.di-Bundesjugendsekretärin: „Gerade<br />
vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels<br />
ist es wichtig, dass man jungen<br />
Menschen nicht nur gute Ausbildungsbedingungen<br />
anbietet, sondern auch<br />
bezahlbaren Wohnraum, von wo sie sowohl<br />
den Betrieb als auch die Berufsschule<br />
gut erreichen können.“<br />
Wie lange es allerdings dauert, bis die<br />
Wohnheimplätze des Bundesprogramms<br />
für Auszubildende und dual Studierende<br />
fertig sind, ist ungewiss.<br />
Pressemitteilung des Bundesministeriums<br />
zum Start des Programms „Junges Wohnen“:<br />
https://kurzelinks.de/lu9r<br />
BERUFSAUSBILDUNGSBEIHILFE<br />
Wenn du während deiner Ausbildung<br />
in einer eigenen Wohnung<br />
lebst, reicht deine Ausbildungsvergütung<br />
vielleicht nicht aus, um<br />
neben der Miete auch noch Lebensmittel<br />
oder die Fahrten nach Hause<br />
zu bezahlen. Die Agentur für Arbeit<br />
kann dir in bestimmten Fällen weiterhelfen:<br />
Mit der sogenannten<br />
Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)<br />
unterstützt sie dich während deiner<br />
Ausbildung mit einem monatlichen<br />
Zuschuss.<br />
Weitere Infos und den Antrag<br />
findest Du hier:<br />
https://kurzelinks.de/i75e<br />
Tipps von der ver.di-Jugend, auch<br />
zum staatlichen Wohngeld:<br />
https://kurzelinks.de/aomf<br />
Studie vom Bündnis „Soziales<br />
Wohnen“ als PDF:<br />
https://kurzelinks.de/y5v3
12<br />
VER.DI<br />
Ein konkreter Arbeitsschwerpunkt für die<br />
nächsten Jahre ist die „Weiterentwicklung<br />
der kollektiven Betriebs- und Tarifarbeit“.<br />
Mit großer Mehrheit verabschiedeten<br />
die Delegierten dafür einen Konzeptentwurf,<br />
der bis 2024 zur Diskussion<br />
steht. In der auf der Konferenz begonnenen<br />
Debatte ging es vor allem um den<br />
Punkt verbindlicher Absprachen zum gewerkschaftlichen<br />
Organisationsgrad in<br />
einem Unternehmen, bevor Tarifverhandlungen<br />
aufgenommen werden. Als Orientierungswerte<br />
werden im Papier zwischen<br />
30 und 50 Prozent vorgeschlagen. Hier<br />
gab es durchaus Einwände, jedoch mehrheitlich<br />
Zustimmung. 133 Anträge lagen<br />
den knapp 200 Delegierten zur Beschlussver.di-Allianz<br />
der Versorger gut<br />
gerüstet<br />
Die Delegierten des ver.di-Bundesfachbereichs<br />
Finanzdienste, Kommunikation<br />
und Technologie, Kultur,<br />
Ver- und Entsorgung wählten ihren<br />
neuen Vorstand für die nächsten vier<br />
Jahre.<br />
VON KARIN WENK<br />
Diskussionsfreude, gegenseitiger<br />
Respekt,<br />
Wertschätzung, Kritik<br />
und vor allem Neugierde,<br />
mehr voneinander<br />
zu erfahren,<br />
Gemeinsamkeiten und<br />
auch Unterschiede<br />
auszumachen – all das<br />
prägte die erste Konferenz<br />
des gemeinsamen<br />
ver.di-Bundesfachbereiches Finanzdienste,<br />
Kommunikation und Technologie,<br />
Kultur, Ver- und Entsorgung in Berlin.<br />
Naturgemäß wurde viel gewählt: neue<br />
Gremien und Delegierte für den Gewerkschaftsrat<br />
und den ver.di-Kongress im<br />
September. So gerüstet geht es nun in die<br />
nächsten vier Jahre gewerkschaftlichen<br />
Miteinanders.<br />
Als „Chef“ des Fachbereiches und damit<br />
für den neuen Bundesvorstand von<br />
ver.di wurde der „alte“ Fachbereichsleiter<br />
Christoph Schmitz mit großer Mehrheit<br />
(95,7 Prozent) nominiert. Gewählt wird<br />
dann auf dem Gewerkschaftskongress im<br />
September in Berlin. Der ehrenamtliche<br />
Vorstand des Fachbereiches mit 57 Mitgliedern<br />
konnte sich bereits nach seiner<br />
Wahl noch am ersten Konferenztag konstituieren,<br />
neuer Vorsitzender ist Manfred<br />
Kloiber (Vorsitzender der Fachgruppe Medien,<br />
Journalismus und Film).<br />
Gewerkschaft begleitet Einführung<br />
von KI<br />
Die Mitglieder aus der Informations- und<br />
Kommunikationstechnologie haben sich<br />
zu einer Fachgruppe zusammengeschlossen.<br />
Das diene der Ressourcenschonung,<br />
sei aber auch aufgrund des Verschmelzens<br />
von Themen und Fragestellungen<br />
sinnvoll, berichtete Constantin Greve.<br />
Dieser gelungene Prozess sei einher gegangen<br />
mit einer Neuausrichtung der<br />
Arbeit, bei der<br />
mehr Mitgliederorientierung<br />
sowie<br />
mehr Entscheidungs- und Beteiligungsmöglichkeiten<br />
für die Gewerkschafter*innen<br />
im Fokus stehen würden. Ein<br />
Highlight der letzten Jahre war die Begleitung<br />
der Einführung von KI-Systemen<br />
zum Beispiel bei IBM und der Telekom.<br />
Über Beteiligung und Dialog<br />
ver.di-Bundesvorstandsmitglied und Bundesfachbereichsleiter<br />
Christoph Schmitz<br />
plädierte in seiner „Bewerbungsrede“ für<br />
die Nominierung zum künftigen Bundesvorstand,<br />
für mehr Beteiligung und Dialog<br />
in der Arbeit mit den Mitgliedern und in<br />
der Ansprache von Menschen, die es für<br />
ver.di zu gewinnen gilt. „Der Dialog hilft<br />
uns auch, Impulse aufzunehmen, um gewerkschaftliche<br />
und tarifliche Fragen Guter<br />
Arbeit und guter Arbeitsbedingungen<br />
wieder intensiver und teilweise neu zu<br />
diskutieren. Es lohnt sich, darüber ins Gespräch<br />
zu kommen, warum viele Jüngere<br />
ihren Beruf nicht als zentralen Lebensinhalt<br />
sehen“, sagte Schmitz. Statt die<br />
Haltung der jüngeren Generation als ungerecht<br />
gegenüber den Älteren zu finden,<br />
„müssen wir alles daransetzen, dass sich<br />
niemand kaputt arbeitet – egal ob jung<br />
oder älter“. Arbeitszeit sei dabei nur ein<br />
Thema. Im Alltag gehe es wieder mehr um<br />
Belastung, Gesundheit und Krankheitsquoten<br />
– oft als Folge eines zunehmenden<br />
Arbeits- und Fachkräftemangels. „Es geht<br />
um die bessere Vereinbarkeit von Arbeit<br />
Foto: Martha Richards<br />
und Privatleben, nicht nur für Jüngere in<br />
der Elternphase, nicht nur für Menschen<br />
mittleren Alters, wenn es um pflegebedürftige<br />
Angehörige geht, sondern auch<br />
für rentennähere Jahrgänge, für die es<br />
darum gehen kann, mit kürzeren Arbeitszeiten<br />
gesund in die Rente zu kommen.“<br />
Organisationsgrad in den Betrieben<br />
entscheidend<br />
Karin Wenk<br />
Redakteurin<br />
der ver.di-<br />
Zeitschrift M –<br />
Menschen Machen<br />
Medien
13 <strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />
fassung und Weiterleitung an den<br />
ver.di-Bundeskongress oder den Bundesvorstand<br />
des Fachbereiches vor.<br />
„Kampforganisation mit Herz“<br />
„Warten auf Frank“, war auch eine Devise<br />
dieser Konferenz. Der ver.di-Vorsitzende<br />
verhandelte mit Bund und Kommunen<br />
über die Tarife für die 2,5 Millionen Beschäftigten<br />
des Öffentlichen Dienstes. Mit<br />
wenig Schlaf, aber dennoch aufmunternden<br />
und zuversichtlichen Worten im Gepäck<br />
sprach Frank Werneke am zweiten<br />
Konferenztag zu den Delegierten. „Wo<br />
verorten wir uns?“ in diesen Zeiten des<br />
Krieges und des Klimawandels, fragte<br />
Werneke. Mit vereinter Kraft, gemeinsam<br />
mit den Mitgliedern packe ver.di notwendige<br />
Dinge an. „Das tun wir – zumindest<br />
meist – strategisch klug, aber immer mit<br />
Leidenschaft und sind deshalb die<br />
Kampforganisation mit Herz“, so der<br />
ver.di-Vorsitzende. Derzeit entscheiden<br />
sich viele Menschen für ver.di. Ab Jahresbeginn<br />
bis zum 26. März seien es über<br />
73 300 neue Mitglieder, davon über<br />
10 000 in diesem Fachbereich – „ein<br />
Grund sich zu freuen, herzlichen Dank<br />
dafür“ (inzwischen sind es insgesamt<br />
mehr als 80 000, Ergänzung Red.). „Das<br />
ist die beste Entwicklung in unserer mehr<br />
als 20-jährigen Geschichte“, betonte<br />
Werneke. In der Zeit der Pandemie, die<br />
auch über gewerkschaftlichem Leben wie<br />
Mehltau gelegen habe, waren in ver.di<br />
einige Veränderungsprozesse durchzusetzen.<br />
„Der wichtigste Prozess von allen:<br />
die strategische Neuaufstellung in der<br />
Tarifpolitik“. Danach werden Tarifrunden<br />
anders als in der Vergangenheit angegangen.<br />
Tarifbotschafter*innen sorgten für<br />
eine unmittelbare Kommunikation zwischen<br />
den Menschen in den Betrieben<br />
und der Verhandlungsspitze. Es würden<br />
alle Wege genutzt, um in Tarifauseinandersetzungen<br />
eine unmittelbare Beteiligung<br />
von mehr Mitgliedern zu organisieren<br />
und weniger Stellvertreterpolitik zu<br />
betreiben. Ein großer Sprung sei zudem<br />
in Social Media gelungen. Hier ist ver.di<br />
mit Abstand die reichweiten-stärkste Gewerkschaft,<br />
selbst unter NGOs ganz vorn.<br />
Der Vorsitzende stellte die Betriebsratsgründung<br />
bei TikTok heraus, wo ver.di<br />
selbst auch auf der Plattform erfolgreich<br />
unterwegs sei.<br />
Gemeinsame Gestaltungsmöglichkeiten<br />
in Europa<br />
Am dritten Konferenztag wurde der Blick<br />
auf Europa ausgeweitet. Oliver Röthig<br />
(Regionalsekretär der UNI Europa) und<br />
Jan-Willem Goudriaan (Generalsekretär<br />
des Europäischen Gewerkschaftsverbandes<br />
für den Öffentlichen Dienst, EPSU)<br />
diskutierten mit Christoph Schmitz und<br />
den Delegierten zum Thema „Gute Arbeit<br />
europäisch gestalten“.<br />
Christoph Schmitz hob die Wichtigkeit<br />
der Zusammenarbeit der Gewerkschaften<br />
in europäischen Dachverbänden hervor.<br />
Über UNI Europa und EBSU habe man gemeinsame<br />
Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten,<br />
etwa mit Blick auf das<br />
europäische Energiesystem der Zukunft<br />
oder wenn es um den Einfluss großer<br />
Plattformen wie Apple oder chinesischer<br />
Telekommunikationsanbieter gehe. Hier<br />
gelte es gemeinsam europäische Datenstandards<br />
zu sichern und umzusetzen.<br />
Jan-Willem Goudriaan wies auf die<br />
gute Zusammenarbeit mit dem DGB und<br />
anderen Gewerkschaften hin, als es um<br />
die europäische Richtlinie zur Anerkennung<br />
von Long-Covid als Berufskrankheit<br />
ging sowie um die Maßnahmenpakete<br />
für Hilfen und Investitionsgelder, um der<br />
Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen.<br />
Gesundheits- und Arbeitsschutz seien bei<br />
den Gewerkschaften seit Langem auf europäischer<br />
Ebene gemeinsam im Fokus,<br />
berichtete Oliver Röthig. Wobei noch<br />
mehr getan werden müsse, damit „die<br />
Dienstleistungsjobs aus dem Schatten<br />
kommen“. Verhandelt werde derzeit ein<br />
Sozialpartnerabkommen zur Telearbeit,<br />
dass in europäisches Recht umgesetzt<br />
werden soll. Nationale Aktionspläne seien<br />
ein Weg dafür, so Röthig, bis hin zur<br />
Tarifbindung bei der öffentlichen Auftragsvergabe.<br />
Im Zusammenhang mit der<br />
Gestaltung einer anderen europäischen<br />
Wirtschaftspolitik benannte Jan-Willem<br />
Goudriaan einige soziale Fortschritte, darunter<br />
Gesetze zum Mindestlohn, zur Verringerung<br />
der Gender Pay Gap und Regelungen<br />
für Plattformarbeitende. Dennoch<br />
„liegen noch große Kämpfe vor uns“, da<br />
rechtsgerichtete Regierungen in einigen<br />
Ländern Gewerkschaftsrechte und erreichte<br />
Fortschritte bedrohten.<br />
Der Konferenzbericht musste für die<br />
<strong>KOMM</strong> gekürzt werden. Die Langfassung<br />
steht hier https://kurzelinks.de/acap<br />
online.<br />
Fotos: Charles Yunck
14<br />
SOZIALE MEDIEN<br />
Foto: ©wanlaya – stock.adobe.com<br />
„Menschliche Filter für<br />
das Grausamste, was es gibt“<br />
Content Moderatoren filtern gewalttätige<br />
Posts, Bilder, Videos und<br />
Chats aus den Sozialen Medien. Sie<br />
machen die Plattformen sicher, aber<br />
arbeiten selbst unter unsicheren Bedingungen.<br />
Jetzt begehren sie auf.<br />
VON PETRA WELZEL<br />
Am 9. und 10. März hatte ver.di zu einem<br />
Treffen von sogenannten Content Moderatoren<br />
eingeladen. Rund 50 von ihnen,<br />
die 24 Stunden sieben Tage die Woche<br />
sämtliche Inhalte auf den verschiedenen<br />
Social-Media-Plattformen kontrollieren<br />
und gegebenenfalls löschen, wenn sie die<br />
Grenzen des Erlaubten überschreiten, waren<br />
aus ganz Deutschland nach Berlin gekommen.<br />
Sie arbeiten für TikTok, Facebook,<br />
Twitter und Co. Im Englischen werden<br />
sie auch „Cleaner“ genannt, Reinigungskräfte,<br />
die den Dreck aus dem<br />
Internet fegen. Und so prekär oftmals die<br />
Situation von Reinigungskräften ist, sind<br />
auch die Arbeitsbedingungen der Content<br />
Moderatoren in vielerlei Hinsicht mehr als<br />
problematisch: Sie arbeiten im Verborgenen,<br />
dürfen über ihre Arbeit nicht sprechen,<br />
werden psychologisch kaum unterstützt,<br />
obwohl sie täglich zehntausende<br />
Posts, Bilder und Videos voll Gewalt und<br />
Hass ansehen und löschen müssen. Und<br />
sie werden schlecht bezahlt.<br />
12 Stunden am Tag<br />
Daran wollen die Content Moderatoren<br />
jetzt etwas ändern. In Berlin haben sie<br />
sich auf drei grundsätzliche Forderungen<br />
verständigt: Sie fordern gleiche Bezahlung,<br />
denn viele von ihnen arbeiten für<br />
Subunternehmen der großen Plattformen<br />
zu deutlich schlechteren Bedingungen. Sie<br />
fordern das Recht, sich gewerkschaftlich<br />
zu organisieren und Betriebsräte zu gründen.<br />
Bei TikTok konnten die Beschäftigten<br />
im vergangenen Jahr mit Unterstützung<br />
von ver.di bereits einen Betriebsrat gründen.<br />
Und vor allem fordern sie einen regulären<br />
Gesundheitsschutz für ihre Psyche.<br />
Hikmat El-Hammouri, ver.di-Gewerkschaftssekretär<br />
und Mitorganisator dieses<br />
ersten Treffens von Content Moderatoren<br />
in Deutschland betont: „Content Moderatoren<br />
sind ein menschlicher Filter für das<br />
Grausamste, was es gibt.“<br />
2018 war es einem Team des Westdeutschen<br />
Rundfunks gelungen, erstmals<br />
Content Moderatoren in Manila auf den<br />
Philippinen vor die Kamera zu bekommen.<br />
Dort säubern zehntausende Content<br />
Moderatoren tagtäglich bis zu 12<br />
Stunden das Netz von Vergewaltigungsbildern,<br />
Enthauptungsvideos, Selbstverletzungen,<br />
Rassismus, Kindesmissbrauch,<br />
verstörenden Kriegsbildern, Pornographie,<br />
kurzum von allem, was sonst nur in<br />
illegalen Dark Rooms im weltweiten Netz<br />
zu finden ist. Dem WDR-Team schrieben<br />
die philippinischen Content Moderatoren<br />
in einem gemeinsamen Chat, dass sie irgendwann<br />
das Gefühl bekamen, Gewalt<br />
ist normal und keine Ausnahme.<br />
Den Artikel mussten wir kürzen. Zum ausführlichen<br />
Artikel mit dem Link zur<br />
WDR-Dokumentation:<br />
https://kurzelinks.de/solg<br />
Petra Welzel<br />
Chefredakteurin<br />
ver.di-PUBLIK<br />
Foto: Christian Jungeblodt
15 <strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />
BEAMT:INNEN<br />
Unpassende Weichenstellung<br />
Die Bundesregierung will die amtsangemessene Bundesbesoldung und -versorgung<br />
sicherstellen. Dazu hat das Bundes ministerium des Innern und für<br />
Heimat (BMI) einen Bundes besoldungs- und Versorgungsangemessenheitsgesetzentwurf<br />
(BBVAngG) mit Änderungen des Bundesbesoldungs- und des<br />
Beamtenversorgungsgesetzes sowie der Bundesbeihilfeverordnung vorgelegt.<br />
VON ANITA SCHÄTZLE<br />
Anlass sind zwei Entscheidungen<br />
des Bundesverfassungsgerichts<br />
(BVerfG) aus<br />
2020 (2 BvL 4/18 und 2 BvL<br />
6/17) wegen zu geringem<br />
Mindestabstand der Besoldung<br />
zum Grundsicherungsniveau<br />
und zu geringer Besoldung<br />
von Beamt:innen<br />
mit drei und mehr Kindern.<br />
Materielle Einbußen für<br />
Viele<br />
Der Gesetzentwurf gibt Anlass<br />
für viel Kritik. So soll der<br />
Familienzuschlag Stufe 1 (sogenannter<br />
Verheiratetenzuschlag) zum<br />
30. Juni <strong>2023</strong> abgeschafft werden. Auch<br />
alleinerziehenden Beamt:innen oder unverheirateten<br />
Eltern stünde er künftig<br />
nicht mehr zu. Eine Besitzstandsregelung<br />
für vorhandene Bezieher:innen ist vorgesehen.<br />
Der kindbezogene Familienzuschlag<br />
bleibt zwar in weiten Teilen unverändert,<br />
jedoch ohne dass der Betrag angehoben<br />
wird. Als weitere zentrale Maßnahme<br />
soll<br />
• ein alimentativer Ergänzungszuschlag<br />
(AEZ) – abhängig vom Familienstand<br />
der/des Beamtin/Beamten und von der<br />
mittels Wohngeldgesetz zugeordneten<br />
Mietenstufe ihres/seines Wohnorts inklusive<br />
eines Abschmelzbetrags – eingeführt,<br />
• die Einstiegsgrundgehälter im einfachen<br />
und mittleren Dienst erhöht sowie<br />
• die Beihilfebemessungssätze für berücksichtigungsfähige<br />
Angehörige und Kinder<br />
auf 90 Prozent sowie für die beihilfeberechtigte<br />
Person ab dem ersten<br />
Kind auf 70 Prozent angehoben werden.<br />
Versorgungsempfänger:innen<br />
betroffen<br />
Im Einzelfall kann der AEZ das Einkommen<br />
von Beamt:innen mit Familie (Kindern)<br />
verbessern. Aber der AEZ wird mittels<br />
Abschmelzbetrag je nach Besoldungsgruppe<br />
gleich wieder reduziert. Das<br />
gilt auch für Versorgungsempfänger:innen.<br />
ver.di und der DGB kritisieren, dass<br />
die Abschmelzbeträge für sie gleich hoch<br />
sein sollen obwohl deren Ruhegehalt<br />
niedriger liegt, als die Bezüge im aktiven<br />
Dienst. ver.di und der DGB fordern überdies,<br />
neben der Versorgungsauskunft auf<br />
Antrag eine obligatorische Auskunft mit<br />
Vollendung des 50., des 55. und des<br />
60. Lebensjahres aufzunehmen sowie<br />
eine Frist für die Bearbeitungszeit.<br />
Bei Teilzeitbeschäftigten dürfe die Kürzung<br />
des Familienzuschlags und des AEZ<br />
nicht im Verhältnis zur Arbeitszeit erfolgen,<br />
so ver.di und DGB.<br />
Perspektive für Beamt:innen bei<br />
Telekom gefordert<br />
Wiederholt fordern ver.di und der DGB,<br />
sich von der starren Einbindung in die für<br />
die übrigen Bundesbeamt:innen geltenden<br />
Laufbahn- und Besoldungsstrukturen<br />
zu lösen. Erneut drängen sie auf<br />
eine Öffnungsklausel im Besoldungs- und<br />
Laufbahnrecht als Grundlage für modifizierte<br />
Regelungen im Verordnungswege,<br />
u. a. bei der Telekom AG. Mit Blick<br />
auf funktionsgerechte Besoldung und<br />
gestiegene Leistungsanforderungen, fordern<br />
ver.di und der DGB die Besoldungsgruppe<br />
A 8 als Eingangsamt des mittleren<br />
Dienstes und A 10 für den gehobenen<br />
Dienst.<br />
Zudem fordern ver.di und der DGB<br />
weiterhin eine längst überfällige Perspektive<br />
für beurlaubte Beamt:innen bei der<br />
Telekom AG, die insgesamt mindestens<br />
zehn Jahre laufbahnübergreifend<br />
höherwertig eingesetzt<br />
waren/sind. In Anerkennung<br />
ihrer Arbeitsund<br />
Lebensleistung soll ihnen<br />
prüfungsfrei der Weg<br />
zur Übernahme in die Besoldungsgruppe<br />
A 10 des<br />
gehobenen Dienstes mit<br />
der Möglichkeit der Beförderung<br />
nach A 11 ermöglicht<br />
werden. Als Alternative<br />
zu einem Laufbahnwechsel<br />
favorisieren ver.di<br />
und DGB eine ruhegehaltfähige<br />
Zulage.<br />
Ferner fordern ver.di und<br />
DGB eine Entfristung der<br />
Telekom BATZV (Altersteilzeit),<br />
und dass endlich der Solidaritätszuschlag<br />
bei der Berechnung des ATZ-Zuschlages<br />
nicht mehr einbezogen wird.<br />
Foto: ©WavebreakMediaMicro – stock.adobe.com<br />
Weichenstellung korrigieren<br />
Die geplanten Maßnahmen sind unpassend,<br />
eine angemessene (Mindest-)<br />
Besoldung und Versorgung werden nicht<br />
erreicht. Ebensowenig das Ziel, Familien<br />
mit Kindern zu stärken. Das ohnehin<br />
komplexe Besoldungsrecht droht noch<br />
intransparenter zu werden, ja sogar zu<br />
erodieren. Die Verletzung des Mindestabstandsgebots<br />
zum Grundsicherungsniveau<br />
betrifft das gesamte Besoldungsgefüge.<br />
Die Abstände innerhalb der Besoldungstabelle<br />
(Besoldungsgruppen und<br />
Erfahrungsstufen) müssen an gestiegene<br />
Arbeits- und Funktionsanforderungen angepasst<br />
werden. Eine Besoldungsreform<br />
mit Wertschätzung und sozial ausgewogen<br />
ist geboten.<br />
Anita Schätzle<br />
Gewerkschaftssekretärin<br />
i. R.<br />
Foto: privat
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SCHWERBEHINDERTE MENSCHEN<br />
Inklusion muss selbstverständlich sein<br />
Foto: KSBV Telekom<br />
27 Menschen vertreten in der Konzernschwerbehindertenvertretung der<br />
Deutschen Telekom die Interessen von Menschen mit Behinderungen.<br />
Am 9. März <strong>2023</strong> kamen die (Gesamt-)<br />
Vertrauenspersonen der einzelnen Unternehmen<br />
im Konzern in Bonn in einer<br />
Wahlversammlung zusammen, um die<br />
neue Konzernschwerbehindertenvertretung<br />
zu wählen. Peter Kleineberg wurde<br />
hier als Konzernvertrauensperson behinderter<br />
Menschen wiedergewählt und<br />
damit in seinem Amt bestätigt. „Inklusion<br />
von Menschen mit Behinderung muss<br />
selbstverständlich sein! Arbeitsbedingungen<br />
müssen an die Menschen und ihre<br />
Behinderung angepasst werden und nicht<br />
umgekehrt“, sagte Peter Kleineberg. Neben<br />
der Konzernvertrauensperson hat die<br />
Wahlversammlung beschlossen, in einem<br />
weiteren Wahlgang 26 Stellvertreterinnen<br />
und -vertreter zu wählen. <br />
JS<br />
Vom Reden zum Tun – der Aktionsplan 2.0<br />
Foto: Simone M. Neumann<br />
Mehr als 7,5 Prozent der deutschlandweit rund 85000 Beschäftigten bei der<br />
Deutschen Telekom sind schwerbehinderte oder gleichgestellte Menschen.<br />
Um Barrieren zu überwinden, Vorurteile abzubauen und Inklusion tatsächlich<br />
zu leben, wurde der Aktionsplan 2.0 geschaffen. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter:innen<br />
haben Handlungsfelder definiert und Maßnahmen ergriffen,<br />
die Inklusion in allen Bereichen des Arbeitslebens erlebbar machen sollen.<br />
VON JESSICA SAUERWALD<br />
Die Idee des Aktionsplanes gibt es schon<br />
lange, schließlich ist Inklusion eine Aufgabe,<br />
die alle Beschäftigten betrifft. Bereits<br />
2016 wurde ein erstes Papier veröffentlicht,<br />
welches es aber nun anzupassen<br />
galt. Um Sichtweisen zum „alten“<br />
Aktions plan, aber auch Erwartungen für<br />
Jessica<br />
Sauerwald<br />
Gewerkschaftssekretärin<br />
<strong>KOMM</strong>-Redaktion<br />
und Social Media<br />
die Erneuerung von genau den Menschen<br />
zu erhalten, die es betrifft – den Beschäftigten<br />
– wurden repräsentative Interviews<br />
geführt. So konnten Stärken und auch<br />
Schwächen des Aktionsplans herausgestellt<br />
werden, um sie im Aktionsplan 2.0<br />
neu aufzugreifen.<br />
Im Ergebnis wurden die fünf bisherigen<br />
Handlungsfelder „Bildung und Qualifizierung“,<br />
„Bewusstseins- und Öffentlichkeitsarbeit“,<br />
„Arbeitswelt und Beschäftigung“,<br />
„Prävention und Rehabilitation“<br />
und „Barrierefreiheit“ angepasst.<br />
Zusätzlich wurde ein weiteres Handlungsfeld<br />
„Neue Arbeitsformen und Methoden“<br />
implementiert.<br />
Als wichtiger Schritt vom Reden hin<br />
zum Tun, werden zum Beispiel gute Ergebnisse<br />
und Erfahrungen in verallgemeinerter<br />
Form allen Bereichen des Konzerns<br />
Deutsche Telekom zugänglich gemacht.<br />
Diese können übernommen werden, es<br />
können sich daraus aber auch ganz neue<br />
Ideen entwickeln.<br />
Wichtig ist die kontinuierliche Weiterentwicklung<br />
des Aktionsplans 2.0, der<br />
Maßnahmen, aber auch der eigenen<br />
Sicht- und Herangehensweisen an Situationen<br />
und Menschen. Um die Umsetzung<br />
und ständige Überprüfung<br />
von Handlungsfeldern und Maßnahmen<br />
zu gewährleisten, sind Paten-Duos, jeweils<br />
bestehend aus Vertrauenspersonen<br />
behinderter Menschen und Inklusionsbeauftragten,<br />
eingerichtet worden<br />
und befinden sich in ständigem Austausch.<br />
Die Konzernschwerbehindertenvertretung<br />
steht mit Vertreterinnen und Vertretern<br />
aus Politik und der Interessengemeinschaft<br />
Behindertenvertreter Deutscher<br />
Wirtschaftsunternehmen (IBW) im<br />
regen Kontakt, um einen permanenten<br />
Lernprozess „Lernen von den Besten“<br />
sicherzustellen.