15.05.2023 Aufrufe

KOMM 3/2023

KOMM ist das Mitgliedermagazin der Bundesfachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di

KOMM ist das Mitgliedermagazin der Bundesfachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>KOMM</strong><br />

IBM<br />

03/<strong>2023</strong>WWW.TK-IT.VERDI.DE<br />

NACH ZÄHEN GESPRÄCHEN<br />

ZUM ERGEBNIS<br />

Foto: Joachim E. Roettgers<br />

Nach intensiven Verhandlungen<br />

in der zweiten Verhandlungsrunde<br />

der Tarifrunde <strong>2023</strong> im IBM-Konzern<br />

konnten ver.di und IBM am 21. April<br />

ein Verhandlungsergebnis erzielen.<br />

Es war kein leichter Weg: Zum Verhandlungstermin<br />

beharrte die Arbeitgeberseite<br />

weiterhin auf dem Standpunkt,<br />

dass IBM nicht einsieht, warum sie auf<br />

die stark gestiegenen Verbraucherpreise<br />

mit Gehaltssteigerungen reagieren sollen.<br />

Zwei Angebote der IBM-Vertreter:innen<br />

waren nicht einigungsfähig,<br />

ver.di lehnte ab. Als die Gespräche auf<br />

der Kippe standen, wurde in den Abendstunden<br />

ein Sondierungsgespräch in<br />

kleiner Runde anberaumt. Dort wurde<br />

gemeinsam eine Option erarbeitet, die<br />

die Basis für den zweiten Verhandlungstag<br />

legte. Die Arbeitgeber:innen starteten<br />

in den zweiten Verhandlungstag mit<br />

einem erneuten Angebot, das die jetzt<br />

vorliegende Einigung ermöglichte.<br />

Danach sollen die Tarifgehälter ab<br />

1. Mai <strong>2023</strong> für die Gesellschaften IBM D,<br />

R&D, CSS und FMS um 3,5 Prozent erhöht<br />

werden. Der Entgelttarifvertrag wird<br />

zu diesem Termin wieder in Kraft gesetzt<br />

und kann frühestens zum 30. April 2024<br />

gekündigt werden.<br />

Als Besonderheit gibt es bei IBM noch<br />

ein übertarifliches Gehaltserhöhungsprogramm,<br />

das ebenfalls am 1. Mai wirksam<br />

werden soll und ab Juni ausgezahlt wird.<br />

Dieses Programm sieht vor, dass zunächst<br />

eine Sockelerhöhung in Höhe von 2,7<br />

Prozent für alle Beschäftigten vorgenommen<br />

wird. Darüber hinaus wird ein Betrag<br />

in Höhe von 2,8 Prozent aus der<br />

Gesamtsumme aller Monatsgrundgehälter<br />

einer Abteilung errechnet, der<br />

von den Führungskräften individuell verteilt<br />

wird. Beschäftigte können damit<br />

noch einmal bis zu sechs Prozent mehr<br />

Geld erhalten. Die beiden Beträge aus<br />

Sockelerhöhung und der Führungskräfteplanung<br />

werden danach zu einem<br />

Erhöhungsbetrag addiert und ergeben<br />

die individuelle Gehaltserhöhung. „Das<br />

Gesamtpaket garantiert eine gute Entgeltsteigerung,<br />

in Summe kommen wir<br />

auf ein Gesamtvolumen in Höhe von 5,5<br />

Prozent“, sagt ver.di-Verhandlungsführer<br />

Pascal Röckert.<br />

Nachwuchskräfte<br />

Die Vergütungen für Master- und dual<br />

Studierende sollen um 3,5 Prozent angehoben<br />

werden. Für die Auszubildenden<br />

in der CSS GmbH sind pauschal 150 Euro<br />

mehr Ausbildungsvergütung zum 1. Mai<br />

vorgesehen. Die Einstiegsgehälter nach<br />

einem erfolgreichen Ausbildungsabschluss<br />

sollen bei Festanstellung auf<br />

3150 Euro monatlich steigen. „Uns war<br />

sehr wichtig, dass die Nachwuchskräfte<br />

profitieren. Für die Auszubildenden bedeuten<br />

150 Euro monatlich mehr Geld<br />

eine Tarifsteigerung im ersten Ausbildungsjahr<br />

von 18,75 Prozent“, erläutert<br />

Pascal Röckert.<br />

SIL<br />

Das Verhandlungsergebnis wird den<br />

ver.di-Mitgliedern im IBM-Konzern zur<br />

Diskussion vorgelegt (nach Redaktionsschluss).<br />

www.ibm.verdi.de


2<br />

INHALT<br />

2 ver.di<br />

ver.di-Podcast<br />

3 Editorial<br />

Termine der<br />

Betriebsgruppen<br />

4/5 Vodafone<br />

Wir werden um jeden<br />

Arbeitsplatz kämpfen!<br />

VER.DI<br />

ver.di-Podcast<br />

Die ver.di-Bundesfachgruppe IKT gibt es<br />

jetzt auch für die Ohren: Mit einem eigenen<br />

Podcast behandeln Jessica Sauerwald,<br />

zuständig für Social Media, und<br />

ver.di-Tarifsekretär Tim Feise aktuelle Themen.<br />

Ob Homeoffice, Tarifdschungel,<br />

Energiegeld oder Rente – die Themen<br />

sind vielfältig. Monatlich soll es zwei Folgen<br />

geben.<br />

Foto: Christian von Polentz<br />

5 Energiegeld<br />

Wir bleiben am Ball<br />

6 DOKOM21<br />

Angebot nicht einigungsfähig<br />

6 AT&T<br />

8 Prozent mehr Geld<br />

7 Google<br />

Europäischer Betriebsrat<br />

in den Startlöchern<br />

8/9 Montenegro<br />

136 Tage Streik<br />

erfolgreich beendet<br />

10/11 Jugend<br />

Bezahlbarer Wohnraum<br />

muss her<br />

Zum Podcast:<br />

https://verdiikt.<br />

podigee.io/<br />

VER.DI BUNDESFACHGRUPPE IKT<br />

GOES SOCIAL MEDIA<br />

FOLLOW US!<br />

#verdiIKT<br />

https://www.facebook.com/verdiikt<br />

#wirsindverdiIKT<br />

https://www.instagram.com/verdiikt/<br />

Folge uns für Tweets und Posts über die Themen,<br />

die die IT- und TK-Branche bewegen.<br />

@verdiikt<br />

https://twitter.com/verdiikt/<br />

ver.di_IKT zur Netzpolitik<br />

https://twitter.com/verdi_Netzpol<br />

Foto: Charles Yunck<br />

12/13 ver.di<br />

ver.di-Allianz der Versorger<br />

gut gerüstet<br />

14 Soziale Medien<br />

„Menschliche Filter für das<br />

Grausamste, was es gibt“<br />

15 Besoldung<br />

Unpassende Weichenstellung<br />

16 Schwerbehinderte<br />

Menschen<br />

Inklusion muss selbstverständlich<br />

sein<br />

Vom Reden zum Tun –<br />

der Aktionsplan 2.0<br />

IMPRESSUM<br />

<strong>KOMM</strong> Nr. 3/<strong>2023</strong><br />

23. Jahrgang<br />

Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bundes vorstand: Frank Werneke<br />

Christoph Schmitz, Fachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)<br />

Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin, Telefon: 030 6956-0 Internet: https://ikt.verdi.de<br />

Erscheinungsweise: 8 Ausgaben pro Jahr<br />

Redaktion: Jessica Sauerwald, Silke Leuckfeld (SIL) E-Mail: redaktion.komm@verdi.de<br />

Layout: datagraphis GmbH, Wiesbaden-Nordenstadt Internet: https://datagraphis.de<br />

Gedruckt auf GraphoSilk FSC® 80g/m 2<br />

Druck: Schaffrath DruckMedien GmbH Auflage: 80 394<br />

Anzeigen und Beilagen: Jessica Sauerwald<br />

Telefon: 030 6956-2442<br />

E-Mail: redaktion.komm@verdi.de<br />

Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 9. Juni <strong>2023</strong>


3<br />

<strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />

EDITORIAL<br />

TERMINE DER BETRIEBSGRUPPEN<br />

Diese Ausgabe ...<br />

... legt einen Schwerpunkt auf einen Antrag der Jugend bei der ver.di-Bundesfachbereichskonferenz.<br />

Die jungen Kolleginnen und Kollegen fordern von den Unternehmen<br />

Wohnheimplätze für Auszubildende und dual Studierende. Wie dringend<br />

sie gebraucht werden, ist, angesichts der explodierenden Mietpreise, die viele von<br />

uns spüren, nur zu ersichtlich. Besonders in den Ballungsräumen werden Quadratmeterpreise<br />

von weit mehr als zehn Euro bei Neuvermietungen gefordert. Nebenkosten<br />

und Heizung kommen noch obendrauf und die weiteren Lebenshaltungskosten<br />

sind auch nicht berücksichtigt.<br />

Dabei sind die Vergütungen der Auszubildenden und dual Studierenden zum Beispiel<br />

bei der Telekom durch die ver.di-Tarifverträge im Vergleich zu anderen Unternehmen<br />

gut. Dort werden bereits zu Beginn der Ausbildung 1085 Euro gezahlt.<br />

Die Telekom beteiligt sich mit der Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 300 Euro auch<br />

noch unter bestimmten Voraussetzungen an den Wohnkosten. Dennoch ist die<br />

Situation für die jungen Menschen schwierig. Wohnheimplätze gibt es nicht oder<br />

zu wenig, Wohnungen sind bundesweit Mangelware, das Ziel der Bundesregierung<br />

jährlich 400 000 Wohnungen zu bauen, ist in weite Ferne gerückt. Es gehört zur<br />

bitteren Wahrheit, dass nicht jede und jeder umziehen kann, um in einer anderen<br />

Stadt einen Beruf zu erlernen – weil das Geld nicht reicht, es keinen Wohnraum<br />

gibt und die Eltern nicht einspringen können. Damit werden Chancen vertan für<br />

die jungen Menschen, aber auch für die Unternehmen. Wohnen muss und wird<br />

deshalb auch ein brennendes Thema für die Gewerkschaften bleiben.<br />

<br />

Die <strong>KOMM</strong>-Redaktion<br />

www.mitgliedwerden.verdi.de<br />

Foto: geralt/pixabay<br />

Sie sind online zu finden unter:<br />

https://tk-it.verdi.de/<br />

Service<br />

Treffpunkte<br />

Oder einfach den<br />

QR-Code scannen<br />

Anzeige<br />

VPV<br />

GREEN INVEST<br />

Flexibel & nachhaltig<br />

investieren<br />

Sie möchten eine renditeorientierte Kapitalanlage und Ihr Leben trotzdem nachhaltiger gestalten?<br />

Dann ist VPV Green Invest genau das Richtige für Sie. Denn damit legen Sie Ihr Geld in sorgsam<br />

ausgewählte nachhaltige Fonds an.<br />

www.vpv.de/green-invest<br />

Weitere Informationen zur Nachhaltigkeit finden Sie unter vpv.de/nachhaltigkeit.<br />

Persönlich für Sie da – Ihre VPV – DIE Vereinigte Postversicherung.<br />

Der Partner für die Mitarbeiter/-innen der Telekom.


4<br />

VODAFONE<br />

Foto: Christian von Polentz<br />

Wir werden um jeden<br />

Arbeitsplatz kämpfen!<br />

1300 Arbeitsplätze sollen in Deutschland wegfallen, teilte Vodafone in einer<br />

knappen Pressemitteilung Ende März mit. Das Unternehmen richte sich neu<br />

aus. Das Ziel sei, den Kunden ein vertrauensvollerer Partner (Trusted Partner)<br />

zu werden und mit attraktiveren Angeboten im Markt wieder zu wachsen.<br />

Dafür wolle man effizienter werden und künftig noch stärker in kundennahe<br />

Bereiche wie Technik, Netzausbau und Großkunden-Projekte investieren.<br />

Wegfallen sollen Arbeitsplätze im Management,<br />

Doppelfunktionen und solche,<br />

die keinen direkten Kundenkontakt haben.<br />

Das Unternehmen wolle dabei „sozialverträglich<br />

vorgehen“. Gleichzeitig will<br />

Vodafone 400 Stellen im direkten Kundenkontakt<br />

neu besetzen. Zusammengefasst<br />

soll in einem Jahr die Zahl der Stellen<br />

um rund 900 gesunken sein. „Wir<br />

fordern keinen Stellenabbau, sondern<br />

Investitionen in die Qualifikation der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter“, betont<br />

Rolf Hartmann, ver.di-Gewerkschaftssekretär.<br />

„Die Beschäftigten brauchen<br />

Sicherheit im Umbruch. Es darf keine betriebsbedingten<br />

Beendigungskündigungen<br />

geben. Die Geschäftsleitung muss ihr<br />

Versprechen eines sozialverträglichen<br />

Umbaus ein halten.“<br />

Weniger Personal, besserer Service?<br />

„Wie soll mit weniger Personal besserer<br />

Kundenservice erzielt werden? Überall<br />

werden Fachkräfte gesucht, der Rotstift<br />

wird aus meiner Sicht an der falschen<br />

Stelle angesetzt“, sagt Patricia Thienel,<br />

stellvertretende Betriebsratsvorsitzende<br />

Vodafone Deutschland, Region 2. Und die<br />

Beschäftigten werden nicht zum ersten<br />

Mal mit Personalabbau konfrontiert. Vodafone<br />

übernahm 2015 Kabel Deutschland<br />

und 2019 Unitymedia. Seit der Übernahme<br />

von Unitymedia wurde unter der<br />

Überschrift „Integration und Transformation“<br />

bis vor Kurzem noch erheblich Personal<br />

abgebaut. Der dringend benötigte<br />

Erfolg am Markt hat sich hierdurch nicht<br />

eingestellt. „Bei ehemals Unitymedia wurde<br />

die Belegschaft vor und während der<br />

Integration in die Vodafone schon mehr<br />

als halbiert, unter anderem Doppelfunktionen<br />

abgebaut“, stellt Petra Schuster,<br />

ver.di-Betriebsgruppenvorsitzende Vodafone<br />

West in Baden-Württemberg, fest.<br />

„Das scheint wohl nicht so erfolgreich<br />

gewesen zu sein, wenn man direkt im Anschluss<br />

ein weiteres Programm hinterherschmeißen<br />

muss. Ich frage mich, wie man<br />

die verbleibenden Kolleginnen und Kollegen<br />

noch motivieren will, um ein erfolgreiches<br />

Kabelgeschäft zu gewährleisten.“<br />

Sowohl die Beschäftigten, als auch die<br />

Betriebsräte reagierten auf das angekündigte<br />

erneute Sparprogramm mit Unverständnis.<br />

Bezweifelt wird auch, ob sich<br />

dadurch die erwünschten Effekte wie ein<br />

verbesserter Kundenservice und mehr<br />

Marktanteile realisieren lassen.


5 <strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />

Fehler nicht wiederholen<br />

„Seien wir ehrlich“, sagte Vodafone-<br />

Deutschland-Chef Philippe Rogge dem<br />

„Handelsblatt“: „Wir brauchen jetzt einen<br />

Neustart. Und dafür müssen wir in Zukunft<br />

einiges gänzlich anders machen.“<br />

Gänzlich anders als in der Vergangenheit<br />

klingen seine Pläne für die Beschäftigten<br />

allerdings nicht, wie Frank Gerth, Betriebsratsvorsitzender<br />

Vodafone West,<br />

feststellt: „Die Zukunftsstrategie der Geschäftsführung<br />

kommt uns doch sehr bekannt<br />

vor: Kunden im Fokus, einfacher<br />

werden, Silodenken abbauen. Kennen wir<br />

diese Argumente nicht schon aus zahlreichen<br />

anderen Umstrukturierungsmaßnahmen<br />

der letzten Jahre? Vodafone will<br />

ein ,Trusted Partner‘ für unsere Kunden<br />

werden – aber bitte auch für unsere Kolleginnen<br />

und Kollegen. Personalabbau ist<br />

für mich die falsche Zukunftsstrategie.“<br />

Auch Hartmut Kort, Betriebsratsvorsitzender<br />

Vodafone Deutschland, Region 1,<br />

mahnt an, nicht die Fehler der Vergangenheit<br />

zu wiederholen: „Das Hauptaugenmerk<br />

sollte jetzt eher auf der Steigerung<br />

der Umsätze und Verbesserung der Servicequalität<br />

liegen und nicht darauf, mit<br />

Stellenabbau kurzfristig Personalkosten zu<br />

sparen. Ohne qualifiziertes Personal keine<br />

Kundenzufriedenheit! Im Klartext: Stellen<br />

abbauen und Aufgaben outsourcen hat in<br />

den vergangenen Jahren nicht wirklich<br />

super funktioniert.“ Deshalb sollten die<br />

Kernkompetenzen wieder zurück in die<br />

Vodafone nach Deutschland geholt werden.<br />

Durch Personalabbau seien die Probleme<br />

der Kund:innen erst recht nicht<br />

gelöst worden. Er kündigt an: „Wir werden<br />

um jeden Arbeitsplatz kämpfen!“<br />

Schlechte Quartalszahlen<br />

Laut „Handelsblatt“ seien im vergangenen<br />

Quartal die besonders relevanten<br />

Serviceumsätze abermals um 1,8 Prozent<br />

im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingebrochen,<br />

25 000 Kabelkunden hätten<br />

das Weite gesucht. Als eine Ursache für<br />

das schwindende Kundenvertrauen sieht<br />

Michael Haering, bei Vodafone West<br />

ver.di-Betriebsgruppenvorsitzender Nordrhein-Westfalen,<br />

auch die vergangenen<br />

Sparrunden: „Leider scheint es sich zu<br />

rächen, dass bei der Vodafone West zu<br />

viele Fach- und Führungskräfte, die Ahnung<br />

von der Materie hatten, das Unternehmen<br />

verlassen mussten. Das dadurch<br />

fehlende Knowhow wirkt sich jetzt auf<br />

das Unternehmensergebnis aus und<br />

zeugt von einer Kurzsichtigkeit des oberen<br />

Managements, die die Mitarbeitenden<br />

mal wieder bezahlen müssen.“<br />

Auf dem Rücken der Beschäftigten<br />

„Der Arbeitgeber begründet den geplanten<br />

Personalabbau von 1300 Stellen damit,<br />

dass wir in den letzten Wochen und<br />

Monaten unsere Ziele nicht erreicht haben.<br />

Schon vor Jahren haben Betriebsräte<br />

und vor allem Mitarbeitende aus sämtlichen<br />

Fachbereichen darauf aufmerksam<br />

gemacht, dass diese Einsparpolitik nicht<br />

zielführend sein kann“, sagt Marco Seefeldt,<br />

Betriebsratsvorsitzender Vodafone<br />

Deutschland Region 3: „Im Moment ist<br />

man mehr damit beschäftigt, sich intern<br />

zu transformieren, anstatt sich auf das<br />

Eigentliche zu konzentrieren, auf den<br />

Kunden. Es ist sehr traurig, dass die Mitarbeitenden<br />

wieder einmal die Leidtragenden<br />

sind und ihren Kopf für Misswirtschaft<br />

hinhalten müssen.“<br />

SIL<br />

www.vodafone.verdi.de<br />

ENERGIEGELD<br />

Wir bleiben am Ball<br />

Seit November fordert ver.di für die Beschäftigten in der IKT-Branche die<br />

Zahlung eines Energiekostenzuschusses – kurz Energiegeld. In einigen Tarifrunden<br />

für Telekom-Töchter wurden bereits erste Zahlungen vereinbart, wie<br />

bei der Privatkunden Vertriebsgesellschaft mbH (PVG) oder der Deutsche<br />

Telekom Services Europe SE (DT SE). Mit dem März-Gehalt zahlte die Telekom<br />

nun auch ein Energiegeld an die Tarifbeschäftigten im Konzern – allerdings<br />

nur unter bestimmten Voraussetzungen.<br />

Nach den Gesprächen, die ver.di<br />

im Januar mit der Telekom dazu<br />

geführt hatte, erhielten die Tarifbeschäftigten<br />

einschließlich der<br />

beurlaubten Beamtinnen und Beamten<br />

im Konzern ein Energiegeld.<br />

Voraussetzung dafür ist,<br />

dass das Jahresziel- oder Jahresfestgehalt<br />

am 31. Dezember 2022<br />

den Betrag von 75 000 Euro nicht<br />

überstiegen hat. Gezahlt wurde<br />

mit dem Gehalt im März <strong>2023</strong> ein<br />

Energiegeld in Höhe von 1000<br />

Euro, das steuer- und sozialabgabenfrei<br />

ist. Teilzeitbeschäftigte,<br />

die auf Vollzeitbasis die Voraussetzungen<br />

erfüllen, erhielten ebenfalls<br />

1000 Euro, Auszubildende und dual Studierende<br />

500 Euro. Nicht berücksichtigt<br />

wurden von der Telekom Ruheständler,<br />

Illustration: ver.di<br />

Personen in der passiven Altersteilzeit und<br />

aktive Beamt:innen.<br />

„In den Gesprächen hat sich ver.di dafür<br />

eingesetzt, dass der Arbeitgeber das<br />

Energiegeld ohne Unterschiede an alle<br />

Beschäftigten auszahlt“, sagt Frank<br />

Sauer land, ver.di-Bereichsleiter Tarifpolitik.<br />

„Wir konnten erreichen, dass nicht<br />

zwischen Entgeltgruppen sowie zwischen<br />

Voll- und Teilzeitbeschäftigten differenziert<br />

wird. Allerdings war der Arbeitgeber<br />

nicht bereit, auf eine Einkommensgrenze<br />

zu verzichten.<br />

Auch war er nicht bereit, denselben<br />

Betrag an Auszubildende<br />

und dual Studierende zu zahlen.“<br />

Im Wissen, dass viele Beschäftigte<br />

dringend auf das<br />

Geld angewiesen sind, hat sich<br />

das zuständige ver.di-Gremium<br />

mehrheitlich für eine schnelle<br />

Umsetzung der zusätzlichen<br />

Zahlung des Arbeitgebers ausgesprochen.<br />

Da mit der jetzigen<br />

Zahlung die Möglichkeiten, die<br />

der Gesetzgeber bis Ende 2024<br />

vorgesehen hat, noch nicht ausgeschöpft<br />

sind, bleibt ver.di<br />

beim Energiegeld am Ball. „Wir haben mit<br />

der Telekom verabredet, in 2024 weitere<br />

Gespräche hierzu zu führen“, betont<br />

Frank Sauerland.<br />

RED


6<br />

DOKOM21<br />

Angebot nicht einigungsfähig<br />

Die Tarifverhandlungen für die<br />

ver.di-Mitglieder bei dem regionalen<br />

Telekommunikationsanbieter<br />

DOKOM21 in Nordrhein-Westfalen<br />

wurden am 30. März fortgesetzt. Die<br />

Arbeitgeberseite legte zwar ein verbessertes<br />

Angebot vor, das aber aus<br />

ver.di-Sicht nicht einigungsfähig ist.<br />

Die Arbeitgeberseite unterbreitete zu Beginn<br />

der Verhandlungsrunde ein „neues“<br />

Angebot. „Sie haben aber ihr zweites Angebot<br />

vom 6. März nur ,aufgehübscht‘<br />

und bieten nun zusätzlich einen Sockelbetrag<br />

von 50 Euro an“, sagt Martin<br />

Wolff, ver.di-Gewerkschaftssekretär. „Um<br />

diesen Betrag wollen sie die Einkommen<br />

zunächst erhöhen und darauf dann die<br />

von ihnen angebotene Lohnerhöhung<br />

von 3,2 Prozent zahlen.“ Die ver.di-Verhandlungskommission<br />

bewertete das als<br />

völlig unzureichend. Nach intensiven Gesprächen<br />

am Verhandlungstisch legte die<br />

Geschäftsführung dann ein verbessertes<br />

Angebot vor. Danach sollen die Einkommen<br />

noch in diesem Jahr um 5,2 Prozent<br />

steigen, in 2024 dann um 3,3 Prozent. Sie<br />

boten zudem 2400 Euro Einmalzahlungen<br />

noch in <strong>2023</strong> und 600 Euro im kommenden<br />

Jahr an.<br />

Reicht immer noch nicht<br />

Das ver.di-Verhandlungsteam (v. l. n. r.) Oliver Möllenberg, Tobias Oswald,<br />

Martin Wolff, Fabian Serfling, Rejhan Nailovic.<br />

Die Geschäftsleitung beharrt auf einer<br />

Laufzeit von zwei Jahren für einen Tarifabschluss.<br />

„Die Entwicklungen der Lebenshaltungskosten<br />

und auch die wirtschaftlichen<br />

Entwicklungen über einen<br />

Zeitraum von 24 Monaten seriös zu prognostizieren,<br />

ist in der aktuellen Situation<br />

praktisch unmöglich“, betont Tobias<br />

Oswald von der ver.di-Verhandlungskommission.<br />

Deshalb halte ver.di eine Laufzeit<br />

von zwei Jahren für beide Seiten für den<br />

falschen Weg. ver.di fordert weiterhin<br />

einen Abschluss über zwölf Monate, um<br />

dann in erneute Tarifverhandlungen einzutreten.<br />

Zudem seien die angebotenen<br />

Prozentpunkte nicht ausreichend angesichts<br />

der aktuellen Preissteigerungen.<br />

Der von den ver.di-Mitgliedern geforderte<br />

Mindestbetrag, der gerade die Kolleginnen<br />

und Kollegen in den unteren Entgeltgruppen<br />

stärken soll, fehlt auch im neuen<br />

Angebot. Überhaupt nicht von ihnen berücksichtigt<br />

wurden die Auszubildenden.<br />

Die ver.di-Forderungen<br />

Die ver.di-Mitglieder bei DOKOM21 hatten<br />

Ende Januar die Tarifforderungen<br />

beschlossen. ver.di fordert eine tabellenwirksame<br />

Erhöhung der Entgelte um<br />

zwölf Prozent, mindestens aber 500<br />

Euro. Die Vergütungen der Auszubildenden<br />

sollen pauschal um 200 Euro steigen.<br />

Gestrichen werden soll die Entgeltgruppe<br />

1a. <br />

SIL<br />

Über den weiteren Verlauf<br />

der Tarifverhandlungen<br />

informieren wir unter<br />

https://kurzelinks.de/<br />

ua62<br />

Foto: ver.di<br />

AT&T<br />

8 Prozent mehr Geld<br />

ver.di konnte in der Tarifrunde 2022/23 für die Tarifbeschäftigten bei AT&T<br />

Global Network Services Deutschland GmbH ein sehr gutes Tarif ergebnis<br />

erzielen.<br />

Zum April <strong>2023</strong> steigen die Tarifgehälter<br />

um acht Prozent. Darüber hinaus wird<br />

eine Inflationsausgleichsprämie – steuerund<br />

sozialabgabenfrei – in Höhe von<br />

1500 Euro gezahlt. Berechtigt zur Auszahlung<br />

der Inflationsausgleichs prämie<br />

sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />

deren tatsächliches monat liches<br />

Grundgehalt zum 1. Januar <strong>2023</strong> mehr<br />

als 200 Euro unter den neuen Tarifgehältern<br />

lag. Durch die Tariferhöhung steigert<br />

sich auch die Mehrarbeitszeitgrenze um<br />

acht Prozent. Diese ist an das Tarifgehalt<br />

PRO B gekoppelt und wird danach berechnet.<br />

Der neue Tarifvertrag hat eine<br />

Laufzeit bis 31. März 2024.<br />

Tarifgehälter gültig ab 1. April <strong>2023</strong><br />

(Brutto-Beträge)<br />

ATO A3 / PRO A3<br />

ATO A4 / PRO A4<br />

ATO A5 / PRO A5<br />

PRO B / MGR B<br />

5202,00 Euro<br />

5934,00 Euro<br />

6745,00 Euro<br />

7687,00 Euro<br />

JETZT ONLINE BEITRETEN<br />

mitgliedwerden.verdi.de


7<br />

<strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />

GOOGLE<br />

Europäischer Betriebsrat<br />

in den Startlöchern<br />

Die europäische Google-Belegschaft<br />

– einschließlich der Arbeitnehmer:innen<br />

in der Schweiz und im Vereinigten<br />

Königreich – wird bald unter die<br />

erste Vereinbarung über einen Europäischen<br />

Betriebsrat fallen, die den<br />

Arbeitnehmer:innen das Recht einräumt,<br />

bei Entscheidungen, die ihre<br />

Interessen betreffen, informiert und<br />

angehört zu werden. Dies teilte die<br />

Uni Global Union, der weltweite Zusammenschluss<br />

der Dienstleistungsgewerkschaften<br />

mit.<br />

Die Vereinbarung über einen Europäischen<br />

Betriebsrat (EBR) sei Ende März<br />

unterzeichnet worden. Sie sei von entscheidender<br />

Bedeutung, da Google in<br />

ganz Europa in größerer Zahl Entlassungen<br />

vornehme. Die Beschäftigten seien<br />

weder rechtzeitig informiert noch beteiligt<br />

worden.<br />

Dieses globale Personalabbauprogramm<br />

habe teilweise zu einem beschleunigten<br />

Anstieg der Eintritte in die Gewerkschaften<br />

beigetragen, insbesondere<br />

im Vereinigten Königreich, in Irland und<br />

in der Schweiz, den drei größten europäischen<br />

Standorten von Google.<br />

Mit der Vereinbarung wird der erste<br />

EBR im Unternehmen gegründet. EBRs<br />

vertreten die Arbeitnehmer:innen eines<br />

Unternehmens, das in Europa ansässig<br />

ist. Über diese Räte müssen die Unternehmen<br />

Informationen austauschen und die<br />

Vertreter:innen der Arbeitnehmer:innen<br />

anhören. Den Vertreter:innen der Beschäftigten<br />

wird bei Entscheidungen, die<br />

sich auf die Beschäftigungs- oder Arbeitsbedingungen<br />

auf europäischer Ebene<br />

auswirken könnten, ermöglicht, angehört<br />

zu werden. EBR sind für Unternehmen,<br />

die in zwei oder mehr Mitgliedstaaten der<br />

Europäischen Union tätig sind, gesetzlich<br />

vorgeschrieben, wenn sie von den Arbeitnehmer:innen<br />

initiiert werden.<br />

Vereinbarungen zur Einrichtung von<br />

Betriebsräten werden von einem besonderen<br />

Verhandlungsgremium (BVG) ausgehandelt,<br />

das sich aus den Vertreter:innen<br />

der Arbeitnehmer:innen aus den<br />

verschiedenen Ländern des europäischen<br />

Betriebs zusammensetzt. Die Vertreter:innen<br />

der Beschäftigten von Google<br />

Foto: ©Sundry Photography – stock.adobe.com<br />

wurden im BVG von Jonathan Hayward,<br />

dem Experten von Unite the Union für<br />

EBR, unterstützt. Christine Muhr von<br />

ver.di ist im internationalen Austausch<br />

auch als UNI-Vice-Präsidentin für den<br />

ICTS-Sektor engagiert und die deutsche<br />

Ansprechpartnerin für Google-Beschäftigte.<br />

Schweiz und Großbritannien dabei<br />

Das Vereinigte Königreich hat eine der<br />

größten Belegschaften in ganz Europa. Es<br />

ist den Google-Mitarbeiter:innen im BVG<br />

gelungen, die Einbeziehung des Vereinigten<br />

Königreichs und der Schweiz, zweier<br />

europäischer Länder, die nicht Teil der<br />

Europäischen Union sind, auszuhandeln.<br />

„Ein bedeutender Durchbruch wurde erzielt,<br />

als wir mit dem Google-Managementteam<br />

eine Einigung über die Einbeziehung<br />

von Arbeitnehmer:innen aus<br />

dem Vereinigten Königreich und der<br />

Schweiz sowie viele andere wichtige Verbesserungen<br />

des Abkommens erzielten“,<br />

so Hayward von Unite.<br />

Die Google-Arbeitnehmer:innen werden<br />

in den kommenden sechs Monaten<br />

ihre EBR-Vertreter:innen wählen. Unmittelbar<br />

nach den Wahlen wird der EBR<br />

seine Arbeit aufnehmen.<br />

„UNI wird die Gewerkschaften weiterhin<br />

bei der Organisierung und der Durchsetzung<br />

von Tarifverträgen auf nationaler<br />

Ebene unterstützen, aber diese Vereinbarung<br />

ist ein großer Schritt auf dem<br />

Weg zu einer Stimme der Arbeitnehmer:innen<br />

auf europäischer Ebene“, sagte<br />

Oliver Roethig, Regionalsekretär von<br />

UNI Europa.<br />

UNI Global Union<br />

UNI Global Union unterstützt seit Langem<br />

die grenzüberschreitende Organisierung<br />

von Tech-Beschäftigten – einschließlich<br />

Google-Beschäftigten – in Europa und auf<br />

der ganzen Welt. Mit diesem neuen Start<br />

für einen EBR glauben die Gewerkschaften,<br />

dass „Googlers getting organized“<br />

(„Googler organisieren sich“) ein Suchbegriff<br />

ist, der an Popularität gewinnen<br />

wird.<br />

Die Gewerkschaften, die die Google-<br />

Beschäftigten vertreten, betrachten dies<br />

als eine wichtige Entwicklung im Technologiesektor,<br />

da Unternehmen von<br />

Googles Größe, Bedeutung und Einfluss<br />

die Arbeitswelt im Allgemeinen beeinflussen.<br />

Unite ist entschlossen, durch ihre eigenen<br />

Aktivist:innen und engagierten Funktionär:innen<br />

in der Digital- und Technologiebranche<br />

die Gewerkschaft an der Spitze<br />

der digitalen Wirtschaft zu halten.<br />

Zum Artikel bei Uni Global Union:<br />

https://kurzelinks.de/z715


8<br />

MONTENEGRO<br />

Fotos: Union of Free Trade Unions of Montenegro<br />

136 Tage Streik<br />

erfolgreich beendet<br />

Foto: Kay Herschelmann<br />

Die Gewerkschaft Sindikat Telekoma<br />

CRNE Gore (Gewerkschaft der Beschäftigten<br />

der Telekom Montenegros)<br />

konnte den Dauerkonflikt mit<br />

dem Unternehmen erfolgreich beenden.<br />

Länger als vier Monate wurde<br />

die Cmogorski Telekom bestreikt.<br />

Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft<br />

der Hrvatski Telekom in<br />

Kroatien, die wiederum ein Tochterunternehmen<br />

der Deutschen Telekom<br />

ist. 480 Beschäftigte arbeiten in<br />

dem Unternehmen in Montenegro.<br />

Fast 200 Gewerkschaftsmitglieder<br />

waren 136 Tage im Dauerstreik.<br />

Jetzt gab es eine Einigung.<br />

VON ADO WILHELM<br />

Seit 2008 hatten die Beschäftigten keine<br />

Tariferhöhung mehr erhalten. Die Inflation<br />

in Montenegro hat seitdem die Rekordmarke<br />

von 48 Prozent erreicht. Es<br />

ging den Streikenden aber nicht nur ums<br />

Geld. Das Unternehmen hat einseitig Regelungen<br />

und Verträge gebrochen und<br />

Leistungen eingestellt. Das Unternehmen<br />

ist in Montenegro die Nummer zwei am<br />

Ado Wilhelm<br />

Beauftragter der<br />

ver.di-Bundesfachgruppe<br />

IKT für<br />

internationale<br />

Fragen<br />

Markt und extrem erfolgreich. Geld ist<br />

also da, auch wenn die Unternehmensleitung<br />

den wirtschaftlichen Erfolg, wie bei<br />

Tarifauseinandersetzungen üblich, „klein<br />

rechnet“. Die Gewerkschaft ist eine<br />

Schwestergewerkschaft von ver.di, gemeinsam<br />

unter dem Dach von UNI Global<br />

UNION (UNI), dem Dachverband der<br />

Dienstleistungsgewerkschaften weltweit.<br />

Neben dem Komplex Tariferhöhungen,<br />

gab es weitere streitige Sachverhalte.<br />

Dem Unternehmen wurde vorgeworfen,<br />

gegen bestehende Gesetze, gegen nationales<br />

Arbeitsrecht, Verträge und gemeinsame<br />

Vereinbarungen verstoßen zu haben.<br />

Zudem seien einseitig vertraglich<br />

geschützte Regelungen ausgesetzt worden.<br />

Druck und Repressalien<br />

Die Gewerkschaft hatte sich öffentlich darüber<br />

beklagt, dass sie und die Streikenden<br />

ständig Druck, Drohungen und Repressalien<br />

ausgesetzt worden seien. Beide<br />

Seiten haben sich auch mit einer Reihe von<br />

Anzeigen vor der Arbeitsinspektion, die<br />

vergleichbar mit einem Arbeitsgericht in<br />

Deutschland ist, überzogen. Respekt, Fairness<br />

und Anstand sind die Verhaltensnormen,<br />

die ein Unternehmen im Umgang<br />

mit seinen Beschäftigten auszeichnet und<br />

nicht Überordnung und Unterordnung.<br />

Die Angriffe gegen die Gewerkschaft und<br />

deren Mitglieder sind Managementmethoden<br />

aus dem vergangenen Jahrhundert.<br />

Auch der Einsatz von Streikbrechern,<br />

so der Vorwurf der Gewerkschaft, stelle<br />

einen klaren Rechtsverstoß dar.<br />

Internationale Solidarität<br />

ver.di unterstützte die Streikenden. Unter<br />

anderem wurde auf das Telekom-Management<br />

in Deutschland eingewirkt, um<br />

das örtliche Management anzuhalten faire<br />

Verhandlungen zu führen, um den Konflikt<br />

rasch zu beenden. ver.di-Bundesfachbereichsleiter<br />

Christoph Schmitz führte<br />

diverse Gespräche mit dem Management<br />

der DTAG. Er machte deutlich, dass auch<br />

Ansehen und Reputation der Muttergesellschaft<br />

DTAG auf dem Spiel stünden.<br />

Der globale Gewerkschaftsbund UNI,<br />

der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB),<br />

der Europäische Gewerkschaftsbund<br />

(EGB), OTU (Union der europäischen Gewerkschaften<br />

im Telekom Konzern), die<br />

ver.di-Bundesfachgruppenkonferenz IKT<br />

und die ver.di-Bundesfachbereichskonferenz<br />

sagten den Streikenden in Montenegro<br />

ihre Solidarität und Unterstützung zu.<br />

Sie appellierten an das Management und<br />

schrieben an Dritan Abazović , Ministerpräsident<br />

von Montenegro. Dabei forderten<br />

sie, die Gesetze einzuhalten und auf<br />

faire Verhandlungen auf Augenhöhe hinzuwirken.<br />

Besuch in Montenegro<br />

Ado Wilhelm und Achim Fischer, Beauftragte<br />

der ver.di-Bundesfachgruppe IKT<br />

für internationale Fragen, besuchten im


9 <strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />

März die Streikenden in Podgorica, der<br />

Landeshauptstadt Montenegros und<br />

gleichzeitig Sitz des Unternehmens. Der<br />

Präsident der Gewerkschaft, Zeljko Buric,<br />

zeigte sich sehr dankbar für die Unterstützung<br />

durch ver.di. Gespräche mit dem<br />

Vorstand der Gewerkschaft, dem Streikkomitee<br />

und der Besuch einer Streikversammlung<br />

standen auf der Agenda.<br />

Gespräch mit dem CEO<br />

Bei ihrem Besuch führten die beiden<br />

ver.di-Kollegen auch ein Gespräch mit<br />

Stjepan Udovicić , Generaldirektor und CEO<br />

des Unternehmens. Dabei wurde deutlich,<br />

dass die Positionen der beiden Parteien<br />

weit auseinanderliegen. Es wurde darüber<br />

diskutiert, wie die beiden „Seiten“ konstruktiv<br />

aufeinander zugehen könnten.<br />

Nach dem Gespräch mit dem CEO<br />

stand ein weiterer wichtiger Termin an.<br />

Der deutsche Botschafter Peter Felten<br />

hatte Interesse daran, von ver.di zu erfahren,<br />

wie denn die Situation zu bewerten<br />

sei. Die beiden ver.di-Vertreter berichteten<br />

dem Botschafter über die ver.di-Bemühungen<br />

in Deutschland und über die<br />

bisher mit der Gewerkschaft und dem<br />

Dachverband der Gewerkschaften (Union<br />

of Free Trade Unions of Montenegro) geführten<br />

Gespräche. Auch die Eindrücke<br />

aus dem Gespräch mit dem CEO fanden<br />

sein Interesse. Einige Tage zuvor hatte der<br />

Botschafter ebenfalls den CEO getroffen.<br />

Weitere Unterstützung zugesagt<br />

Auch nachdem nun der Konflikt beendet<br />

ist, wurde mit den Kolleg:innen vereinbart,<br />

sie weiter zu unterstützen. In einem<br />

Workshop soll die Tarifauseinandersetzung<br />

aufgearbeitet und Schlüsse für die<br />

Zukunft gezogen werden.<br />

DER TARIFVERTRAG IM DETAIL<br />

Nach intensiven Verhandlungen, die<br />

Anfang März begannen und nach 136<br />

Tagen Dauerstreik, einigten sich die<br />

Parteien auf Beibehaltung und Verbesserung<br />

der tarifvertraglichen Leistungen.<br />

Damit wurde der beste Tarifvertrag<br />

für die Beschäftigten in der Privatindustrie<br />

von Montenegro erreicht:<br />

Der Monatslohn der Beschäftigten<br />

von Crnogorski Telekom steigt um<br />

15 Prozent ab 1. April <strong>2023</strong>, um 2,5<br />

Prozent ab 1. Januar 2024 und noch<br />

einmal um 2,5 Prozent ab Januar<br />

2025.<br />

Das Wintergeld (erhöhte Zahlungen<br />

wegen höherer Lebenshaltungskosten<br />

in den Wintermonaten) bleibt<br />

in der bisherigen Form im Tarifvertrag<br />

bestehen.<br />

Prämien für das Erreichen persönlicher<br />

und kollektiver Ziele werden<br />

in den Tarifvertrag eingeführt. Das<br />

neue Leistungssystem wird ab 2024<br />

angewendet, nachdem die Systematik<br />

der Zielefestlegung und Leistungsbewertung<br />

vertraglich geregelt<br />

wurde.<br />

Die vom Arbeitgeber bisher gewährte<br />

Zahlung für die freiwillige private<br />

Krankenversicherung gilt weiterhin.<br />

Die Zahlungen für Sommer- und<br />

Winterurlaubszuschüsse, Jubiläumsprämien,<br />

Abfindungen und anderen<br />

Regelungen wurden ebenfalls<br />

deutlich verbessert.<br />

Alle Regelungen gelten fünf Jahre,<br />

bis 31. Dezember 2027.<br />

Die Mitarbeiter von Crnogorski Telekom<br />

haben damit den besten Tarifvertrag<br />

aller Privatunternehmen in<br />

Montenegro. Das Ziel, die bestmöglichen<br />

Arbeitsbedingungen in dem Unternehmen<br />

zu schaffen, die Zufriedenheit<br />

der Mitarbeiter zu erhöhen, um<br />

damit zusätzliches Wachstum des Unternehmens<br />

zu fördern und die führende<br />

Position von Crnogorski Telekom in<br />

Montenegro erhalten und auszubauen,<br />

wurde erreicht. Das macht auch die<br />

Arbeitsplätze sicherer. <br />

AW


10<br />

OXOXOXOXOOX<br />

JUGEND<br />

BEZAHLBARER<br />

WOHNRAUM MUSS HER<br />

Die ver.di-Jugend hat sich klar positioniert: „Bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende“<br />

lautete ihr Antrag auf der ver.di-Bundesfachbereichskonferenz.<br />

Die Delegierten stimmten zu und leiteten ihn an den ver.di-Bundeskongress,<br />

der das höchste Gremium der Gewerkschaft ist, weiter. Im Herbst tagt der<br />

ver.di-Bundeskongress, dort wird dann entschieden, ob die gesamte Gewerkschaft<br />

sich hinter diese Forderung stellt.<br />

VON SILKE LEUCKFELD<br />

Vom 17. bis 23. September <strong>2023</strong> tagt in<br />

Berlin der 6. ordentliche ver.di-Bundeskongress.<br />

Alle vier Jahre kommen rund<br />

1000 ver.di-Mitglieder aus ganz Deutschland<br />

zu diesem Kongress zusammen. In<br />

ihren Unterlagen werden sich rund 1000<br />

Anträge befinden, über die sie beraten<br />

und entscheiden sollen. Mit dabei ist der<br />

Antrag der ver.di-Jugend zu bezahlbarem<br />

Wohnraum und er ist sicherlich einer der<br />

Wichtigsten. Der Antragstext lautet:<br />

„ver.di setzt sich dafür ein, dass Arbeitgeber<br />

sich verstärkt an den Mietkosten ihrer<br />

Auszubildenden, dual Studierenden sowie<br />

Beamtenanwärterinnen und -anwärter<br />

(Nachwuchskräfte) beteiligen. Zusätzlich<br />

sollen Arbeitgeber mehr Werkswohnungen<br />

für Nachwuchskräfte schaffen.“<br />

Geld von der Telekom<br />

Bisher sind dazu nur wenige Unternehmen<br />

bereit. Werkswohnungen für Auszubildende<br />

und dual Studierende gibt es<br />

auch bei der Deutschen Telekom nicht.<br />

Aber ver.di hat mit dem Konzern eine Vereinbarung<br />

zur Unterhaltsbeihilfe abgeschlossen,<br />

die im vergangenen Jahr auf<br />

300 Euro monatlich erhöht wurde. Die<br />

Unterhaltsbeihilfe wird gewährt, wenn<br />

die einfache Entfernung/Fahrtzeit zwischen<br />

Haustür der Eltern des Auszubildenden<br />

und Haustür der Ausbildungsstätte,<br />

inklusive aller Warte- und Umsteigezeiten<br />

(sowie Fußwegen), mit öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln mehr als 90<br />

Minuten beträgt. Für dual Studierende ist<br />

die Fahrtzeit zwischen Wohnort und Studienort<br />

maßgeblich). Alle antragsberechtigten<br />

Auszubildenden und dual Studierenden<br />

erhalten die Unterhaltsbeihilfe ab<br />

dem Monat, in dem der Antrag beim


11 <strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />

OXOXOXOXOOX<br />

Zentralen Ausbildungsmanagement eingegangen<br />

ist. Tipp: ver.di empfiehlt, die Berechnung<br />

der Fahrtzeit mithilfe des Online-Portals<br />

der Deutschen Bahn („Adresse<br />

zu Adresse“-Suche) vorzunehmen und einen<br />

Ausdruck an den Antrag anzuhängen.<br />

Dieser zwischen ver.di und der Deutschen<br />

Telekom vereinbarte Zuschuss ist<br />

einmalig in der IKT-Branche.<br />

Politik aufgewacht?<br />

Noch während der Antrag der ver.di-Jugend<br />

im Fachbereich beraten wurde,<br />

verkündete Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin<br />

für Wohnen, Stadtentwicklung<br />

und Bauwesen, ihr Programm „Bezahlbarer<br />

Wohnraum für junge Menschen:<br />

Sonderprogramm Junges Wohnen<br />

gestartet!“. Noch in diesem Jahr will sie<br />

500 Millionen Euro für neue Wohnheimplätze<br />

für Studierende und Auszubildende<br />

und zusätzlich weitere zwei Milliarden<br />

Euro für den sozialen Wohnungsbau ausgeben.<br />

„Zum ersten Mal gibt es im Rahmen<br />

des sozialen Wohnungsbaus ein<br />

Förderprogramm nur für junge Menschen<br />

in Ausbildung. Sie sollen sich vor<br />

allem auf ihre Ausbildung konzentrieren<br />

und nicht wochen- oder gar monatelang<br />

auf Wohnungssuche sein“, sagte die<br />

Ministerin. „Mit einer halben Milliarde<br />

Euro können die Länder jetzt Wohnheimplätze<br />

neu- oder umbauen, um junge<br />

Menschen in die Region zu holen oder<br />

zu halten.“ Damit würde der Standort<br />

Deutschland insgesamt attraktiv für junges<br />

Knowhow, aber auch die einzelnen<br />

Regionen würden erheblich profitieren.<br />

„Wer einmal da ist, bleibt vielleicht. Wie<br />

gut man Wohnraum findet, den sich<br />

jeder leisten kann, ist dabei ein entscheidender<br />

Faktor“, meinte Klara Geywitz.<br />

„Mit diesem gezielten Fokus auf Junges<br />

Wohnen werden wir sicher schnell Erfolge<br />

erzielen.“<br />

Schnelle Erfolge?<br />

Ob das Wohnungsbauprogramm<br />

der<br />

Bundesregierung so<br />

schnell neuen Wohnraum<br />

für Auszubildende<br />

und Studierende<br />

schaffen kann, wie<br />

Wohnungen aktuell<br />

benötigt werden, ist<br />

zweifelhaft. Bundesweit<br />

fehlen in diesem<br />

Jahr rund 700 000<br />

Wohnungen. Dies hat<br />

eine Studie errechnet,<br />

die vom Bündnis „Soziales<br />

Wohnen“ in<br />

Auftrag gegeben wurde. Zu dem Bündnis<br />

haben sich der Mieterbund, die Industriegewerkschaft<br />

Bauen-Agrar-Umwelt<br />

(IG BAU) und weitere Verbände zusammengeschlossen.<br />

Die Bundesregierung will jedes Jahr<br />

400000 neue Wohnungen bauen, davon<br />

100000 Sozialwohnungen. Dass dies umsetzbar<br />

ist, wird von Expert:innen angesichts<br />

explodierender Bau- und Grundstückskosten<br />

bezweifelt. Ernüchtert ist<br />

auch Bundesbauministerin Klara Gey witz,<br />

die gegenüber dem Portal „Web.de<br />

Fotos: Charles Yunck<br />

News“ sagte: „Ich gehe nicht davon aus,<br />

dass die Zahl von 400 000 Wohnungen in<br />

den Jahren 2022 und <strong>2023</strong> erreichbar ist.“<br />

Umso wichtiger ist es, dass Auszubildende<br />

und dual Studierende nicht auch<br />

noch um den knappen Wohnraum mit<br />

anderen Wohnungssuchenden konkurrieren<br />

müssen. „Auszubildende brauchen<br />

günstigen Wohnraum, insbesondere in<br />

den Ballungsgebieten, wo die Nachfrage<br />

immer weiter steigt. Während es für Studierende<br />

längst Wohnheime gibt – wenn<br />

auch mit zu wenigen Plätzen – sind Auszubildenden-Wohnheime<br />

immer noch<br />

die Ausnahme. Deshalb begrüßen wir<br />

das Förderprogramm ,Junges Wohnen‘<br />

des Bundes“, betonte Julia Böhnke,<br />

ver.di-Bundesjugendsekretärin: „Gerade<br />

vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels<br />

ist es wichtig, dass man jungen<br />

Menschen nicht nur gute Ausbildungsbedingungen<br />

anbietet, sondern auch<br />

bezahlbaren Wohnraum, von wo sie sowohl<br />

den Betrieb als auch die Berufsschule<br />

gut erreichen können.“<br />

Wie lange es allerdings dauert, bis die<br />

Wohnheimplätze des Bundesprogramms<br />

für Auszubildende und dual Studierende<br />

fertig sind, ist ungewiss.<br />

Pressemitteilung des Bundesministeriums<br />

zum Start des Programms „Junges Wohnen“:<br />

https://kurzelinks.de/lu9r<br />

BERUFSAUSBILDUNGSBEIHILFE<br />

Wenn du während deiner Ausbildung<br />

in einer eigenen Wohnung<br />

lebst, reicht deine Ausbildungsvergütung<br />

vielleicht nicht aus, um<br />

neben der Miete auch noch Lebensmittel<br />

oder die Fahrten nach Hause<br />

zu bezahlen. Die Agentur für Arbeit<br />

kann dir in bestimmten Fällen weiterhelfen:<br />

Mit der sogenannten<br />

Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)<br />

unterstützt sie dich während deiner<br />

Ausbildung mit einem monatlichen<br />

Zuschuss.<br />

Weitere Infos und den Antrag<br />

findest Du hier:<br />

https://kurzelinks.de/i75e<br />

Tipps von der ver.di-Jugend, auch<br />

zum staatlichen Wohngeld:<br />

https://kurzelinks.de/aomf<br />

Studie vom Bündnis „Soziales<br />

Wohnen“ als PDF:<br />

https://kurzelinks.de/y5v3


12<br />

VER.DI<br />

Ein konkreter Arbeitsschwerpunkt für die<br />

nächsten Jahre ist die „Weiterentwicklung<br />

der kollektiven Betriebs- und Tarifarbeit“.<br />

Mit großer Mehrheit verabschiedeten<br />

die Delegierten dafür einen Konzeptentwurf,<br />

der bis 2024 zur Diskussion<br />

steht. In der auf der Konferenz begonnenen<br />

Debatte ging es vor allem um den<br />

Punkt verbindlicher Absprachen zum gewerkschaftlichen<br />

Organisationsgrad in<br />

einem Unternehmen, bevor Tarifverhandlungen<br />

aufgenommen werden. Als Orientierungswerte<br />

werden im Papier zwischen<br />

30 und 50 Prozent vorgeschlagen. Hier<br />

gab es durchaus Einwände, jedoch mehrheitlich<br />

Zustimmung. 133 Anträge lagen<br />

den knapp 200 Delegierten zur Beschlussver.di-Allianz<br />

der Versorger gut<br />

gerüstet<br />

Die Delegierten des ver.di-Bundesfachbereichs<br />

Finanzdienste, Kommunikation<br />

und Technologie, Kultur,<br />

Ver- und Entsorgung wählten ihren<br />

neuen Vorstand für die nächsten vier<br />

Jahre.<br />

VON KARIN WENK<br />

Diskussionsfreude, gegenseitiger<br />

Respekt,<br />

Wertschätzung, Kritik<br />

und vor allem Neugierde,<br />

mehr voneinander<br />

zu erfahren,<br />

Gemeinsamkeiten und<br />

auch Unterschiede<br />

auszumachen – all das<br />

prägte die erste Konferenz<br />

des gemeinsamen<br />

ver.di-Bundesfachbereiches Finanzdienste,<br />

Kommunikation und Technologie,<br />

Kultur, Ver- und Entsorgung in Berlin.<br />

Naturgemäß wurde viel gewählt: neue<br />

Gremien und Delegierte für den Gewerkschaftsrat<br />

und den ver.di-Kongress im<br />

September. So gerüstet geht es nun in die<br />

nächsten vier Jahre gewerkschaftlichen<br />

Miteinanders.<br />

Als „Chef“ des Fachbereiches und damit<br />

für den neuen Bundesvorstand von<br />

ver.di wurde der „alte“ Fachbereichsleiter<br />

Christoph Schmitz mit großer Mehrheit<br />

(95,7 Prozent) nominiert. Gewählt wird<br />

dann auf dem Gewerkschaftskongress im<br />

September in Berlin. Der ehrenamtliche<br />

Vorstand des Fachbereiches mit 57 Mitgliedern<br />

konnte sich bereits nach seiner<br />

Wahl noch am ersten Konferenztag konstituieren,<br />

neuer Vorsitzender ist Manfred<br />

Kloiber (Vorsitzender der Fachgruppe Medien,<br />

Journalismus und Film).<br />

Gewerkschaft begleitet Einführung<br />

von KI<br />

Die Mitglieder aus der Informations- und<br />

Kommunikationstechnologie haben sich<br />

zu einer Fachgruppe zusammengeschlossen.<br />

Das diene der Ressourcenschonung,<br />

sei aber auch aufgrund des Verschmelzens<br />

von Themen und Fragestellungen<br />

sinnvoll, berichtete Constantin Greve.<br />

Dieser gelungene Prozess sei einher gegangen<br />

mit einer Neuausrichtung der<br />

Arbeit, bei der<br />

mehr Mitgliederorientierung<br />

sowie<br />

mehr Entscheidungs- und Beteiligungsmöglichkeiten<br />

für die Gewerkschafter*innen<br />

im Fokus stehen würden. Ein<br />

Highlight der letzten Jahre war die Begleitung<br />

der Einführung von KI-Systemen<br />

zum Beispiel bei IBM und der Telekom.<br />

Über Beteiligung und Dialog<br />

ver.di-Bundesvorstandsmitglied und Bundesfachbereichsleiter<br />

Christoph Schmitz<br />

plädierte in seiner „Bewerbungsrede“ für<br />

die Nominierung zum künftigen Bundesvorstand,<br />

für mehr Beteiligung und Dialog<br />

in der Arbeit mit den Mitgliedern und in<br />

der Ansprache von Menschen, die es für<br />

ver.di zu gewinnen gilt. „Der Dialog hilft<br />

uns auch, Impulse aufzunehmen, um gewerkschaftliche<br />

und tarifliche Fragen Guter<br />

Arbeit und guter Arbeitsbedingungen<br />

wieder intensiver und teilweise neu zu<br />

diskutieren. Es lohnt sich, darüber ins Gespräch<br />

zu kommen, warum viele Jüngere<br />

ihren Beruf nicht als zentralen Lebensinhalt<br />

sehen“, sagte Schmitz. Statt die<br />

Haltung der jüngeren Generation als ungerecht<br />

gegenüber den Älteren zu finden,<br />

„müssen wir alles daransetzen, dass sich<br />

niemand kaputt arbeitet – egal ob jung<br />

oder älter“. Arbeitszeit sei dabei nur ein<br />

Thema. Im Alltag gehe es wieder mehr um<br />

Belastung, Gesundheit und Krankheitsquoten<br />

– oft als Folge eines zunehmenden<br />

Arbeits- und Fachkräftemangels. „Es geht<br />

um die bessere Vereinbarkeit von Arbeit<br />

Foto: Martha Richards<br />

und Privatleben, nicht nur für Jüngere in<br />

der Elternphase, nicht nur für Menschen<br />

mittleren Alters, wenn es um pflegebedürftige<br />

Angehörige geht, sondern auch<br />

für rentennähere Jahrgänge, für die es<br />

darum gehen kann, mit kürzeren Arbeitszeiten<br />

gesund in die Rente zu kommen.“<br />

Organisationsgrad in den Betrieben<br />

entscheidend<br />

Karin Wenk<br />

Redakteurin<br />

der ver.di-<br />

Zeitschrift M –<br />

Menschen Machen<br />

Medien


13 <strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />

fassung und Weiterleitung an den<br />

ver.di-Bundeskongress oder den Bundesvorstand<br />

des Fachbereiches vor.<br />

„Kampforganisation mit Herz“<br />

„Warten auf Frank“, war auch eine Devise<br />

dieser Konferenz. Der ver.di-Vorsitzende<br />

verhandelte mit Bund und Kommunen<br />

über die Tarife für die 2,5 Millionen Beschäftigten<br />

des Öffentlichen Dienstes. Mit<br />

wenig Schlaf, aber dennoch aufmunternden<br />

und zuversichtlichen Worten im Gepäck<br />

sprach Frank Werneke am zweiten<br />

Konferenztag zu den Delegierten. „Wo<br />

verorten wir uns?“ in diesen Zeiten des<br />

Krieges und des Klimawandels, fragte<br />

Werneke. Mit vereinter Kraft, gemeinsam<br />

mit den Mitgliedern packe ver.di notwendige<br />

Dinge an. „Das tun wir – zumindest<br />

meist – strategisch klug, aber immer mit<br />

Leidenschaft und sind deshalb die<br />

Kampforganisation mit Herz“, so der<br />

ver.di-Vorsitzende. Derzeit entscheiden<br />

sich viele Menschen für ver.di. Ab Jahresbeginn<br />

bis zum 26. März seien es über<br />

73 300 neue Mitglieder, davon über<br />

10 000 in diesem Fachbereich – „ein<br />

Grund sich zu freuen, herzlichen Dank<br />

dafür“ (inzwischen sind es insgesamt<br />

mehr als 80 000, Ergänzung Red.). „Das<br />

ist die beste Entwicklung in unserer mehr<br />

als 20-jährigen Geschichte“, betonte<br />

Werneke. In der Zeit der Pandemie, die<br />

auch über gewerkschaftlichem Leben wie<br />

Mehltau gelegen habe, waren in ver.di<br />

einige Veränderungsprozesse durchzusetzen.<br />

„Der wichtigste Prozess von allen:<br />

die strategische Neuaufstellung in der<br />

Tarifpolitik“. Danach werden Tarifrunden<br />

anders als in der Vergangenheit angegangen.<br />

Tarifbotschafter*innen sorgten für<br />

eine unmittelbare Kommunikation zwischen<br />

den Menschen in den Betrieben<br />

und der Verhandlungsspitze. Es würden<br />

alle Wege genutzt, um in Tarifauseinandersetzungen<br />

eine unmittelbare Beteiligung<br />

von mehr Mitgliedern zu organisieren<br />

und weniger Stellvertreterpolitik zu<br />

betreiben. Ein großer Sprung sei zudem<br />

in Social Media gelungen. Hier ist ver.di<br />

mit Abstand die reichweiten-stärkste Gewerkschaft,<br />

selbst unter NGOs ganz vorn.<br />

Der Vorsitzende stellte die Betriebsratsgründung<br />

bei TikTok heraus, wo ver.di<br />

selbst auch auf der Plattform erfolgreich<br />

unterwegs sei.<br />

Gemeinsame Gestaltungsmöglichkeiten<br />

in Europa<br />

Am dritten Konferenztag wurde der Blick<br />

auf Europa ausgeweitet. Oliver Röthig<br />

(Regionalsekretär der UNI Europa) und<br />

Jan-Willem Goudriaan (Generalsekretär<br />

des Europäischen Gewerkschaftsverbandes<br />

für den Öffentlichen Dienst, EPSU)<br />

diskutierten mit Christoph Schmitz und<br />

den Delegierten zum Thema „Gute Arbeit<br />

europäisch gestalten“.<br />

Christoph Schmitz hob die Wichtigkeit<br />

der Zusammenarbeit der Gewerkschaften<br />

in europäischen Dachverbänden hervor.<br />

Über UNI Europa und EBSU habe man gemeinsame<br />

Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten,<br />

etwa mit Blick auf das<br />

europäische Energiesystem der Zukunft<br />

oder wenn es um den Einfluss großer<br />

Plattformen wie Apple oder chinesischer<br />

Telekommunikationsanbieter gehe. Hier<br />

gelte es gemeinsam europäische Datenstandards<br />

zu sichern und umzusetzen.<br />

Jan-Willem Goudriaan wies auf die<br />

gute Zusammenarbeit mit dem DGB und<br />

anderen Gewerkschaften hin, als es um<br />

die europäische Richtlinie zur Anerkennung<br />

von Long-Covid als Berufskrankheit<br />

ging sowie um die Maßnahmenpakete<br />

für Hilfen und Investitionsgelder, um der<br />

Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen.<br />

Gesundheits- und Arbeitsschutz seien bei<br />

den Gewerkschaften seit Langem auf europäischer<br />

Ebene gemeinsam im Fokus,<br />

berichtete Oliver Röthig. Wobei noch<br />

mehr getan werden müsse, damit „die<br />

Dienstleistungsjobs aus dem Schatten<br />

kommen“. Verhandelt werde derzeit ein<br />

Sozialpartnerabkommen zur Telearbeit,<br />

dass in europäisches Recht umgesetzt<br />

werden soll. Nationale Aktionspläne seien<br />

ein Weg dafür, so Röthig, bis hin zur<br />

Tarifbindung bei der öffentlichen Auftragsvergabe.<br />

Im Zusammenhang mit der<br />

Gestaltung einer anderen europäischen<br />

Wirtschaftspolitik benannte Jan-Willem<br />

Goudriaan einige soziale Fortschritte, darunter<br />

Gesetze zum Mindestlohn, zur Verringerung<br />

der Gender Pay Gap und Regelungen<br />

für Plattformarbeitende. Dennoch<br />

„liegen noch große Kämpfe vor uns“, da<br />

rechtsgerichtete Regierungen in einigen<br />

Ländern Gewerkschaftsrechte und erreichte<br />

Fortschritte bedrohten.<br />

Der Konferenzbericht musste für die<br />

<strong>KOMM</strong> gekürzt werden. Die Langfassung<br />

steht hier https://kurzelinks.de/acap<br />

online.<br />

Fotos: Charles Yunck


14<br />

SOZIALE MEDIEN<br />

Foto: ©wanlaya – stock.adobe.com<br />

„Menschliche Filter für<br />

das Grausamste, was es gibt“<br />

Content Moderatoren filtern gewalttätige<br />

Posts, Bilder, Videos und<br />

Chats aus den Sozialen Medien. Sie<br />

machen die Plattformen sicher, aber<br />

arbeiten selbst unter unsicheren Bedingungen.<br />

Jetzt begehren sie auf.<br />

VON PETRA WELZEL<br />

Am 9. und 10. März hatte ver.di zu einem<br />

Treffen von sogenannten Content Moderatoren<br />

eingeladen. Rund 50 von ihnen,<br />

die 24 Stunden sieben Tage die Woche<br />

sämtliche Inhalte auf den verschiedenen<br />

Social-Media-Plattformen kontrollieren<br />

und gegebenenfalls löschen, wenn sie die<br />

Grenzen des Erlaubten überschreiten, waren<br />

aus ganz Deutschland nach Berlin gekommen.<br />

Sie arbeiten für TikTok, Facebook,<br />

Twitter und Co. Im Englischen werden<br />

sie auch „Cleaner“ genannt, Reinigungskräfte,<br />

die den Dreck aus dem<br />

Internet fegen. Und so prekär oftmals die<br />

Situation von Reinigungskräften ist, sind<br />

auch die Arbeitsbedingungen der Content<br />

Moderatoren in vielerlei Hinsicht mehr als<br />

problematisch: Sie arbeiten im Verborgenen,<br />

dürfen über ihre Arbeit nicht sprechen,<br />

werden psychologisch kaum unterstützt,<br />

obwohl sie täglich zehntausende<br />

Posts, Bilder und Videos voll Gewalt und<br />

Hass ansehen und löschen müssen. Und<br />

sie werden schlecht bezahlt.<br />

12 Stunden am Tag<br />

Daran wollen die Content Moderatoren<br />

jetzt etwas ändern. In Berlin haben sie<br />

sich auf drei grundsätzliche Forderungen<br />

verständigt: Sie fordern gleiche Bezahlung,<br />

denn viele von ihnen arbeiten für<br />

Subunternehmen der großen Plattformen<br />

zu deutlich schlechteren Bedingungen. Sie<br />

fordern das Recht, sich gewerkschaftlich<br />

zu organisieren und Betriebsräte zu gründen.<br />

Bei TikTok konnten die Beschäftigten<br />

im vergangenen Jahr mit Unterstützung<br />

von ver.di bereits einen Betriebsrat gründen.<br />

Und vor allem fordern sie einen regulären<br />

Gesundheitsschutz für ihre Psyche.<br />

Hikmat El-Hammouri, ver.di-Gewerkschaftssekretär<br />

und Mitorganisator dieses<br />

ersten Treffens von Content Moderatoren<br />

in Deutschland betont: „Content Moderatoren<br />

sind ein menschlicher Filter für das<br />

Grausamste, was es gibt.“<br />

2018 war es einem Team des Westdeutschen<br />

Rundfunks gelungen, erstmals<br />

Content Moderatoren in Manila auf den<br />

Philippinen vor die Kamera zu bekommen.<br />

Dort säubern zehntausende Content<br />

Moderatoren tagtäglich bis zu 12<br />

Stunden das Netz von Vergewaltigungsbildern,<br />

Enthauptungsvideos, Selbstverletzungen,<br />

Rassismus, Kindesmissbrauch,<br />

verstörenden Kriegsbildern, Pornographie,<br />

kurzum von allem, was sonst nur in<br />

illegalen Dark Rooms im weltweiten Netz<br />

zu finden ist. Dem WDR-Team schrieben<br />

die philippinischen Content Moderatoren<br />

in einem gemeinsamen Chat, dass sie irgendwann<br />

das Gefühl bekamen, Gewalt<br />

ist normal und keine Ausnahme.<br />

Den Artikel mussten wir kürzen. Zum ausführlichen<br />

Artikel mit dem Link zur<br />

WDR-Dokumentation:<br />

https://kurzelinks.de/solg<br />

Petra Welzel<br />

Chefredakteurin<br />

ver.di-PUBLIK<br />

Foto: Christian Jungeblodt


15 <strong>KOMM</strong> 03/<strong>2023</strong><br />

BEAMT:INNEN<br />

Unpassende Weichenstellung<br />

Die Bundesregierung will die amtsangemessene Bundesbesoldung und -versorgung<br />

sicherstellen. Dazu hat das Bundes ministerium des Innern und für<br />

Heimat (BMI) einen Bundes besoldungs- und Versorgungsangemessenheitsgesetzentwurf<br />

(BBVAngG) mit Änderungen des Bundesbesoldungs- und des<br />

Beamtenversorgungsgesetzes sowie der Bundesbeihilfeverordnung vorgelegt.<br />

VON ANITA SCHÄTZLE<br />

Anlass sind zwei Entscheidungen<br />

des Bundesverfassungsgerichts<br />

(BVerfG) aus<br />

2020 (2 BvL 4/18 und 2 BvL<br />

6/17) wegen zu geringem<br />

Mindestabstand der Besoldung<br />

zum Grundsicherungsniveau<br />

und zu geringer Besoldung<br />

von Beamt:innen<br />

mit drei und mehr Kindern.<br />

Materielle Einbußen für<br />

Viele<br />

Der Gesetzentwurf gibt Anlass<br />

für viel Kritik. So soll der<br />

Familienzuschlag Stufe 1 (sogenannter<br />

Verheiratetenzuschlag) zum<br />

30. Juni <strong>2023</strong> abgeschafft werden. Auch<br />

alleinerziehenden Beamt:innen oder unverheirateten<br />

Eltern stünde er künftig<br />

nicht mehr zu. Eine Besitzstandsregelung<br />

für vorhandene Bezieher:innen ist vorgesehen.<br />

Der kindbezogene Familienzuschlag<br />

bleibt zwar in weiten Teilen unverändert,<br />

jedoch ohne dass der Betrag angehoben<br />

wird. Als weitere zentrale Maßnahme<br />

soll<br />

• ein alimentativer Ergänzungszuschlag<br />

(AEZ) – abhängig vom Familienstand<br />

der/des Beamtin/Beamten und von der<br />

mittels Wohngeldgesetz zugeordneten<br />

Mietenstufe ihres/seines Wohnorts inklusive<br />

eines Abschmelzbetrags – eingeführt,<br />

• die Einstiegsgrundgehälter im einfachen<br />

und mittleren Dienst erhöht sowie<br />

• die Beihilfebemessungssätze für berücksichtigungsfähige<br />

Angehörige und Kinder<br />

auf 90 Prozent sowie für die beihilfeberechtigte<br />

Person ab dem ersten<br />

Kind auf 70 Prozent angehoben werden.<br />

Versorgungsempfänger:innen<br />

betroffen<br />

Im Einzelfall kann der AEZ das Einkommen<br />

von Beamt:innen mit Familie (Kindern)<br />

verbessern. Aber der AEZ wird mittels<br />

Abschmelzbetrag je nach Besoldungsgruppe<br />

gleich wieder reduziert. Das<br />

gilt auch für Versorgungsempfänger:innen.<br />

ver.di und der DGB kritisieren, dass<br />

die Abschmelzbeträge für sie gleich hoch<br />

sein sollen obwohl deren Ruhegehalt<br />

niedriger liegt, als die Bezüge im aktiven<br />

Dienst. ver.di und der DGB fordern überdies,<br />

neben der Versorgungsauskunft auf<br />

Antrag eine obligatorische Auskunft mit<br />

Vollendung des 50., des 55. und des<br />

60. Lebensjahres aufzunehmen sowie<br />

eine Frist für die Bearbeitungszeit.<br />

Bei Teilzeitbeschäftigten dürfe die Kürzung<br />

des Familienzuschlags und des AEZ<br />

nicht im Verhältnis zur Arbeitszeit erfolgen,<br />

so ver.di und DGB.<br />

Perspektive für Beamt:innen bei<br />

Telekom gefordert<br />

Wiederholt fordern ver.di und der DGB,<br />

sich von der starren Einbindung in die für<br />

die übrigen Bundesbeamt:innen geltenden<br />

Laufbahn- und Besoldungsstrukturen<br />

zu lösen. Erneut drängen sie auf<br />

eine Öffnungsklausel im Besoldungs- und<br />

Laufbahnrecht als Grundlage für modifizierte<br />

Regelungen im Verordnungswege,<br />

u. a. bei der Telekom AG. Mit Blick<br />

auf funktionsgerechte Besoldung und<br />

gestiegene Leistungsanforderungen, fordern<br />

ver.di und der DGB die Besoldungsgruppe<br />

A 8 als Eingangsamt des mittleren<br />

Dienstes und A 10 für den gehobenen<br />

Dienst.<br />

Zudem fordern ver.di und der DGB<br />

weiterhin eine längst überfällige Perspektive<br />

für beurlaubte Beamt:innen bei der<br />

Telekom AG, die insgesamt mindestens<br />

zehn Jahre laufbahnübergreifend<br />

höherwertig eingesetzt<br />

waren/sind. In Anerkennung<br />

ihrer Arbeitsund<br />

Lebensleistung soll ihnen<br />

prüfungsfrei der Weg<br />

zur Übernahme in die Besoldungsgruppe<br />

A 10 des<br />

gehobenen Dienstes mit<br />

der Möglichkeit der Beförderung<br />

nach A 11 ermöglicht<br />

werden. Als Alternative<br />

zu einem Laufbahnwechsel<br />

favorisieren ver.di<br />

und DGB eine ruhegehaltfähige<br />

Zulage.<br />

Ferner fordern ver.di und<br />

DGB eine Entfristung der<br />

Telekom BATZV (Altersteilzeit),<br />

und dass endlich der Solidaritätszuschlag<br />

bei der Berechnung des ATZ-Zuschlages<br />

nicht mehr einbezogen wird.<br />

Foto: ©WavebreakMediaMicro – stock.adobe.com<br />

Weichenstellung korrigieren<br />

Die geplanten Maßnahmen sind unpassend,<br />

eine angemessene (Mindest-)<br />

Besoldung und Versorgung werden nicht<br />

erreicht. Ebensowenig das Ziel, Familien<br />

mit Kindern zu stärken. Das ohnehin<br />

komplexe Besoldungsrecht droht noch<br />

intransparenter zu werden, ja sogar zu<br />

erodieren. Die Verletzung des Mindestabstandsgebots<br />

zum Grundsicherungsniveau<br />

betrifft das gesamte Besoldungsgefüge.<br />

Die Abstände innerhalb der Besoldungstabelle<br />

(Besoldungsgruppen und<br />

Erfahrungsstufen) müssen an gestiegene<br />

Arbeits- und Funktionsanforderungen angepasst<br />

werden. Eine Besoldungsreform<br />

mit Wertschätzung und sozial ausgewogen<br />

ist geboten.<br />

Anita Schätzle<br />

Gewerkschaftssekretärin<br />

i. R.<br />

Foto: privat


16<br />

SCHWERBEHINDERTE MENSCHEN<br />

Inklusion muss selbstverständlich sein<br />

Foto: KSBV Telekom<br />

27 Menschen vertreten in der Konzernschwerbehindertenvertretung der<br />

Deutschen Telekom die Interessen von Menschen mit Behinderungen.<br />

Am 9. März <strong>2023</strong> kamen die (Gesamt-)<br />

Vertrauenspersonen der einzelnen Unternehmen<br />

im Konzern in Bonn in einer<br />

Wahlversammlung zusammen, um die<br />

neue Konzernschwerbehindertenvertretung<br />

zu wählen. Peter Kleineberg wurde<br />

hier als Konzernvertrauensperson behinderter<br />

Menschen wiedergewählt und<br />

damit in seinem Amt bestätigt. „Inklusion<br />

von Menschen mit Behinderung muss<br />

selbstverständlich sein! Arbeitsbedingungen<br />

müssen an die Menschen und ihre<br />

Behinderung angepasst werden und nicht<br />

umgekehrt“, sagte Peter Kleineberg. Neben<br />

der Konzernvertrauensperson hat die<br />

Wahlversammlung beschlossen, in einem<br />

weiteren Wahlgang 26 Stellvertreterinnen<br />

und -vertreter zu wählen. <br />

JS<br />

Vom Reden zum Tun – der Aktionsplan 2.0<br />

Foto: Simone M. Neumann<br />

Mehr als 7,5 Prozent der deutschlandweit rund 85000 Beschäftigten bei der<br />

Deutschen Telekom sind schwerbehinderte oder gleichgestellte Menschen.<br />

Um Barrieren zu überwinden, Vorurteile abzubauen und Inklusion tatsächlich<br />

zu leben, wurde der Aktionsplan 2.0 geschaffen. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter:innen<br />

haben Handlungsfelder definiert und Maßnahmen ergriffen,<br />

die Inklusion in allen Bereichen des Arbeitslebens erlebbar machen sollen.<br />

VON JESSICA SAUERWALD<br />

Die Idee des Aktionsplanes gibt es schon<br />

lange, schließlich ist Inklusion eine Aufgabe,<br />

die alle Beschäftigten betrifft. Bereits<br />

2016 wurde ein erstes Papier veröffentlicht,<br />

welches es aber nun anzupassen<br />

galt. Um Sichtweisen zum „alten“<br />

Aktions plan, aber auch Erwartungen für<br />

Jessica<br />

Sauerwald<br />

Gewerkschaftssekretärin<br />

<strong>KOMM</strong>-Redaktion<br />

und Social Media<br />

die Erneuerung von genau den Menschen<br />

zu erhalten, die es betrifft – den Beschäftigten<br />

– wurden repräsentative Interviews<br />

geführt. So konnten Stärken und auch<br />

Schwächen des Aktionsplans herausgestellt<br />

werden, um sie im Aktionsplan 2.0<br />

neu aufzugreifen.<br />

Im Ergebnis wurden die fünf bisherigen<br />

Handlungsfelder „Bildung und Qualifizierung“,<br />

„Bewusstseins- und Öffentlichkeitsarbeit“,<br />

„Arbeitswelt und Beschäftigung“,<br />

„Prävention und Rehabilitation“<br />

und „Barrierefreiheit“ angepasst.<br />

Zusätzlich wurde ein weiteres Handlungsfeld<br />

„Neue Arbeitsformen und Methoden“<br />

implementiert.<br />

Als wichtiger Schritt vom Reden hin<br />

zum Tun, werden zum Beispiel gute Ergebnisse<br />

und Erfahrungen in verallgemeinerter<br />

Form allen Bereichen des Konzerns<br />

Deutsche Telekom zugänglich gemacht.<br />

Diese können übernommen werden, es<br />

können sich daraus aber auch ganz neue<br />

Ideen entwickeln.<br />

Wichtig ist die kontinuierliche Weiterentwicklung<br />

des Aktionsplans 2.0, der<br />

Maßnahmen, aber auch der eigenen<br />

Sicht- und Herangehensweisen an Situationen<br />

und Menschen. Um die Umsetzung<br />

und ständige Überprüfung<br />

von Handlungsfeldern und Maßnahmen<br />

zu gewährleisten, sind Paten-Duos, jeweils<br />

bestehend aus Vertrauenspersonen<br />

behinderter Menschen und Inklusionsbeauftragten,<br />

eingerichtet worden<br />

und befinden sich in ständigem Austausch.<br />

Die Konzernschwerbehindertenvertretung<br />

steht mit Vertreterinnen und Vertretern<br />

aus Politik und der Interessengemeinschaft<br />

Behindertenvertreter Deutscher<br />

Wirtschaftsunternehmen (IBW) im<br />

regen Kontakt, um einen permanenten<br />

Lernprozess „Lernen von den Besten“<br />

sicherzustellen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!