15.08.2014 Aufrufe

Motorsport Magazin Formel 1 Spektakel (Vorschau)

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

EDITORIAL<br />

DAS OKTOBER-<br />

FEST RETTET DIE<br />

FORMEL 1!<br />

Dreikampf in Hockenheim:<br />

Langeweile? Fehlanzeige!<br />

Christian: Olé! Deutschland ist Weltmeister!<br />

Michael [Österreicher] rennt schnell davon...<br />

Kerstin: Wen interessiert schon Fußball? Viel wichtiger<br />

ist: Wird auch in der <strong>Formel</strong> 1 in diesem Jahr<br />

ein Deutscher Weltmeister?<br />

Keiner hat mehr<br />

Grund zum Grinsen<br />

als Marc Marquez<br />

Stephan: Ein paar mehr Zuschauer hätte der Deutschland<br />

Grand Prix so oder so verdient gehabt. Was für<br />

ein Racing!<br />

2 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

DRIFT...<br />

Upioc ore anum quius, cieresse in<br />

Etratabi ferum in volusat ifecendem<br />

ÜBERZEUGEN AUF DER STRASSE UND AUF DER<br />

RENNSTRECKE: DS 3 WRC UND DS 3.<br />

CRÉATIVE TECHNOLOGIE<br />

Kraftstoffverbrauch kombiniert von 6,7 bis 3,4 l/100 km; CO 2 -Emissionen kombiniert von 155 bis 87g/km.


Kerstin: Auch Ungarn war ein sensationelles Rennen.<br />

Einfach großartig!<br />

Stephan: Für diese Ausgabe habe ich ausführlich mit<br />

Paul Hembery und Franz Tost über die viel kritisierte<br />

Show gesprochen. Beide sagen: Es wird zu viel<br />

gejammert!<br />

Kerstin: Absolut. Aber auf Pauls aufgewärmte<br />

Bernie-Idee mit den Sprinkleranlagen sollten wir<br />

dennoch lieber verzichten.<br />

Stephan: Auf den ungarischen Autobahnen wächst hin<br />

und wieder ein Büschel Gras aus dem Asphalt. Vielleicht<br />

wäre das eine praktikable Lösung...<br />

Kerstin: Spielberg und Silverstone haben doch<br />

bewiesen, dass es auch anders geht. In Österreich<br />

wurde den Fans so viel mehr geboten! Sie<br />

haben die Fahrer fast öfter gesehen als wir<br />

Journalisten...<br />

Stephan: Vielleicht sollte die Event-Agentur des Titel-<br />

Sponsors von Ferrari die Planung übernehmen. Bei<br />

deren Kart-Event in Hockenheim herrschte Wiesn-<br />

Stimmung. Wen interessiert schon Geografie?<br />

Christian: Ob Bayern oder Baden-Württemberg<br />

- Hauptsache Oktoberfest-Liveband, Schweinebraten<br />

und Catering-Personal in Lederhosen und<br />

Dirndl!<br />

Manuel: Dirndl! Kerstin, so solltest du zum nächsten<br />

Rennen gehen...<br />

Kerstin schweigt.<br />

Stephan: Vielleicht könnte Romain Grosjean für die<br />

Fans kochen. Mir hat er verraten: »Ich koche gerne,<br />

um mich zu entspannen.«<br />

Kerstin: Wohl eher, um sich von seinem miesen<br />

Auto abzulenken.<br />

Stephan: Romains Selbstironie in unserem Exklusiv-<br />

Interview war jedenfalls verblüffend...<br />

Kerstin: Es gibt eben doch noch Charaktere in der<br />

<strong>Formel</strong> 1. Einer war Jenson Buttons Vater John. In<br />

unserem Interview sprach Jenson ganz offen darüber,<br />

wie sehr ihm sein verstorbener Papa fehlt.<br />

Maria: Vergesst mir bei all dem die MotoGP nicht! Auch<br />

da gibt‘s Emotionen pur...<br />

Michael [MotoGP-Redakteur] sprintet wieder herbei.<br />

Maria: Marc Marquez ist eine absolute Kichererbse.<br />

So viel wie er hat noch nie jemand in einem meiner<br />

Interviews gelacht...<br />

Kerstin: Tja, du hast eben noch nie ein Interview<br />

mit Grinsekatze Daniel Ricciardo geführt.<br />

Stephan: Danny ist unschlagbar! Zumindest beim<br />

Thema Grinsen.<br />

Kerstin: Aber das schelmischste Lachen hat definitiv<br />

der Doktor... Unser aktuelles Cover ist der<br />

beste Beweis dafür!<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 3<br />

... TRIFFT DESIGN.<br />

Nach vorgeschriebenem Messverfahren in der gegenwärtig geltenden Fassung.


❱<br />

IN DIESER<br />

AUSGABE<br />

FORMEL 1<br />

FORMEL 1 SPEKTAKEL: Bilanz & Ausblick 20<br />

FUNKDUELLE: Die besten Funksprüche 2014 26<br />

CHASSIS-FRAGE: Williams gegen Red Bull 28<br />

INTERVIEW: Pirelli-<strong>Motorsport</strong>chef Paul Hembery 32<br />

FLUGSHOW: Fliegende Boliden 38<br />

ROMAIN GROSJEAN: Charakterbildend 44<br />

TOP-5: Zukünftige Stars 48<br />

INTERVIEW: Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost 52<br />

MOTORRAD<br />

INTERVIEW: Marc Marquez 62<br />

VALENTINO ROSSI: Auferstehung einer Legende 70<br />

TOP-5: Rossi Shows 76<br />

INTERVIEW: Die Espargaros 80<br />

KAREL ABRAHAM: Doppelleben in der MotoGP 86<br />

DUCATI: Auf dem richtigen Weg 90<br />

INTERVIEW: Esteve Rabat 94<br />

MOTO3: Rookies - Von 0 auf 100 96<br />

TOURIST TROPHY: Adrenalin, Rausch & Angst 98<br />

32<br />

Die<br />

VERRÜCKTE IDEEN UMSETZEN<br />

<strong>Formel</strong> 1 steht 2014 viel in der Kritik. Dabei ist der Sport alles<br />

andere als schlecht. Pirelli-<strong>Motorsport</strong>direktor Paul Hembery verrät<br />

Wege, um für noch mehr Action zu sorgen...<br />

MOTORSPORT<br />

FORMEL E: Aufbruch in ein neues Zeitalter 104<br />

TECHNIK: <strong>Formel</strong> E 108<br />

ATS FORMEL 3 CUP: Markus Pommer 110<br />

DAVID SCHIWIETZ: Abenteuer Nordschleife 111<br />

ADAC MOTORSPORT: Splitter 112<br />

SERVICE<br />

INSIDE 06<br />

KOLUMNEN 10<br />

IMPRESSUM 114<br />

AUFERSTEHUNG EINER LEGENDE<br />

Marc Marquez dominiert die MotoGP. Aber Vorsicht: Der Doktor ist<br />

zurück im Kreis der Sieganwärter. Valentino Rossi zeigt den jungen<br />

Wilden, dass er es doch noch kann...<br />

70<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO<br />

4 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


NEUER ZÜNDSTOFF AUS DEM ADRENALIN VERLAG<br />

JETZT BESTELLEN<br />

VERSANDKOSTENFREI<br />

bei Lieferungen innerhalb Deutschlands<br />

DTM – DIE STORY,<br />

DIE OFFIZIELLE CHRONIK<br />

Begleitet von faszinierenden Fotos aus allen<br />

Epochen erzählt diese Chronik auf 256 Seiten die<br />

30-jährige Geschichte der populärsten internationalen<br />

Tourenwagenrennserie von 1984 bis heute.<br />

34,90 €<br />

NEUAUFLAGE 2014<br />

ROCKY – DER RENNFAHRER<br />

Diese Biografi e schildert die unglaubliche<br />

Karriere eines außergewöhnlichen Rennfahrers.<br />

176 Seiten Mike Rockenfeller mit all seinen<br />

Erfolgen und Rückschlägen.<br />

19,90 €<br />

REVVV – MYTHOS LE MANS<br />

revvv zeigt das Thema <strong>Motorsport</strong> aus einer neuen<br />

Perspektive und ist halb Buch, halb <strong>Magazin</strong>. Mit der<br />

ersten Ausgabe „Mythos Le Mans“ bietet revvv eine<br />

Momentaufnahme und spannende Reportagen rund um das<br />

<strong>Motorsport</strong>-Thema Nr. 1 im Sommer 2014.<br />

12,00 €<br />

www.adrenalin-verlag.com<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 5


FORMEL 1<br />

INSIDE<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & MANUEL SPERL<br />

AB NACH<br />

MEXIKO!<br />

»Start your engines! Die <strong>Formel</strong> 1 kehrt nächstes Jahr<br />

nach Mexiko zurück.« Mit diesen Worten gab CIE-Präsident<br />

Alejandro Soberon die Rückkehr des Mexiko GP<br />

bekannt. Die Betreiber des Autódromo Hermanos Rodriguez<br />

und Bernie Ecclestone einigten sich auf einen von<br />

2015 bis 2019 laufenden Vertrag, inklusiver einer Option<br />

auf Verlängerung um weitere fünf Jahre. Zuletzt hatte die<br />

F1 1992 in Mexico City Station gemacht, damals gewann<br />

Nigel Mansell. Insgesamt fanden zwischen 1963 und<br />

1970 sowie zwischen 1986 und 1992 15 Grands Prix<br />

statt. Die Veranstalter rechnen beim Comeback mit einem<br />

neuen Besucherrekord. Schon bei der Demofahrt von<br />

Lokalmatador Sergio Pérez im Jahr 2011 waren 150.000<br />

Fans nach Guadalajara gereist.<br />

Graham Hill<br />

gewinnt Rennen<br />

und Titel 1968<br />

Alain Prost vor<br />

Ayrton Senna im<br />

Jahr 1990<br />

Jack Brabham in<br />

Mexiko 1966<br />

ALLE SIEGER DES MEXIKO GP<br />

1992 Nigel Mansell (GB) Williams-Renault<br />

1991 Riccardo Patrese (ITA) Williams-Renault<br />

1990 Alain Prost (FRA) Ferrari<br />

1989 Ayrton Senna (BRA) McLaren-Honda<br />

1988 Alain Prost (FRA) McLaren-Honda<br />

1987 Nigel Mansell (GB) Williams-Honda<br />

1986 Gerhard Berger (AUT) Benetton-BMW<br />

6 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

TOP-5: BESTE<br />

RENNSTRECKEN-<br />

COMEBACKS<br />

CIRCUIT GILLES VILLENEUVE,<br />

KANADA GP<br />

Raus: 2009<br />

Wieder rein: 2010<br />

AUTODROMO NAZIONALE<br />

MONZA, ITALIEN GP<br />

Raus: 1980<br />

Wieder rein: 1981<br />

AUTÓDROMO JOSÉ CARLOS PACE,<br />

BRASILIEN GP<br />

Raus: 1981<br />

Wieder rein: 1990<br />

SPA-FRANCORCHAMPS, BELGIEN<br />

GP<br />

Raus: 2003 und 2006<br />

Wieder rein: 2004 und 2007<br />

RED BULL RING, ÖSTERREICH GP<br />

Raus: 1987 und 2003<br />

Wieder rein: 1997 und 2014


MOTORSPORT-<br />

MAGAZIN.COM<br />

ON TOUR<br />

Marvin Kirchhöfer<br />

posiert mit Heft<br />

und Pokal<br />

UMFRAGE<br />

2016<br />

macht der F1-Tross in<br />

ASERBAIDSCHAN<br />

Station. Eine gute<br />

Idee?<br />

81%<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

1. SIEG: Unser Kolumnist Marvin Kirchhöfer holte in Silverstone<br />

und Hockenheim sein erstes Podium und seinen ersten Sieg in<br />

der GP3. Gefeiert wurde natürlich standesgemäß mit Pokal und<br />

unserem Heft!<br />

Paul Hembery<br />

informiert sich im<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

ZURÜCK AUS DER<br />

ZUKUNFT: Christian besuchte<br />

unseren Kolumnisten Daniel<br />

Abt in der <strong>Formel</strong>-E-Zentrale<br />

in Donington. Mehr Einblicke<br />

hinter die Kulissen gibt es ab<br />

Seite 104.<br />

MEINTEN, DIE F1 SOLLTE LIEBER<br />

VERSCHOLLENE TRADITIONS-<br />

KURSE WIEDERBELEBEN<br />

14%<br />

FREUEN SICH AUF EIN COOLES<br />

RENNEN IN BAKU<br />

5%<br />

GLAUBEN NICHT AN EINE AUSTRAGUNG<br />

DES NEUEN GRAND PRIX IN BAKU<br />

Christian blickt mit<br />

Daniel Abt hinter<br />

die Kulissen<br />

INTERESSIERTER LESER: Pirelli-<strong>Motorsport</strong>direktor Paul<br />

Hembery spricht gerne und viel (der Beweis ab Seite 32). Seine<br />

Lieblingslektüre gefällt uns natürlich ganz besonders gut!<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 7


MOTORRAD<br />

INSIDE<br />

TEXT: NICO PAPPELAU & MARIA POHLMANN<br />

MONSTERMÄSSIGER AUFZUG<br />

Bradley Smith<br />

steht nicht auf<br />

Jeans<br />

Valentino Rossi wäre nicht Valentino Rossi, wenn er sich nicht hin und wieder mit einigen<br />

Specials zu vermarkten wüsste. Zum Glück hat er einen monströsen Sponsor. So stellte Il Dottore<br />

beim Grand Prix von Barcelona seinen eigenen Monster Drink vor. Zur Premiere gab es diesen<br />

sogar in der praktischen Box samt Fan-Mütze und Standard-Drink. Die Ladies waren leider nicht<br />

inklusive. Aus eigener Erfahrung können wir behaupten, dass der VR46 Drink mal etwas Anderes<br />

ist. In diesem Sinne: Prost!<br />

10<br />

FRAGEN AN<br />

BRADLEY SMITH<br />

Zweitakt oder Viertakt?<br />

Zweitakt<br />

Blond oder brünett?<br />

Brünett<br />

Bier oder Wein?<br />

Bier<br />

Real Madrid oder<br />

FC Barcelona? Hä? Barcelona<br />

Strand oder Berge?<br />

Berge<br />

Party oder Familienabend?<br />

Familie<br />

Playstation oder Xbox?<br />

Xbox<br />

Hund oder Katze?<br />

Hund<br />

Jeans oder Anzughose?<br />

Anzughose, ich hasse Jeans<br />

Stadt oder Dorf?<br />

Dorf<br />

FAMILIENGLÜCK<br />

Strahlende Gesichter bei Familie Marquez: Nachdem Alex<br />

Marquez das Moto3-Rennen in Barcelona gewonnen hatte,<br />

krönte Marc Marquez den Tag mal wieder mit einem Triumph<br />

in der MotoGP. Damit schrieben sich die Gebrüder Marquez<br />

einmal mehr in die Geschichtsbücher des Grand Prix Sport ein:<br />

Zum ersten Mal in der WM-Historie gewannen zwei Brüder an<br />

einem Tag ein Rennen. Und weil das für Familia Marquez ja<br />

noch zu langweilig wäre, wiederholten sie dieses Kunststück<br />

in Assen gleich noch einmal.<br />

8 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


DESIGNER<br />

ARBEIT<br />

Jorge Lorenzo fährt<br />

beim Heimrennen mit<br />

besonderem Design<br />

FOTOS: MILAGRO, MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

Nachdem Jorge Lorenzo beim Heimrennen in<br />

Catalunya schon 2013 mit einem speziellen<br />

Helm von Anna Vives antrat, kreierte die<br />

berühmte Designerin mit Down-Syndrom auch<br />

2014 einen besonderen Kopfschutz und eine<br />

neue Startnummer für den zweifachen Weltmeister.<br />

Dazu drehte Lorenzo ein Video mit<br />

weiteren Betroffenen und zeigte öffentlich sein<br />

Engagement für das soziale Projekt. Leider<br />

half das besondere Design in diesem Jahr<br />

nicht im Kampf ums Podium.<br />

Dominique Aegerter<br />

träumt von einer<br />

richtig starken<br />

MotoGP-Maschine<br />

BESSER<br />

SPÄT ALS<br />

NIE<br />

Elf Jahre nach seinem ersten<br />

Sieg schlug Anthony West 2014<br />

erneut zu. Jahrelang war der<br />

Regenspezialist hinterhergefahren,<br />

Erfolgserlebnisse blieben<br />

Mangelware. Dazu kam ein positiver<br />

Dopingtest 2012, der ihn alle<br />

Ergebnisse der damaligen Saison<br />

kostete. Doch als es am Samstag in Assen<br />

plötzlich wie aus Eimern schüttete, witterte der Routinier<br />

seine Chance. Im Rennen hielt West alle Konkurrenten<br />

hinter sich und feierte den zweiten Sieg seiner<br />

GP-Karriere.<br />

FIRST TASTE<br />

Aufgeregt? »Nein!« <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com Kolumnist Dominique<br />

Aegerter blieb vor seinem ersten MotoGP-Einsatz ganz cool. Nach 89<br />

Runden war er fast so schnell wie Mike di Meglio, der ihm seine Zweitmaschine<br />

zur Verfügung gestellt hatte. Am Abend zeigte sich der Schweizer<br />

Moto2-Pilot zwar glücklich und dankbar über die gesammelten Erfahrungen,<br />

hatte aber trotzdem noch einen Wunsch: »Eine richtig starke<br />

MotoGP-Maschine wie die Yamaha zu testen, wäre natürlich ein Traum.«<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 9


TEXT: SAMY ABDEL AAL, MICHAEL HÖLLER, NICO PAPPELAU & MARKUS ZÖRWEG<br />

ALTE GARDE ODER<br />

JUNGE WILDE?<br />

FOTOS: MILAGRO DEBATTE<br />

DIE ALTMEISTER DANI PEDROSA UND VALENTINO ROSSI VERLÄNGERTEN BEI IHREN TEAMS UM ZWEI WEITERE JAHRE. IST DAS DER RICHTIGE WEG? ODER SOLLTEN<br />

HONDA UND YAMAHA NICHT LIEBER DEN WEG DER JUGEND GEHEN?<br />

Wem gelingt der<br />

Sprung ins<br />

Top-Team?<br />

Markus: Ich stelle mal die Frage, ob es sinnvoller ist,<br />

auf routinierte Piloten zu setzen anstatt auf junge<br />

hungrige. Das sehen wir ja nicht nur bei Honda, die<br />

Situation mit Rossi und Pol Espargaro ist ja eine<br />

ähnliche.<br />

Nico: Pedrosa ist eine brave Nummer zwei, aber vielleicht<br />

pusht er Marquez zu wenig. Hätten sie nicht<br />

besser Lorenzo geholt? Bei Rossi ist das ein bisschen<br />

anders, weil der bei Yamaha derzeit ja der erfolgreichere<br />

Fahrer ist...<br />

Samy (fällt Nico ins Wort): Als ob Lorenzo Marquez<br />

mehr pushen könnte, als Dani das nicht<br />

ohnehin schon tut. Wie kann man überhaupt die<br />

Frage stellen, ob es ein Fehler sein könnte, mit<br />

einem Fahrer wie Pedrosa zu verlängern?<br />

Michael: Naja, Dani ist halt eine ewige Nummer zwei<br />

und jünger wird er auch nicht.<br />

Samy: Ja, und Marc ist dafür eine ewige Nummer<br />

eins. Der gewinnt sowieso, egal wer neben<br />

ihm fährt.<br />

Michael: Genau deshalb stellt sich ja die Frage, ob<br />

man dann einen Fahrer wie Dani überhaupt noch<br />

braucht. Wenn sein Vertrag 2016 ausläuft, wird er<br />

31 Jahre alt sein.<br />

Samy: Naja, Dani ist in dieser Saison der zweitbeste<br />

Fahrer und besser als jeder außerhalb von<br />

Repsol Honda. Ohne seinen Armpump wäre er<br />

in diesem Jahr noch erfolgreicher gewesen.<br />

Michael: Ja, aber irgendein Leiden oder eine Verletzung<br />

tritt bei Dani halt jedes Jahr auf. Und das<br />

wird mit dem Alter nicht besser. Jetzt einen jungen<br />

Fahrer neben Marquez aufbauen und Honda dominiert<br />

die nächsten zehn Jahre.<br />

Markus: Naja, aber ein richtig guter Junger fehlt<br />

Honda. Bradl oder Bautista bringen ihre Leistung<br />

nicht konstant.<br />

Michael: Bei Bradl und Bautista ist der Zug fürs<br />

Werksteam abgefahren, das ist klar. Aber Honda<br />

hätte ja in der Moto2 zugreifen können.<br />

Nico: Dort sind in meinen Augen Maverick Vinales<br />

und Jonas Folger derzeit die beeindruckenden<br />

Figuren. Ich denke auch, dass Tito Rabat ein Kandidat<br />

für die MotoGP werden könnte.<br />

Michael: Naja, aber der ist mittlerweile auch 25.<br />

Markus: Und letztes Jahr hat ihn Pol Espargaro um<br />

50 Punkte abgehängt, obwohl sie im gleichen Team<br />

gefahren sind. Das sagt schon einiges aus. Aber bis<br />

Danis Vertrag ausläuft, sollten ja Alex Rins und Alex<br />

Marquez aus der Moto3 alt genug sein, um es in der<br />

MotoGP zu versuchen.<br />

Nico: Und wer garantiert, dass Alex und Alex auch<br />

in der Moto2 so stark sind wie in der Moto3?<br />

Samy (mit einem Leuchten in den Augen):<br />

Aber ein Bruderduell bei Honda - das hätte<br />

schon was!<br />

Michael: Ja! Und den Psychokrieg um den WM-<br />

Titel könnten sie dann an Mamas Mittagstisch<br />

ausfechten.<br />

Samy: Ihr Papa meinte einst: Immer wenn ich<br />

die beiden sehe, streiten sie miteinander. Aber<br />

danach sind sie wieder die besten Freunde.<br />

Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass es<br />

langfristig bei Honda auf Marquez und Marquez<br />

hinausläuft. Sie verstehen sich super<br />

und hätten immer besonderen Antrieb, den<br />

anderen schlagen zu wollen.<br />

Markus: Das kann aber auch nach hinten losgehen.<br />

So etwas könnte eine gefährlichere Mischung<br />

sein, als wenn man zwei Weltmeister im Team<br />

hat. Vielleicht wäre Alex ja irgendwann einmal<br />

jemand, an dem sich Marc aufreiben könnte -<br />

quasi Marcs Kryptonit. Denn vom kleinen Bruder<br />

geschlagen zu werden, ist sicherlich schwer zu<br />

verdauen.<br />

Michael (hat drei kleine Brüder): Das kannst du<br />

laut sagen...<br />

10 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Kevin Schwantz<br />

konnte sich über den<br />

Sieg freuen<br />

TEXT: NICO PAPPELAU<br />

HOCKENHEIM 1991:<br />

SCHWANTZ GEGEN RAINEY:<br />

ALLES ODER NICHTS<br />

Die späten 80er und frühen 90er Jahre waren geprägt vom Duell der beiden Amerikaner<br />

Wayne Rainey und Kevin Schwantz. »Schwantz war Texaner und ich hasste<br />

ihn. Er fuhr teuflisch schnell auf einem Bike, das eigentlich nicht zu kontrollieren<br />

war«, erinnert sich Rainey. Auch für Schwantz gab es nur einen Gegner auf der<br />

Rennstrecke: »Es ging nur um ihn [Rainey]. Wenn ich Fünfter wurde und er Sechster,<br />

war das für mich wie ein Sieg.« Vom Charakter her hätten die beiden nicht unterschiedlicher<br />

sein können. Während der immer lockere Suzuki-Pilot Schwantz dazu<br />

neigte, alles auf eine Karte zu setzen, nahm der ernst wirkende Rainey auf Yamaha<br />

die Punkte mit, wenn ein Sieg unmöglich war. 1991 in Hockenheim schien Rainey<br />

in der letzten Runde bereits alles klargemacht zu haben. Auf der Geraden zum<br />

Motodrom riskierte Schwantz alles und bremste sich neben seinen Gegner. Das<br />

DENK-<br />

WÜRDIGE<br />

RENNEN<br />

Hinterrad der Suzuki stempelte wild und hinterließ auf dem Asphalt eine Reihe<br />

schwarzer Spuren. Schwantz konnte sich auf seinem Motorrad halten und vor Rainey<br />

ins Motodrom einbiegen, wo er sich nach ihm umdrehte und ihm die Tür zuwarf.<br />

Schließlich flitzte der Suzuki-Star um 0,016 Sekunden vor seinem Landsmann über<br />

die Ziellinie. Trotz des Mutes von Schwantz holte Rainey die Titel in den Jahren 1990<br />

bis 1992. Als die beiden Rivalen 1993 erneut um die WM kämpften, stürzte Rainey<br />

in Misano. Seither ist er von der Hüfte abwärts querschnittsgelähmt. Schwantz holte<br />

in jenem Jahr den Titel, war aber nicht glücklich darüber: »Am Ende wäre ich lieber<br />

Zweiter gewesen. Das war es nicht wert.«<br />

DATUM: 26. Mai 1991<br />

STRECKE:<br />

Hockenheimring<br />

DISTANZ:<br />

18 Runden = 122,256 km<br />

STARTER: 15<br />

WETTER:<br />

Bewölkt<br />

POLE POSITION:<br />

Mick Doohan (2:00.362 Minuten)<br />

SCHNELLSTE RENNRUNDE: Kevin Schwantz (1:59.846 Minuten)<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

Trotz maximalem Einsatz<br />

verlor Schwantz den Kampf<br />

um den WM-Titel 1991<br />

12 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Weniger glücklich<br />

über die Niederlage:<br />

Wayne Rainey


KOLUMNE | MOTORRAD<br />

WENIGER FUSSBALL-FIEBER,<br />

MEHR MOTOGP-FEUER<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

WÄHREND DER BALLSPORT BOOMT, VERGISST DEUTSCHLAND DEN REST DER WELT, BESONDERS DIE KÖNIGSKLASSE.<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

F<br />

ußball ist unser Leben, denn König Fußball<br />

regiert die Welt.” Fast. Eigentlich ist<br />

in diesem Fall doch der <strong>Motorsport</strong> unser<br />

Leben, oder? Dieser regiert aber dummerweise nicht<br />

die Welt. Im Vergleich zum beliebten Ballsport fühlt<br />

sich keiner am Montagmorgen schlecht, wenn er<br />

ein Rennen nicht gesehen hat und demnach bei der<br />

Arbeit nicht mitreden kann. In den 31 Tagen der<br />

Fußball-WM war das jedoch der Fall. Wer das Spiel<br />

am Abend nicht gesehen hatte, war einfach irgendwie<br />

raus. Jedes zweite Gespräch drehte sich um das<br />

vergangene oder das nächste Spiel. Da wurden<br />

Nächte durchgemacht, Unterrichts- und Arbeitszeiten<br />

angepasst, Termine verschoben. Wer während eines<br />

Deutschland-Spiels im Supermarkt weilte, sah die<br />

gähnende Leere und versteht genau, was ich meine.<br />

König Fußball regiert eben die Welt und hat dank<br />

Ursprüngen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

eine lange Tradition. Jeder kann die Sportart<br />

ausüben und benötigt dazu grundsätzlich nur einen<br />

Ball. Ganz Deutschland ist übersäht von Fußballplätzen<br />

und bietet damit eine einfache Möglichkeit<br />

für zahlreiche Menschen, sich schon früh für den<br />

Sport begeistern zu lassen. Das direkte Duell zweier<br />

Länder polarisiert. Auf jedem zweiten Produkt des<br />

täglichen Lebens fanden sich zur WM-Zeit Hinweise,<br />

TV-Werbung war kaum umgänglich. Das<br />

Gekicke war in sämtlichen Massenmedien Thema<br />

Nummer eins - selbst Ukraine-Krise, Terror-<br />

Anschläge und Spionage-Affären wurden da hinten<br />

angestellt.<br />

Allem voran punktet der Breitensport aber mit einer<br />

exzellenten Sichtbarkeit im Free-TV, mit bester<br />

Berichterstattung und viel Aufwand. Jeder ist plötzlich<br />

Fußballexperte und meint, etwas von Abseits,<br />

Spieltaktik und Aufstellungsfragen zu verstehen.<br />

Knapp 30 Millionen Menschen sahen die Deutschland-Spiele<br />

live. Zu Spitzenzeiten schafft es die<br />

MotoGP gerade einmal auf eine halbe Million. Man<br />

könnte argumentieren, dass die Fußball-WM<br />

schließlich nur alle vier Jahre stattfindet und damit<br />

Seltenheitswert hat. Aber ist es auf der anderen<br />

Seite nicht viel attraktiver, die Besten der Welt alle<br />

zwei Wochen gegeneinander antreten zu sehen?<br />

Die <strong>Formel</strong> 1 hatte es zu Michael Schumachers<br />

Spitzenzeiten fast schon einmal geschafft, dem<br />

Fußball den Rang abzulaufen - speziell in Deutschland.<br />

Nach seinem Abgang herrscht allerdings<br />

wieder Ernüchterung, trotz Sebastian Vettel als<br />

nationalem Aushängeschild.<br />

Was fehlt nun der MotoGP, um zu den beliebtesten<br />

Sportarten zu gehören und breite Massen für sich<br />

zu gewinnen? Mangelt es an Regelkenntnissen?<br />

So schwer kann das doch nicht sein: Grundsätzlich<br />

gewinnt einfach der Schnellste. Schwieriger wird<br />

es allerdings beim Thema Nachwuchs. Es fehlt an<br />

finanziellen Mitteln, schließlich bedarf es zum<br />

Motorradfahren nicht nur eines Balls und eines<br />

Rasens. Der Zugang fehlt. Dazu gibt es kaum Hinweise<br />

und Werbung. Es mangelt eben an einer<br />

umfangreichen Übertragung. Das möchte ich noch<br />

nicht einmal Sport1 ankreiden, das sich nach den<br />

Zuschauerzahlen richten muss und demnach eher<br />

Fußball als Motorradsport sendet.<br />

Zumindest in Spanien scheint die Vermarktung der<br />

Dorna zu funktionieren. Im restlichen Europa allerdings<br />

weniger. Die Motocross-WM hatte in Italien<br />

höhere Einschaltquoten als die MotoGP in Barcelona.<br />

Spätestens bei diesen Zahlen sollten die<br />

Verantwortlichen stutzig werden und nach Auswegen<br />

suchen. Die Marketing-Experten könnten sich<br />

vielleicht sogar bei König Fußball etwas abschauen.<br />

Aber solange die Massenmedien kein Interesse<br />

zeigen, kann eben auch keine breite Masse erreicht<br />

werden. Wie wäre es denn mit etwas weniger<br />

Fußball-Fieber und einem entfachten<br />

MotoGP-Feuer?<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 13


PRO & CONTRA<br />

FLAVIO BRIATORE: RETTER IN DER NOT?<br />

Hilfe! Bloß nicht<br />

Flavio holen!<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

+++ PRO +++<br />

+++ CONTRA +++<br />

Toto Wolff grinst schelmisch vor sich hin. Wird Flavio Briatore den Teamchefs<br />

bei der Suche nach einer besseren Show beratend zur Seite stehen?<br />

Der Mercedes-<strong>Motorsport</strong>chef lässt die Frage unbeantwortet.<br />

Viel wichtiger ist ohnehin: Die <strong>Formel</strong> 1 braucht Hilfe! Zu hohe Ticketpreise,<br />

ein oft ausbaufähiges Showprogramm an den Rennwochenenden<br />

und unverständliche Regeländerungen wie doppelte Punkte beim Finale<br />

sorgten für viel Kritik an der Königsklasse des <strong>Motorsport</strong>s.<br />

»Vielleicht müssen wir den Stolz und einige historische Gefühle über<br />

Bord werfen und in der Zukunft ein paar verrückte Dinge machen«, sagt<br />

Pirelli-<strong>Motorsport</strong>chef Paul Hembery im Interview mit <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>.com.<br />

An verrückten Ideen dürfte es Flavio Briatore sicher nicht mangeln. Der<br />

Italiener war stets ein Querdenker. Kein Vollblutracer, sondern ein<br />

gewiefter Marketingfachmann. Ja, mit der Crashgate-Affäre schoss er<br />

über das Ziel hinaus. Damit kennen sich die <strong>Formel</strong>-1-Entscheider<br />

jedoch alle ebenfalls bestens aus.<br />

Ein bisschen frischer Wind kann den Teamchef-Meetings also nur gut<br />

tun. Allerdings sollten die Verantwortlichen Schnellschüsse wie in der<br />

Vergangenheit tunlichst vermeiden. Noch mehr Eigentore wie die doppelten<br />

Punkte verkraftet der Sport nicht. Das Motto lautet: Erst denken,<br />

dann handeln.<br />

2008 aus der Königklasse des <strong>Motorsport</strong>s verjagt, soll ausgerechnet<br />

Flavio Briatore sechs Jahre später die <strong>Formel</strong> 1 vom Zuschauerschwund<br />

befreien. Soll das ein schlechter Scherz sein? Immerhin ist<br />

Briatore nicht ohne Grund aus der <strong>Formel</strong> 1 verbannt worden.<br />

Oder will der Italiener das Zuschauer- und Sponsoreninteresse damit<br />

steigern, dass er künftig wahlweise Fahrer in die Streckenbegrenzung<br />

beordert? Die Funksprüche, die heutzutage ja öffentlich sind, wären<br />

auf jeden Fall interessant. Aber im Ernst: der Schaden, den die<br />

Crashgate-Affäre dem Sport, aber auch dem Renault-Team zufügte,<br />

war immens. Teamsponsor ING stieg sogar aus der <strong>Formel</strong> 1 aus.<br />

Briatore gilt nicht gerade als schüchtern, wenn es darum geht, seine<br />

Meinung kundzutun. Tatsächlich war an seiner Kritik an der zu hochtechnisierten<br />

<strong>Formel</strong> 1 durchaus das ein oder andere Körnchen<br />

Wahrheit zu finden. Doch das allein reicht nicht als Begründung aus,<br />

um dem 64-jährigen Playboy die Leitung der neuen Arbeitsgruppe<br />

zu übergeben.<br />

Nach dem Ecclestone-Prozess und der Austragung des Russland GP<br />

trotz MH17-Abschuss braucht die <strong>Formel</strong> 1 eine neue, starke Führung<br />

und nicht noch mehr negative Publicity. Dass Briatore diese starke<br />

Hand ist, darf bezweifelt werden.<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

14 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


KOLUMNE | FORMEL 1<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

WER ZULETZT LACHT,<br />

LACHT AM BESTEN<br />

WEGEN SEINEM DAUERGRINSEN ALS ZU WEICH FÜR DIE F1 KRITISIERT, IST ES JETZT DANIEL RICCIARDO, DER ZULETZT LACHT.<br />

Keiner grinst<br />

so schön wie<br />

Daniel Ricciardo<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

A<br />

usgelassen jagt er Fernando Alonso und Lewis Hamilton mit der<br />

Champagnerflasche in der Hand über das Podest. Minuten zuvor<br />

hatte Daniel Ricciardo die beiden Weltmeister auf der Strecke eiskalt<br />

stehen gelassen. »Mann, kann der Junge überholen.« Mit seinem sensationellen<br />

Überholmanöver in der drittletzten Runde des Ungarn GP brachte Ricciardo<br />

nicht nur seinen Boss Christian Horner ins Schwärmen, sondern auch die Bosse<br />

der Konkurrenz. »Die Perfektion und Brutalität, mit der er dieses Rennen gewonnen<br />

hat, sind außerordentlich«, lobte Niki Lauda den Australier über den Klee.<br />

Ricciardo dürften die Lobeshymnen auf seine Person runtergehen wie Öl,<br />

schließlich hatten viele - auch intern bei Red Bull Racing - an seinen Fähigkeiten<br />

gezweifelt. In seiner Toro-Rosso-Zeit zeigte der Aussie zwar ein paar gute<br />

Rennen, beim Überholen fehlten ihm allerdings oftmals die nötige Aggression<br />

und Entschlossenheit. Kritiker fühlten sich durch Ricciardos Dauer-Smile in<br />

ihrer Meinung bestärkt. Jemand, der 24 Stunden, sieben Tage die Woche mit<br />

einem Lächeln durch die Gegend rennt, dem müsse einfach der nötige Killerinstinkt<br />

für die harte <strong>Formel</strong>-1-Welt fehlen, lautete der mehrheitliche Tenor im<br />

F1-Paddock. »Ich lächle viel, und weil ich wie ein freundlicher Kerl wirke, denken<br />

viele Leute wahrscheinlich, dass ich ein bisschen weich bin, dass ich nett bin,<br />

dass ich niemandem wehtun würde«, war sich Ricciardo der Vorurteile bewusst.<br />

Andere Fahrer hätten ihre Konsequenz daraus gezogen und sich mit dem<br />

Wechsel in ein Top-Team ein anderes Image zugelegt, doch nicht Ricciardo. Er<br />

rennt weiterhin mit einem Dauerlächeln durch den Paddock, seine Antwort in<br />

Richtung Kritiker gibt er allein auf der Strecke oder via Message auf seinem<br />

Rennhelm, dessen Rückseite nicht grundlos das Bild eines Honigdachses ziert<br />

- ein Raubtier, das als absolut furchtlos und aggressiv gilt. »Wenn man die<br />

richtigen Knöpfe drückt, kann ich ein sehr dunkles Individuum sein. Sehr zornig.<br />

Ganz ehrlich«, betonte Ricciardo. Den Beweis dafür lieferte er unter anderem<br />

in Hockenheim als er dem spanischen Ausnahmekönner und zweifachen Champion,<br />

Fernando Alonso, souverän die Stirn bot und das, obwohl Alonso die<br />

deutlich frischeren Reifen hatte. »Daniel ist toll gefahren. Es war ein sauberer<br />

und fairer Kampf. Immer wenn ich an ihm vorbei war, hat er sich sehr clever<br />

in meinen Windschatten gehängt«, zollte Alonso seinem Konkurrenten Respekt.<br />

Respekt, den Ricciardo auch verdient, denn der Aussie machte nicht nur der<br />

Konkurrenz in Rot und Silber Feuer unter dem Hintern, sondern auch dem<br />

eigenen Teamkollegen. Siege, Podestplätze, Fahrerwertung oder teaminternes<br />

Qualifyingduell - Ricciardo liegt in allen relevanten Vergleichen klar vor Sebastian<br />

Vettel, seinerseits vierfacher Weltmeister. Mit dieser Bilanz im Red-Bull-<br />

Stallduell hatte kaum einer gerechnet - außer Ricciardo selbst. Der Australier<br />

hat stets an sich geglaubt. »Ich wollte zu dieser Gruppe von Fahrern zählen,<br />

die man an der Spitze erwartet. Wo man sagt, das ist dieser Kerl, und man<br />

kann damit rechnen, dass er hart fährt, dass er schnell ist.« Ein Ziel, das Ricciardo<br />

bereits nach elf Saisonrennen erreicht hat. Wie sagt ein Sprichwort so<br />

schön? Wer zuletzt lacht, lacht am besten... und Ricciardo kann 2014 zu Recht<br />

übers ganze Gesicht lachen.


MARK SUTTON<br />

LIFE THROUGH A LENS<br />

Folge Mark Sutton bei<br />

twitter @suttonimages<br />

Hier drüben: Bitte recht<br />

freundlich, Daniel!<br />

01<br />

01 DAS LÄCHELN DES SIEGERS<br />

Gerade als die Fahrer das Podest verlassen wollten, schrien wir in Richtung Daniel, auf<br />

den wir direkt hinunter sehen konnten. Es schien ihn zu freuen. Ich versuchte es auch<br />

bei Fernando, aber er sah nicht direkt in die Kamera, wie es Daniel getan hat. Anstatt<br />

einem Foto, auf dem die Fahrer das Podest verlassen, haben wir einen richtig coolen<br />

Shot bekommen. Ich verwendete für das Bild ein recht langes Objektiv, 70 bis 200mm.<br />

Dadurch ist man sehr davon abhängig, wohin sich der andere bewegt und was er tut.<br />

Daniel ist für solche Schnappschüsse immer gut. Sein Lächeln in diesem Moment auf<br />

dem Podium macht das Bild so fantastisch.<br />

02 SONNENUNTERGANG<br />

Das war an einem Freitagabend. Das Bild funktioniert, weil es wirkt, als würde die erste<br />

Saisonhälfte mit dem Sonnenuntergang enden. Wir haben noch sehr spät in der Box<br />

gearbeitet. Der Sonnenuntergang wirft ein tolles Licht auf die Leute, die noch an den<br />

Autos werkeln. Ungarn ist für solche Bilder einer der besten Orte. Und dieser Platz ist<br />

großartig, um die Grid Girls zu fotografieren und die Jungs, die an den Autos arbeiten,<br />

um diese für den Parc Ferme vorzubereiten. Zu diesen späten Abendstunden können<br />

wir entlang der Boxengasse gehen. Das Bild haben wir an der Strecke gemacht, von<br />

jenem Platz aus, wo man von der Boxengasse in die Startaufstellung geht. Die Silhouette,<br />

die durch das Licht auf der Haupttribüne entsteht, sieht richtig gut aus. Dieses <strong>Spektakel</strong><br />

sieht man jeden Abend. Es ist wirklich eine malerische Szene und zeigt einen völlig<br />

anderen Blick auf die Haupttribüne, als man es sonst gewohnt ist.<br />

03 ZIIIEEEHHH!!<br />

Ein gutes Bild aus dem Freitagstraining. Kamui Kobayashi fuhr mit seinem rauchenden<br />

Auto an mir vorbei. Also machte ich ein Bild von ihm und den leeren Tribünen, die ein<br />

schöner, farbiger Hintergrund sind. Als ich das Feuer sah, wechselte ich auf ein Tele-<br />

Objektiv, das 500er, aber zu diesem Zeitpunkt stand er bereits. Die Feuerlöscher wurden<br />

ausgelöst und er sprang in die Luft. Es war unglaublich, wie hoch er springen konnte!<br />

Der Grund dafür ist natürlich das ERS, aber es sieht so aus, als ob er in der Luft schweben<br />

würde. Ich weiß nicht, warum er so hoch sprang. Aber es ist ein großartiges Foto. Das<br />

Feuer ging jedoch nicht aus. Als sie das Auto am Kran hatten, rauchte es noch immer.<br />

Also schnappte sich Kobayashi selbst einen Feuerlöscher und versuchte, es zu löschen.<br />

Es kam bei diesem Foto wieder einmal darauf an, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu<br />

sein. Wenn ich im Qualifying hier gewesen wäre, hätte ich den Abflug von Lewis erwischt.<br />

Aber da war ich an einer anderen Stelle der Strecke. So spielt das Leben!<br />

Sonnenuntergang in<br />

Budapest: Bereit für die<br />

zweite Saisonhälfte<br />

02<br />

16 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Japanischer Rekord:<br />

Kamui Kobayashi fliegt<br />

aus dem Cockpit<br />

03


KOLUMNE | FORMEL 1<br />

VON SCHMERZMITTELN &<br />

KERNÖL<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

MANCHMAL KANN DIE FORMEL 1 SO WEHTUN! MANCHMAL IST SIE EINFACH NUR WITZIG. EIN BLICK HINTER DIE KULISSEN.<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FIA, MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

Kernöl? Kann man<br />

das trinken???<br />

LEHRE NUMMER 1: WO IST KURVE 12A?<br />

Richtig zählen will gelernt sein! Erst recht in Zeiten von hochkomplexen<br />

technischen Reglements. Jedes Mal aufs Neue bricht in unserer Redaktion<br />

die pure Freude aus, wenn es darum geht, die Kurvenanzahl einer neuen<br />

Rennstrecke zu ermitteln. Bei der FIA scheint das nicht anders zu sein:<br />

In Hockenheim kommt der Weltverband auf schlappe drei Kurven mehr<br />

als die normal gezählte Angabe. Noch viel besser war es jedoch in Ungarn:<br />

Dort erwarteten die Fahrer laut dem offiziellen FIA-Streckenplan nicht<br />

nur 14 Kurven, sondern zusätzlich auch noch die Kurven 1A und 12A.<br />

Manche bekommen einfach nicht genug...<br />

LEHRE NUMMER 2: KERNÖL IST NICHT ZUM TRINKEN!<br />

Elf Jahre lang war Österreich nicht mehr im <strong>Formel</strong>-1-Rennkalender.<br />

Umso größer war die Begeisterung bei der Rückkehr nach Spielberg.<br />

In der Abwesenheit scheinen jedoch einige lokale Gegebenheiten in<br />

Vergessenheit geraten zu sein. Am ersten Tag gab es für die über 500<br />

Journalisten aus aller Welt ein kleines Willkommensgeschenk, inklusive<br />

Hirschwurst und dem weltberühmten steirischen Kürbiskernöl.<br />

Letzteres sorgte bei einigen nicht-deutschsprachigen Kollegen jedoch<br />

für Verwirrung. »Ist das zum Trinken?«, fragte uns ein russischer Journalist.<br />

Als wir ihm erklärten, dass Kernöl nicht zum Trinken, sondern<br />

für den Salat sei, war ihm die Enttäuschung deutlich ins Gesicht<br />

geschrieben. Zum Glück hatte Red Bull auch noch ein kleines Fläschchen<br />

Zirbenschnaps beigelegt.<br />

Niki Lauda spielte<br />

Krankenschwester<br />

für Toto Wolff<br />

LEHRE NUMMER 3: MUSIK KANN SCHMERZVOLL SEIN<br />

Auch Radfahren will gelernt sein! Wie gefährlich dieser Zeitvertreib ist,<br />

mussten unter anderem schon Mark Webber und Nick Heidfeld am eigenen<br />

Leib erfahren. Vor dem Ungarn GP erwischte es nun die halbe<br />

Mercedes-Mannschaft. Teamboss Paddy Lowe stürzte, alle anderen taten<br />

es ihm gleich. Am schlimmsten erwischte es Toto Wolff, der dennoch mit<br />

Schmerzmitteln vollgepumpt zum Rennen erschien. Nach dem für Silberpfeil-Verhältnisse<br />

eher schwachen Ergebnis hätte er sich das wohl<br />

lieber überlegen sollen. <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com fragte ihn nach Rennende:<br />

»Was tut mehr weh: Die Siegermusik bei Red Bull oder der gebrochene<br />

Arm?« Die Antwort kann sich jeder denken. Für den Arm gab es<br />

Mittel, gegen den verlorenen Sieg nicht. Da hilft dann noch nicht mal ein<br />

kräftiger Schluck Kernöl...<br />

Großer Andrang beim<br />

Heimrennen von<br />

Lewis Hamilton<br />

LEHRE NUMMER 4: FALSCHE HEIMRENNEN<br />

Zuhause ist es am schönsten. Da gilt auch für Große Preise. Kein Wunder<br />

also, dass viele Teams sich geradezu mit Heimrennen überschlagen. So<br />

hatte Mercedes allein bis zur Saisonmitte schon fünf Heim-Grand-Prix:<br />

Malaysia (wegen Titelsponsor Petronas), Monaco (wegen Nico Rosberg),<br />

Österreich (wegen Niki Lauda und Toto Wolff), England (wegen des Teamsitzes<br />

in Brackley & Brixworth sowie Lewis Hamilton) und Deutschland<br />

(wegen Mercedes). »Aber Hockenheim ist unser wirklicher Heim Grand<br />

Prix - alles andere ist Marketing«, gab Wolff mit einem Schmunzeln zu<br />

- und bereute den Satz postwendend. Übrigens: Auch wir haben mit den<br />

Rennen in Deutschland und Österreich gleich zwei Heimrennen mit<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com. Die sind aber echt!<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 17


SLIDESHOW | FORMEL 1 | #38 | 2014<br />

18 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


❱ MERCEDES‘<br />

BETRIEBS-<br />

FEUERWEHR<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

FOTO: ADRIVO/SUTTON<br />

Endlich ist es so weit: Was uns vor dieser Saison von allen versprochen<br />

wurde - nämlich spektakuläre Motorschäden -, das bekommen<br />

wir jetzt. Na gut, hier lag es an einem Benzinleck, aber spektakulär<br />

sind die Bilder trotzdem. Mindestens so heiß wie unter der Motorabdeckung<br />

des Silberpfeils geht es unter den Dächern Monacos zu.<br />

Lewis Hamilton gegen Nico Rosberg. Der WM-Kampf spitzt sich<br />

immer weiter zu, die Bandagen werden härter. Nicht nur bei den<br />

Fahrern sind jetzt kühle Köpfe gefragt, auch bei der Teamführung:<br />

Toto Wolff, Paddy Lowe und Niki Lauda müssen sich jetzt das ein<br />

oder andere Mal als Feuerwehrmänner üben. Leider sind ihre Einsätze<br />

für uns nicht so gut sichtbar wie hier.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 19


TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

FORMEL 1<br />

SPEKTAKEL<br />

2014<br />

NEUE HELDEN, STRAUCHELNDE<br />

CHAMPIONS UND HEISSE FUNK-<br />

DUELLE. DIE ERSTEN SAISON-<br />

RENNEN HATTEN ES IN SICH.<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

VERRÄT, WAS DIE FANS IN DER<br />

ZWEITEN HÄLFTE ERWARTET<br />

20 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 21<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON


VETTEL & RICCIARDO<br />

»Das neue Juwel des Red-Bull-Stalls«, titelten die internationalen Medien nach dem Großen Preis von Ungarn. Dabei<br />

hatten die meisten Daniel Ricciardo vor Saisonbeginn als Vettels Helfer oder Gute-Laune-Partner eingestuft. Nur<br />

wenigen Insidern war klar, dass hinter dem breiten Grinsen auch ein knallharter Racer steckt. Nach seinen zwei<br />

Siegen und der deutlichen Erfolgsbilanz gegenüber seinem Teamkollegen ist jetzt auch der ganzen <strong>Formel</strong>-1-Welt<br />

klar: Ricciardo hat alles, was ein zukünftiger Weltmeister braucht. »Ich denke durchaus, dass Daniel das Zeug dazu<br />

hat, Weltmeister zu werden«, sagt Landsmann Alan Jones. Ricciardo bleibt trotz aller Vorschusslorbeeren auf dem<br />

Boden. »Nach sechs Monaten im Team gleich zwei Siege einzufahren, ist einfach nur fantastisch. Auf diese tolle<br />

erste Saisonhälfte will ich aufbauen.« Bei Sebastian Vettel lief es hingegen alles andere als fantastisch. Das neue<br />

Reglement beraubte den vierfachen Weltmeister seiner größten Stärke - mit dem angeblasenen Diffusor, durch die<br />

schnellen Kurven zu fahren. Hinzu kam Pech, dass Vettel wie Kaugummi an den Schuhen klebte - wenn bei Red Bull<br />

der Defektteufel zuschlug, dann traf es zumeist den 27-Jährigen. Die Folge: Zur Halbzeit stehen zwei dritte Plätze<br />

zu Buche, die Titelverteidigung ist längst abgeschrieben - eine verheerende Bilanz für den erfolgsverwöhnten Deutschen.<br />

Doch Teamchef Christian Horner ist sich sicher: »Sebastian wird zurückkommen.« Und tatsächlich fährt Vettel<br />

seine stärksten Rennen traditionell in der zweiten Saisonhälfte. Das weiß auch die Konkurrenz von McLaren und<br />

Mercedes, die laut F1-Gerüchteküche Vettel unanständig hohe Angebote gemacht haben soll.<br />

Zwischenfazit: Charakterbildende Zeit & neuer Shooting-Star<br />

Ausblick: Vettel beweist, dass er das Autofahren nicht verlernt hat & das breite Dauergrinsen des Australiers bleibt<br />

uns erhalten


WILLIAMS<br />

Viele sahen das Qualifying in Spielberg als einmalige Ausnahme<br />

an. Dort besetzte Felipe Massa und Valtteri Bottas<br />

die erste Startreihe. Spätestens seit dem Deutschland GP<br />

steht jedoch fest: Williams ist zurück an der Spitze - und<br />

der Rennstall hat nicht vor, von dort so schnell wieder zu<br />

verschwinden. Selbst auf der ungarischen Angststrecke<br />

konnte Williams mit den Plätzen fünf und acht aufzeigen.<br />

Wieder einmal erwiesen sich die Updates des Rennstalls<br />

als Volltreffer. Ein entscheidender Trumpf im Kampf um<br />

Top-Platzierungen in der Konstrukteurswertung. »Bei uns<br />

haben alle Teile auf Anhieb funktioniert. Ich kann mich<br />

nicht erinnern, dass Ferrari mal ein neues Teil gebracht<br />

und es sofort funktioniert hat. Das Team hat zwar fleißig<br />

entwickelt, aber die meisten Updates mussten wir am<br />

Freitagabend wieder ausbauen«, konnte sich Felipe Massa<br />

einen Seitenhieb in Richtung seines Ex-Arbeitgebers nicht<br />

verkneifen.<br />

Zwischenfazit: Überraschung gelungen<br />

Ausblick: Aufgepasst Red Bull & Ferrari, Williams ist euch<br />

dicht auf den Fersen!<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, WILLIAMS<br />

SAUBER<br />

Inakzeptabel, nicht zufrieden - diese Wörter fielen in den<br />

vergangenen Wochen und Monaten mehrfach als <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn<br />

auf das schwache Abschneiden ihres Teams<br />

ansprach. Erstmals in seiner Geschichte wartet das Team<br />

aus Hinwill seit elf Rennen auf WM-Zähler. Die Gründe<br />

liegen auf der Hand: mit dem C33 stellte Sauber kein allzu<br />

gutes Auto auf die Beine, hinzu kommt die fehlende Power<br />

des Ferrari-Antriebsstrangs sowie Strategiefehler des<br />

Teams und Patzer der Fahrer. Der elfte Platz von Adrian<br />

Sutil beim Auftaktrennen in Melbourne sowie beim Großen<br />

Preis von Ungarn sind bis dato die besten Ergebnisse des<br />

Rennstalls. In der Konstrukteurswertung liegt Sauber auf<br />

der vorletzten Position. »Es ist sicher deprimierend, aber<br />

wir müssen im Moment leider damit leben«, erklärte Adrian<br />

Sutil resignierend.<br />

Zwischenfazit: Tristesse in Hinwill<br />

Ausblick: Leichte Verbesserungen sind möglich, die totale<br />

Wende wohl nicht<br />

→<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 23


FERNANDO ALONSO<br />

»Super, super, super, super....«, tönte es lautstark durch den<br />

Boxenfunk. Mit dem zweiten Platz in Budapest schenkte<br />

Fernando Alonso Ferrari und den Tifosi wieder Hoffnung.<br />

»Es ist wie ein großer Atemzug von Frischluft, das ist entscheidend<br />

für die Moral«, ist sich Teamchef Marco Mattiacci<br />

bewusst. Letztere hatte in der ersten Saisonhälfte schwer<br />

gelitten. Pole Positions? Siege? Fehlanzeige! Statt Perfektion<br />

legt der Traditionsrennstall eine Mittelmäßigkeit an den<br />

Tag, die schlechte Erinnerungen an alte Zeiten aufkommen<br />

lassen. Herausragend ist bei Ferrari nur einer: Fernando<br />

Alonso. Trotz der zahlreichen Mankos seines Dienstwagens<br />

- zu wenig PS, zu schwerer Antriebsstrang, zu brave Aerodynamik<br />

- fuhr der Spanier zwei Mal auf das Podest. Und<br />

auch in sämtlichen Qualifyings holte er mehr aus dem Auto<br />

heraus, als es eigentlich zu leisten im Stande war. Dass<br />

Ferrari kurzzeitig auf Platz vier der Konstrukteurswertung<br />

zurückfiel, kann allen anderen angekreidet werden - nur<br />

nicht dem Spanier. Entsprechend rollte der Kopf von<br />

Motorenchef Luca Marmorini.<br />

Zwischenfazit: Alonso als Motivator<br />

Ausblick: Erneut bleiben Alonsos Fahrkünste unbelohnt.<br />

Das könnte zum Ende der Traumehe Ferrari/Alonso<br />

führen<br />

CATERHAM<br />

Das spartanische grüne Motorhome im hintersten Winkel<br />

des Fahrerlagers ist fast schon bezeichnend für die Situation<br />

bei Caterham. Auf der Strecke bildet das Team<br />

gemeinsam mit Sauber jenes traurige Duo, das nach elf<br />

Saisonrennen immer noch punktelos dasteht. Das vor<br />

Saisonbeginn ausgegebene Ziel, die ersten Punkte einzufahren,<br />

bleibt 2014 Utopie. Abseits der Strecke wollen zwar<br />

neue Investoren - ein Konsortium aus der Schweiz und<br />

dem Mittleren Osten - Caterham wieder auf Vordermann<br />

bringen, doch bislang ist davon genauso wenig zu sehen<br />

wie von den Geldgebern selbst. Stattdessen sorgt die neue<br />

Teamführung mit Massen-Entlassungen, Klagen und<br />

Gegenklagen für negative Schlagzeilen. »Manchmal muss<br />

man eben unpopuläre Entscheidungen treffen«, betont<br />

Colin Kolles, der seit dem Rückzug von Teambesitzer Tony<br />

Fernandes als Berater des Rennstalls fungiert. Gelingt<br />

dem Sanierer die Wende?<br />

Zwischenfazit: Schlimmer geht‘s nimmer<br />

Ausblick: Der frische Wind bei Caterham könnte sich als<br />

laues Lüftchen herausstellen<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

24 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


MERCEDES-DUELL<br />

Mit 393 Punkten nach elf Rennen hat Mercedes 2014<br />

schon mehr WM-Zähler gesammelt als in der gesamten<br />

zurückliegenden Saison - damals waren es 360. Durch<br />

den teaminternen Fight der Piloten rückt diese Erfolgsgeschichte<br />

allerdings in den Hintergrund. Seit Saisonbeginn<br />

liefern sich Nico Rosberg und Lewis Hamilton einen Thriller<br />

der Extraklasse, der an jenen von Senna/Prost bei McLaren<br />

Ende der 80er Jahre erinnert. Mercedes ließ bisher seine<br />

Fahrer frei fahren, stieß dabei allerdings mehrfach auf<br />

seine Grenzen wie in Ungarn. Trotzdem betont Toto Wolff:<br />

»Unsere Fahrer dürfen auch den Rest der Saison frei<br />

gegeneinander fahren.« Für den Mercedes-<strong>Motorsport</strong>chef<br />

lenken die Diskussionen rund um die Stallregie viel zu<br />

sehr vom echten Problem ab - der Zuverlässigkeit. Nach<br />

Bremsproblemen in Montreal folgte ein Getriebeschaden<br />

in Silverstone, ein Bremsdefekt in Hockenheim und ein<br />

Benzinleck in Budapest. Die Tatsache, dass es vor der<br />

Sommerpause zwei Mal Hamilton erwischte, rief die Verschwörungstheoretiker<br />

auf den Plan. Sie meinten:<br />

Mercedes wolle unter allen Umständen einen deutschen<br />

Weltmeister. »Ich halte das für absoluten Schwachsinn«,<br />

stellte Johnny Herbert gegenüber <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />

com klar. »Mercedes ist in der <strong>Formel</strong> 1, weil sie ein Auto<br />

haben, das sie verkaufen wollen. Warum sollten sie ihr<br />

Auto zerstören oder brennen lassen? Es geht ihnen einzig<br />

und allein darum, ihre Marke zu promoten.« Also alles nur<br />

Pech? Ja, sagt Jacques Villeneuve im Gespräch mit <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com.<br />

»Es ist Pech und wenn man einmal<br />

Pech hat, dann trägt man eine schlechte Energie mit sich<br />

rum. Aber es ist noch nichts verloren. Immerhin gibt es<br />

beim letzten Rennen doppelte Punkte. Das ist als ob man<br />

noch ein Rennen hätte. Lewis hat noch viel Zeit.«<br />

Zwischenfazit: Ein Fight der Extra-Klasse<br />

Ausblick: Im Duell Rosberg vs. Hamilton ist kein Spannungsabfall<br />

in Sicht<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 25


FUNK-<br />

DUELL !<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

SO SCHIMPFTEN SICH DIE FAHRER DURCH DIE<br />

ERSTE SAISONHÄLFTE...<br />

UNGARN GP: ROSBERG VS. HAMILTON<br />

Peter Bonnington: Okay, Lewis. Der Abstand<br />

zu Nico beträgt eine Sekunde. Er ist auf den<br />

Option-Reifen. Er hat noch einen Stopp.<br />

Halte ihn nicht auf.<br />

Hamilton: Ich kann mir nicht vorstellen,<br />

dass meine Reifen noch 20 Runden<br />

halten.<br />

...<br />

Rosberg: Warum lässt er mich nicht durch?<br />

Peter Bonnington: Okay, Lewis. Lass Nico<br />

bitte vorbei. Lass Nico auf der Start/Ziel-<br />

Geraden vorbei.<br />

Hamilton: Ich mache nicht langsamer für<br />

Nico. Wenn er nah genug zum Überholen<br />

herankommt, dann kann er überholen.<br />

DEUTSCHLAND GP: RÄIKKÖNEN AN<br />

FERRARI-BOX<br />

Kimi Räikkönen: Der linke Voderreifen sieht<br />

schlecht aus - sehr schlecht.<br />

David Lloyd: Wir brauchen vier weitere Runden.<br />

Noch vier Runden.<br />

Kimi Räikkönen: Wir müssen stoppen! Der<br />

linke Vorderreifen ist komplett am Ende. Wir<br />

müssen stoppen. JETZT!<br />

GROSSBRITANNIEN GP: ALONSO VS.<br />

VETTEL<br />

FOTOS: RED BULL RACING<br />

Alo: Er hat DRS wegen der Streckenbegrenzung<br />

in der letzten Kurve bekommen.<br />

Er bekommt durch Turn 5 und aus Turn 9<br />

DRS. Was muss ich noch machen?<br />

Seb: Er hat es schon wieder getan! Er kann<br />

so etwas nicht machen! Wenn ich nicht aus<br />

dem Weg gegangen wäre, hätte er mich von<br />

der Strecke geschoben!<br />

Rocquelin: Verstanden. Bleib ruhig. Du<br />

bist eindeutig der Schnellere.<br />

26 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


CHINA GP: VETTEL VS. RICCIARDO<br />

Rocquelin: Sebastian, lass Ricciardo vorbei. Lass Daniel<br />

vorbei - bitte.<br />

Vettel: Auf welchem Reifen ist er?<br />

Rocquelin: Medium, aber er hat später gestoppt.<br />

Vettel: Der Glückliche.<br />

Simon Rennie: Daniel, fahr an Seb heran und<br />

überhol ihn!<br />

BAHRAIN GP: VERGNE VS.<br />

MALDONADO<br />

Vergne: Der Lotus-Typ ist völlig verrückt.<br />

Ich weiß nicht, wer es war. Aber der ist<br />

absolut irre.<br />

Xevi Pujolar: Verstanden. Box.<br />

Vergne: Der Kerl wollte mich killen!<br />

MALAYSIA GP: MASSA VS. BOTTAS<br />

Andrew Murdoch: Okay Felipe. Valtteri ist schneller als<br />

du, halte ihn nicht auf.<br />

Jonathan Eddolls: Du bist schneller als Massa, überhol ihn.<br />

Du bist schneller!<br />

Andrew Murdoch: Okay Felipe. Valtteri ist schneller als<br />

du. Er hat die frischeren Reifen, halte ihn nicht auf.<br />

Andrew Murdoch: Felipe. Valtteri hat die frischen Reifen,<br />

wir müssen ihn vorbei lassen.<br />

...<br />

Andrew Murdoch: Du bist langsamer als Valtteri, du hältst<br />

ihn auf. Lass ihn vorbei.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 27


FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

DIE CHASSIS-FRAGE<br />

28 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


DIE FORMEL 1 IST EIN KOMPLEXER SPORT. ALLEINE AUF TECHNISCHER SEITE ERGEBEN ZAHLLOSE PARAMETER EIN DIF-<br />

FUSES GESAMTBILD. DURCH DEN GROSSEN REGELUMBRUCH UND DIE STARK UNTERSCHIEDLICHEN MOTOREN WURDE DAS<br />

KRÄFTEVERHÄLTNIS WILD DURCHEINANDERGEWÜRFELT. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM WOLLTE ES GENAU WISSEN: WER<br />

BAUT DAS BESTE CHASSIS?<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 29


ie Performance wird zu 90 Prozent<br />

von der Aerodynamik<br />

bestimmt. Aber ich denke,<br />

dass das nicht gut ist, weil<br />

wir keine Satelliten oder<br />

Flugzeuge bauen, sondern<br />

Autos.« Diese Aussage gab Ferrari<br />

Präsident Luca di Montezemolo in der Vergangenheit<br />

nicht nur einmal zum Besten. Dem<br />

Italiener wurde die <strong>Formel</strong> 1 jahrelang zu stark<br />

von der Aerodynamik bestimmt. Mit dem neuen<br />

Reglement bekam er, was er wollte. Die Motoren<br />

stehen wieder im Mittelpunkt, manch einer<br />

spricht bereits von der neuen Motoren-<strong>Formel</strong>.<br />

Dabei müsste korrekterweise von der Power-<br />

Unit-<strong>Formel</strong> die Sprache sein - mit dem Motor<br />

allein ist es nicht mehr getan. Von den drei<br />

Power-Unit-Herstellern liefert Mercedes zweifellos<br />

das beste Paket. Renault und Ferrari rangieren<br />

mit großem Abstand dahinter. Für die<br />

Kunden von Renault und Ferrari ist der Grund<br />

für schlechte Resultate schnell gefunden: der<br />

Antrieb. Vor allem Red Bull stellt immer wieder<br />

Partner Renault an den Pranger. Doch sind die<br />

Franzosen wirklich schuld an den durchwachsenen<br />

Resultaten des Weltmeisterteams? Und<br />

wie steht es um Williams: Ist die Stärke des Traditionsrennstalls<br />

wirklich nur in der starken<br />

Power Unit begründet?<br />

»Die Performance ist nicht akzeptabel, das müssen<br />

sie ändern. So kann es nicht weitergehen,<br />

weder für Red Bull, noch für Renault.« Aussagen<br />

wie diese hört man bei Red Bull nicht nur von<br />

Teamchef Christian Horner in dieser Saison<br />

regelmäßig. Dr. Helmut Marko sprach sogar<br />

davon, Geld von Renault zu fordern, schließlich<br />

hätte man nur wegen deren schwacher Performance<br />

Geld und Image verloren. An der eigenen<br />

Stärke zweifelt Marko kein bisschen. »Sehen Sie,<br />

wir haben 65 PS weniger! Dann müssen wir<br />

Abtrieb wegnehmen, um auf den Geraden nicht<br />

ganz so langsam zu sein und wir sind trotzdem<br />

noch die schnellsten in den Kurven«, erzählt er<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com. Außerdem würde<br />

sich die Stärke des RB10 immer dann zeigen,<br />

wenn es regnet. »Immer dann sind wir in der<br />

ersten Startreihe«, meint Marko.<br />

Die Statistik gibt dem Grazer recht: In Australien,<br />

Malaysia, China und Großbritannien<br />

regnete es am Samstag. Bei allen vier Grands<br />

Prix startete ein Red Bull von Platz zwei. Im<br />

Regen wiegen die Leistungs-Defizite des Renault-Motors<br />

nicht so schwer, die Power muss<br />

erst einmal auf den rutschigen Asphalt<br />

gebracht werden. Ein weiterer Punkt: Bei den<br />

kühlen Bedingungen müssen die Reifen ins<br />

Betriebsfenster gebracht werden. Je mehr<br />

Abtrieb ein Auto generiert, desto besser gelingt<br />

das, weil Kurvengeschwindigkeiten entsprechend<br />

steigen und somit auch die lateralen<br />

Kräfte. Dadurch erhitzt sich der Reifen strukturell.<br />

Dabei hilft natürlich nicht nur die Aerodynamik,<br />

sondern auch das Fahrwerk. In der<br />

<strong>Formel</strong> 1 schlägt das Pendel jedoch stark Richtung<br />

Aerodynamik aus. Trotzdem stand 2014<br />

- trotz der nassen Qualifyings - bei jedem<br />

Rennen, mit Ausnahme von Österreich, ein<br />

Mercedes auf der Pole Position.<br />

Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve hat eine klare<br />

Meinung darüber, ob Red Bull auch nach dem<br />

großen Regelumbruch noch das beste Chassis<br />

hat. »Nein«, sagt der Kanadier gegenüber <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com.<br />

»Denn sie müssen mit<br />

einem sehr hohem Heck fahren, um Abtrieb zu<br />

haben. Das bedeutet, dass man auf den Geraden<br />

weniger Höchstgeschwindigkeit hat. Auf einer<br />

Strecke wie in Budapest ist das okay, aber auf<br />

schnellen Strecken ist das Chassis nicht mehr<br />

das Beste. Denn wenn sie niedrig fahren würden,<br />

um den Speed auf den Geraden zu bekommen,<br />

verlieren sie den ganzen Grip.«<br />

Dass mit Toro Rosso das kleine Schwesterteam<br />

mit der Gesamtperformance deutlich näher an<br />

Red Bull herangerückt ist - und wohlgemerkt<br />

den gleichen Motor wie das Mutterteam fährt -,<br />

sollte nicht als Verschlechterung des Weltmeisterteams<br />

gesehen werden, wie Marko meint.<br />

»Sie haben jetzt mit James Key einen Top-Mann.<br />

Außerdem benutzen sie nicht nur den gleichen<br />

Motor wie wir, sondern auch das gleiche<br />

Getriebe. Die Synergien zahlen sich aus.«<br />

Als extremer Gegensatz zu Red Bull sehen viele<br />

Williams. Der Rennstall hat sich vom Hinterbänkler-<br />

zum absoluten Topteam entwickelt.<br />

Williams profitiert nur von der alles überragenden<br />

Mercedes Power Unit, lautet eine gängige<br />

Meinung im Fahrerlager. Beim Traditionsrennstall<br />

aus Grove kommt das nicht gut an. <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

sprach Rob Smedley darauf<br />

an. Smedley, seit dieser Saison Head of Performance<br />

Engineering bei Williams, fand deutliche<br />

30 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Worte: »Wenn man sich alle Autos mit Mercedes-<br />

Motor ansieht, dann zeigt das sehr wohl, wo wir<br />

in etwa als Chassis-Hersteller stehen. Wenn es<br />

keinen versteckten Motor gibt, dann fahren vier<br />

Autos mit Mercedes-Power. Und wir sehen gegen<br />

einige Teams, wie beispielsweise McLaren, die<br />

viel Geld in das Chassis investieren, sehr gut<br />

aus.« Mercedes‘ ehemaliger <strong>Motorsport</strong>chef Norbert<br />

Haug stimmt Smedley zu: »Im schlechten<br />

Chassis nutzt der beste Motor nicht viel.«<br />

Dennoch gibt es weiterhin kritische Stimmen. Dr.<br />

Helmut Marko gibt beispielsweise zu bedenken,<br />

dass nicht alle Mercedes-Teams mit dem gleichen<br />

Benzin fahren. McLaren nutzt nicht den hochgelobten<br />

Petronas-Sprit, sondern vertraut auf Mobil<br />

1 als Lieferanten. »Das macht schon 30 PS Unterschied«,<br />

meint der Red Bull <strong>Motorsport</strong>berater.<br />

In der Tat verliert der Williams in kurvigen Segmenten.<br />

Der FW36 hat eine Schwachstelle:<br />

schnelle Kurven. Doch geradeaus läuft der Williams<br />

phänomenal. Fast auf jeder Strecke setzte<br />

einer der beiden Williams-Piloten den absoluten<br />

Spitzenwert bei der Höchstgeschwindigkeit. Da<br />

kann auch Mercedes nicht mithalten.<br />

Das kann zwei Gründe haben: Das Williams-<br />

Getriebe ist länger übersetzt oder der Luftwiderstand<br />

ist geringer. Weil für die gesamte Saison nur<br />

noch eine Getriebeübersetzung erlaubt ist und<br />

die schnellsten Rennstrecken mit Spa und Monza<br />

erst noch bevorstehen, dürfte die Getriebeübersetzung<br />

bislang nicht der limitierende Faktor sein.<br />

Bleibt also der Luftwiderstand. Und auf dieser<br />

Seite ist es immer ein Geben und Nehmen. Die<br />

»SEHEN SIE, WIR HABEN 65 PS<br />

WENIGER! DANN MÜSSEN WIR<br />

ABTRIEB WEGNEHMEN, UM AUF<br />

DEN GERADEN NICHT GANZ SO<br />

LANGSAM ZU SEIN UND WIR<br />

SIND TROTZDEM NOCH DIE<br />

SCHNELLSTEN IN DEN KURVEN«,<br />

SAGT HELMUT MARKO. »IM<br />

REGEN SIND WIR IMMER IN DER<br />

ERSTEN STARTREIHE.«<br />

Kunst besteht darin, möglichst viel Abtrieb mit<br />

möglichst wenig Luftwiderstand zu erkaufen.<br />

Aerodynamische Effizienz nennt sich das. Manche<br />

Mittel, wie zum Beispiel der Heckflügel, haben<br />

hier ein recht schlechtes, also ineffizientes Verhältnis.<br />

Andere Teile wiederum, wie der Unterboden,<br />

bringen in der Regel viel Abtrieb für wenig<br />

Luftwiderstand. Die Aussage, ein Auto sei aerodynamisch<br />

nicht gut, weil es zwar auf der Geraden<br />

schnell ist, in den Kurven allerdings Zeit verliert,<br />

ist also so nicht richtig. Das eine beeinflusst das<br />

andere. Dass der FW36 ein aerodynamisch effizientes<br />

Auto ist, zeigt sich auch beim Benzinverbrauch:<br />

Kein Bolide geht so sparsam mit dem<br />

kostbaren Gut um wie der Williams.<br />

Ganz so einfach wie in der Vergangenheit ist<br />

es aber nicht mehr. Die Frage muss differenzierter<br />

betrachtet werden, meint <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>.com-Experte Christian Danner.<br />

»Der 2,4-Liter-Saugmotor war ein Stück<br />

Eisen, das das Getriebe am Fahrzeug gehalten<br />

hat. Aus! Wenn er nicht gerade den Unterboden<br />

anblasen musste - was wir ja auch mal<br />

hatten -, war er in Bezug auf das Chassis<br />

wirklich nur das. Das ist jetzt anders. Das ist<br />

auch der Grund, warum es eklatante Unterschiede<br />

gibt, wenn man den Autos auf der<br />

Strecke zuschaut.« Neben Aerodynamik und<br />

Fahrwerkskinematik ist in der neuen <strong>Formel</strong><br />

1 noch ein weiterer Baustein als Chassis-Teil<br />

hinzugekommen: die Power Unit. »Sie beeinflusst<br />

das Fahr-, Brems- und Beschleunigungsverhalten<br />

extrem. Das ist das Neue in<br />

diesem Jahr. Deswegen kann man nicht sagen,<br />

dass ein Auto ganz gut ist, der Motor aber<br />

nicht. Es ist einfach eine Komponente hinzugekommen,<br />

die ein Auto langsam oder<br />

schnell, fahrbar oder unfahrbar macht.«<br />

Dass Red Bull nach wie vor felsenfest davon<br />

überzeugt ist, man habe noch immer - den Motor<br />

ausgeklammert - das beste Fahrzeug, kann Danner<br />

nicht ganz nachvollziehen. »Ich finde es ein<br />

wenig weltfremd, wenn man einfach sagt, man<br />

hat das beste Auto. Warum ist der Mercedes so<br />

gut? Weil da von Anfang an die drei Komponenten<br />

Fahrwerk, Aerodynamik und Motor als integrierter<br />

Ansatz bezeichnet wurden.« Norbert<br />

Haug stimmt zu. Er sieht die Power Unit als<br />

großen Trumpf, warnt aber davor, sie isoliert zu<br />

betrachten. »Räder hat sie trotzdem keine, auch<br />

die Chassis-Mannschaft hat ein sehr konkurrenzfähiges<br />

Auto gebaut.«<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, WILLIAMS<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 31


TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

VERRÜCKTE<br />

HARSCHE KRITIK VERLANGT NACH AUSSERGEWÖHNLICHEN MASSNAHMEN. WIE GEWINNT DIE FORMEL 1 DIE<br />

GUNST DER FANS ZURÜCK? PIRELLI-MOTORSPORTCHEF PAUL HEMBERY HAT VIELE IDEEN. DARUNTER EINIGE<br />

RADIKALE NEUERUNGEN. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM TRAF IHN ZUM AUSFÜHRLICHEN GEDANKENAUSTAUSCH<br />

ÜBER DEN STATUS DER KÖNIGSKLASSE.<br />

32 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

IDEEN<br />

Pirelli-<strong>Motorsport</strong>direktor<br />

Paul Hembery<br />

packt aus<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 33


Von Langeweile keine<br />

Spur: Die <strong>Formel</strong> 1 bot<br />

2014 rassige Rennen<br />

MSM: Im vergangenen Jahr stand Pirelli im<br />

Kreuzfeuer der Kritik. Jeder schlug auf euch<br />

ein, kritisierte euch. Wie fühlt es sich an, nun<br />

wieder eher im Hintergrund zu stehen?<br />

PAUL HEMBERY: Die <strong>Formel</strong> 1 ist auch ein<br />

Unterhaltungs-Business. Jede Saison hat ein<br />

fortlaufendes Thema. Im vergangenen Jahr<br />

hat es uns erwischt. Die einen sagen berechtigt,<br />

die anderen unberechtigt. Wenn man in<br />

diesem Sport aktiv und sichtbar dabei sein<br />

möchte, muss man das manchmal einfach<br />

akzeptieren. Man muss pragmatisch sein und<br />

sagen: So ist es eben in diesem Jahr. In dieser<br />

Saison ist die Balance wieder vernünftig. Die<br />

Rennstrategien laufen meistens auf zwei oder<br />

drei Stopps hinaus. Derzeit scheint alles gut<br />

zu funktionieren.<br />

Es hat Pirelli also nicht geschadet. Schließlich<br />

vergessen die Menschen gerne schnell, was<br />

im letzten Jahr gewesen ist, nicht wahr?<br />

Wenn es so weiter gegangen wäre, dann sicher<br />

schon. Nach den Reifenschäden in Silverstone<br />

hatten wir nur eine Woche, um die Probleme<br />

zu beheben. Das ist uns schnell gelungen. Es<br />

gab nicht 19 Rennen wie in Silverstone. Die<br />

Öffentlichkeit hat ebenfalls eine recht pragmatische<br />

Sichtweise. Wir mussten Änderungen<br />

vornehmen, haben das gemacht und<br />

genau das wollen die Leute sehen - Reaktionen.<br />

Wenn jedes Rennen so verlaufen wäre,<br />

hätte es ganz anders ausgesehen. Aber so war<br />

es ja nicht. Wir haben die Reifen und die Nutzung<br />

dieser verändert. So lange nichts Außergewöhnliches<br />

passiert, lässt sich sagen, dass<br />

wir wieder auf Kurs sind.<br />

Immerhin hat es gezeigt, wie schnell und gut<br />

ihr reagieren könnt...<br />

Absolut. Es hat gezeigt: Sobald wir wussten,<br />

was das Problem war, konnten wir es auch<br />

lösen. So ergeht es jedem hier im Fahrerlager.<br />

Das ist nicht nur auf uns begrenzt. Jedes Team<br />

hat mal Schwierigkeiten und muss diese so<br />

rasch wie möglich beheben. Red Bull ist ein<br />

gutes Beispiel dafür. Vor Saisonbeginn konnten<br />

sie in diesem Jahr keine zwei Runden am<br />

Stück fahren. Jetzt haben sie in Kanada ein<br />

Rennen gewonnen. Bei den Bahrain-Tests vor<br />

dem Saisonstart hätte das niemand für möglich<br />

gehalten. Das erschien unmöglich. So<br />

funktioniert die <strong>Formel</strong> 1: Wenn es ein Problem<br />

gibt, arbeitet jeder hart und methodisch<br />

daran, dieses zu lösen.<br />

Nachdem ihr diese Situation im vergangenen<br />

Jahr selbst durchgemacht habt, könnt ihr<br />

sicher sehr gut mit den Renault-Jungs mitfühlen,<br />

oder?<br />

[lacht] Ja, das habe ich schon öfter gehört. Ich<br />

sehe das aber nicht so. Wir konzentrieren uns<br />

auf unsere Arbeit. Über etwas anderes<br />

machen wir uns nicht so viel Gedanken. Wir<br />

müssen sicherstellen, dass wir unsere Arbeit<br />

richtig machen.<br />

Das ist witzig. Nach den ersten Testfahrten<br />

im Winter und dem Saisonauftakt in Australien<br />

scherzten wir in unserer Redaktion darüber,<br />

dass Rémi Taffin nun der neue Paul<br />

Hembery sei...<br />

[lacht] Von dem Scherz habe ich gehört. Ich<br />

persönlich ziehe daraus natürlich keine<br />

Befriedigung. Wir machen unsere Arbeit und<br />

alles andere liegt dann bei euch.<br />

Kommen wir zur aktuellen Lage in der <strong>Formel</strong><br />

1. In diesem Jahr gab es abermals viel<br />

Kritik an der F1. Es scheint das alte Spiel zu<br />

sein: Wer etwas mag, sagt nichts. Wer etwas<br />

nicht mag, schreit lauthals los...<br />

Darin spiegelt sich wohl das moderne Leben<br />

wieder. Egal in welchem Sport man involviert<br />

ist, überall wird die Kritik verstärkt. Lob wird<br />

hingegen nicht besonders hoch angesiedelt.<br />

So ist der Lauf der Welt heutzutage. Ganz<br />

besonders da heute jeder seine Meinung<br />

schnell und oftmals anonym verbreiten kann.<br />

Auch gibt es meistens keine Gelegenheit, eine<br />

andere Meinung zu äußern, um etwas zu<br />

erklären. Wir leben heute in einer ganz anderen<br />

Welt. Umso mehr ist es schade, dass der<br />

gute Rennsport, den wir in diesem Jahr schon<br />

gesehen haben, nicht gewürdigt wird. Es gab<br />

fantastisches Racing in dieser Saison. Obwohl<br />

Mercedes so stark ist, erleben wir einen guten<br />

Zweikampf zwischen den beiden Silberpfeil-<br />

Fahrern. Das allein ist schon fantastisch. Aber<br />

auch dahinter gibt es großartige Leistungen<br />

zu bestaunen. Ich finde es toll, dass Valtteri<br />

Bottas so stark ist. Ebenso Kevin Magnussen.<br />

Auch Daniil Kvyat ist ein großartiges Talent.<br />

Daniil hat im Nassen in Silverstone einige<br />

fantastische Reaktionen gezeigt und das Auto<br />

abgefangen...<br />

[lacht] Oh ja! Aber auch der Kampf zwischen<br />

Sebastian Vettel und Fernando Alonso am<br />

gleichen Wochenende war toll. Ich habe<br />

einige großartige Dinge in dieser Saison gesehen.<br />

Darüber sollten wir sprechen. Wir sollten<br />

auf den positiven Aspekten aufbauen, anstatt<br />

nur auf dem Negativen herumzureiten.<br />

Selbstverständlich müssen wir uns die<br />

Zukunft ansehen. Es gibt Probleme, derer wir<br />

uns als Sport annehmen müssen. Für einige<br />

Teams sind die Kosten zu hoch. Auch einige<br />

Veranstalter haben Schwierigkeiten. Insgesamt<br />

verändert sich die Fanbasis in aller Welt.<br />

Wir haben Fans in China und Indien, die<br />

keine Ahnung haben, was vor 20 Jahren in<br />

der <strong>Formel</strong> 1 passiert ist. Sie wissen nur, was<br />

im vergangenen Jahr los war. Es macht also<br />

keinen Sinn, darüber zu sprechen, was in der<br />

Vergangenheit funktioniert hat. Denn sie<br />

haben gar keine Vergangenheit in der <strong>Formel</strong><br />

1. Die Frage lautet: Was wollen sie sehen?<br />

Jeder von ihnen hat eine Fernbedienung mit<br />

200 Sendern zur Auswahl. Wenn ihm etwas<br />

nicht gefällt, schaltet er nach den ersten fünf<br />

Minuten weg. Deshalb müssen wir vielleicht<br />

überdenken, wie man einen Kunden in der<br />

34 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


modernen Welt bedient. Die Menschen haben<br />

ein großes Verlangen nach Unterhaltung.<br />

Aber sie werden sich etwas nicht nur deswegen<br />

anschauen, weil sie das schon immer<br />

gemacht haben. Um ein neues Publikum zu<br />

gewinnen, müssen wir eine unwiderstehliche<br />

Show bieten. Es muss an jedem Rennwochenende<br />

einen Zweikampf wie zwischen Alonso<br />

und Vettel geben - und das zwischen vielen<br />

verschiedenen Autos, nicht nur diesen<br />

beiden.<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

Bei dem Duell war es schön, die Aussagen<br />

beider Fahrer im Boxenfunk zu hören...<br />

Aus meiner Sicht war das sogar ein wenig<br />

negativ. Es klingt fast so, als ob sie sich etwas<br />

zu viel beklagen. Das steigert dann den →<br />

Regenschauer<br />

gefällig? Hembery<br />

fände es toll<br />

Verrückte Ideen? Nur<br />

her damit! Hembery<br />

mag Abwechslung...<br />

»EGAL IN WELCHEM SPORT MAN INVOLVIERT IST, ÜBERALL WIRD DIE<br />

KRITIK VERSTÄRKT. LOB WIRD HINGEGEN NICHT BESONDERS HOCH<br />

ANGESIEDELT. SO IST DER LAUF DER WELT HEUTZUTAGE. GANZ<br />

BESONDERS DA HEUTE JEDER SEINE MEINUNG SCHNELL UND OFTMALS<br />

ANONYM VERBREITEN KANN. AUCH GIBT ES MEISTENS KEINE GELEGEN-<br />

HEIT, EINE ANDERE MEINUNG ZU ÄUSSERN, UM ETWAS ZU ERKLÄREN.«<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 35


Die Reifen stehen<br />

2014 nicht mehr im<br />

Mittelpunkt<br />

»ICH BEVORZUGE 22 GLÜCKLICHE MULTIMILLIONÄRE ALS FAHRER, DIE WAHRSCHEINLICH JEDES MÄDCHEN HABEN<br />

KÖNNEN, DAS SIE MÖCHTEN - ODER EBEN JEDEN JUNGEN, MAN WEISS JA NIE... [LACHT] IN DER FORMEL 1 GAB<br />

ES IN DEN VERGANGENEN JAHREN EINE GEWISSE TENDENZ, SICH ZU VIEL ZU BEKLAGEN. WIR SOLLTEN UNS IM<br />

KLAREN DARÜBER SEIN, DASS WIR NUR EIN SPORT SIND. DIE MENSCHEN SOLLEN SPASS AN DER F1 HABEN.«<br />

negativen Eindruck nur noch. Wenn das<br />

jemand sieht und hört, denkt er sich, dass die<br />

<strong>Formel</strong>-1-Fahrer sich nur beschweren. Ich<br />

bevorzuge 22 glückliche Multimillionäre als<br />

Fahrer, die wahrscheinlich jedes Mädchen<br />

haben können, das sie möchten - oder eben<br />

jeden Jungen, man weiß ja nie... [lacht] Scherz<br />

bei Seite: Jeder von ihnen hat einen wundervollen<br />

Job. Man kann viel von Fußball- oder<br />

Tennis-Spielern lernen. Wenn ein Tennis-<br />

Spieler im Halbfinale ausscheidet, nimmt er<br />

die Niederlage hin. In der <strong>Formel</strong> 1 gab es in<br />

den vergangenen Jahren eine gewisse Tendenz,<br />

sich zu viel zu beklagen. Wir sollten uns<br />

im Klaren darüber sein, dass wir nur ein Sport<br />

sind. Es gibt größere Probleme auf der Welt<br />

als unsere. Die Menschen sollen Spaß an der<br />

<strong>Formel</strong> 1 haben. Wir wollen ein Lächeln in<br />

die Gesichter der Fans zaubern.<br />

Bei Rennen wie in Spielberg oder Silverstone<br />

waren die Tribünen voll. An anderen Strecken<br />

wie in Hockenheim waren sie fast gähnend<br />

leer. Liegt das am viel größeren Unterhaltungsangebot<br />

für die Fans?<br />

In meinen Augen ist es sehr schwierig, ein<br />

Rennen nur alle zwei Jahre auszutragen. Man<br />

braucht eine gewisse Konstanz. Die Menschen<br />

müssen sich auf ein Rennen freuen. Die Vermarktung<br />

eines Grands Prix aufzuteilen ist<br />

sehr schwierig. Der Erfolg in Österreich lag<br />

meiner Meinung nach an dem riesigen Einsatz<br />

des Promoters, der natürlich große<br />

Unterstützung von Red Bull genoss. Aber sie<br />

haben viel für die Fans getan. Es gab Konzerte,<br />

Flugshows, Oldtimer-Ausstellungen - es war<br />

immer etwas los. Genauso in Silverstone. Sie<br />

haben dort ein Unterhaltungs-Wochenende<br />

abgehalten. Man ging mit seiner Familie hin<br />

und es wurde einem viel geboten. Klar, an<br />

Nummer 1 steht der Rennsport. Aber das<br />

Paket war dort viel größer. Das gleiche gilt für<br />

Austin oder Melbourne. Auch dort gibt es<br />

wahnsinnig viele Aktivtäten für die Zuschauer.<br />

An diesen Rennen sollten sich manche Veranstalter<br />

ein Beispiel nehmen. Denn eins steht<br />

fest: die <strong>Formel</strong> 1 ist teuer. Die Fans zahlen<br />

nicht nur für die Tickets, sie zahlen auch für<br />

die Anreise und das Hotel. Dann sind die<br />

wenigsten alleine unterwegs. Sie müssen für<br />

ihren Partner und die Kinder zahlen. So wird<br />

das rasch zu einem teuren Spaß für ein<br />

Wochenende. Gerade bei den Familien ist das<br />

nicht zu unterschätzen. Wer mit kleinen Kindern<br />

zum Rennen kommt, braucht etwas, das<br />

sie bei Laune hält. Vielleicht interessieren sie<br />

sich für <strong>Motorsport</strong>, aber zwischen den Rennen<br />

wollen sie möglicherweise etwas anderes<br />

machen. Es ist wichtig, ihnen ständig etwas<br />

zu bieten. Ich kann mich noch daran erinnern,<br />

wie es war, als meine Kinder jünger<br />

waren. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn<br />

sie gelangweilt sind und es nichts zu erleben<br />

gibt. Es reicht nicht, ihnen nur ein Eis in die<br />

Hand zu drücken. Aus diesen Lektionen können<br />

einige Austragungsorte etwas lernen.<br />

Österreich war dafür ein gutes Beispiel. Dort<br />

hatte eine kleine Ewigkeit lang kein Rennen<br />

mehr stattgefunden. Die Strecke liegt ehrlich<br />

gesagt im Nirgendwo. Es ist also nicht so viel<br />

anders als am Nürburgring oder in Hockenheim.<br />

Nur hat Spielberg bewiesen, dass es<br />

auch anders geht.<br />

Spielen vielleicht auch die Regeln eine Rolle<br />

dabei? Ich habe dazu schon mit Monisha<br />

Kaltenborn und Franz Tost gesprochen.<br />

Monisha bezeichnete das Hin und Her als<br />

schädlich für das Ansehen der <strong>Formel</strong> 1.<br />

Franz meinte hingegen, die F1 müsse mit der<br />

Zeit gehen und sich ständig anpassen [s.<br />

Interview auf S. 52].<br />

Stabile Regeln sind sehr wichtig. Ganz besonders<br />

innerhalb einer Saison. Es ist ein bisschen<br />

seltsam, weil wir schon seit einigen Jahren<br />

über dieses Thema sprechen. [lacht] Es hat<br />

eine ganze Weile gedauert, bis wir an diesem<br />

Punkt angelangt sind. Fakt ist: die Öffentlichkeit<br />

interessiert sich nicht dafür. Sind wir doch<br />

mal ehrlich: es gibt eine kleine Gruppe an<br />

Fans, sicherlich die Leser eures <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>s, die genau wissen möchten, wie<br />

alles funktioniert. Aber alle meine Freunde<br />

in England, die sich das Rennen in einer Bar<br />

anschauen, interessieren sich überhaupt nicht<br />

für all das. Sie haben keine Ahnung und die<br />

Regeln sind ihnen auch egal. Sie wollen einfach<br />

nur guten Rennsport sehen. Selbstverständlich<br />

gibt es Fans, die die technische Seite<br />

anspricht. Aber die große Masse will nur ein<br />

spannendes Rennen sehen. Sie sollten wir<br />

nicht zu stark verwirren. Manchmal geben<br />

wir solchen Themen vielleicht zu viel<br />

Beachtung.<br />

Wie schafft es die <strong>Formel</strong> 1, immer in so eine<br />

Situation zu kommen?<br />

Ganz einfach: Wir haben brillante Ingenieure,<br />

die das Reglement genau studieren und bis<br />

an die Grenzen der Interpretation gehen. So<br />

ist es in der <strong>Formel</strong> 1 schon seit einer sehr,<br />

36 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

sehr langen Zeit.<br />

Also: elf Teams, elf Meinungen. Oder ist diese<br />

Erklärung zu einfach?<br />

Wahrscheinlich ist das immer so. Egal wozu<br />

man elf Leute befragt, sie werden immer<br />

unterschiedlicher Meinung sein. Angefangen<br />

bei ihrem Lieblings-Eis. In einem Wettbewerbsumfeld<br />

ist das keine große Überraschung.<br />

Wir könnten auch elf Bundeliga-<br />

Mannschaften nehmen und sie nach einer<br />

Regeländerung während der Saison befragen.<br />

Ich glaube nicht, dass sie sich darauf einigen<br />

würden. Das liegt also nicht allein an der <strong>Formel</strong><br />

1. Vielmehr liegt es in der Natur des Menschen.<br />

Das ist unsere eigene Schuld. Möglicherweise<br />

sollte die Entscheidung erst gar<br />

nicht in den Händen der Teams liegen. Aber<br />

das ist eine andere Diskussion...<br />

Wenn dir ein unbegrenztes Budget zur Verfügung<br />

stehen würde: wie würde dein Traum-<br />

<strong>Formel</strong>-1-Auto aussehen?<br />

Ich mag die Simulatoren. Sie sind eine sehr<br />

wichtige Technologie für die Straßenfahrzeugproduktion.<br />

Damit erzielt man eine sehr<br />

gute Lernkurve. Ich bin jedoch kein großer<br />

Fan der Aerodynamik. Das würde alle Teams<br />

verärgern. Denn die meisten ihrer Leute<br />

arbeiten im Windkanal genau daran. Es gibt<br />

bei jedem Rennen viele kleine Veränderungen,<br />

die man gar nicht erkennen kann.<br />

Das versteht niemand. Wir sollten aber nur<br />

Dinge unternehmen, die jeder versteht. Wenn<br />

wir weniger Geld für Aerodynamik ausgeben<br />

würden, wäre das fantastisch. Vielleicht<br />

könnten wir auch etwas mehr testen. Ich mag<br />

es, wenn die Fahrer auch tatsächlich im Auto<br />

sitzen. Klar, die Simulatoren schränken die<br />

Zeit auf der Strecke ein, aber das ist wichtig,<br />

weil wir nicht wie die Autohersteller ständig<br />

auf dem Nürburgring testen können. Aber<br />

letztlich sind die Fahrer nun einmal genau<br />

dafür da und es ist schade, dass wir sie nicht<br />

öfter im Auto sehen.<br />

es das. Aber wenn eine Regenwolke über die<br />

Strecke zieht, ist es nicht viel anders. Wo liegt<br />

der Unterschied? Viele Leute schauen sich<br />

Reality-Shows an. Sie wollen echte Persönlichkeiten<br />

sehen. Wissen, wie die Fahrer wirklich<br />

sind. Die Fahrer müssen internationale<br />

Superstars werden. Sie können nicht einfach<br />

nur mit dem Helm auf dem Kopf herumlaufen.<br />

Sie müssen in Talk Shows auftreten. Der<br />

Sport muss seine Fahrer besser vermarkten,<br />

damit man sie auch überall erkennt. Lewis<br />

hat gut zwei Millionen Fans auf Facebook,<br />

aber Rihanna hat 89 Millionen Fans. Dagegen<br />

müssen wir antreten.<br />

Vielleicht sollten wir zwei Rennen pro<br />

Wochenende austragen - eines am Samstag,<br />

eines am Sonntag. Das würde den Fans gleich<br />

doppelt Grund zum Kommen geben. Wir<br />

könnten das Qualifying am Freitag abhalten<br />

und dann jeden Tag ein Rennen fahren. Mein<br />

Traum ist es, das Geld dafür auszugeben, dass<br />

auch tatsächlich Autos auf der Strecke fahren.<br />

Wir sollten den Fans im Verlauf eines<br />

Wochenendes ein besseres Show-Paket bieten.<br />

Anstatt darüber zu diskutieren, am Freitag<br />

weniger zu fahren, sollten wir die Fahrer<br />

lieber ins Auto setzen und sie mehr fahren<br />

lassen! Schließlich kommen die Zuschauer<br />

aus nur einem einzigen Grund an die Strecke:<br />

sie wollen die Jungs in ihren Autos sehen. Sie<br />

wollen keinen Windkanal anschauen. Es ist<br />

doch so: man kann das schnellste Auto der<br />

Welt bauen, aber wenn es sich niemand<br />

anschaut, spielt es keine Rolle mehr. Also,<br />

Toto und Niki, wenn ihr das hier lest: setzt<br />

euch dafür ein!<br />

Du plädierst also dafür, den Fans mehr zu<br />

bieten?<br />

Vielleicht müssen wir den Stolz und einige<br />

historische Gefühle über Bord werfen und in<br />

der Zukunft ein paar verrückte Dinge<br />

machen. Bernie hat mal Sprinkleranlagen<br />

vorgeschlagen. Warum nicht? Wir sagen so<br />

oft: Hoffentlich regnet es im Rennen. Und<br />

warum? Weil wir dann einen zufälligen Effekt<br />

erhalten. Das lässt sich auch problemlos<br />

erzeugen. Der Computer berechnet es und es<br />

regnet für 20 Minuten bei jedem Rennen. Das<br />

würde alles durcheinanderwirbeln. Die Leute<br />

empfinden das als unecht. Möglicherweise ist<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 37


TEXT: MARK SUTTON<br />

FORMEL 1 FLUGSHOW<br />

LANGWEILIGE GRANDS PRIX? VON WEGEN! IN DER SAISON 2014 MANGELTE ES BISLANG<br />

NICHT AN ÜBERHOLMANÖVERN, SPEKTAKULÄREN FLUGEINLAGEN UND BRENNENDEN<br />

AUTOS. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM FOTOGRAF MARK SUTTON ZEIGT DIE HEISSESTEN<br />

BILDER DER BISHERIGEN SAISON. ALSO, ANSCHNALLEN UND ABHEBEN!<br />

38 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

REVANCHE FÜR BAHRAIN<br />

I<br />

ch stand in Club Corner. Dort gibt es eine TV-Leinwand, auf der<br />

man das Rennen verfolgen kann. Man sieht die Autos in Stowe<br />

fahren und wenn sie dort nicht überholen können, versuchen sie<br />

es vielleicht in Vale noch mal. Ich passe immer auf, was gerade los ist. Ich<br />

hatte ein Tele-Objektiv dabei und sah Gutierrez auf der Innenseite ankommen.<br />

Bis sie kollidierten, hielt ich es für eine normale Szene. Gutierrez verlor<br />

an seinem Auto die Endplatte des Frontflügels, aber sie fuhren weiter auf die<br />

Kurve zu. Dort berührten seine Räder jene von Maldonados Auto. Es war<br />

genau anders herum als in Bahrain. Ich konzentrierte mich gar nicht auf den<br />

Unfall. In solchen Momenten drückt man einfach den Auslöser und hofft,<br />

dass etwas passiert. Hier war das zum Glück der Fall. Ehrlich gesagt kann<br />

man ein ganzes Rennen in Club Corner anschauen und es passiert überhaupt<br />

nichts! In diesem Fall hatte ich den Vorteil, dass ich einen neuen Transmitter<br />

verwendet habe, mit dem ich die Bilder direkt aus der Kamera versenden<br />

konnte. Somit hatten war das Foto schon während des Rennens auf unserer<br />

Website www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com verfügbar.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 39


RAMBO MALDO-<br />

NADO RÄUMT AUF<br />

A<br />

ls sich der Unfall ereignete, wechselte ich gerade<br />

meine Position in Kurve 1 mit einem unserer<br />

anderen Fotografen. Dadurch hatten wir ein Foto<br />

des Unfalls, aber ich persönlich konnte nur die Szenen<br />

direkt danach festhalten. Zum Glück ist Gutierrez nichts<br />

passiert. Er konnte sich selbst aus dem Auto befreien, noch<br />

bevor das Ärzteteam an Ort und Stelle war. Er zeigte den<br />

Streckenposten schon den Daumen nach oben, als er noch<br />

im Auto saß. So teilte er ihnen mit, dass er nicht ernsthaft<br />

verletzt war. Trotzdem lief er danach etwas wackelig zurück<br />

in den Paddock. Er schien etwas Probleme zu haben.<br />

Bereits am Dienstag nach dem Rennen war er aber wieder<br />

beim Test in Bahrain. Dem Chassis erging es nicht so gut,<br />

weil es auf dem Überrollbügel gelandet war.<br />

40 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 41<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON


BRASILIANISCHE SLIDESHOW<br />

H<br />

inter diesem Bild steckt eine lustige Geschichte oder aus meiner<br />

Sicht eher eine traurige. Ich habe das Meiste von dem Unfall verpasst.<br />

Die Anlagen in Hockenheim sind gut und ich kann verstehen,<br />

dass sie die Zäune aus Sicherheitsgründen absichern. Allerdings ist es<br />

frustrierend, wenn man in Kurve 1 ankommt und andere schon vorher die<br />

Plätze belegt haben. Sicherheit ist wichtig, aber wir müssen auch arbeiten<br />

können. Das ist hart. Es passen nie mehr als zehn Leute durch die Lücke<br />

und ich dachte mir schon vorher: Wenn etwas beim Start passiert, habe<br />

ich verloren. Genau so kam es dann! Ich hörte den Unfall, drehte mich<br />

nach links und das kam dabei heraus. Einige Leute in der ersten Reihe<br />

bekamen es hin, aber ich war in Reihe zwei und bekam nicht alles mit. Das<br />

lag mehr an der Anlage als an meinen Fähigkeiten. Es gibt einfach nicht<br />

genügend Raum und man muss über die Köpfe der anderen hinwegfotografieren.<br />

Das ist ärgerlich. Wenn man all das zusammenzählt, haben wir<br />

eine nette Sequenz herausgeholt, aber persönlich hatte ich das Gefühl, dass<br />

wir etwas im Stich gelassen worden waren.<br />

42 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 43


FOTOS: ADRIVO/SUTTON, LOTUS<br />

44 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


SAUSCHNELLER<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

HUND<br />

KOMETENHAFTER AUFSTIEG? CHECK. KREUZFEUER DER KRITIK? CHECK. KATASTROPHENSAISON? CHECK.<br />

ROMAIN GROSJEAN HAT IN SEINER KURZEN FORMEL-1-LAUFBAHN BEREITS ALLES MITGEMACHT. TROTZDEM HAT<br />

ER SICH SEINEN HUMOR BEWAHRT. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM VERRÄT ER SEIN GEHEIMREZEPT.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 45


Romain Grosjean<br />

fand den Lotus zu<br />

Saisonbeginn<br />

»schrecklich«<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, LOTUS<br />

Die Sonne brennt auf den Paddock<br />

von Hockenheim. Asphalttemperaturen<br />

von bis zu 58 Grad Celsius<br />

sorgen für einiges Kopfzerbrechen<br />

im Fahrerlager. Nur Romain<br />

Grosjean scheint selbst bei diesen unerwartet heißen<br />

Temperaturen kühlen Kopf zu bewahren. Der<br />

Franzose wird bei seiner Medienrunde im Team-<br />

Motorhome von den Journalisten umzingelt. Ein<br />

deutscher Kollege stellt ihn vor die harten Fakten<br />

der Realität: »Im letzten Jahr warst du Siebter in<br />

der Fahrer-WM, im Moment liegst du nur auf Platz<br />

14.« Grosjean zögert keine Sekunde. Mit einem<br />

schelmischen Grinsen im Gesicht erwidert er:<br />

»Dann bin ich ja doppelt so gut!« 1:0 für Grosjean.<br />

Mit dieser und ähnlichen selbstironischen Antworten<br />

gewinnt der Lotus-Pilot schnell Sympathien.<br />

Statt in Selbstmitleid zu zerfließen, nimmt er seine<br />

sportlich enttäuschende Situation in diesem Jahr<br />

mit Humor. Nur eine Woche später sehen wir uns<br />

wieder. In Ungarn empfängt Grosjean <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>.com zum Exklusivinterview. Die Erinnerungen<br />

an die beeindruckend lockeren und witzigen<br />

Antworten von Hockenheim sind uns dabei<br />

noch in bester Erinnerung. »Ja, man darf es nicht<br />

so hart nehmen«, freut sich Grosjean über das<br />

Kompliment. »Wir können die Situation nicht verändern.<br />

In dieser Saison bleibt alles so, wie es ist.<br />

Ein bisschen Selbstironie und Spaß können da<br />

nicht schaden.«<br />

»JA, MAN DARF ES NICHT SO HART<br />

NEHMEN«, FREUT SICH ROMAIN<br />

GROSJEAN ÜBER DAS KOMPLIMENT.<br />

»WIR KÖNNEN DIE SITUATION NICHT<br />

VERÄNDERN. IN DIESER SAISON<br />

BLEIBT ALLES SO, WIE ES IST. EIN<br />

BISSCHEN SELBSTIRONIE UND SPASS<br />

KÖNNEN DA NICHT SCHADEN.«<br />

Zu Saisonbeginn sah dies noch ganz anders aus.<br />

Auf das Testdesaster im Winter folgte ein katastrophaler<br />

Saisonstart in Australien und Malaysia.<br />

Der tiefe Frust ließ sich bei den ersten Saisonläufen<br />

an Grosjeans Mimik ablesen. In seiner Stimme<br />

schwang stets die Enttäuschung mit. Von sprudelnder<br />

Begeisterung war selbst in Ansätzen weit<br />

und breit nichts zu spüren. Der bei den Testfahrten<br />

in Bahrain geäußerte Wunschtraum, das<br />

beste Renault-Team zu werden, klang plötzlich<br />

wie Spott und Hohn. Ȇber den Winter dachten<br />

wir, dass wir Weltmeister werden könnten«, erinnert<br />

sich Grosjean im Gespräch mit <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>.com zurück. »Aber dann funktionierte<br />

der Motor nicht. Das Auto war nicht so gut, wie<br />

wir nach den Windkanaltests gedacht hatten. Das<br />

waren schwere Zeiten. Da lassen sich die Emotionen<br />

natürlich nicht verbergen.«<br />

Solche Durststrecken und schwierige Zeiten gehören<br />

in der <strong>Formel</strong> 1 und im Leben jedoch dazu.<br />

»Ein großer Fahrer muss auch durch den Scheiß<br />

gehen können«, sagt <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Experte Christian Danner voller Anerkennung<br />

für Grosjean. Den Ex-Rennfahrer fasziniert vor<br />

allem Grosjeans Umgang mit der verfahrenen<br />

Situation. Während andere Fahrer über ihr Team<br />

gemotzt und die Schuld bei anderen gesucht hätten,<br />

krempelte der Franzose die Ärmel hoch,<br />

arbeitete hart zusammen mit seinem Team und<br />

46 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Max Chilton sagt:<br />

Es gibt Chassis-<br />

Unterschiede<br />

gab niemals auf. »Er hat das Team motiviert, nicht<br />

nur rumgemotzt, wie der eine oder andere Fahrer.<br />

Dazu sage ich: Hut ab«, lobt Danner. »Es ist nicht<br />

immer Sonnenschein im Leben.«<br />

Grosjean freut sich über diese aufmunternden<br />

Worte. »Es bringt nichts, einem speziellen Ingenieur<br />

die Schuld zu geben«, betont er. »Wir arbeiten<br />

als Team zusammen. Keiner trägt alleine die<br />

Schuld für die Probleme. Es macht keinen Sinn,<br />

jemanden zu beschuldigen oder zu beschimpfen.«<br />

Zudem verbindet Grosjean eine lange Geschichte<br />

mit seiner Mannschaft, die ihm 2009 als Renault<br />

Werksteam den Sprung in die Königsklasse ermöglichte.<br />

Damals wechselte Grosjean während der<br />

Saison aus der GP2 in die <strong>Formel</strong> 1. Sein Teamkollege:<br />

Fernando Alonso. Nach sieben Rennen war<br />

schon wieder Schluss. Aber Grosjean erhielt 2011<br />

eine zweite Chance, sich zu beweisen. Sein Speed<br />

war deutlich zu erkennen, doch er selbst war noch<br />

zu ungestüm, verursachte viele (Start-)Unfälle.<br />

Mark Webber bezeichnete ihn als »Verrückten aus<br />

Kurve 1«. Der Tiefpunkt war die Massenkarambolage<br />

in Spa, bei der Fernando Alonso nur mit viel<br />

Glück unverletzt blieb. Grosjean wurde dafür für<br />

ein Rennen gesperrt. Das Team rund um den<br />

damaligen Teamchef Eric Boullier hielt jedoch zu<br />

ihm. »Es ist richtig, ich habe mit dem Team schon<br />

viel erlebt«, gesteht Grosjean. »Ich bin schon lange<br />

dabei. Sie haben in schwierigen Zeiten zu mir<br />

gestanden. Ich habe Fehler gemacht, aber sie haben<br />

mir den Rücken gestärkt. Man kann es schon so<br />

sehen, dass ich dies jetzt zurückzahle.«<br />

Romain Grosjean<br />

stellte sich den<br />

Fragen von <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>.com<br />

Diese Professionalität und Loyalität zeichnet<br />

Grosjean dieser Tage aus. Zunächst wollten seine<br />

Ingenieure die interne Kritik nicht wahrhaben.<br />

Sie versuchten, ihm vorzuschreiben, wie er das<br />

Auto zu fahren habe. Er erwiderte stets, dass es<br />

furchtbar zu fahren sei. Doch Grosjean überzeugte<br />

sie mit seinem technischen Feedback. Er<br />

setzte sich mit seiner Mannschaft zusammen und<br />

sagte ihnen, dass es keinen Sinn mache, gegeneinander<br />

zu arbeiten. Mittlerweile hat das Team<br />

erkannt, dass seine Kritikpunkte richtig waren.<br />

»Die Ingenieure wissen, dass sie einen Fahrer<br />

haben, auf den sie sich verlassen können«, sagt<br />

Danner. »Wenn er sagt, das Auto ist scheiße, dann<br />

ist es auch scheiße. Es gehört sehr viel Größe,<br />

Stärke und Charakter dazu, um darüber hinwegzukommen<br />

und konstruktiv mit kühlem Kopf<br />

weiterzuarbeiten.« Grosjean ist es gelungen. Ein<br />

wichtiger Rückhalt ist für ihn neben seinem Team<br />

seine Familie. »Es ist schwierig, heimzugehen und<br />

nicht über die <strong>Formel</strong> 1 nachzudenken«, sagt<br />

Grosjean. »Denn das ist meine Arbeit und meine<br />

Leidenschaft.« Die aktuelle Saison bezeichnet er<br />

dabei immer wieder als charakterbildend. »Ich<br />

arbeite viel mit einem Psychologen zusammen.<br />

Er soll mir helfen, alles in den Griff zu bekommen<br />

und mich zu verbessern.« Dabei gibt es einige<br />

große Vorbilder, die ebenfalls sportliche Rückschläge<br />

wegstecken mussten. Auch Champions<br />

wie Michael Schumacher und Fernando Alonso<br />

erlebten harte Jahre, aus denen sie gestärkt hervorgingen.<br />

»Als Michael zu Ferrari kam, war das<br />

Auto nicht besonders gut«, vergleicht Grosjean.<br />

»Dann lief es plötzlich viel besser. Das Auto war<br />

besser und er gewann fünf WM-Titel in Serie.«<br />

Nach all den zum Teil gravierenden Erlebnissen,<br />

die Grosjean in seiner Karriere schon mitgemacht<br />

hat, sieht es fast so aus, als ob er schon<br />

jeden Tiefschlag am eigenen Leib erfahren hätte.<br />

Er selbst sieht das nicht so negativ: »Ich hatte in<br />

meiner Karriere meistens das Glück, zur richtigen<br />

Zeit am richtigen Ort zu sein«, sagt er. »Ich<br />

denke nicht, dass ich immer in schwierigen Situationen<br />

gewesen bin. Das gehört zu deiner Karriere<br />

dazu. Es gibt immer Aufs und Abs. Aktuell<br />

ist es Teil meiner <strong>Formel</strong>-1-Erfahrung. Für mich<br />

kommt das nicht zur besten Zeit, aber wer weiß,<br />

was die Zukunft bereithält?« In diesem Jahr wird<br />

er sicher kein Rennen gewinnen, dessen ist er<br />

sich bewusst. Dennoch hat er keine Angst davor,<br />

als siegloser Fahrer in die <strong>Formel</strong>-1-Geschichte<br />

einzugehen. »Ich glaube an meine Glückssterne<br />

und denke, dass ich in Zukunft Rennen gewinnen<br />

werde.« Vom Schicksal eines zweiten Nick<br />

Heidfeld möchte er nichts wissen. Stattdessen<br />

vergleicht er seine Situation mit der eines Fußballspielers<br />

wie Cristiano Ronaldo in der portugiesischen<br />

Nationalmannschaft. »Er ist einer der<br />

besten Spieler der Welt, aber sein Team ist nicht<br />

perfekt. Also sind sie bei der WM früh ausgeschieden«,<br />

vergleicht er. In der <strong>Formel</strong> 1 übernimmt<br />

diese entscheidende Rolle das Auto. Zu<br />

Saisonbeginn kämpfte Lotus mit der Zuverlässigkeit<br />

und der Performance der Renault Power<br />

Unit. Danach behinderten Kinderkrankheiten<br />

am eigenen Auto weitere Fortschritte. »Aber<br />

sobald das Auto einigermaßen funktionierte, war<br />

Grosjean wieder vorne«, lobt Danner. In seinen<br />

Augen ist der Franzose etwas Besonderes. Im<br />

vergangenen Jahr habe er seinem Teamkollegen<br />

Kimi Räikkönen im Schnitt drei Zehntel abgenommen,<br />

rechnet Danner vor. »Inzwischen ist<br />

er ein gereifter Fahrer und obendrein ein<br />

sauschneller Hund.« Grosjeans Situation ähnelt<br />

jener von Nico Hülkenberg oder anderen aufstrebenden<br />

Talenten, die ihr Können unter<br />

Beweis gestellt haben, aber noch nicht den<br />

Sprung zu einem Spitzenteam geschafft haben.<br />

Danner glaubt: »Romain ist innerhalb der <strong>Formel</strong><br />

1 so anerkannt, dass er sicher ein vernünftiges<br />

Auto für das nächste Jahr erhält.« Grosjean<br />

blockt Fragen nach seiner Zukunft ab. Zu groß<br />

ist der Respekt vor seinem Team. Für einen Verbleib<br />

bei Lotus sprechen: der wahrscheinliche<br />

Wechsel zu Mercedes-Motoren und der Abgang<br />

von Kimi Räikkönen. »Jetzt habe ich den größeren<br />

Raum im Motorhome.« Diesen Humor sollte<br />

sich Grosjean unbedingt bei jedem Team<br />

erhalten.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 47


NEXT<br />

BEST<br />

TEXT: KERSTIN<br />

HASENBICHLER<br />

SUPERSTAR<br />

FÜR DIE FORMEL-1-STARS VON GESTERN WIRD ES ENG. EINE NEUE<br />

GENERATION AUFSTREBENDER PILOTEN WIRBELT DIE RANGFOLGE DURCHEI-<br />

NANDER. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM VERRÄT, WER DAS GRÖSSTE<br />

STAR-POTENZIAL BESITZT.<br />

48 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


NICO HÜLKENBERG<br />

»Er ist schnell, konstant, unglaublich ausgeschlafen<br />

und kann sich wahnsinnig gut konzentrieren.«<br />

Nico Hülkenberg verfügt über sämtliche Ingredienzien,<br />

um in naher Zukunft einen Grand Prix zu gewinnen<br />

- davon ist <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com-Experte Christian Danner<br />

überzeugt. In den ersten zehn Grands Prix des Jahres war der 26-Jährige<br />

stets in den Punkterängen zu finden und wurde damit seinem Ruf<br />

als »Mister Zuverlässigkeit« in der ersten Saisonhälfte mehr als gerecht.<br />

Auch im teaminternen Qualifyingduell gibt Hülkenberg ganz klar den<br />

Ton an. Der Force-India-Pilot gilt als äußerst zielstrebig und ehrgeizig.<br />

Dass es bei seinen bisherigen 68 Grands-Prix-Starts noch zu keinem<br />

Podest gereicht hat, liegt hauptsächlich daran, dass ihm weder Williams<br />

noch Force India oder Sauber in der Vergangenheit ein konkurrenzfähiges<br />

Auto an die Seite stellen konnten. »Auch wenn<br />

er noch keinen Grand Prix gewonnen hat, die Grundvoraussetzungen<br />

hat Nico«, stellt Danner klar.<br />

STAR-POTENZIAL:<br />

→<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

DANIIL KVYAT<br />

Daniil Kvyat - diesen Namen sollten sich <strong>Formel</strong>-1-Fans<br />

merken. Der Russe gilt als zukünftiger<br />

Top-Star. »Daniil ist sauschnell. Er hat einen unglaublich<br />

klaren Kopf. Er weiß, was er macht und ist nie mit sich zufrieden«,<br />

sagt Christian Danner. Eigenschaften, die auch Sebastian<br />

Vettel in seinen Anfängen zugeschrieben wurden. Ob die Karriere<br />

des Russen wie bei Vettel verläuft, ist unklar. Mit seinem neunten Platz<br />

beim Saisonauftakt in Australien löste der 20-Jährige allerdings Vettel<br />

als jüngsten Piloten ab, der bei seinem GP-Debüt punkten konnte.<br />

»Daniil ist ein Topfahrer. Das ist einer, der gewinnen kann. Allerdings<br />

braucht er auch das nötige Glück, um irgendwann in einem Top-Auto<br />

zu sitzen«, betont Danner. Aktuell sitzt der Youngster in einem Toro<br />

Rosso, mit dem er in dieser Saison bereits vier Mal in die Punkteränge<br />

fuhr. Auf der Strecke erwies sich der Russe nicht nur als<br />

schnell, sondern auch als zweikampfstark und ließ dabei<br />

seinen wesentlich erfahreneren Teamkollegen Jean-Eric<br />

Vergne alt aussehen.<br />

STAR-POTENZIAL:<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 49


VALTTERI BOTTAS<br />

Finnen sind schnell, verstehen ihren Wagen<br />

zumeist blind und besitzen eine unglaubliche Fahrzeugbeherrschung.<br />

Lachen zählt hingegen nicht zu ihren Stärken.<br />

Im Fall von Valtteri Bottas trifft nur ein Klischee zu. »Valtteri<br />

ist ein super cooler Typ. Er hat einen tollen Humor. Ich finde ihn<br />

großartig«, schwärmt Christian Danner. Neben seinem Humor besitzt<br />

der Williams-Youngster aber noch andere und für einen Rennfahrer viel<br />

wichtigere Qualitäten. Er ist schnell, wissbegierig und ein harter Arbeiter.<br />

»Man darf nicht vergessen, dass es erst Valtteris zweites F1-Jahr ist. Dafür<br />

macht er seine Sache brillant«, lobt Claire Williams den 24-Jährigen. In<br />

elf Rennen blieb Bottas lediglich in Monaco punktelos, in Spielberg, Silverstone<br />

und Hockenheim stand er auf dem Podest. Kein Wunder, dass<br />

viele ihm zutrauen in die Weltmeister-Liga der finnischen Stars wie<br />

Keke Rosberg, Mika Häkkinen oder Kimi Räikkönen aufzusteigen.<br />

»Warum nicht? Er steht permanent auf dem Podium. Cool<br />

genug ist er auf jeden Fall«, meint Danner.<br />

STAR-POTENZIAL:


SERGIO PÉREZ<br />

»Perez ist ein schneller Kerl, aber er trägt die<br />

Nase so hoch, dass bei Regen Ertrinkungsgefahr<br />

herrscht.« Diese Arroganz soll Sergio Pérez auch sein Cockpit<br />

bei McLaren gekostet haben. »Sergio hat definitiv Potenzial,<br />

aber seine Einstellung passte nicht. Er war bei den Ingenieuren,<br />

eigentlich bei allen im Team unbeliebt«, plauderte Jo Ramirez aus dem<br />

McLaren-Nähkästchen. Dabei gilt der 24-Jährige als äußerst schnell und<br />

für sein Alter als sehr erfahren. Sein Talent ließ er u.a. in Bahrain mit<br />

einem dritten Platz aufblitzen. Zudem hat Pérez nach elf Saisonrennen<br />

bereits mehr Punkte eingefahren als im Vorjahr mit McLaren. Doch Danner<br />

warnt: sollte sich der Mexikaner nicht ändern, könnte seine <strong>Formel</strong>-<br />

1-Karriere ein abruptes Ende nehmen. »Wenn du in der <strong>Formel</strong> 1 fährst,<br />

glaubst du, du bist der Größte und das ist auch gut so. Jeder Spitzensportler<br />

tut das. Doch Pérez hält sich für ziemlich überragend und<br />

das könnte irgendwann negativ auf ihn zurückfallen. Mir persönlich<br />

ist es egal, jeder kann sein wie er will. Ich beobachte<br />

nur, dass sich Perez manchmal selbst im Weg steht.«<br />

STAR-POTENZIAL:<br />

ADRIAN SUTIL<br />

120 Rennen ohne Podestplatz - den Rekord, den<br />

kein Rennfahrer haben will, hält jetzt Adrian Sutil inne.<br />

Dabei kam der 31-Jährige im Winter von Force India zu Sauber,<br />

um diese Statistik in seiner siebten <strong>Formel</strong>-1-Saison zu verbessern.<br />

Stattdessen tritt Sutil auf der Stelle und muss ständig Rückschläge<br />

verkraften wie den Motorschaden bei seinem Heimrennen in<br />

Hockenheim. Insgesamt beschied ihm seine »kleine Diva« - wie er den<br />

Sauber C33 nennt - in elf Rennen fünf Ausfälle, dazu Rang elf als bestes<br />

Ergebnis. »Adrian ist in diesem Jahr total unter Wert geschlagen. Das Auto<br />

war Anfang des Jahres schlichtweg unfahrbar. Dann war es unzuverlässig«,<br />

klagt Danner an. Für den <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com-Experten ist allein<br />

das Auto schuld, dass Sutils Talent nicht zum Vorschein kommt. »Das<br />

hat der Adrian nicht verdient, denn er ist ein absolut toller Rennfahrer.<br />

Das sehen auch andere hier im Fahrerlager so. Er fährt genauso am<br />

Limit wie letztes Jahr. Aber wenn du in einem richtig schlechten<br />

Auto fährst, interessiert das keinen«, so Danner.<br />

STAR-POTENZIAL:<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 51


Franz Tost hat<br />

klare Richtlinien,<br />

an die sich seine<br />

jungen Fahrer zu<br />

halten haben<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RED BULL<br />

52 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


EIN<br />

CRASH<br />

GEHÖRT<br />

DAZU<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

JUNG. WILD. NOCH VIEL ZU LERNEN. FRANZ TOST HAT SCHON VIELEN TALENTEN DEN WEG IN DIE<br />

FORMEL 1 GEEBNET. WAS ES DAFÜR BRAUCHT? DISZIPLIN, HINGABE UND VIELLEICHT AUCH MAL<br />

EINEN CRASH. IM GESPRÄCH MIT MOTORSPORT-MAGAZIN.COM VERRÄT DER ERFAHRENE<br />

TORO-ROSSO-TEAMCHEF AUS ÖSTERREICH SEINE PHILOSOPHIE.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 53


Toro Rosso dient<br />

als Talent-<br />

Schmiede für das<br />

Schwesterteam<br />

Red Bull Racing<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RED BULL<br />

witzigen Spruch auf den Lippen. Wie wichtig<br />

ist das?<br />

Daniel und Jean-Eric sind vom Charakter her<br />

zwei Fahrer, mit denen man sehr gut zusammenarbeiten<br />

kann. Sie besitzen eine gerade<br />

Linie, arbeiten zielgerichtet. Ich wüsste keinen<br />

Vorfall, wo wir Schwierigkeiten gehabt hätten.<br />

Beide sind sehr pflegeleicht.<br />

R<br />

ückblende. Nürburgring,<br />

2011. Franz Tost steht <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Rede und<br />

Antwort. Im Verlauf des<br />

Gesprächs kommen wir auch<br />

auf Daniel Ricciardo (damals<br />

bei HRT) und Jean-Eric Vergne (noch in der<br />

Renault World Series) zu sprechen. Der Toro-<br />

Rosso-Teamchef sagt: »Ich freue mich schon<br />

darauf, irgendwann mit beiden zusammen zu<br />

arbeiten.«<br />

MSM: Drei Jahre später sitzen wir wieder<br />

gemeinsam hier. Mittlerweile haben Sie mit<br />

beiden Fahrern zusammengearbeitet. Hat sich<br />

die Vorfreude von damals gelohnt?<br />

FRANZ TOST: Absolut. Beide waren schon<br />

damals in ihren jeweiligen Teams und Rennserien<br />

sehr erfolgreich. Bereits zu diesem Zeitpunkt<br />

ihrer Karrieren hat es mir viel Spaß<br />

gemacht, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Die<br />

Kooperation hat sich im Laufe der Jahre als sehr<br />

erfolgreich herausgestellt. Beide hatten eine<br />

sehr gute Lernkurve und haben sich enorm<br />

weiterentwickelt - sowohl vom Fahrerischen als<br />

auch mit Blick auf die Persönlichkeit. Ich<br />

schätze beide Fahrer sehr hoch ein.<br />

Aus diesem Grund hat es Sie wahrscheinlich<br />

auch nicht überrascht, dass Daniel bei Red Bull<br />

auf Anhieb so gut zurechtgekommen ist...<br />

Nein, das habe ich erwartet. Ebenso Red Bull.<br />

Deshalb haben sie ihn ins Team geholt. Daniel<br />

kam mit Sicherheit das neue Reglement entgegen.<br />

Er ist ein Fahrer, der sehr viel technisches<br />

Verständnis aufbringt, ins Detail geht und ein<br />

sehr gutes Gefühl für die einzelnen Abläufe im<br />

Fahrzeug entwickelt hat. Beim technischen Feedback<br />

ist er sicherlich einer der besten Fahrer, mit<br />

denen ich je zusammengearbeitet habe. Zu Saisonbeginn<br />

hatte er aber auch das Glück, dass er<br />

mehr fahren konnte als Sebastian Vettel. Das war<br />

sicherlich ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg.<br />

Sie haben die Persönlichkeit angesprochen.<br />

Daniel ist stets am Lächeln, hat immer einen<br />

Für einen Rennfahrer ist es natürlich wichtig,<br />

schnell Auto zu fahren und sich mit der Technik<br />

auszukennen. Aber es scheint genauso wichtig<br />

zu sein, den Spaß nicht zu verlieren, oder?<br />

Der Spaßfaktor ist sicherlich wichtig. Wenn<br />

jemand keinen Spaß bei der Arbeit hat, ist er<br />

auch nicht erfolgreich. Sehr positiv ist, dass es<br />

nie irgendwelche Streitigkeiten gegeben hat -<br />

selbst wenn die Technik mal streikte. Wir haben<br />

stets sachlich und ruhig diskutiert, um so das<br />

bestmögliche Resultat zu erzielen.<br />

Junge Fahrer lernen natürlich am meisten,<br />

wenn sie im Auto sitzen und fahren. Toro Rosso<br />

ist dafür ein gutes Beispiel. Sie lassen Ihre<br />

Piloten auch im Regen auf die Strecke, wenn<br />

andere an der Box Däumchen drehen...<br />

Ein Fahrer kann nur etwas lernen, wenn er mit<br />

dem Auto unterwegs ist. Ein Crash gehört dazu.<br />

Das ist Teil des Spiels. Wenn ein Fahrer nie<br />

abseits der Strecke ist, fährt er auch nicht am<br />

Limit. Wie soll ein junger Fahrer das Limit<br />

herausfinden, wenn du ihm verbietest, dass er<br />

abfliegt? Wenn er abfliegt, fliegt er eben ab.<br />

Dann kommt das Auto an die Box, wird zerlegt<br />

EIN CRASH GEHÖRT DAZU. DAS IST TEIL DES SPIELS. WENN EIN<br />

FAHRER NIE ABSEITS DER STRECKE IST, FÄHRT ER AUCH NICHT AM<br />

LIMIT. WIE SOLL EIN JUNGER FAHRER DAS LIMIT HERAUSFINDEN,<br />

WENN DU IHM VERBIETEST, DASS ER ABFLIEGT? WENN ER AB-<br />

FLIEGT, FLIEGT ER EBEN AB.<br />

54 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Tost verlangt von<br />

seinen Fahrern,<br />

dass sie die<br />

<strong>Formel</strong> 1 leben<br />

- rund um die Uhr<br />

und neu aufgebaut. Ich sehe da keine Probleme.<br />

Deswegen habe ich auch noch nie einem Fahrer<br />

einen Vorwurf gemacht. Wenn er schnell ist,<br />

darf er auch abfliegen.<br />

In Silverstone hat Daniil Kvyat einige starke<br />

Reaktionen auf nasser Strecke gezeigt. So können<br />

junge Fahrer sich auch beweisen.<br />

Er hat das Auto in Silverstone zweimal aus sehr<br />

brenzligen Situationen sensationell gut abgefangen.<br />

Andere sind mit einem ähnlich querstehenden<br />

Auto ordentlich abgeflogen. Das<br />

spricht für sein Talent und seine Klasse. Damit<br />

hat er bei vielen Leuten Eindruck gemacht.<br />

Sie haben viel mit jungen Fahrern zu tun. Was<br />

kann man ihnen noch beibringen, sobald sie in<br />

der <strong>Formel</strong> 1 angekommen sind?<br />

Die Arbeit mit einem jungen Fahrer ist natürlich<br />

wesentlich intensiver, als wenn ein Pilot<br />

schon längere Zeit in der <strong>Formel</strong> 1 gewesen ist.<br />

Es beginnt bei Gesprächen über seine Tagesplanung,<br />

das Training, die Ernährung, der<br />

Umgang mit Jetlag bei Überseerennen. Kurzum:<br />

Man muss die Fahrer auf alle Eventualitäten<br />

vorbereiten. Wenn ein neuer Fahrer ins Team<br />

kommt, treffe ich mich öfter mit ihm. Dann<br />

gehen wir zusammen essen und unterhalten<br />

uns über verschiedene Themen. Im Zuge dieser<br />

Gespräche gebe ich Erfahrungswerte weiter und<br />

hoffe, dass der Fahrer diese optimal umsetzen<br />

kann.<br />

Was gehört zu diesen Erfahrungswerten?<br />

Die Grundvoraussetzung ist, dass der Fahrer<br />

Talent mitbringt. Der zweite wichtige Punkt ist,<br />

dass er 24 Stunden am Tag und 365 Tage im<br />

Jahr an die <strong>Formel</strong> 1 denkt. Es darf nichts<br />

anderes geben. Er muss eine hundertprozentige<br />

Leidenschaft dafür mitbringen. Der dritte<br />

Punkt ist die Disziplin. Es ist ganz wichtig, den<br />

Fahrern diese Disziplin einzuimpfen. Damit<br />

meine ich nicht, dass er pünktlich zu einem<br />

Meeting erscheint. Das ist sowieso eine Grundvoraussetzung.<br />

Vielmehr geht es darum, im<br />

Qualifying das Auto nicht zu überfahren, die<br />

Kerbs im richtigen Winkel anzufahren oder den<br />

Grenzbereich nicht zu überschreiten, weil er<br />

dann langsamer wird. Vieles kann man aber<br />

hundertmal sagen. Letztlich muss es der Fahrer<br />

selbst erleben. Du kannst noch so oft sagen,<br />

dass er nicht zu spät bremsen darf. Irgendwann<br />

stehen die Räder dann doch im Qualifying, weil<br />

er zu spät gebremst hat. Aber diese Selbsterfah-<br />

rung gehört zum Lernprozess dazu. Sonst<br />

glaubt es der Fahrer nicht.<br />

Es betrifft aber auch die Trainings-Disziplin.<br />

Man muss den Fahrern klar machen, dass das<br />

körperliche und das mentale Training der →<br />

Der Speed im<br />

Auto ist nur ein<br />

kleiner Teil des<br />

Gesamtpakets<br />

F1-Rennfahrer<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 55


TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

TORO ROSSO: AUFSTEIGER<br />

Wechsel zum<br />

Schwesterteam<br />

DANIEL RICCIARDO<br />

Daniel Ricciardo ist in dieser Saison der härteste<br />

Verfolger der beiden Mercedes-Piloten. Für seinen<br />

früheren Boss Franz Tost kommt die Performance<br />

des Australiers nicht überraschend. Für<br />

den Österreicher zählt Ricciardo zu den besten<br />

Piloten, was das technische Verständnis angeht,<br />

die je für seinen Rennstall gefahren sind. »Und<br />

er hat sich von Jahr zu Jahr gesteigert«, betont<br />

Tost. Auch Ricciardo weiß, das er seinem früheren<br />

Rennstall viel zu verdanken hat. Abseits des<br />

Scheinwerferlichts konnte er bei Toro Rosso<br />

Schritt für Schritt zu einem Rennfahrer reifen<br />

- und noch eine wichtige Sache haben ihn die<br />

39 Rennen für den Rennstall von Tost gelehrt:<br />

Demut. »Ich bin heute viel dankbarer für das,<br />

was ich habe«, betont Ricciardo.<br />

Sebastian Vettels<br />

erster GP-Sieg<br />

Buemi fährt im<br />

Langstreckensport<br />

SEBASTIAN BUEMI<br />

Talentierter als Scott Speed, konstanter als der<br />

viel erfahrenere Sebastien Bourdais - in seinen<br />

zwei Jahren bei Toro Rosso blitzte das Talent<br />

von Sebastien Buemi mehrfach auf. Gleich in<br />

seinem ersten Grand Prix für das Team in Australien<br />

holte der Schweizer mit italienischen<br />

Wurzeln als Siebter zwei Punkte. Doch häufig<br />

stand sich Buemi durch unnötige Fehler auch<br />

selbst im Weg, was ihn 2011 um eine Vertragsverlängerung<br />

bei Toro Rosso brachte und ihn<br />

in die zweite Reihe verbannte. Dieses Jahr überzeugte<br />

der 25-Jährige beim 24-Stunden-Rennen<br />

in Le Mans, wo er nach einer spektakulären<br />

Aufholjagd von Platz 43 auf das Podest fuhr.<br />

SEBASTIAN VETTEL<br />

»Erst als ich die Flagge gesehen habe, habe ich es geglaubt.« Dann war Sebastian Vettel sprachlos:<br />

»Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.« Also ließ er erst das Team sprechen, sich noch einmal<br />

von seinem Ingenieur bestätigen, was tags zuvor noch völlig utopisch erschien: er hatte den<br />

Italien GP gewonnen. »Dann habe ich mich ganz benommen beim Team bedankt und losgeschrien.«<br />

Vettel schrieb mit seinem Sieg 2008 <strong>Motorsport</strong>geschichte. Mit Red Bull krönte er sich<br />

zum jüngsten Vierfach-Champion der F1-Geschichte. Ein Erfolg, der ein kleines bisschen auch<br />

seinen Anfängen bei Toro Rosso geschuldet ist. »Das Team hat sicherlich zu Sebastians Erfolg<br />

beigetragen, aber letztendlich kann sich jeder Fahrer den Erfolg nur selbst zuschreiben«, bleibt<br />

Franz Tost gegenüber <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com auf dem Boden der Tatsachen. Für sein Team<br />

blieb Monza bis dato der einzige Siegesjubel.<br />

56 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RED BULL<br />

ICH SAGE MEINEN FAHRERN IMMER: IHR ZEHRT DIE GANZE SAISON<br />

VON DER SUBSTANZ, DIE IHR EUCH IN DEN WINTERMONATEN AUF-<br />

BAUT. WENN IHR EUCH DA NICHT HUNDERTPROZENTIG REINHÄNGT,<br />

WENN IHR EUCH DA IM TRAINING NICHT EXTREM VERAUSGABT,<br />

WERDET IHR DIE SAISON NICHT GUT ÜBERSTEHEN.<br />

Regeländerungen<br />

gehören<br />

für Tost zum Lauf<br />

der Dinge in der<br />

<strong>Formel</strong> 1<br />

der Saison verboten, mal der F-Duct zum<br />

Beginn des nächsten Jahres gestrichen. Monisha<br />

Kaltenborn sagt, dass dieses Hin und Her<br />

dem Ansehen der <strong>Formel</strong> 1 schadet. Sehen<br />

Sie das genauso?<br />

Die <strong>Formel</strong> 1 wird nie eine hundertprozentige,<br />

für alle akzeptable Stabilität haben.<br />

Sehen wir uns doch mal das FRIC-System an.<br />

Als es vor drei, vier Jahren eingeführt wurde,<br />

war es bereits im Grenzbereich der Legalität.<br />

Aber die Teams entwickeln ja weiter. In der<br />

Zwischenzeit haben sie ein Niveau erreicht,<br />

das genau betrachtet nicht mehr dem Reglement<br />

entsprochen hat - und da schließe ich<br />

Toro Rosso mit ein. Deshalb hat die FIA<br />

gesagt: Was ihr vor drei Jahren gemacht habt,<br />

war noch in Ordnung, aber was ihr jetzt<br />

macht, ist nicht mehr im Geiste des Reglements.<br />

Deswegen wurde es verboten. Das ist<br />

eine ganz normale Entwicklung. In der <strong>Formel</strong><br />

1 sehe ich das als völlig normal an: Die<br />

Teams suchen durch sehr intensive und gute<br />

Arbeit der Techniker das Limit, überschreiten<br />

es und werden dann von der Sporthoheit<br />

zurückgepfiffen.<br />

Ein weiteres Beispiel sind die Testfahrten. Vor<br />

10, 15 Jahren haben wir nach jedem Rennen für<br />

drei Tage mit zwei Autos getestet. Damals sind<br />

wir im Laufe eines Jahres über 50.000 Kilometer<br />

allein bei Tests gefahren. Das Geld dafür war<br />

da, also sind alle gefahren. Dann kam 2009 die<br />

Wirtschaftskrise. Jetzt musste sich die <strong>Formel</strong><br />

1 etwas einfallen lassen, weil sie zu viel Geld<br />

verbrauchte. Als Folge wurden die Testfahrten<br />

verboten. Das war eine ganz normale Reaktion<br />

auf äußere Einflüsse. Wenn weniger Geld vorhanden<br />

ist, muss man darauf reagieren. Sonst<br />

wären alle Teams bald tot gewesen. Danach<br />

beschwerte sich Ferrari darüber, dass es →<br />

Schlüssel zum Erfolg sind. Ich glaube, dass<br />

wird von der Außenwelt gerne unterschätzt.<br />

Wenn ein Fahrer in der Vorbereitungsperiode<br />

zwischen Dezember und Februar nicht täglich<br />

vier bis sechs Stunden trainiert, wird er die<br />

Saison nicht durchstehen. Ich sage meinen<br />

Fahrern immer: Ihr zehrt die ganze Saison von<br />

der Substanz, die ihr euch in den Wintermonaten<br />

aufbaut. Wenn ihr euch da nicht hundertprozentig<br />

reinhängt, wenn ihr euch da im<br />

Training nicht extrem verausgabt, werdet ihr<br />

die Saison nicht gut überstehen. Während der<br />

Saison gibt es so viele Überseerennen, die den<br />

Fahrer aus dem Gleichgewicht werfen können.<br />

Um den Körper und den Geist darauf vorzubereiten,<br />

musst du im Winter intensiv arbeiten.<br />

Nur dann kannst du in einer so guten<br />

Verfassung sein, dass du nicht krank wirst, den<br />

ganzen Stress bewältigst und erfolgreich Rennen<br />

fahren kannst.<br />

Wichtig ist, dass du am Sonntag um 14:00 Uhr<br />

nicht müde bist. Auch das gehört zur Disziplin.<br />

Ebenso die Ernährung. Dafür gibt es keinen<br />

allgemeingültigen Plan. Man kann ihnen nicht<br />

sagen, du musst das essen und du das. Das ist<br />

individuell verschieden. Aber die Fahrer müssen<br />

sich so ernähren, dass sie von der aufgebauten<br />

Substanz das Jahr über zehren können.<br />

Es ist auch ein Gewichtsthema. Jedes Kilo zu<br />

viel bedeutet einen Performance-Verlust. Dabei<br />

ist es entscheidend, das richtige Gleichgewicht<br />

zu finden. Du darfst nicht zu untergewichtig<br />

sein, denn dann verlierst du Substanz und stehst<br />

das Rennen nicht durch. Gleichzeitig darfst du<br />

aber auch nicht zu viel Gewicht haben. Dabei<br />

hilft die richtige Disziplin.<br />

Diese Disziplin scheint der <strong>Formel</strong> 1 manchmal<br />

etwas zu fehlen. Mal sind Testfahrten<br />

erlaubt, mal nicht. Mal wird FRIC während<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 57


TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

TORO ROSSO: ABSTEIGER<br />

Scott Speed<br />

enttäuschte<br />

JAIME ALGUERSUARI<br />

Nach dem Rauswurf von Sebastien Bourdais<br />

stieg Jaime Alguersuari zum Stammfahrer auf.<br />

Damals hätte er wohl nicht gedacht, dass ihm<br />

2011 das gleiche Schicksal blühen würde. »Er<br />

ist in der Lage, F1-Rennen zu fahren, aber für<br />

uns ist das nicht genug: Wir brauchen Siegertypen«,<br />

verpasste Dr. Helmut Marko dem Spanier<br />

eine schallende Verbalohrfeige. Der Österreicher<br />

sah in Alguersuari, der 2011 in Italien<br />

und Korea mit Platz sieben seine besten Karriereergebnisse<br />

einfuhr, kein Wachstumspotenzial.<br />

Den Plan in die <strong>Formel</strong> 1 zurückzukehren,<br />

gab Alguersuari im Vorjahr endgültig auf. Im<br />

Moment konzentriert sich der 24-Jährige auf<br />

seine neue Herausforderung - die <strong>Formel</strong> E. Dort<br />

tritt er mit Virgin Racing an.<br />

Alguersuari fährt<br />

nun GT-Rennen<br />

SCOTT SPEED<br />

Zum Leidwesen von Toro Rosso war bei Scott Speed der Name nicht Programm. Statt Speed legte<br />

der US-Amerikaner ein übersteigertes Selbstbewusstsein an den Tag. »Er dachte, er weiß alles.<br />

Aber ich habe noch nie einen Fahrer erlebt, der so deppert ist«, fand Teambesitzer Gerhard Berger<br />

klare Worte. In seiner Toro-Rosso-Karriere blieb ein neunter Platz Speeds bestes Ergebnis in der<br />

<strong>Formel</strong> 1. Laut Speed waren allerdings Berger sowie Tost auf einem persönlichen Feldzug unterwegs.<br />

»Franz und Gerhard wollen mich aus persönlichen Gründen zerstören.« Heute fährt der<br />

US-Amerikaner, inzwischen 31 Jahre alt, im Team von Andretti <strong>Motorsport</strong>, Volkswagen und 7up<br />

in der Global Rallyecross Serie.<br />

VITANTONIO LIUZZI<br />

Für Vitantonio Liuzzi stellte sich sein talentfreier<br />

Teamkollege [Scott Speed] als Glücksgriff<br />

heraus. Denn obwohl der Italiener in seinem<br />

ersten Jahr bei Toro Rosso nicht wirklich überzeugen<br />

konnte, wurde sein Vertrag verlängert.<br />

Doch mit Verlauf der Saison stieg die Unfallrate<br />

von Liuzzi und damit gekoppelt die Unzufriedenheit<br />

der Teambosse. Tost gab öffentlich<br />

sogar zu, Liuzzi am liebsten nicht mehr ins Auto<br />

setzen zu wollen. Aktuell fährt der 33-Jährige<br />

in Japan für das Team von Autobacs Racing<br />

Team Aguri in der SuperGT 500-Klasse.<br />

Tonio Liuzzi nutzte<br />

seine Chance nicht<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RED BULL<br />

58 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Toro Rosso<br />

möchte ab 2016<br />

zu den besten fünf<br />

<strong>Formel</strong>-1-Teams<br />

zählen<br />

F1 ZU FAHREN BEDEUTET NICHT<br />

NUR, SICH INS AUTO ZU SETZEN<br />

UND GAS ZU GEBEN. F1 ZU FAH-<br />

REN BEDEUTET VIEL MEHR. DES-<br />

HALB MUSS DER FAHRER TAG<br />

UND NACHT AN DIE F1 DENKEN,<br />

SONST IST ER NICHT ERFOLG-<br />

REICH. EINIGE FAHRER MACHEN<br />

DAS UND WER BESSER SEIN<br />

WILL ALS SIE, MUSS SICH NOCH<br />

MEHR ANSTRENGEN.<br />

keine Testfahrten mehr gegeben hat. Aus diesem<br />

Grund wurden wieder begrenzte Testfahrten<br />

eingeführt. Für das kommende Jahr<br />

werden diese nun erneut etwas<br />

eingeschränkt.<br />

Das ist der übliche Zyklus innerhalb der <strong>Formel</strong><br />

1. Es gibt Änderungen, die einmal abgeschwächt<br />

und dann wieder verstärkt werden.<br />

Die <strong>Formel</strong> 1 ist nicht nur bei der Technik die<br />

Spitze des <strong>Motorsport</strong>s, sondern auch beim<br />

Management und Marketing. Du musst schnell<br />

umdenken und dich schnell auf neue Gegebenheiten<br />

einstellen. Wer das nicht kann, bleibt<br />

zurück. Ich sehe das als Herausforderung. Mir<br />

macht das Spaß. Es gibt einige Teams, die alles<br />

so behalten möchten, wie es früher gewesen<br />

ist. Aber das geht nicht. So etwas gibt es in keinem<br />

Sport. In anderen Sportarten sind es eben<br />

Trainingsmethoden, die sich verändern. Selbst<br />

im Fußball spielt keine Mannschaft seit Jahrzehnten<br />

immer das gleiche System. Mal ist ein<br />

4-4-2 in Mode, dann ein 4-3-3. Auf diese Flexibilität<br />

muss man reagieren. Ich sehe das alles<br />

rein positiv.<br />

Sie sehen es also nicht als negatives Hin und<br />

Her, sondern als notwendige Anpassung an die<br />

Gegebenheiten...<br />

Absolut, es ergibt sich daraus, dass die <strong>Formel</strong><br />

1 sich immer weiter entwickelt. Wir haben Gott<br />

sei Dank viele kluge Köpfe, die sich immer<br />

wieder etwas Neues einfallen lassen. Dabei<br />

gehen sie an die Grenzen und vielleicht auch<br />

ein bisschen darüber hinaus. Dann werden sie<br />

eben wieder ein bisschen zurückgepfiffen. Im<br />

Grunde ist das die ganz normale Weiterentwicklung,<br />

die ich absolut akzeptiere. Mir gefällt<br />

so eine neue Herausforderung. Denn dann<br />

muss man sich etwas einfallen lassen, wie man<br />

sich wieder verbessern kann. Das ist ein wichtiger<br />

Punkt, den ich auch stets meinen Fahrern<br />

klarmache: Sie müssen innovativ sein. Nur so<br />

können sie herausfinden, wie sie ihren Gegner<br />

schlagen können. Wer sich keine Gedanken<br />

macht, wer nicht stundenlang die Daten oder<br />

die Onboard-Aufnahmen studiert, wird das<br />

nicht schaffen. Denn die anderen machen es.<br />

Wenn mehrere Fahrer das gleiche Level an<br />

Talent haben, wird immer derjenige erfolgreich<br />

sein, der mehr arbeitet. So wie überall im<br />

Leben. <strong>Formel</strong> 1 zu fahren bedeutet nicht nur,<br />

sich ins Auto zu setzen und ein bisschen Gas<br />

zu geben. <strong>Formel</strong> 1 zu fahren bedeutet viel, viel<br />

mehr. Deshalb muss der Fahrer Tag und Nacht<br />

an die <strong>Formel</strong> 1 denken, sonst ist er nicht<br />

erfolgreich. Einige Fahrer machen das und wer<br />

besser sein will als sie, muss sich noch mehr<br />

anstrengen.<br />

Jean-Eric hat erzählt, dass da bei ihm und dem<br />

Team ein gewisses Umdenken stattgefunden<br />

hat. Es reicht nicht mehr, nur ins Q3 gekommen<br />

zu sein. Stattdessen möchte man hinterher<br />

auch ein nachhaltiges Ergebnis in Händen<br />

halten...<br />

Die Nachhaltigkeit ist so ein neues Modewort.<br />

Letztlich zählt einzig und allein das Resultat.<br />

Das Schöne an der <strong>Formel</strong> 1 ist: man sieht alle<br />

zwei Wochen, ob man gut oder schlecht gearbeitet<br />

hat. Wir haben bei einigen Rennen gut<br />

gearbeitet. Aber leider gab es zu viele Rennen,<br />

bei denen wir schlecht gearbeitet haben.<br />

Manchmal kamen wir noch nicht einmal mit<br />

beiden Autos ins Ziel. Hier gibt es also ein<br />

gewaltiges Verbesserungspotential. Auf diesen<br />

Gebieten haben wir hoffentlich den richtigen<br />

Weg eingeschlagen, um die Haltbarkeit zu verbessern<br />

und die Performance zu steigern.<br />

Toro Rosso gehört eher zu den kleineren<br />

Teams. Bei Top-Teams wie Red Bull werden<br />

noch am Rennwochenende neue Teile in<br />

unzähligen Kisten angeliefert. Wie kann Ihr<br />

Team mit diesem Entwicklungstempo<br />

mithalten?<br />

Das ist richtig. Toro Rosso ist ein kleines Team.<br />

Wir sind im Mittelfeld platziert. Natürlich entwickeln<br />

auch wir weiter, aber wir besitzen bei<br />

weitem nicht das Entwicklungstempo der Top-<br />

Teams. Wir haben aber auch bei weitem nicht<br />

deren Budget. Toro Rosso ist auf einem recht<br />

guten Weg nach vorne. Unser Ziel ist es, die<br />

Infrastruktur aufzubauen und zu festigen. Man<br />

darf nicht vergessen: Toro Rosso besteht als<br />

reiner Constructor erst seit 2009/2010. Somit<br />

befinden wir uns erst in der vierten Saison, in<br />

der wir unser eigenes Auto komplett designen.<br />

Das nimmt Zeit in Anspruch. In unserem Werk<br />

in Faenza ist nun die erste Baustufe mit der<br />

Kunststoffabteilung abgeschlossen. Vor zwei<br />

Monaten haben wir mit dem zweiten Bauabschnitt<br />

begonnen, der im nächsten Jahr um<br />

diese Zeit fertig gestellt werden soll. Der zweite<br />

Teil der Infrastruktur ist die Mannschaft an<br />

sich. Wir haben mittlerweile 350 Mitarbeiter.<br />

Als ich zu Toro Rosso gekommen bin, waren<br />

es nur 85. Jetzt gilt es, die einzelnen Abteilungen<br />

richtig zu ordnen und die richtigen<br />

Verstärkungen zu finden. Auf diesem Gebiet<br />

werden in den kommenden Monaten einige<br />

neue Ingenieure zu uns stoßen. Auch hier sehe<br />

ich uns auf dem richtigen Weg. Deshalb<br />

erwarte ich in der zweiten Saisonhälfte eine<br />

Steigerung. Eine weitere Verbesserung sollte<br />

es dann 2015 geben. Ab 2016 müssten wir unter<br />

den besten fünf Teams sein. Das ist unsere<br />

Zielsetzung.<br />

Das klingt auf jeden Fall gut.<br />

Es klingt gut. Aber zwischen gut klingen und<br />

dies auch umzusetzen ist immer noch ein<br />

Unterschied. Daran müssen wir in den kommenden<br />

beiden Jahren hart arbeiten.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 59


SLIDESHOW | MOTORRAD | #38 | 2014<br />

60 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


❱ AUF DER<br />

ERFOLGSWELLE<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

Marc Marquez fegt 2014 wie ein Tsunami durch die MotoGP. Nichts<br />

und niemand kann sich dem Überflieger in den Weg stellen, die Sommerpause<br />

trat er ungeschlagen und mit jeder Menge neuer Rekorde<br />

im Gepäck an. Der WM-Titel ist ihm sicher, wenn er sich nicht noch<br />

verletzen sollte. Daher stellt sich bereits die Frage, wer den 21-Jährigen<br />

überhaupt in den nächsten zehn Jahren schlagen soll? Vielleicht<br />

sein um drei Jahre jüngerer Bruder? In Barcelona und Assen gewannen<br />

Alex und Marc die Rennen ihrer Klassen und sorgten damit für die<br />

ersten beiden Brüder-Siege an einem Wochenende in der Geschichte<br />

der Motorrad-WM. Der Name Marquez wird die MotoGP jedenfalls<br />

nicht so schnell loslassen.<br />

FOTO: MILAGRO<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 63


FOTOS: MILAGRO<br />

LACH-GAS<br />

IM EXKLUSIVEN INTERVIEW VERRÄT MARC MARQUEZ MOTORSPORT-<br />

MAGAZIN.COM, WAS IHN SO STARK MACHT, WER DER WICHTIGSTE<br />

MENSCH IN SEINEM LEBEN IST UND WAS ER MIT EINEM VOLLEYBALL<br />

AUF EINER EINSAMEN INSEL ANSTELLEN WÜRDE.<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

62 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 63


Marc Marquez<br />

ist der MotoGP-<br />

Dominator 2014<br />

MSM: Ist es gut für dich, Dani Pedrosa auch<br />

in den nächsten zwei Jahren als Teamkollegen<br />

zu haben?<br />

MARC MARQUEZ: Ja, für mich ist das gut<br />

und es ist wichtig für Honda. Ich habe schon<br />

oft gesagt, dass ich denke, dass wir jetzt<br />

ein sehr gutes Team haben und das haben<br />

wir auch in den kommenden zwei Jahren.<br />

Dani ist ein Fahrer, der sehr gefühlvoll mit<br />

dem Bike umgeht. Er ist aber auch wirklich<br />

schnell. Ich denke, es ist wichtig, zwei starke<br />

Fahrer bei Honda zu haben.<br />

Was macht dich so stark?<br />

Das ist schwer zu sagen. Du versuchst immer,<br />

schneller zu sein; auf der Strecke mit<br />

dem Team und allen zu arbeiten. An sich<br />

kann man das aber nicht unbedingt auf den<br />

Punkt bringen. Einer der Schlüsselpunkte ist<br />

die Familie an der Rennstrecke - nicht nur<br />

ich, sondern auch das Team, Honda und das<br />

Bike müssen gut zusammenpassen und das<br />

ist uns sehr gut gelungen.<br />

Bist du aufzuhalten?<br />

[lacht] Natürlich bin ich aufzuhalten. Ich<br />

bin mir sicher, dass ein Rennen kommen<br />

wird, in dem es unmöglich ist, zu gewinnen,<br />

weil ein anderer Fahrer schneller sein wird<br />

als wir. Dann wird es wichtig, den zweiten<br />

oder dritten Platz zu sichern, weil die Punkte<br />

für die Weltmeisterschaft wichtig sind. Das<br />

reicht dann aber auch. Aktuell stehen wir<br />

sehr gut da, also werden wir versuchen, weiter<br />

zu pushen und so fortzufahren.<br />

Denkst du, es ist möglich, alle Rennen einer<br />

Saison zu gewinnen?<br />

Ich denke nicht, dass es zu 100 Prozent unmöglich<br />

ist, aber zu 95 Prozent. In 18 Rennen<br />

kann richtig viel passieren. Wie in Holland:<br />

Wir konnten es gut retten und gewinnen.<br />

Aber natürlich stehen noch Rennen im Kalender,<br />

in denen wir aus irgendeinem Grund<br />

- sei es das Team, das Bike oder ich selbst<br />

- nicht bei 100 Prozent sind. Dann wird es<br />

unmöglich sein. Wir dürfen nicht vergessen,<br />

dass Valentino Rossi, Dani Pedrosa und<br />

Jorge Lorenzo unsere Gegner sind. Das sind<br />

richtig starke Fahrer.<br />

Du brichst momentan einen Rekord nach<br />

dem anderen. Was bedeutet dir das?<br />

Natürlich sind die Rekorde wichtig. Das ist<br />

eine weitere Motivation. Mir gefällt es sehr,<br />

Rekorde zu brechen, weil das bedeutet, dass<br />

wir auf einem guten Weg sind. Ich fahre<br />

aber nicht und denke immer nur an die Rekorde.<br />

Ich fahre für die Fans, das Team, für<br />

meine Familie und für mich, weil ich es sehr<br />

genieße. Wenn du es genießt, kommen die<br />

Rekorde von ganz alleine. Wenn du nur an<br />

BEI DIESEN RENNEN WIE IN MUGELLO ODER MONTMELO GENIESST DU<br />

DEN SIEG ODER DAS ERGEBNIS EINFACH EIN BISSCHEN MEHR, WENN DU<br />

ÜBER DIE ZIELLINIE FÄHRST.<br />

die Ergebnisse denkst, dann wirst du keine<br />

Rekorde brechen.<br />

Welches Rennen war dein Bestes?<br />

Das ist so schwierig! Am coolsten war wohl<br />

das Rennen letztes Jahr in Valencia. Natürlich<br />

war das nicht mein bestes Rennen. Ich war<br />

nur Dritter und habe nicht 100 Prozent gegeben,<br />

aber für mich war es extrem wichtig. Das<br />

war eines der Rennen, in denen du aufgeregt<br />

bist, mehr Druck spürst und intelligent fahren<br />

musst, indem du nur an den Titel und nicht<br />

an das Rennen selbst denkst. Das war wirklich<br />

nicht mein bestes Rennen, aber wahrscheinlich<br />

das bisher wichtigste meiner Karriere.<br />

In Mugello hast du gesagt, dass du am Limit<br />

warst. In Barcelona meintest du dann,<br />

in Mugello warst du nicht am Limit, aber in<br />

Montmelo. Wo ist dein Limit?<br />

Ich denke, jedes Rennen ist unterschiedlich.<br />

In einigen Rennen bist du dank dem<br />

Setup des Bikes oder anderen Dingen - wie<br />

zum Beispiel in diesem Jahr in Austin und<br />

Argentinien - möglicherweise einen kleinen<br />

Schritt voraus. Dann ist das Rennen ein<br />

bisschen leichter. Aber in Rennen wie Mugello<br />

und Montmelo bist du ab der ersten<br />

Runde am Limit. Beim Kampf in den letzten<br />

Runden kann alles passieren und du musst<br />

wirklich alles geben, um das Rennen zu gewinnen.<br />

Bei diesen Rennen wie in Mugello<br />

oder Montmelo genießt du den Sieg oder das<br />

Ergebnis einfach ein bisschen mehr, wenn du<br />

über die Ziellinie fährst. Du bist aufgeregter<br />

und das Adrenalin steigt extrem hoch.<br />

Welcher deiner Verfolger ist am gefährlichsten?<br />

64 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: MILAGRO, REPSOL HONDA<br />

Die Nähe zu seinen<br />

Fans ist Marquez<br />

enorm wichtig<br />

VON DIESEM PLANETEN?<br />

JOHN MCGUINNESS: Marc ist unglaublich.<br />

Das Schöne daran ist, dass er ein so glücklicher<br />

Mensch ist. Er lacht immer. Er erinnert mich an<br />

ein junges, enthusiastisches Kind, das einfach<br />

auf ein Motorrad steigen und Spaß haben will<br />

- egal ob Trial, Flat-Track oder sonst etwas. Er<br />

brach sich ja sogar das Bein beim Flat-Track-<br />

Training. Er ist einfach etwas Besonderes auf<br />

dem Motorrad. Es ist gut zu sehen, dass er etwas<br />

frischen Wind reinbringt. Natürlich würde<br />

ich auch gerne sehen, dass ihn jemand schlägt.<br />

Er muss gestoppt werden, aber er macht es<br />

auch interessant, kreiert richtig guten Rennsport.<br />

Er ist ein fantastischer Charakter. Davon<br />

brauchen wir definitiv mehr!<br />

MIKA KALLIO: Ich denke, jeder weiß, dass<br />

Marc momentan der schnellste Fahrer in der<br />

MotoGP und sehr talentiert ist. Wenn alles<br />

passt: das beste Team, das beste Bike, der<br />

beste Fahrer - dann sehen die Ergebnisse so<br />

aus. Ich glaube, dass sich für ihn momentan<br />

alles sehr leicht anfühlt. Er kommt zur Strecke<br />

und ist Knall auf Fall der Schnellste. Natürlich<br />

werden wir den Tag erleben, an dem er geschlagen<br />

wird, er Probleme bekommt und sich<br />

nicht mehr so gut fühlt. Im Rennsport geht es<br />

immer ein bisschen auf und ab. Momentan ist<br />

er an der Spitze und er ist der Typ, den jeder<br />

schlagen will.<br />

CAL CRUTCHLOW: Marc Marquez - wer? ...<br />

Ich denke, er sollte am Ende der Saison aufhören<br />

und jemandem ein paar Siege schenken.<br />

Nein, ernsthaft. Er ist fantastisch. Ein wirklich<br />

netter Kerl, glücklich, er lacht immer und<br />

deshalb gewinnt er. Natürlich hat er auch ein<br />

gutes Bike und ist ein Naturtalent. Er hat keinen<br />

Druck, macht, was er will und gewinnt.<br />

Momentan ist er unaufhaltsam. Ich hoffe, dass<br />

schon bald irgendwer ihn stoppen kann, denn<br />

wir wollen gute Rennen. Und trotzdem sehen<br />

wir gute Rennen und er gewinnt am Ende. Er<br />

fährt sehr, sehr gut.<br />

BRADLEY SMITH: Ich weiß nicht, was ich von<br />

ihm halten soll. Ich wollte nicht, dass er acht<br />

Rennen gewinnt und auch nicht, dass er neun<br />

gewinnt. Was er aktuell macht, ist sehr beeindruckend<br />

und man muss respektieren, was er<br />

tut. Aber ich will ihn einfach nicht mehr siegen<br />

sehen. [lacht]<br />

KAREL ABRAHAM: Er ist ein wirklich, wirklich<br />

schneller Typ. Er ist sehr talentiert und sehr gut.<br />

Ich mag es aber nicht, ihn immer gewinnen zu<br />

sehen. Am Anfang war das ja ganz gut, aber<br />

wenn das so weitergeht, dass er immer gewinnt,<br />

wird es für die WM nicht so interessant.<br />

Es wäre schon besser, wenn es an der Spitze<br />

noch ein paar mehr Kämpfe geben würde.<br />

JORGE LORENZO: Ich habe schon im letzten<br />

Jahr gesagt, dass er phänomenal ist. Er ist ein<br />

starker Fahrer wie Valentino oder Dani. Bei ihm<br />

passt einfach alles zusammen: Das Bike, das<br />

Team und das Glück. Manchmal stürzt er zwar<br />

im Training, aber nie im Rennen.<br />

ALEIX ESPARGARO: Jeder ist irgendwie aufzuhalten.<br />

Aber er fährt eine richtig starke Saison.<br />

Er ist auf einem wirklich hohen Niveau. Er<br />

ist extrem stark und macht keine Fehler. Es ist<br />

schwer, einen Fahrer zu schlagen, der keinen<br />

Fehler macht und jedes Training und jedes<br />

Rennen anführt. Aber ich denke schon, dass er<br />

irgendwann aufgehalten wird.<br />

ANDREA DOVIZIOSO: Jeder ist aufzuhalten.<br />

Marc hat viele positive Eigenschaften,<br />

das Beste ist aber, dass er keine wirklich<br />

negative hat. Er ist jung, schnell, intelligent.<br />

Er geht Trainings, Rennen und alles mit einer<br />

kindlichen Mentalität an. Es ist sehr schwierig,<br />

einen negativen Punkt zu finden, um ihn<br />

anzugreifen.<br />

POL ESPARGARO: Marc ist wirklich gut und<br />

zeigt eine unglaubliche Saison. Er hat schon im<br />

letzten Jahr gezeigt, dass er richtig schnell ist.<br />

Mit einem Jahr Erfahrung auf diesem Bike ist<br />

er dieses Jahr in der Lage, brillant zu sein. Er<br />

zeigt sein Talent. Ein Werksfahrer kann sicherlich<br />

gegen ihn und sein Bike kämpfen. Für mich<br />

ist es aber schwierig, darüber nachzudenken.<br />

Mit dem, was wir haben, können wir ihn wohl<br />

nicht schlagen. Eines Tages ändert sich das<br />

aber vielleicht.<br />

ESTEVE RABAT: Er ist ein sehr guter Fahrer,<br />

ein besonderer Fahrer, vielleicht bisher der<br />

Beste aller Zeiten. Die anderen Fahrer können<br />

aber natürlich gewinnen. Er ist auch nur von<br />

diesem Planeten, sicherlich können sie ihn in<br />

einem Rennen schlagen.<br />

Für mich ist das in diesem Jahr im Kampf<br />

um die WM Dani. Er hat sich im Laufe dieser<br />

Saison schon operieren lassen, war aber<br />

direkt wieder vorne an zweiter oder dritter<br />

Position in der Gesamtwertung - wie Valentino.<br />

Auch Valentino ist extrem konstant,<br />

aber ich denke, Dani wird stärker sein. Wir<br />

werden es sehen. Ich würde sagen, Dani und<br />

Valentino sind am gefährlichsten. Ich hatte<br />

erwartet, dass es Lorenzo sein würde, aber<br />

aus irgendeinem Grund ist er nicht auf seinem<br />

vollen Niveau.<br />

Was geht dir durch den Kopf, wenn du in<br />

der Startaufstellung stehst? Bist du manchmal<br />

aufgeregt?<br />

Das hängt vom Rennen und von Qualifying<br />

und Warm-Up ab. Normalerweise versuche<br />

ich, nur über das Training nachzudenken:<br />

In welchen Kurven war ich dicht am Limit,<br />

in welchen Kurven fühlte ich mich besser.<br />

Ich versuche, mir einen Plan für das Rennen<br />

auszudenken - für die letzten Runden oder<br />

auch für den Start, also die ersten Runden.<br />

Das ist aber sehr schwierig. Es ist auch allgemein<br />

schwer, in der Startaufstellung ruhig<br />

zu bleiben. Meistens bin ich aber ziem- →<br />

Der Weltmeister<br />

freut sich über<br />

jeden Sieg<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 65


lich entspannt.<br />

Warum lachst du immer?<br />

Weil ich es genieße! [lacht] Und weil ich es<br />

genieße, habe ich gute Ergebnisse. Aber ja,<br />

das ist so. Schon als ich jung war, war das genauso.<br />

Manchmal wäre ich sogar gerne etwas<br />

ernster, aber das ist einfach unmöglich. Es<br />

gibt hin und wieder wichtige Augenblicke,<br />

in denen man wirklich ernst sein sollte, aber<br />

ich kann das einfach nicht. Für mich ist es<br />

normal, zu lachen und leicht ist es auch.<br />

Was war der schwierigste Moment deiner<br />

Rennkarriere?<br />

Vielleicht Ende 2011, als ich in Malaysia gestürzt<br />

bin. Ich hatte fünf Monate lang diese<br />

Sichtprobleme und sah alles doppelt. Das<br />

war wirklich hart, denn du rennst ständig<br />

Marquez hat<br />

einfach Spaß...<br />

FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />

FOTOS: MILAGRO, REPSOL HONDA<br />

... und<br />

macht Spaß<br />

zu den Ärzten, die dir immer wieder sagen,<br />

dass du abwarten und Geduld haben musst.<br />

Wenn du sie fragst, ob es wieder besser wird,<br />

sagt dir jeder, dass er es nicht weiß. Für ein<br />

normales Leben wäre das okay gewesen,<br />

aber auf dem Motorrad geht das nicht. Sie<br />

sagten mir immer: ‚Du brauchst viel Glück,<br />

dass diese Verletzung wieder zu 100 Prozent<br />

weggeht.‘ Diese fünf Monate waren ziemlich<br />

hart. Ich blieb aber die ganze Zeit stark, habe<br />

weiter gepusht und am Ende ging glücklicherweise<br />

alles gut.<br />

Hattest du in dieser Zeit einen Plan B?<br />

Nein, ich habe nie darüber nachgedacht. Ich<br />

habe darauf vertraut, dass alles wieder gut<br />

wird und ich wieder Rennen fahren kann.<br />

Ich könnte mir nie vorstellen, eines Tages<br />

nicht mehr zu fahren. Das würde mir nie in<br />

den Sinn kommen.<br />

Wer ist der wichtigste Mensch in deinem<br />

Leben?<br />

Natürlich ist meine Familie insgesamt am<br />

Wichtigsten, aber mein Bruder ist etwas<br />

ganz Besonderes. Er ist auch Motorradfahrer,<br />

er versteht alles. Er ist zwar jünger als<br />

ich, aber wir trainieren zusammen, eigentlich<br />

machen wir alles zusammen. Für mich<br />

ist das sehr wichtig, denn das ist immer →<br />

66 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


ICH HABE DARAUF VERTRAUT, DASS ALLES WIEDER GUT WIRD UND ICH<br />

WIEDER RENNEN FAHREN KANN. ICH KÖNNTE MIR NIE VORSTELLEN,<br />

EINES TAGES NICHT MEHR ZU FAHREN.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 67


So sehen Sieger aus:<br />

Sieg Nummer 8<br />

VIELLEICHT IST ES ABER DAS ALLERBESTE, WENN DU JUNGE TALENTE<br />

BEOBACHTEN KANNST, DIE GERADE SELBST MIT DEM FAHREN ANFAN-<br />

GEN UND SAGEN: ‚ICH WILL WIE MARC MARQUEZ SEIN.‘<br />

Im Zeichen der<br />

Ameise: Marquez‘<br />

Anhängerschaft wird<br />

größer<br />

FOTOS: MILAGRO, REPSOL HONDA<br />

68 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


PROTOTYP DES MODERNEN RENNFAHRERS<br />

Alex Hofmann: Was soll man über ihn denken? Es ist einfach beeindruckend,<br />

was er bringt. Ausgehend von seinem fahrerischen Talent scheint<br />

das der nächste Schritt zu sein: das neue Modell, das einfach noch mehr<br />

kann als ein normaler Rennfahrer. Er ist ein Prototyp-Rennfahrer. Die Fahrer<br />

sind alle ein bisschen verrückt und gehen Risiken ein bis zum Limit. Er<br />

macht das aber mit einer solchen Selbstverständlichkeit, die ich so noch<br />

nie gesehen habe. Das Ganze macht er dann noch so abgeklärt und in<br />

einem so jungen Alter, dass es einem schon schwer fällt, alles in Worte zu<br />

fassen. Ich glaube, er ist dafür geboren, genau das zu machen und er lebt<br />

für diesen Moment auf dem Motorrad. Dazu hat er einen extrem wichtigen<br />

Punkt, den auch Rossi immer hatte: verdammt viel Spaß dabei. Genau<br />

das ist die gefährliche Kombination: ein gemischter Cocktail, der brodelt<br />

und alle anderen ein bisschen alt aussehen lässt. Ganz davon abgesehen<br />

macht er einfach viel Spaß: Er ist gut gelaunt, er riskiert alles bei jedem<br />

Wetter, er beschwert sich nie über eine fette, blutende Blase an der Hand<br />

und er beklagt sich auch nie übers Material oder die Reifen. Er passt sich<br />

an jeden und alles an und das ist schon Wahnsinn. Ich weiß nicht, wer als<br />

Nächstes geboren werden muss, um das zu toppen. Eine Schwäche ist<br />

mir noch nicht aufgefallen. Vielleicht hat er eine für Grid-Girls - für einen<br />

21-jährigen, ledigen, erfolgreichen, gut aussehenden Mann ist das aber<br />

wohl ganz normal und dürfte nicht einmal als Schwäche angerechnet<br />

werden.<br />

eine Motivation. Du bist nie alleine, egal ob<br />

im Fitnessstudio oder auf dem Fahrrad und<br />

das ist gut so, weil wenn du alleine bist, ist es<br />

härter ins Fitnessstudio zu gehen oder mit<br />

dem Fahrrad loszufahren. Wenn da noch jemand<br />

ist, macht es das leichter.<br />

Ihr konntet in Montmelo und Assen beide<br />

eure Rennen für euch entscheiden. Freust<br />

du dich mehr für Alex oder bist du glücklicher<br />

über deinen eigenen Sieg?<br />

Ehrlich gesagt, habe ich mich mehr für ihn<br />

gefreut - besonders in Montmelo. Dieses<br />

Jahr war er wirklich stark, aber aus verschiedenen<br />

Gründen hat es nie zum Sieg gereicht.<br />

Er hatte Pech, hat auch mal Fehler gemacht,<br />

aber es reichte nie. Als es in Montmelo dann<br />

endlich klappte, war ich richtig glücklich für<br />

ihn, denn er hat vor und zu Beginn der Saison<br />

extrem hart gearbeitet. Nun konnte er<br />

zwei Mal gewinnen, das freut mich wirklich<br />

sehr.<br />

Was ist das Beste daran, Marc Marquez zu<br />

sein?<br />

Pfff... [lacht] Es ist natürlich auf der Strecke<br />

am besten, denn du spürst den Respekt der<br />

anderen Jungs. Vielleicht ist es aber das Allerbeste,<br />

wenn du kleine Kinder mit deinen<br />

Caps siehst, wenn du junge Talente beobachten<br />

kannst, die gerade selbst mit dem Fahren<br />

anfangen und sagen: ‚Ich will wie Marc Mar-<br />

quez sein.‘ Das ist wirklich schön.<br />

Angenommen du schaffst es, dieses und die<br />

kommenden zwei Jahre Weltmeister zu werden:<br />

Wird es dir irgendwann zu langweilig?<br />

Suchst du dir dann eine andere Aufgabe wie<br />

zum Beispiel die <strong>Formel</strong> 1?<br />

Nein, das glaube ich nicht. Die <strong>Formel</strong> 1 ist<br />

die Weltspitze im Autorennsport. Wenn du<br />

<strong>Formel</strong>-1-Fahrer werden willst, dann musst<br />

du im Alter von fünf oder sechs Jahren mit<br />

Go-Kart-Fahren beginnen. Mein Ziel waren<br />

schon immer die Motorräder, also werde ich<br />

sicherlich in dieser Welt bleiben.<br />

Welche drei Dinge würdest du mit auf eine<br />

einsame Insel nehmen?<br />

Personen auch?<br />

Klar, geht alles.<br />

Meinen Bruder! Ich weiß nicht, ob ihm das gefallen<br />

würde, aber ich würde ihn schon gerne<br />

dabei haben. [lacht] Vielleicht ein Motorrad...<br />

Aber ein Motorrad ohne Sprit bringt mir auch<br />

nichts. Dann vielleicht besser ein Fahrrad:<br />

Meinen Bruder, ein Fahrrad und... das Letzte...<br />

ich bin mir nicht sicher. [Zwischenruf seines<br />

Pressesprechers: Ein Mädchen!] Aber ich habe<br />

doch keine Freundin, wen soll ich da nehmen?<br />

[lacht] Ach, ich hab‘s: Ich nehme einen Volleyball<br />

mit. Nicht wie Wilson bei Cast Away, sondern<br />

zum Spielen!<br />

Marquez hat immer<br />

ein Lächeln<br />

auf den Lippen<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 69


TEXT: MARKUS ZÖRWEG & MARIA POHLMANN<br />

AUFER-<br />

STEHUNG<br />

EINER<br />

LEGENDE<br />

SEINE KRITIKER HATTEN IHN BEREITS ABGESCHRIEBEN. ER SEI ZU ALT,<br />

HIESS ES. IHM FEHLE DIE MOTIVATION, MEINTEN ANDERE. ER HABE DIE<br />

ENTWICKLUNG DER LETZTEN JAHRE VERPASST, GLAUBTE DER REST ZU<br />

WISSEN. DOCH VALENTINO ROSSI LIESS ALLE SPEKULATIONEN UM SEIN<br />

WAHRES LEISTUNGSVERMÖGEN REGELRECHT IMPLODIEREN. MOTOR-<br />

SPORT-MAGAZIN.COM BEGIBT SICH AUF URSACHENFORSCHUNG.<br />

70 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: MILAGRO<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 71


Valentino Rossi ist 2014 zurück an der Spitze<br />

- oder zumindest hinter Marc Marquez. Die<br />

Gründe dafür sind vielfältig<br />

V<br />

alentino Rossi ist eine<br />

herausragende Person in<br />

der Welt des Sports. Seine<br />

sensationellen Erfolge und<br />

die denkwürdigen Showeinlagen<br />

in Verbindung<br />

mit einem ebenso verrückten wie liebenswerten<br />

Charakter haben den schlaksigen Jungen<br />

mit Wuschelkopf einst weit über die Grenzen<br />

der Motorrad-WM hinaus bekannt<br />

gemacht. Auch Beobachter und Athleten aus<br />

anderen Bereichen verpassten ihm bereits das<br />

Prädikat ‚Ausnahmekönner‘. Hand in Hand<br />

mit solch verbalen Ritterschlägen zeigen derartige<br />

Sportler oft Leistungen, die für Außenstehende<br />

wie für direkte Konkurrenten gleichermaßen<br />

schwer begreiflich sind. Für einen<br />

derartigen Knalleffekt sorgte der mittlerweile<br />

zum Mann gereifte Rossi in dieser Saison.<br />

Die vergangenen vier Jahre waren nicht leicht<br />

für ‚The Doctor‘. 2009 sicherte er sich noch<br />

seinen siebten Weltmeistertitel in der Königsklasse<br />

und die Fachwelt war sich so gut wie<br />

einig, dass Rossi den Rekord von Giacomo<br />

Agostini, der sich acht Mal zum Champion auf<br />

500ccm krönen<br />

konnte, bald einstellen<br />

oder gar brechen<br />

würde. Doch dann<br />

folgte die Saison<br />

2010. Ausgerechnet<br />

im zweiten Training<br />

zu seinem Heim-GP<br />

in Mugello stürzte er<br />

schwer und erlitt<br />

einen doppelten,<br />

offenen Schienbeinbruch.<br />

Rossi verpasste<br />

vier Rennen<br />

und war in diesem<br />

Jahr gegen die deutlich jüngere Generation<br />

rund um Jorge Lorenzo, Dani Pedrosa und<br />

Casey Stoner chancenlos.<br />

2010 hatte er aber nicht nur eine Weltmeisterschaft<br />

verloren, sondern etwas, das für ihn von<br />

viel größerer Bedeutung war als ein einziger<br />

Titel: seine Ausnahmestellung im Werksteam<br />

von Yamaha. Diese hatte nämlich nun der<br />

frisch gekrönte Weltmeister Lorenzo inne.<br />

Rossi erkannte die Zeichen der Zeit. Er sah,<br />

dass es an der Zeit für einen Tapetenwechsel<br />

war und verließ Yamaha aus freien Stücken.<br />

Eine Rückkehr zu Honda, wo er seine ersten<br />

vier Jahre in der Königsklasse verbracht hatte,<br />

stand nach dem unrühmlichen Ende der<br />

Zusammenarbeit im Jahr 2003 nicht zur<br />

Debatte. So blieb nur der Wechsel zum dritten,<br />

einigermaßen konkurrenzfähigen Werksteam,<br />

nämlich dem von Ducati.<br />

Ein Transfer, der sich als größte Fehlentscheidung<br />

in der langen und erfolgreichen Karriere<br />

des Valentino Rossi herausstellen sollte. Was<br />

SCHON BEIM<br />

SAISONAUFTAKT IN<br />

KATAR LIEFERTE ER<br />

SICH EIN SEHENS-<br />

WERTES DUELL MIT<br />

MARC MARQUEZ<br />

UND VERPASSTE<br />

DEN SIEG NUR<br />

HAUCHDÜNN.<br />

folgte, war nicht die erhoffte Rückkehr zu alten<br />

Erfolgen, sondern die Demontage eines Denkmals.<br />

Gerade einmal<br />

drei Podiumsplatzierungen<br />

konnte Rossi<br />

in zwei Jahren auf der<br />

zickigen Desmosedici<br />

einfahren, ein Sieg<br />

blieb ihm verwehrt.<br />

Logische Folge war<br />

die Flucht aus Bologna<br />

- in der Saison<br />

2013 zog es ihn<br />

zurück zu Yamaha.<br />

Dort ging es für den<br />

ehemals Unbesiegbaren<br />

wieder langsam<br />

bergauf. In Assen konnte er seinen ersten Sieg<br />

seit fast drei Jahren feiern, vom Glanz alter<br />

Tage war er aber nach wie vor weit entfernt.<br />

Zu stark war das spanische Spitzentrio mit<br />

Marc Marquez, Jorge Lorenzo und Dani<br />

Pedrosa, das dem Italiener meist nicht den<br />

Hauch einer Chance ließ.<br />

Doch 2014 meldete sich Valentino Rossi sensationell<br />

zurück! Schon beim Saisonauftakt in<br />

Katar lieferte er sich ein sehenswertes Duell<br />

mit Marc Marquez und verpasste den Sieg nur<br />

hauchdünn. In dieser Tonart ging es für den<br />

mittlerweile 35-jährigen Routinier weiter. In<br />

Jerez, Le Mans, Mugello und Barcelona ließ er<br />

vier weitere Podiumsplatzierungen folgen. Mit<br />

141 Weltmeisterschaftspunkten bestritt er seine<br />

beste erste Saisonhälfte seit 2009, dem Jahr<br />

seines letzten Titelgewinns.<br />

Wie aber schaffte es Rossi, in seinem Alter<br />

innerhalb weniger Monate wieder zum Schreck<br />

seiner um viele Jahre jüngeren Konkurrenz zu<br />

werden? Esteve Rabat, aktuell Führender der<br />

72 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


3<br />

FRAGEN AN<br />

ALEX<br />

HOFMANN<br />

Mit Silvano<br />

Galbusera ist Rossi<br />

wieder vorne dabei<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

MSM: WARUM IST VALENTINO ROSSI DIESES<br />

JAHR WIEDER STARK?<br />

Alex Hofmann: Ich glaube, es war für ihn ganz,<br />

ganz wichtig, neue Impulse zu setzen, um zu<br />

sehen, ob das Feuer noch brennt. Die Grundvoraussetzung<br />

mit all dem Talent, das Rossi hat,<br />

ist die Leidenschaft. Mit der Leidenschaft hast<br />

du auch die Bereitschaft, dich zu quälen, Risiken<br />

einzugehen und den Unterschied als Fahrer zu<br />

machen. Mit Chefmechaniker Jeremy Burgess<br />

hatte er alles erreicht, was es zu erreichen gab.<br />

Damals war nicht garantiert, ob er seinen Vertrag<br />

wie jetzt noch einmal um zwei Jahre verlängert.<br />

Jeremy war auch müde. Ich glaube, das war eine<br />

Situation wie bei einem alten Ehepaar, das sich<br />

neue Impulse geben muss. Ich rede jetzt nicht<br />

von Paarberatung, aber einfach etwas anderes,<br />

neues machen und damit die Liebe neu entdecken.<br />

Da er nicht mit Jeremy verheiratet ist,<br />

hat er jetzt einen neuen Partner an seiner Seite,<br />

ein neuer Chefmechaniker, mit dem er vielleicht<br />

auch gesehen hat, dass es möglich ist, technisch<br />

andere Wege zu gehen. Ich glaube, das hat ihm<br />

wieder diesen Drall gegeben, um zu sagen: ‚Es<br />

geht noch.‘ Wenn wir jetzt auf die Listen schauen,<br />

ist er eigentlich sogar einer derjenigen, die<br />

den außerirdischen Marc Marquez permanent<br />

fordern können. Das bringt ihm natürlich auch<br />

Motivation. Er macht es einfach gern. Ich glaube,<br />

er lebt dafür, er liebt das Ganze - aber nur,<br />

wenn er auch die Chance hat, dabei gut auszusehen<br />

und gut dazustehen. Das war ein wichtiger<br />

Schritt. Wir Fans und Journalisten können einfach<br />

nur froh sein, dass es so gut ausging. Denn einen<br />

Rossi zu haben oder nicht, macht einen riesigen<br />

Unterschied in diesem Sport. Und dass er in diesem<br />

Jahr auch fast noch in jedem Rennen auf<br />

dem Podium steht, ist einfach stark.<br />

WARUM IST ER NOCH IMMER DIE NR. 1?<br />

Sympathien vergibt der Mensch ja nicht nur durch<br />

Leistung, sondern die hat man. Im Fall von Valentino<br />

Rossi können wir auch sagen, dass er nicht<br />

nur ein Ausnahmetalent war und ist, sondern dass<br />

er auch ein extremes Charisma mit sich trägt. Er<br />

verstreut Spaß und Freude an dem Sport, behandelt<br />

die Fans gut und das bekommen sie natürlich<br />

mit. Er ist einfach ein super Sales-Man - das<br />

muss man auch erst einmal hinbekommen. Das<br />

ist eine Geschichte, die man nicht kaufen kann.<br />

Andere Rennfahrer versuchen, ihn zu imitieren,<br />

eine ähnliche Schiene zu fahren, aber denen fällt<br />

es nicht leicht. Das ist meiner Meinung nach der<br />

Unterschied, den der Zuschauer draußen spürt<br />

und weiter die gelben Käppchen kauft anstatt der<br />

roten. Marc Marquez hat ähnliches Potential, ist<br />

aber auch ein anderer Charakter. Rossi ist eben<br />

Rossi und ich glaube, schon wenn er um die Ecke<br />

kommt, haben die meisten beim bloßen Hinsehen<br />

bereits ein breites Lächeln im Gesicht, weil er einfach<br />

ein lustiger Typ ist.<br />

DENKST DU, ER KANN NOCH EINMAL WELT-<br />

MEISTER WERDEN?<br />

Ich habe schon vor zwei Jahren gesagt, dass da<br />

viel zusammenkommen müsste: Marc Marquez<br />

müsste eine schwere Verletzung haben und ein<br />

paar Rennen aussetzen. Unter normalen Bedingungen<br />

- in denen Marc Marquez überall antritt<br />

und fit ist - wird es nicht mehr stattfinden.<br />

Hat Marquez auch einmal Pech und bricht sich<br />

Schien- und Wadenbein - wie es auch Rossi selbst<br />

passiert ist - und fällt für vier, fünf Rennen aus,<br />

dann vielleicht. Aber nur aus der Power der Yamaha<br />

und seinem Talent heraus wird es schwierig.<br />

Es gibt eine neue Generation und da müsste mehr<br />

als alles zusammenkommen.<br />

Moto2-Weltmeisterschft, glaubt, dass Jugend<br />

kein Muss für den Erfolg in der MotoGP ist:<br />

»Bei anderen Sportarten hängt viel vom Alter<br />

ab, bei uns meiner Meinung nach mehr vom<br />

Kopf. Man kann sehen, dass er unbedingt<br />

gewinnen will und deshalb ist er an der Spitze.<br />

Er kämpft, gibt immer alles und lässt nichts<br />

unversucht.«<br />

Für Andrea Dovizioso, einen langjährigen<br />

Kontrahenten Rossis in der MotoGP-Klasse,<br />

liegt die Wahrheit eher auf der Strecke als im<br />

Kopf seines Landsmannes. »Valentino hat<br />

seinen Fahrstil verändert, das hätte ich nicht<br />

erwartet. Er war in der Lage, daran zu arbeiten<br />

und konnte sich an das anpassen, was der<br />

Rennsport gerade braucht. So ist er wieder<br />

konkurrenzfähig geworden«, erklärt Rossis<br />

Nachfolger bei Ducati im Gespräch mit<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com. Dovizioso lobt<br />

jedoch auch das Team hinter dem Superstar:<br />

»Ich denke, dass sich Yamaha im Vergleich<br />

zum letzten Jahr ein wenig verbessert hat. Sie<br />

haben mit dem neuen Spritlimit beim Speed<br />

auf der Geraden keine Einschränkungen<br />

mehr.«<br />

→<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 73


Rossi ist dafür bekannt, ein einzigartiges Talent zu haben,<br />

wenn es darum geht, ein Motorrad auf seine Bedürfnisse hin<br />

zu entwickeln und abzustimmen.<br />

O<br />

b die Yamaha M1 im Vergleich<br />

zur Honda RC213V<br />

in diesem Jahr tatsächlich<br />

ein besseres Motorrad<br />

geworden ist, lässt sich<br />

schwer beurteilen. Wenn<br />

man allerdings die Leistungen Rossis denen<br />

seines strauchelnden Teamkollegen Jorge<br />

Lorenzo gegenüberstellt, drängt sich eher der<br />

Verdacht auf, dass die diesjährige Evolutionsstufe<br />

der M1 einfach dem Fahrstil des Routiniers<br />

besser entgegen kommt.<br />

Rossi ist dafür bekannt, ein einzigartiges Talent<br />

zu haben, wenn es darum geht, ein Motorrad<br />

auf seine Bedürfnisse hin zu entwickeln und<br />

abzustimmen. Das hatte er bereits 2004 unter<br />

Beweis gestellt, als er von Honda kommend<br />

binnen weniger Monate aus der in der Vorsaison<br />

ohne Podiumsplatzierung gebliebenen<br />

Yamaha M1 ein Siegmotorrad machte und sich<br />

zum Weltmeister krönte. Sein neuer Renningenieur<br />

Silvano Galbusera zeigt sich von dieser<br />

Gabe Rossis beeindruckt: »Valentino ist ein<br />

kluger Pilot und macht nichts unüberlegt. Er<br />

versteht sehr gut, was das Motorrad macht.<br />

Sein Gefühl wird immer durch die Daten<br />

bestätigt. Das ist etwas, das nicht viele Fahrer<br />

können. Auch wenn er voll pusht, schafft er es<br />

immer, einen Teil seiner Konzentration abzuzweigen,<br />

um das Verhalten des Bikes zu analysieren.«<br />

Das scheint ihm auch mit seinem<br />

Motorrad für 2014 gelungen zu sein.<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

Eine nicht unwesentliche Rolle dürfte dabei<br />

aber auch Galbusera selbst gespielt haben. Die<br />

Brillanz von Jeremy Burgess, Rossis Renningenieur<br />

in den ersten 14 Jahren seiner MotoGP-<br />

Karriere, ist zwar unbestritten, dennoch überschreitet<br />

fast jede zwischenmenschliche<br />

Partnerschaft im Sport früher oder später ihr<br />

74 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Ablaufdatum. Daraus machte Rossi auch keinen<br />

Hehl: »Es war okay mit Jeremy, aber mit<br />

Silvano ist es sehr gut.« Ein wichtiges Detail<br />

sei dabei die gemeinsame Sprache. »Manchmal<br />

ist es sehr wichtig, Italienisch zu sprechen. Man<br />

kann schneller eine Entscheidung treffen, wenn<br />

man dieselbe Sprache spricht.«<br />

So geht Rossi als großer Jäger der Repsol Hondas,<br />

allen voran natürlich von Marc Marquez,<br />

in die zweite Saisonhälfte. Die Rahmenbedingungen<br />

könnten für ihn aktuell nicht besser<br />

sein. Nachdem er seine<br />

Vertragsverlängerung bis<br />

2016 unter Dach und Fach<br />

gebracht hat, muss er sich<br />

um eine Baustelle weniger<br />

kümmern: »Ich musste bei<br />

so vielen Rennen in letzter<br />

Zeit immer sagen, dass wir<br />

kurz vor einer Unterschrift<br />

stehen und nun haben wir<br />

es endlich geschafft. Das ist<br />

mir sehr wichtig und ich<br />

bin äußerst glücklich darüber.«<br />

Außerdem scheint<br />

ihm die momentane Führung<br />

im Stallduell gegen<br />

Jorge Lorenzo zusätzliche<br />

Lockerheit und das Überlegenheitsgefühl,<br />

welches<br />

er in den letzten Jahren oft<br />

vermissen ließ und das ihn<br />

einst so stark machte, zu verleihen. So sprach<br />

er sich zuletzt sogar ausdrücklich für einen<br />

Verbleib des Mallorquiners im Werksteam aus.<br />

Gegen Lorenzo hatte sich Rossi in seiner ersten<br />

Yamaha-Phase noch ein erbittertes Duell auf<br />

und abseits der Strecke geliefert. Trotz dem<br />

wieder gefundenen Selbstvertrauen führt er<br />

wohl einen aussichtlosen Kampf gegen Überflieger<br />

Marc Marquez. Das meint auch Andrea<br />

Dovizioso: »Auf dem Motorrad kann alles passieren.<br />

Wenn ich aber realistisch sein will, muss<br />

ich sagen, dass momentan niemand gegen<br />

Marquez ankämpfen kann.«<br />

Während also doch Zweifel daran herrschen,<br />

ob Rossi noch einmal einen Weltmeistertitel<br />

einfahren kann, gibt es zu einem anderen<br />

Thema keine zweite Meinung: ‚The Doctor‘ ist<br />

die Nummer eins bei den Fans. Kein Pilot wird<br />

derart verehrt, ja beinahe vergöttert. Aleix<br />

Espargaro versucht<br />

DENN WAS MICHAIL<br />

GORBATSCHOW FÜR<br />

GLASNOST, MADONNA<br />

FÜR POPMUSIK ODER<br />

PAPST JOHANNES<br />

PAUL II. FÜR DIE KA-<br />

THOLISCHE KIRCHE<br />

SIND, IST DER MANN<br />

MIT DER GELBEN NUM-<br />

MER 46 FÜR DEN MO-<br />

TORRADRENNSPORT:<br />

EIN UNVERGLEICH-<br />

LICHES LEITSYMBOL.<br />

für <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>.com den<br />

Mythos Rossi zu<br />

beschreiben: »Er ist<br />

ein sehr charismatischer<br />

Fahrer. Er<br />

lacht immer und hat<br />

stets Spaß mit den<br />

Leuten. Wenn er<br />

seinen Helm vom<br />

Kopf nimmt, ist er<br />

genauso besonders<br />

wie davor. Für die<br />

Fans ist es wichtig,<br />

sich dem Fahrer<br />

nahe zu fühlen und<br />

Valentino ist dabei<br />

einfach der Beste.«<br />

Dieses einzigartige<br />

Standing macht Rossis Rückkehr auf die Straße<br />

des Erfolgs auch zu deutlich mehr, als dem<br />

einfachen Comeback eines Piloten. Denn was<br />

Michail Gorbatschow für Glasnost, Madonna<br />

für Popmusik oder Papst Johannes Paul II. für<br />

die katholische Kirche sind, ist der Mann mit<br />

der gelben Nummer 46 für den Motorradrennsport:<br />

ein unvergleichliches Leitsymbol.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 75


Valentino Rossi hält sein<br />

Wohnzimmer sauber<br />

TOP<br />

ROSSI SHOWS<br />

TEXT: NICO PAPPELAU<br />

VALENTINO ROSSI IST FÜR SEINE SPÄSSE NACH RENNENDE BEKANNT. EGAL OB BIZARRE<br />

VERKLEIDUNG, GEFIEDERTES MASKOTTCHEN ODER VERHAFTUNG: DER DOKTOR IST IM-<br />

MER FÜR EINEN SPASS ZU HABEN.<br />

5. LA RAPIDA - DIE SCHNELLSTE PUTZKOLONNE DER WELT<br />

Protest: Beim Großen Preis von Katar 2004 musste<br />

Valentino Rossi nach Beschwerde von Honda in die<br />

letzte Startreihe, nachdem sein Cheftechniker<br />

Jeremy Burgess den Startplatz des Italieners markiert<br />

hatte. Rossi hätte im Warm-Up häufiger darüber<br />

fahren sollen, um ihn von dem lästigen Wüstenstaub<br />

zu säubern und so am Start besseren Grip<br />

zu haben. Honda protestierte gegen diese »Vorteilnahme«<br />

und bekam Recht. Rossi schwor Rache,<br />

nachdem er in Katar auf seiner verzweifelten Aufholjagd<br />

gestürzt war und nahm diese eine Woche<br />

später in Malaysia. Er siegte überlegen und putzte<br />

dann mit einem eigens mitgebrachten Besen den<br />

Sepang International Circuit. Diese Episode bedeutete<br />

auch das Ende der Freundschaft zwischen<br />

Rossi und Sete Gibernau. In den Augen Rossis<br />

steckte der Spanier hinter dem Theater von Katar.<br />

»Sete ist an allem schuld. Er benimmt sich wie ein<br />

Kind«, ließ Rossi verlauten. Er schwor, Gibernau<br />

würde nie wieder ein Rennen gewinnen, was<br />

genauso eintrat.<br />

76 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: MILAGRO<br />

4. STOPP, SIE SIND VERHAFTET!<br />

2002 in Mugello bekam Rossi erstmals Ärger mit der Polizei. Nach dem Rennen zogen<br />

ihn die Carabinieri am Ende der Zielgeraden wegen zu schnellen Fahrens aus dem Verkehr.<br />

Hinzu kam, dass Rossi auf abgefahrenen Reifen und ohne Nummernschild unterwegs<br />

war und auch noch in der Kurve überholt hatte. Was für ein Skandal! 2003 wurde Rossi<br />

erneut nach Rennende festgesetzt. Dieses Mal ketteten ihn die vermeintlichen Ordnungshüter<br />

an und verdonnerten ihm zum Steineklopfen. Allerdings war inzwischen aus Spaß<br />

bitterer Ernst geworden: Rossi fühlte sich wie ein Gefangener bei Honda, da das Team<br />

das Bike wichtiger als den Fahrer ansah. Die meisten Fans hielten den versteckten Hilferuf<br />

allerdings nur für einen weiteren spaßigen Gag nach dem starken Duell mit Gibernau,<br />

den Rossi erst auf der Ziellinie schlagen konnte. Als der Italiener in Sepang erneut Weltmeister<br />

wurde, ließ ihn sein Fanclub wieder »frei« und mit einem neuen Vertrag bei Yamaha<br />

legte Rossi auch seine Ketten von Honda endlich ab.<br />

Ein Mann, ein<br />

Wort: Rossi als<br />

Kellner<br />

3. AUFS WOHL DES KELLNERS!<br />

Im Qualifying zum Grand Prix von Tschechien 2005 in Brünn landete Rossi abgeschlagen<br />

auf Platz fünf. 0.371 Sekunden trennten ihn und seinen Rivalen Sete Gibernau. Im<br />

Rennen schlug Rossi zurück und rang den Spanier nieder, bevor Gibernaus Gresini-<br />

Honda auf dem Weg in die letzte Kurve wegen Spritmangels stehen blieb. Dem Spanier<br />

blieb nur der Fußweg zurück zur Box. Auf dem Podium fanden sich mit Rossi, Loris<br />

Capirossi und Max Biaggi drei Italiener wieder. Während Biaggi seinen Pokal polierte,<br />

rannte Rossi mit der Champagner-Flasche zu seinem Team und ließ sich von ihnen in<br />

ein Kellner-Jackett stecken. Nach dem schwierigen Qualifying hatte er seiner Crew<br />

versprochen, im Falle eines erneuten Sieges einen auszugeben. Der größte Teil des<br />

Flascheninhalts floss allerdings trotz allem in Rossis Kehle. Na dann: Prost!<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 77


FOTOS: MILAGRO<br />

Dr. Rossi ist<br />

auch einmal<br />

Patient<br />

2. KLEIDER MACHEN LEUTE<br />

Schon 1997 war Rossi für seine verrückten Kopfbedeckungen bekannt. Auf dem<br />

Podium erschien er nach seinem Sieg in Sentul mit einem blauen Kopfverband. Der<br />

Grund: Einige Tage zuvor hatte sein Vater Graziano einen kapitalen Autounfall gebaut,<br />

den Rossi selbst auf dem Beifahrersitz miterlebte. Wegen seiner Gehirnerschütterung<br />

wurde Valentino auf dem Flug nach Indonesien von Doktor Costa begleitet, war bis<br />

zum Rennen aber längst wieder wohlauf. »Tut mir leid, wenn ich Unsinn rede, ich<br />

wurde kräftig durchgeschüttelt«, ulkte er dennoch nach seinem Sieg, der lange kein<br />

witziger Einzelfall blieb. Auch 2009 in Misano tauchte Rossi verkleidet auf dem Podest<br />

auf. Im Rennen zuvor in Indianapolis war er wegen eines Fehlers gestürzt und deshalb<br />

ohne Punkte geblieben. Vor seinem Heimrennen benannte er sich von »The Doctor«<br />

in »The Donkey« um, weil er der Meinung war, so einen dummen Fehler könne nur<br />

ein Esel machen. Auf heimischem Terrain bügelte er den Patzer allerdings mit einem<br />

Sieg wieder aus. Natürlich war es dennoch ein willkommener Anlass für ein neues<br />

Helmdesign und einen entsprechenden Gag.<br />

78 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: HONDA<br />

Ein Italiener<br />

fährt im<br />

Hühnerstall<br />

Motorrad...<br />

1. EIN HÜHNCHEN MIT OSVALDO RUPFEN<br />

1998 tauchte ein neuer Sponsor von Rossi auf: Die Polleria<br />

Osvaldo. Was nur wenige wussten: Diese Hühnerfarm<br />

existierte nur in der Fantasie des italienischen<br />

250ccm-Piloten. Rossi spann die Geschichte immer<br />

weiter und nahm auf der Auslaufrunde in Barcelona ein<br />

entsprechendes Maskottchen auf der Aprilia mit. Der<br />

Sponsor, der gar keiner war, wurde unter Rossis Fans<br />

immer populärer, bis das italienische Fernsehen eine<br />

Dokumentation über den vermeintlichen Farmbesitzer<br />

Osvaldo drehen wollte. Diese Gelegenheit konnte sich<br />

Rossi nicht entgehen lassen: Er suchte einen alten Hof,<br />

bevölkerte ihn mit Hühnern, malte den Slogan »Jedes<br />

Hühnchen kennt Osvaldo« an die Wand und trieb einen<br />

alten Kauz aus Tavullia auf, der sich als Osvaldo ausgab.<br />

Ohne zu ahnen, dass sie einer Fälschung gegenüberstand,<br />

drehte die Crew vom italienischen Fernsehsender<br />

RAI die Dokumentation über Osvaldo und strahlte sie<br />

sogar aus.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 79


ALEIX<br />

ESPARGARO<br />

POL<br />

BRÜDER, BESTE FREUNDE UND HARTE KONKURRENTEN<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

2014 TRETEN ALEIX UND POL ESPARGARO IN DER MOTOGP GEGENEINAN-<br />

DER AN. WER HILFT WEM? WIE STARK IST DIE KONKURRENZ UND WAS<br />

WAR IHRE WITZIGSTE KINDHEITSGESCHICHTE?<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN.COM SPRACH MIT DEM GESCHWISTERPAAR.<br />

80 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 81<br />

FOTOS: MIALGRO


Aleix<br />

Espargaro<br />

dominiert die<br />

Open-Klasse<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

MSM: Ihr seid immer glücklich. Wie geht das?<br />

ALEIX ESPARGARO: Ich versuche es. Wenn ich<br />

die Tür zum Motorhome hinter mir schließe, bin<br />

ich sauer. Aber den Leuten muss man ein Lächeln<br />

schenken, das ist wirklich wichtig. Das Leben ist<br />

nicht leicht und ich muss mich so bedanken. Ich<br />

fahre Motorradrennen, das ist meine Leidenschaft<br />

und ich werde dafür bezahlt, Motorräder zu<br />

fahren. Also muss ich jeden Tag glücklich sein.<br />

POL ESPARGARO: Ich tue, was ich will. Ich<br />

arbeite mit meiner Leidenschaft. Ich bin glücklich<br />

und ich kann das tun, was ich liebe. Ich fahre<br />

Motorräder und kann mich nicht beschweren. Das<br />

ist perfekt.<br />

Wie ist das Gefühl auf einem MotoGP-Bike zu<br />

fahren?<br />

Aleix: Ich fühle mich großartig und wirklich wohl<br />

auf dem Bike und im Team. Sie helfen mir so sehr.<br />

Das Wichtigste ist, dass die Ergebnisse gut sind,<br />

aber ich genieße es auch sehr, das Motorrad zu<br />

fahren. Das ist das Beste.<br />

Pol: Ich fühle mich gut. Ich fühle mich noch<br />

immer wie ein Rookie und weiß, dass ich viel lernen<br />

muss, aber Rennen für Rennen genieße ich<br />

die Kategorie und das Bike mehr. Wenn es regnet,<br />

habe ich momentan noch ein paar Probleme, aber<br />

das ist okay.<br />

Hast du Pol zum Start in der MotoGP-Tipps gegeben?<br />

Hat Aleix dir geholfen?<br />

Aleix: Am Anfang habe ich ihm ein bisschen über<br />

die Motorbremse, die Elektronik und so erklärt.<br />

Er hatte zu Beginn ein paar Probleme mit den<br />

Bremsen, weil es jetzt Karbon-Bremsen sind, aber<br />

er war direkt schnell. Schon beim ersten Test in<br />

Valencia war er schneller als ich. Also habe ich<br />

ihm nach dem Test in Valencia nichts mehr verraten,<br />

denn er schafft das schon alleine.<br />

Pol: Ja, ein bisschen. Nicht allzu sehr, aber ein<br />

ICH MUSSTE MEINEN FAHRSTIL EIN WENIG ÄNDERN, ALS ICH<br />

DAS BIKE ZUM ERSTEN MAL GEFAHREN BIN. AUF DER APRILIA<br />

BREMST DU RICHTIG TIEF IN DER KURVE HINEIN. AUF DER<br />

YAMAHA MUSST DU FRÜHER BREMSEN, DAS BIKE EINLENKEN<br />

UND KANNST DEN KURVEN-SPEED MITNEHMEN.<br />

bisschen. Besonders zu Beginn der Saison war er<br />

für mich da. Jetzt etwas weniger, aber er unterstützt<br />

mich dennoch sehr.<br />

War es schwierig, dich an die Yamaha zu gewöhnen?<br />

Was war das Schwerste für dich in der neuen<br />

Kategorie?<br />

Aleix: Nicht wirklich. Ich musste meinen Fahrstil<br />

ein wenig ändern, als ich das Bike zum ersten Mal<br />

gefahren bin. Auf der Aprilia bremst du richtig tief<br />

in der Kurve hinein. Auf der Yamaha musst du<br />

früher bremsen, das Bike einlenken und kannst<br />

den Kurven-Speed mitnehmen. Es ist recht anders,<br />

aber es war leicht, weil sich das Bike gut fahren<br />

lässt.<br />

Pol: Ich denke, die Traktionskontrolle und die<br />

ganzen Elektronik-Systeme waren wirklich schwer<br />

zu erlenen. Ich kannte das aus den anderen Kategorien<br />

nicht und hier sind die Motorräder voller<br />

elektronischer Hilfen und das war das größte Problem<br />

für mich.<br />

Sprecht ihr an den Rennwochenenden über das<br />

Motorrad, Linien oder andere Besonderheiten?<br />

Aleix: Nicht wirklich, weil die Bikes ziemlich verschieden<br />

sind. Nach dem Qualifying und vor dem<br />

Rennen reden wir oft über die Reifen, also welchen<br />

Reifen er für das Rennen wählt, welchen ich wählte.<br />

Das ist das Einzige, was wir gemeinsam haben. Der<br />

Rest ist sehr unterschiedlich.<br />

Pol: Wir sprechen ein bisschen darüber, aber wir<br />

können nicht allzu viele Informationen teilen.<br />

Schließlich sind wir in verschiedenen Teams und<br />

müssen das respektieren. Wir versuchen aber, unsere<br />

Gefühle nach dem Training und allem zu teilen, um<br />

zu wissen, wie wir uns verbessern oder ob wir etwas<br />

anders machen können. Aleix hilft mir sehr, manchmal<br />

helfe ich ihm aber auch ein bisschen.<br />

82 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Bist du glücklich, dass ihr dieses Jahr gegeneinander<br />

in einer Kategorie antretet?<br />

Aleix: Ja, sehr! Das Wochenende ist damit viel<br />

leichter für mich. Ich bin entspannter. Letztes Jahr<br />

sah ich mir immer ganz aufgeregt seine Moto2-<br />

Rennen an. Dieses Jahr kann ich mich da entspannen.<br />

Wenn ich ihn auf der Strecke treffe, ist es toll,<br />

gegen ihn zu kämpfen. Ihn vor mir fahren zu<br />

sehen, ist etwas Besonderes.<br />

Pol: Ich mag es nicht wirklich, denn es ist einfach<br />

ein anderes Rennen, wenn dein Bruder mitfährt.<br />

Das ist ziemlich schwierig. Aber das ist unser Job,<br />

wir müssen das für unsere Teams und Sponsoren<br />

machen.<br />

Aleix, ist es für dich auch manchmal schwierig,<br />

gegen ihn zu kämpfen?<br />

Aleix: Das ist schwierig. Er ist Weltmeister und<br />

extrem stark. Er hat die Satelliten-Yamaha und ist<br />

verdammt schnell. Es ist schwierig, aber schön.<br />

Obwohl er wirklich schnell ist, muss ich ihn ab<br />

und an natürlich auch überholen und ich kann<br />

nicht an ihm vorbeifahren wie an einem anderen<br />

Fahrer. Er ist mein kleiner Bruder, also muss ich<br />

vorsichtiger sein und darf nicht aggressiv herangehen.<br />

Das ist nicht leicht.<br />

Wie würde euer Leben an der Strecke aussehen,<br />

wenn ihr im gleichen Team fahren würdet?<br />

Aleix: Das wäre toll. Eine großartige Idee! Das<br />

würde mir sehr gefallen. Denn abgesehen davon,<br />

dass er mein Bruder ist, sind wir auch beste<br />

Freunde. Wir haben die gleichen Freunde und<br />

verbringen viel Zeit miteinander. Ich denke aber<br />

auch, dass das Team richtig stark wäre, weil jeder<br />

von uns immer besser sein will als der andere. Das<br />

wäre fantastisch.<br />

Pol: Ich denke, das wäre nicht wirklich gut und<br />

vor allem nicht ernst. Das wäre ein starker Konkurrenzkampf.<br />

Meinen Bruder als Teamkollegen<br />

zu haben, wäre für mich sehr schwierig. Das ist<br />

nicht die beste Idee, aber vielleicht ist es eine<br />

Option für die Zukunft.<br />

Hat sich euer Verhältnis verändert, seit Pol in der<br />

MotoGP fährt, also seitdem ihr direkte Gegner<br />

seid?<br />

Pol: Nein, nie! Ich hoffe, dass sich das nie verändert.<br />

Unser Verhältnis ist momentan wirklich<br />

wundervoll. Wir sind immer zusammen und nicht<br />

nur an den Rennwochenenden. Wenn sich das<br />

verändern würde, wäre ich nicht glücklich. Aktuell<br />

ist es toll.<br />

Aleix: Vielleicht waren wir im letzten Jahr etwas<br />

enger zusammen, weil ich während seiner Trainings<br />

immer in seiner Box war und er während<br />

meiner Trainings in meiner. Wir sprachen etwas<br />

mehr. Ich versuchte, ihm im letzten Jahr ein bisschen<br />

mehr zu helfen, weil er um den Titel gekämpft<br />

hat. Sicherlich sind wir in dieser Saison eher Rivalen.<br />

Aber wenn wir Zeit miteinander verbringen,<br />

ist nichts anders.<br />

Angenommen ihr beide hättet die Chance auf den<br />

WM-Titel und die Meisterschaft würde sich erst<br />

im letzten Rennen in Valencia entscheiden: Wie<br />

würde dieses Rennen aussehen?<br />

Aleix: Puh... Auf jeden Fall unglaublich! Das<br />

wären sicherlich ein paar schlaflose Nächte. Natür-<br />

Pol Espargaro<br />

tut, was er<br />

liebt<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 83


FOTOS: MILAGRO<br />

Eine Familie voller Sonnenschein: Die<br />

Espargaro-Brüder sind immer gut drauf<br />

und genießen jeden Moment<br />

84 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


lich ist es das oberste Ziel, Weltmeister zu werden,<br />

aber dafür deinen Bruder besiegen? Das wäre<br />

etwas Besonderes, aber ich kann es mir nicht vorstellen.<br />

Ich will es mir gar nicht vorstellen. [lacht]<br />

Pol: Ja, das wäre auf jeden Fall schwierig. Ich hoffe<br />

einfach, dass das nie passieren wird. Sollte es passieren,<br />

weiß ich wirklich nicht, wie es aussehen<br />

soll.<br />

Habt ihr euch schon als Kinder gegenseitig<br />

herausgefordert?<br />

Aleix: Ja, immer! In den Rennen nicht allzu sehr,<br />

weil ich zwei Jahre älter bin als Pol und ich meistens<br />

in einer höheren Klasse gefahren bin. Aber<br />

wir sind zusammen in der 125er gefahren, in der<br />

Moto2 und es war schön, dass wir uns gegenseitig<br />

herausfordern konnten, aber MotoGP ist da natürlich<br />

das Beste.<br />

Pol: Wir begannen mit dem Fahren als wir noch<br />

Kinder waren. Er hatte immer ein größeres Bike<br />

als ich und schlug mich damit immer. Als ich dann<br />

aber auf das größere Bike kam, war ich immer<br />

schneller als er, weil ich seine und meine Erfahrungen<br />

hatte. Wir sind immer in verschiedenen<br />

Kategorien gefahren, zusammen anzutreten war<br />

schwer, aber wir haben immer gegeneinander<br />

gekämpft.<br />

Fühlst du dich verantwortlicher, weil du der<br />

Ältere bist?<br />

Aleix: Ja, ein bisschen. Ich meine, wenn du der<br />

Große bist, dann musst du dem Kleinen immer<br />

etwas beibringen und ihm helfen. Letztes Jahr<br />

habe ich das die ganze Zeit gemacht, aber dieses<br />

Jahr will ich das nicht mehr machen, weil er von<br />

ganz allein so schnell ist.<br />

Glaubst du Aleix nimmt etwas mehr Rücksicht,<br />

weil du der jüngere Bruder bist?<br />

Pol: Ja, das scheint so. Der große Bruder verteidigt<br />

immer den kleinen Bruder. Das ist normal und<br />

ich denke, das sollte in jeder Familie so sein.<br />

Manchmal kann ich ihm aber sogar etwas mehr<br />

helfen als er mir, das hängt aber immer von der<br />

jeweiligen Situation ab.<br />

Was ist die lustigste Erinnerung aus eurer<br />

Kindheit?<br />

Aleix: Da gab es viele Abenteuer! Als wir noch richtig<br />

klein waren, hatten wir einen Kaktus zu Hause. Ich<br />

habe zu ihm gesagt: ‚Los, fass den an, das ist cool!‘<br />

Er hat es natürlich gemacht und die ganzen Stacheln<br />

in den Händen gehabt. Meine Mum erzählt das<br />

immer all unseren Freunden. Ich war da sechs oder<br />

sieben Jahre alt, er zwei Jahre jünger.<br />

Pol: Da gibt es viele Erinnerungen. Die Kaktus-<br />

Geschichte war schon etwas gemein. Er sagte mir:<br />

‚Du musst ihn anfassen! Du wirst sehen, das macht<br />

Spaß.‘ Ich war total jung und habe das natürlich<br />

gemacht. Ich habe den Kaktus sogar umarmt. Verdammt,<br />

das tat so sehr weh! Aber im Nachhinein<br />

war das wirklich lustig.<br />

Könnt ihr erklären, warum euer Verhältnis so<br />

eng ist?<br />

Aleix: Ich denke, das ist weil wir komplett verschieden<br />

sind: Ich bin gerne mit Freunden<br />

zusammen, er ist gerne mal allein, ich bin total<br />

pünktlich, er ist eine Katastrophe, er schläft viel,<br />

ich schlafe nicht viel, ich bin immer total aufgeregt<br />

und er ist die Ruhe selbst. Da gibt es tausend<br />

Dinge. Jeder macht sein Ding, aber weil der eine<br />

den anderen ergänzt sind wir total verbunden<br />

und wirklich gute Freunde.<br />

Pol: Ich denke, wir sind mehr als Brüder. Wir<br />

fahren hier Rennen, unterstützen uns gegenseitig,<br />

wir fahren zu Hause Dirt-Bike, Supermoto, wir<br />

machen alles zusammen. Wir sind Freunde und<br />

mehr oder weniger im gleichen Alter. Dadurch<br />

haben wir die gleichen Freunde, gehen zusammen<br />

auf Partys, zum Essen und alles. Das macht<br />

unser Verhältnis noch ein bisschen besser. Wir<br />

sind mehr als Brüder, denn wir sind auch richtig<br />

gute Freunde.<br />

Wie sieht euer Leben zu Hause aus?<br />

Aleix: Wir trainieren fast jeden Tag zusammen.<br />

Er ist fast die ganze Zeit in meinem Haus. Wir<br />

fahren gemeinsam Fahrrad, seit wir in Andorra<br />

leben sind wir auch immer mit meinem Hund<br />

unterwegs - also alle Drei zusammen. Fast jeden<br />

Tag essen und trainieren wir gemeinsam.<br />

Pol: Meistens trainieren wir zusammen. Er fährt<br />

Aleix passt oft<br />

auf seinen<br />

kleinen Bruder<br />

Pol auf<br />

ICH BIN GERNE MIT FREUNDEN ZUSAMMEN, ER IST GERNE MAL<br />

ALLEIN, ICH BIN TOTAL PÜNKTLICH, ER IST EINE KATASTROPHE, ER<br />

SCHLÄFT VIEL, ICH SCHLAFE NICHT VIEL, ICH BIN IMMER TOTAL<br />

AUFGEREGT UND ER IST DIE RUHE SELBST.<br />

lieber Dirt-Bike, ich lieber Supermoto und da ist<br />

es schwer, zusammenzukommen. Wir versuchen<br />

aber immer, zusammen zu fahren, denn wir lernen<br />

dabei einfach mehr, wenn wir uns gegenseitig<br />

haben, als wenn einer von uns allein trainiert.<br />

Das ist gut.<br />

Was ist dein Ziel dieses Jahr?<br />

Aleix: Mein Ziel ist es, unter den Top-6 in der<br />

MotoGP zu landen. Das wird wirklich sehr schwer,<br />

denn das Niveau ist sehr hoch und vor uns fahren<br />

viele MotoGP-Werksbikes. Aber das ist mein Ziel<br />

und ich werde dafür kämpfen.<br />

Pol: Die Top-5 sind mein Ziel, also Fünfter zu<br />

werden. Ich denke, das ist der beste Platz, den ich<br />

holen kann. Diese Meisterschaft als Fünfter zu<br />

beenden, wäre für mich im ersten MotoGP-Jahr<br />

wunderbar. Jetzt sind wir Siebter, das ist nicht<br />

schlecht, aber wir sind dicht an Aleix und Dovi<br />

dran. Bis zum Ende der Saison gibt es noch viele<br />

Rennen. Das wird sicher hart und wir müssen<br />

kämpfen, aber ich denke, dass wir das schaffen<br />

können.<br />

Was würdest du dir wünschen, wenn du einen<br />

Wunsch frei hättest?<br />

Aleix: Natürlich MotoGP-Weltmeister zu sein!<br />

Pol: In einem Werksteam zu sein. Ich denke, das<br />

ist das Beste, was mir passieren kann. Wir hoffen,<br />

eines Tages dort zu sein.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 85


FOTOS: MILAGRO<br />

86 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


DOPPELLEBEN<br />

STUDENT<br />

UND<br />

MOTORRADPROFI<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

VON DER UNI AUF DIE RENNSTRECKE: KAREL ABRAHAM BEKOMMT ALLES UNTER EINEN HUT<br />

UND DARF SICH SEIT KURZEM SOGAR ALS JURIST BEZEICHNEN. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

SPRACH MIT DEM MASTER OF LAWS.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 87


P<br />

aragraphen, Pamphlete, Papierkram<br />

- statt Partys aber eher Strecken,<br />

Setups und Schikanen. So<br />

sah das Leben von Karel Abraham<br />

bis Ende April 2014 aus. Denn der MotoGP-<br />

Fahrer startete nicht nur in der Königsklasse,<br />

sondern studierte zu Hause auch noch Jura. Nun<br />

darf er sich über einen Master-Abschluss freuen.<br />

»Ich bin ehrlich gesagt nicht der Typ, der die<br />

ganze Woche zu Hause sitzt und lernt oder überhaupt<br />

regelmäßig in die Bücher schaut. Was das<br />

Lernen angeht, nehme ich es nicht so genau. Ich<br />

bin kein Streber«, verrät er.<br />

Zur Prüfungszeit im Winter und im Sommer sah<br />

es jedoch etwas anders aus. »Ich lerne da natürlich<br />

auch nicht eineinhalb Monate durchgängig,<br />

aber eine Woche vor der Prüfung setze ich mich<br />

dann schon mal hin, schlage die Bücher auf, gehe<br />

alles durch und lerne, damit ich die Prüfungen<br />

bestehe. Ich habe nicht nur Einsen oder so. Ich<br />

bekomme meist nur irgendeine Note, mit der ich<br />

gerade so bestehe.« Der Tscheche fiel sogar schon<br />

oft durch Prüfungen durch und musste diese<br />

wiederholen. »Das hat mich so geärgert. Ich habe<br />

zwar nicht so viel dafür gelernt, aber ich habe<br />

zumindest gelernt und dann schaffte ich es<br />

nicht.«<br />

Aber Ende gut, alles gut. »Für die Abschlussprüfung<br />

habe ich wirklich viel gemacht. Das ist nicht<br />

in jedem Land gleich, aber in der Tschechischen<br />

Republik musst du ein zweites Staatsexamen<br />

ablegen und dafür musste ich wirklich extrem<br />

viel lernen. Das waren 500 Seiten voller Fakten,<br />

die du nicht nur grob, sondern Wort für Wort<br />

wiedergeben musstest. Das war wirklich, wirklich<br />

hart. Aber bei der Abschlussprüfung hatte ich<br />

Glück und zog eine relativ einfache Frage. Eine<br />

andere war dafür schwer, aber ich hatte einen<br />

super Prüfer, der jung und sehr nett zu mir war.<br />

Ich habe am Ende alles bestanden - nicht mit den<br />

perfekten Noten, aber ich habe es geschafft und<br />

den Master-Abschluss in der Tasche«, sagt Abraham<br />

strahlend.<br />

Doch der Weg zum Abschluss war für den<br />

24-Jährigen nicht leicht. Besonders nach Le Mans<br />

war der Neid auf die Kollegen groß, die lediglich<br />

trainieren und nicht nach Hause zurückkehren<br />

mussten, um vor ihrer großen Prüfung Gesetzestexte<br />

zu lernen. »Ich musste die ganzen Informationen<br />

in kurzer Zeit in meinen Kopf bekommen.<br />

Das war kein gutes Gefühl«, erklärt er offen.<br />

»Als ich es geschafft hatte, war ich aber wirklich<br />

glücklich und es war eine Erleichterung.« Den<br />

MotoGP-Rennen räumte er aber immer den Vorrang<br />

ein. »Wären die Abschlussprüfungen an<br />

einem Renntermin gewesen, wäre ich auch nicht<br />

hingegangen. Dann hätte ich es später gemacht.<br />

Es war mir aber auch wichtig, den korrekten Weg<br />

zu gehen und das hat am Ende geklappt.«<br />

Damit es auf und abseits der Rennstrecke demnächst<br />

nicht allzu langweilig wird, will der Pilot<br />

aus Brünn sogar noch einen Doktor anhängen.<br />

Die Bewerbungsphase läuft bereits. Als Rechtsanwalt<br />

will er dennoch auch später nicht arbeiten.<br />

»Das ist eine Menge Papierkram und du musst<br />

die Worte verdrehen können. Das möchte ich<br />

nicht unbedingt machen. Ich habe Jura studiert,<br />

weil ich nur zwei Möglichkeiten hatte, nachdem<br />

du im Grunde alles machen kannst, was du willst:<br />

das war Wirtschaft oder eben Gesetzgebung. Und<br />

Jura kannst du für fast alles anwenden, dann<br />

kannst du auch Manager oder Besitzer von<br />

irgendwas sein. Ich war aber wirklich schlecht in<br />

Mathe und deshalb habe ich Wirtschaft nicht<br />

gewählt. Dann gab es noch ein anderes Thema,<br />

das ich gern gemacht hätte, aber da gab es eine<br />

tägliche Anwesenheitspflicht, was in meinem<br />

Falle natürlich nicht ging«, erklärt er.<br />

Der Motorradrennsport stand für Abraham dennoch<br />

immer auf Platz eins. »Es hilft, wenn man<br />

sich das Studium nicht so zu Herzen nimmt, dass<br />

es einen auf der Strecke behindert«, verrät er sein<br />

Erfolgsrezept. »Manchmal ist es besser, bei den<br />

Rennen zu sein. Nur Rennen zu fahren, wäre aber<br />

nichts für mich. Wenn Rennsport mein ganzes<br />

Leben wäre, würde mich das wohl nicht wirklich<br />

erfüllen. Dann würde mir etwas fehlen, das wäre<br />

nicht genug. Ich muss etwas anderes tun.«<br />

Karel Abraham gibt<br />

nicht nur auf der<br />

Strecke Gas<br />

ICH HATTE ZUR DUCATI KEIN VERTRAUEN. IM ERSTEN JAHR<br />

SCHON, ABER IM ZWEITEN JAHR NICHT MEHR, DA ICH OFT<br />

GESTÜRZT BIN. ICH WAR MIR NICHT SICHER, OB ICH IN DER<br />

MITTE DER KURVE STÜRZE ODER NICHT.<br />

Sobald die Gesetzestexte ausgeblendet sind, gibt<br />

Abraham einfach nur Gas und es funktioniert:<br />

2014 erlebte er bis Assen erst zwei Ausfälle und<br />

konnte in sechs Rennen punkten. »Ich denke, das<br />

liegt am Bike. Ich hatte zur Ducati kein Vertrauen.<br />

Im ersten Jahr schon, aber im zweiten<br />

Jahr nicht mehr, da ich oft gestürzt bin. Ich war<br />

mir nicht sicher, ob ich in der Mitte der Kurve<br />

stürze oder nicht. Ich hatte also wirklich Angst<br />

und pushte nicht so hart«, sagt er. Auch auf der<br />

Aprilia im letzten Jahr sei er oft aus unerklärlichen<br />

Gründen abgeflogen.<br />

Dank gestiegenem Vertrauen kann der Tscheche<br />

in dieser Saison endlich ohne Angst fahren. »Ich<br />

weiß, dass ich von der Strecke abkommen kann<br />

oder sich etwas bewegt. Aber ich weiß auch, dass<br />

ich nicht zehn Mal durch eine Kurve fahre und<br />

beim elften Mal genauso fahre und grundlos<br />

stürze. Das passiert mit der Honda nicht. Bei all<br />

meinen Stürzen bisher, kann man bei der Honda<br />

sehen, woran es lag. Das ist wirklich wichtig. Ich<br />

erinnere mich, dass ich mit der Aprilia und mit<br />

der Ducati manchmal gestürzt bin und nicht<br />

wusste, warum. Wir überprüften die Telemetrie-<br />

Daten und suchten einen Grund, aber es gab<br />

einfach keinen. Das war verwirrend und passiert<br />

dieses Jahr nicht mehr.«<br />

Abraham beschreibt die Honda als gutes Bike -<br />

88 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


esonders in den Kurven, denn das Chassis sei<br />

sehr angenehm zu fahren. Allerdings könnte der<br />

Motor etwas besser sein. »Ich denke, der Fortschritt<br />

des Motors ist sehr gut, aber der Top-<br />

Speed ist nicht wirklich perfekt - besonders im<br />

Vergleich zu Ducati. Natürlich ist das ein ganz<br />

anderes Bike, aber ich glaube, dass auf der Ducati<br />

Leute sitzen, gegen die wir kämpfen können, weil<br />

wir gut genug sind, aber ihr Motor ist so viel<br />

besser. Genauso ist es mit Yamaha - mit Colin<br />

Edwards und Aleix Espargaro. Aleix fährt die<br />

Yamaha zur Perfektion, er ist wirklich unglaublich<br />

gut, aber ich denke dennoch, dass ihr Bike<br />

ein kleines bisschen mehr Power hat.« Der<br />

24-Jährige glaubt, dass alle Honda-Production-<br />

Piloten in der Lage wären, gegen die Open-Konkurrenten<br />

zu kämpfen. Wenn nur das Aggregat<br />

etwas besser wäre.<br />

Nichts Neues für HRC-Boss Shuhei Nakamoto.<br />

Schließlich ist Abraham nicht der erste ‚Kunde‘<br />

mit Beschwerden. In Japan wird bereits fleißig<br />

an einem Update des Production Racers gearbeitet.<br />

Der Pilot des Cardion AB Motoracing Teams<br />

erklärt: »Honda und Dorna handeln da gerade<br />

irgendetwas aus. Honda arbeitet an einem neuen<br />

Bike für nächstes Jahr, das vielleicht wieder etwas<br />

besser sein könnte. Nicky Hayden, Scott Redding<br />

und ich, wir beschweren uns alle ein bisschen<br />

über den Speed. Natürlich muss Honda daran<br />

arbeiten und das machen sie momentan auch.«<br />

Mit möglichst guten Ergebnissen plant Abraham<br />

auch für 2015, wieder einen Vertrag mit Honda<br />

zu unterzeichnen. »Ich freue mich aber noch<br />

etwas mehr auf 2016 - und es ist sehr schade, dass<br />

es noch nicht in der nächsten Saison so weit ist:<br />

die Elektronikregeln, die meiner Meinung nach<br />

ein großer Schritt sein werden«, erzählt er.<br />

»Wenn wir die gleichen Motoren wie die<br />

MotoGP-Bikes haben und sie die gleiche Elektronik<br />

haben wie wir, dann könnten wir vielleicht<br />

wieder in der Lage sein, um eine gute Position<br />

zu kämpfen. Denn momentan liegen die Top-10<br />

dicht zusammen, direkt dahinter kommen zwei<br />

Fahrer, die nicht weit zurück liegen und genau<br />

eine Sekunde dahinter kommen wir.« Frustrierend<br />

seien besonders die Geraden, auf denen er<br />

etwa 50 Meter auf die Werksbikes verliert.<br />

Grundsätzlich liegt zwischen den MotoGP- und<br />

den Open-Bikes eine ganze Sekunde, was Abraham<br />

etwas grämt. »Ich möchte gerne mit den<br />

anderen kämpfen, habe aber einfach nicht die<br />

Chance. Ich habe versucht, jemanden auf einem<br />

MotoGP-Bike zu folgen. In den Kurven verliere<br />

ich nicht wirklich auf sie, sondern mache manchmal<br />

sogar Meter gut und bin noch dran. Wenn<br />

es dann auf eine Gerade geht - und selbst wenn<br />

diese nur kurz ist - fährt der MotoGP-Fahrer<br />

direkt eine Lücke von 50 Metern auf, dann<br />

kommt die nächste Gerade und er ist so gut wie<br />

weg.« Dennoch steckt der erfahrene MotoGP-<br />

Pilot und Jurist den Kopf nicht in den Sand. »Wir<br />

versuchen, uns in jedem Rennen zu steigern, was<br />

wirklich hart ist, weil der Wettbewerb da draußen<br />

echt stark ist. Aber ich bin happy.«<br />

Mit der Honda<br />

kommt der Tscheche<br />

gut zurecht<br />

FOTOS: MIALGRO<br />

Ursachen für einen<br />

Sturz findet Abraham<br />

2014 schnell<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 89


FOTOS: MILAGRO, DUCATI<br />

90 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


AUF DEM<br />

RICHTIGEN WEG<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

EIN LICHT AM ENDE DES TUNNELS? ANDREA DOVIZIOSO FEIERTE 2014 BEREITS ZWEI<br />

PODESTPLÄTZE. CAL CRUTCHLOW KOMMT NICHT RICHTIG IN FAHRT. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

SPRACH MIT DEN DUCATI-PILOTEN.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 91


S<br />

chwierigste Bedingungen: Regenund<br />

Trockenphasen wechseln sich<br />

ab. Der TT Circuit ist vor dem Start<br />

der MotoGP fast abgetrocknet. Die<br />

Piloten fahren mit Slicks auf den Kurs und noch in<br />

der Sichtungsrunde setzt der Regen wieder ein. Ein<br />

Poker vom allerfeinsten, den nur die Cleversten<br />

gewinnen können. Zur Freude des Ducati-Teams<br />

zählt auch Andrea Dovizioso zu den vorsichtigen,<br />

aber schnellen Piloten. Nach einem grandiosen<br />

Kampf gegen den Weltmeister führt der Ducati-<br />

Pilot sogar einige Runden, bis er sich schließlich<br />

Marc Marquez geschlagen geben muss. Dennoch<br />

feiert das Team aus Bologna in den Niederlanden<br />

schon das zweite Podest der Saison.<br />

Cal Crutchlow<br />

erlebt einen<br />

schwierigen<br />

Ducati-Einstieg<br />

FOTOS: MIALGRO, DUCATI<br />

»Das hätte ich nicht erwartet«, gibt Dovizioso im<br />

Gespräch mit <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com zu.<br />

»Eigentlich sind wir nicht schnell genug, um auf<br />

dem Podium zu stehen. Wir haben es aber<br />

geschafft, weil wir besser arbeiten als die anderen.<br />

Wir sind zwar dichter dran, als in der Vergangenheit,<br />

aber eben nicht schnell genug, um wirklich<br />

um einen Podestplatz zu kämpfen. Daher bin ich<br />

sehr glücklich.« Insgesamt begann die zweite<br />

Ducati-Saison für den Italiener besser. »Ich fühle<br />

mich wirklich gut. Aber ich denke, unsere Situation<br />

ist noch immer sehr schwierig.«<br />

Die Desmosedici habe sich über den Winter verbessert.<br />

Dovizioso konnte mit seiner Crew einen<br />

Schritt nach vorne machen, hat aber noch immer<br />

das Gefühl, zu weit hinter den Konkurrenten<br />

zurückzuliegen. »Aber wir liegen an vierter Position<br />

der WM. Das ist unglaublich. Ich hatte das<br />

nicht erwartet. Wir bekamen alles, was wir bis jetzt<br />

holen konnten. Ich bin so glücklich darüber, wie<br />

wir mit der Situation umgehen. Denn wir haben<br />

das Tempo nicht, um auf Platz vier in der WM zu<br />

stehen, aber unsere Arbeit war perfekt - und das<br />

mit dem Bike, das wir aktuell haben. Mein Gefühl<br />

ist wirklich gut.«<br />

Auf der anderen Seite der Box herrscht dagegen<br />

Frustration. »Es ist schwierig«, so Cal Crutchlow,<br />

der nach dem sechsten Platz beim Auftakt in Katar<br />

nicht mehr viele Punkte holen konnte. »Wir hatten<br />

einen schlechten Start ins Jahr. Ich denke, ich hatte<br />

von Bike und Team mehr erwartet.« Jetzt weiß der<br />

Brite, wie die Realität bei den Italienern aussieht.<br />

Daraus zieht er seine Schlüsse: »Es gibt keinen<br />

Grund mehr, an mein Limit zu gehen, denn das<br />

war bisher bei allen bei Ducati im ersten Jahr nutzlos.<br />

Danach werden sie besser, also gehe ich im<br />

Moment keine Risiken ein. Ich fahre einfach, leiste<br />

die beste Arbeit, die ich leisten kann und gebe<br />

ihnen Informationen für die Zukunft.«<br />

Mit seinen bisherigen Ergebnissen ist Crutchlow<br />

ganz und gar nicht zufrieden, aber die harte Arbeit<br />

seines Teams gibt ihm Vertrauen. »Meine Jungs<br />

arbeiten härter für mich, als es jemals jemand getan<br />

hat. Bei Tech 3 war es leicht. Wenn du da mit einem<br />

Bike gestürzt bist, war es in einer Stunde wieder<br />

zusammengebaut, weil alle Teile schon längst hergestellt<br />

waren. Das Bike wird auf fünf Jahre entwickelt.<br />

Die Arbeit für das 2014er Bike begannen sie<br />

vielleicht vor fünf Jahren. Ducati arbeitet hingegen<br />

konstant. Ich bin sehr glücklich mit der Arbeit, die<br />

die Jungs für mich machen, aber wir müssen das<br />

Bike konkurrenzfähig machen«, hält Crutchlow<br />

fest, der sich lange nach einem Werksteam sehnte.<br />

Damit das Duo überhaupt dorthin kommen<br />

konnte, wo es jetzt ist, musste sich das Team vor<br />

der Saison vielen Diskussionen stellen. »Das war<br />

sehr seltsam. Die Regeln standen schon im November<br />

fest und zwei Wochen vor Saisonbeginn<br />

beschwerten sich plötzlich viele Leute. Dennoch<br />

denke ich, dass Gigi [Luigi Dall‘Igna Hauptgeschäftsführer]<br />

in der Lage war, einen guten Kompromiss<br />

mit den Konkurrenten zu finden«, sagt<br />

Dovizioso. Bringt das verbesserte Elektronik-System<br />

überhaupt einen Vorteil? Laut Crutchlow ist<br />

das Privileg keine große Hilfe. »Die Systeme sind<br />

sehr ähnlich. Was wir haben, ist auf keinen Fall<br />

besser, als die Software von irgendwem anders und<br />

auch nicht besser als die der Open-Kategorie. Wir<br />

müssen die Elektronik noch verbessern.«<br />

Dovizioso verriet allerdings, dass die Sonder-Elektronik<br />

doch gewisse Vorzüge habe. »Du kannst die<br />

Elektronik verbessern und entwickeln. Das geht<br />

bei den Open-Teams nicht. Natürlich kannst du<br />

ein wenig mit Magneti Marelli arbeiten, aber wenn<br />

du die Elektronik im Haus herstellst, kannst du<br />

machen, was du willst.« Schon auf dem Sachsenring<br />

wollte Dall‘Igna seinen Schützlingen ein Update<br />

bringen. Laut dem Italiener sei das allerdings keine<br />

signifikante Steigerung, lediglich eine kleine Hilfe<br />

bei der Einstellung der Traktionskontrolle.<br />

Um die Desmosedici aber endlich zu einer siegfähigen<br />

Maschine zu machen, versuchen die Techniker<br />

bei Ducati - allen voran Dall‘Igna - noch<br />

immer, die Grundprobleme auszumerzen. »Das<br />

Hauptproblem ist meiner Meinung nach noch<br />

immer das Umlegen. Das ist noch genauso, hat sich<br />

nie geändert und ist ein wirklich, wirklich großes<br />

Problem«, erklärt Dovizioso, der sich schon seit<br />

eineinhalb Jahren mit den Sorgen der Roten<br />

herumplagt. »Das ist zwar nicht das Einzige, was<br />

uns davon abhält, anständig gegen die anderen zu<br />

kämpfen, aber solange das nicht gelöst ist, wird es<br />

sehr schwierig.«<br />

Für Crutchlow steht fest: die Probleme sind vielfältig.<br />

»Es gibt zu viele. Es gibt ein Problem mit dem<br />

Chassis, ein Problem mit dem Motor, ein Problem<br />

mit der Elektronik...« Der 28-Jährige gibt so viele<br />

Informationen weiter, wie er sammeln kann. »Das<br />

Team arbeitet immer«, lobt er. »Momentan haben<br />

sie es noch nicht komplett raus, aber wenn sie es<br />

Bradl wurde in<br />

Jerez von<br />

Problemen<br />

gehemmt<br />

92 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


DAS IST EINES DER PROBLEME: ICH WEISS NICHT GENUG. ANDREA WEISS VIEL<br />

MEHR ALS ICH, WEIL ER ITALIENER IST. ES IST SEHR SCHWIERIG, AN INFORMATIONEN<br />

ZU KOMMEN, DENN SIE ARBEITEN HART AN DER ZUKUNFT.<br />

schaffen, wird das Bike auf jeden Fall konkurrenzfähig.<br />

Sie haben starke Fahrer. Deshalb ist es so<br />

wichtig, ihnen die richtigen Informationen zur<br />

Verbesserung zu stellen. Ich könnte mir vorstellen,<br />

dass sie mehr arbeiten als alle anderen Leute in<br />

diesem Fahrerlager.«<br />

F<br />

olgt für den Fleiß auch bald der<br />

Preis? Dall‘Igna tüftelt bereits an<br />

einer komplett neuen Maschine für<br />

2015. »Gigi hat schon entschieden,<br />

wie das neue Bike aussehen soll, es kommt aber<br />

erst am Ende des Jahres oder Anfang des nächsten.<br />

Es ist eine große Frage, wie das Bike sein wird. Ich<br />

glaube aber an das Projekt, weil ich denke, dass<br />

Gigi binnen weniger Monate in diesem Winter<br />

schon gut gearbeitet hat«, äußert Dovizioso, der<br />

seinen Vertrag zur World Ducati Week in Misano<br />

um zwei weitere Jahre verlängerte.<br />

Crutchlow versteht die Italiener nicht. Auf die<br />

Frage, ob er weiß, wie das neue Bike aussehen<br />

wird, sagte er entrüstet: »Nein, das ist eines der<br />

Probleme: Ich weiß nicht genug. Andrea weiß viel<br />

mehr als ich, weil er Italiener ist. Es ist sehr<br />

schwierig, an Informationen zu kommen, denn<br />

sie arbeiten hart an der Zukunft. Hoffentlich weiß<br />

ich bald etwas, aber ich weiß nicht wann.« Zudem<br />

sieht der Brite das Unternehmen einer komplett<br />

neuen Maschine mit Blick auf 2016 kritisch. »Ich<br />

denke, das wird sehr schwer für Ducati, denn jetzt<br />

bauen wir ein Bike für nächstes Jahr mit den<br />

Bridgestone-Reifen und dann müssen wir ein<br />

weiteres Bike für die Michelin-Reifen bauen. Wir<br />

sollten uns wohl eher darauf konzentrieren, ein<br />

Motorrad für die Michelin-Reifen und nicht für<br />

die Bridgestone-Reifen zu bauen. Am Ende wird<br />

das schließlich die Zukunft sein.«<br />

ist ziemlich jung, also müssen wir sehen, ob er sich<br />

noch stärker verbessern kann, aber er ist auf jeden<br />

Fall ein sehr schneller Fahrer«, lobt sein Landsmann<br />

Dovizioso.<br />

Crutchlow ist sogar überzeugt, dass der Pramac-<br />

Pilot der beste Fahrer auf der Desmosedici ist.<br />

Gleichzeitig ärgert es ihn aber auch, wenn der junge<br />

Italiener an ihm vorbeizieht. »Natürlich pisst mich<br />

das an. Aber so ist das Leben nun einmal. Andrea<br />

Iannone ist im Moment der beste Ducati-Fahrer.<br />

Ich bin mir sicher, dass er besser als Dovizioso ist.<br />

Obwohl er viel weniger Erfahrung als Dovizioso<br />

hat, ist sein Fahrstil besser und sie kommen<br />

gemeinsam im Ziel an. Ich glaube, dass er aktuell<br />

der stärkste Ducati-Fahrer ist. Setz ihn auf ein gutes<br />

Bike und ich garantiere dir, dass er extrem schwer<br />

zu schlagen sein wird, denn er hat einen fantastischen<br />

Fahrstil«, schwört der Brite.<br />

Crutchlow<br />

kam nicht oft<br />

vor Andrea<br />

Iannone an<br />

Die<br />

Ducati-Crew<br />

gibt immer<br />

alles<br />

FOTO: MILAGRO<br />

Bis dahin hofft Crutchlow aber, dass er es wie sein<br />

Teamkollege in dieser Saison auch noch aufs Treppchen<br />

schafft. »Ich werde es versuchen«, verspricht<br />

er. Dovizioso rechnet hingegen weniger damit,<br />

seinen zweiten Platz noch steigern zu können. »Auf<br />

dem Motorrad ist ja glücklicherweise alles möglich.<br />

In Assen war ich nicht so weit weg, aber realistisch<br />

gesehen haben wir den Speed dazu einfach nicht.«<br />

Einer, der richtigen Speed im Hause Ducati hat, ist<br />

Andrea Iannone - wie er mit einem neuen<br />

Geschwindigkeitsrekord in Mugello bewies. »Er ist<br />

ein sehr schneller Fahrer, wie jeder sehen kann. Er<br />

Von zwei Podestplätzen<br />

überrascht:<br />

Andrea Dovizioso<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 93


TEXT: MARIA POHLMANN<br />

ERFOLGSGEHEIMNIS<br />

ESTEVE RABAT FÜHRT DIE MOTO2 ZUR SOMMERPAUSE MIT 19 PUNKTEN VORSPRUNG AN. GEGENÜBER MOTORSPORT-<br />

MAGAZIN.COM VERRÄT ER, WAS IHM ZUM SIEGEN VERHILFT UND WARUM ER 2014 SO DOMINANT IST.<br />

MSM: Bist du mit deiner bisherigen Saison<br />

zufrieden?<br />

ESTEVE RABAT: Ja, ich bin zufrieden, außer mit<br />

Assen. In Mugello, Montmelo und überall war ich<br />

richtig stark. In Assen war ich enttäuscht, weil<br />

ich im Rennen nicht konkurrenzfähig war. Zu<br />

Beginn war ich im Nassen relativ stark, was mich<br />

ein wenig überrascht hat. Das ist gut für uns,<br />

denn zuvor war ich im Nassen nie wirklich<br />

schnell. Aber danach, als es begann abzutrocknen,<br />

konnte ich die Linie nicht mehr halten. Ich<br />

weiß nicht, warum ich nicht mehr schnell fahren<br />

konnte. Vielleicht habe ich mir zu viele Gedanken<br />

gemacht. Ich wollte immer spät bremsen und<br />

mein Kurven-Speed war zu langsam. Das müssen<br />

wir verbessern, damit es nicht noch einmal<br />

passiert.<br />

kurrenten an, obwohl es auch noch viel mehr<br />

Fahrer gibt, die in dieser Saison richtig stark sind.<br />

Natürlich will ich aber gewinnen und dafür gebe<br />

ich mein Bestes.<br />

Was macht dich in dieser Saison so<br />

dominant?<br />

Ich denke, ich bin stark, weil ich konstant bin. Ich<br />

versuche immer, in den Trainings viele Runden<br />

zurückzulegen, um die Strecke zu verstehen und<br />

mich an die jeweiligen Bedingungen anzupassen.<br />

Außerdem habe ich ein gutes Gefühl in meinem<br />

Team, auf dem Motorrad und mit den Reifen. Da<br />

spielen viele Faktoren zusammen. Ich bin glücklich<br />

und deshalb denke ich, dass ich vorne bin.<br />

Gibt es etwas, das du noch besser machen<br />

kannst?<br />

Ja, natürlich, das gibt es immer. Ich muss mich<br />

besonders im Regen steigern. Wenn die Bedingungen<br />

nicht gut sind, muss ich mich<br />

verbessern.<br />

Was macht euer Marc VDS Team in<br />

dieser Saison so stark?<br />

Ich denke, das liegt daran, dass<br />

es ein sehr gutes Team ist -<br />

vielleicht sogar das Beste<br />

Gibt es jemanden, der dich in diesem Jahr<br />

aufhalten kann?<br />

Natürlich gibt es immer jemanden. Angefangen<br />

bei meinem Teamkollegen. Mika [Kallio] ist ein<br />

sehr starker Fahrer. Er ist unter allen Bedingungen<br />

gut: im Regen, im Trockenen, bei gemischten<br />

Bedingungen. Er ist immer da. Er ist ein sehr<br />

starker Rivale und gleichzeitig auch mein Teamkollege.<br />

Aber auch Maverick Vinales ist richtig<br />

stark. Ich sehe die beiden als meine Hauptkonin<br />

der Moto2. Dazu haben wir sehr gute Fahrer.<br />

Mika ist ein sehr erfahrener Pilot und extrem stark.<br />

Für mich ist es das vierte Jahr. Letztes Jahr wurde<br />

ich Dritter, Mika wurde Vierter. Wir haben in diesem<br />

Jahr einfach das beste Team mit den besten<br />

Fahrern.<br />

Du trainierst oft mit den Marquez Brüdern.<br />

Denkst du, dass auch das Teil deines<br />

Erfolges ist?<br />

Ja, wir trainieren oft zusammen und haben viel<br />

Spaß. Wir fahren Motocross, Dirt-Track und sämtliche<br />

anderen Sachen auf zwei Rädern.<br />

Das ist immer lustig. Alle lachen,<br />

haben Spaß. Deshalb<br />

gewinnen wir auch<br />

die Rennen.<br />

FOTOS: HONDA<br />

94 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: MILAGRO<br />

Esteve Rabat dominiert die Saison 2014 und ist konstant stark. Der einzige Pilot, der ihm nahe kommen kann, ist sein Teamkollege Mika Kallio. Zur Saisonmitte liegt Rabat nach vier<br />

Siegen ganze 19 Punkte vor dem finnischen Urgestein.<br />

ICH DENKE, ICH BIN STARK, WEIL<br />

ICH KONSTANT BIN. ICH VERSUCHE<br />

IMMER, IN DEN TRAININGS VIELE<br />

RUNDEN ZURÜCKZULEGEN, UM DIE<br />

STRECKE ZU VERSTEHEN UND MICH<br />

AN DIE JEWEILIGEN BEDINGUNGEN<br />

ANZUPASSEN.<br />

Aber mein Erfolg beruht auf vielen Komponenten:<br />

Ich habe ein gutes Team, trainiere zusätzlich auf<br />

dem Circuit de Almeria, dazu kommt mein Training<br />

mit ihnen, mein Training im Fitnessstudio und mit<br />

meinem Mental-Coach. Das sind viele Dinge, die<br />

zusammenkommen, um Rennen zu gewinnen.<br />

Weißt du irgendetwas über die MotoGP-Pläne<br />

deines Teams?<br />

Das weiß ich momentan nicht. Ich würde gerne<br />

aufsteigen, aber nur mit einem guten Bike. Mit<br />

einem Bike, das maximal auf Platz zehn ankommen<br />

kann, will ich nicht fahren. Ich steige nur auf,<br />

wenn ich ein Motorrad bekomme, das auch siegfähig<br />

ist.<br />

Hast du schon Angebote von MotoGP-Teams?<br />

Natürlich spricht mein Manager mit einigen Leuten,<br />

aber ich weiß das nicht so genau. Es steht<br />

aktuell auch noch nichts fest. Ich will mich<br />

zunächst auf die Saison in der Moto2 konzentrieren<br />

und versuchen, den Titel zu gewinnen. Dann<br />

sehen wir weiter.<br />

Was denkst du über Rookies wie Jonas<br />

Folger, Maverick Vinales und Luis Salom?<br />

Sie sind sehr stark, aber ich denke, das liegt an<br />

den Motorrädern. Wenn du früher von der 125er<br />

Klasse in die Moto2 gekommen bist, war das eine<br />

starke Umstellung von den Zwei- auf die Viertakt-<br />

Bikes. Auch das Gewicht war unterschiedlich. Der<br />

Schritt von Moto3 zu Moto2 ist jetzt nicht mehr so<br />

groß. Die Größe des Motors ist sehr ähnlich, das<br />

Gewicht ist ähnlich, beides sind Viertakt-Maschinen<br />

und auch die Rundenzeiten liegen nicht allzu<br />

weit auseinander. Ich denke, deshalb sind sie von<br />

Anfang an so stark.<br />

Welche drei Dringe würdest du auf eine<br />

einsame Insel mitnehmen?<br />

Ein Mädchen, das ist das Wichtigste, denn allein<br />

wird es langweilig. Ein Bike und... eigentlich habe<br />

ich damit genug. Vielleicht noch gutes Essen.<br />

Was ist denn gutes Essen?<br />

Ich mag Pasta. Das ist zwar etwas sehr normales,<br />

aber mir schmeckt es.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 95


SAM LOWES<br />

LUIS SALOM<br />

MAVERICK VINALES<br />

FOTOS: MILAGRO


0<br />

VON<br />

DIE AUF- UND UMSTEIGER IN DER MOTO2-SAISON 2014<br />

SORGTEN BEREITS FÜR EINIGE SENSATIONEN. MOTOR-<br />

SPORT-MAGAZIN.COM SPRACH MIT SAM LOWES, LUIS<br />

SALOM UND MAVERICK VINALES, UM IHR GEHEIMNIS DER<br />

SCHNELLEN ANPASSUNG ZU LÜFTEN.<br />

AUF<br />

100<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

Blutjung, brandneu und kaum zu<br />

stoppen: die Rookies in der Moto2<br />

sind 2014 eingeschlagen wie eine<br />

Bombe, feierten zur Saisonhälfte<br />

schon Podestplätze und sogar Siege.<br />

Nicht nur Jonas Folger kam aus der<br />

Moto3 und hinterließ in der mittleren Kategorie<br />

direkt Spuren, sondern auch Luis Salom und<br />

Maverick Vinales taten ihr Übriges. Dazu kam zu<br />

Beginn des Jahres mit Sam Lowes ein weiterer<br />

starker Neuling in die Moto2: anders als seine<br />

Konkurrenten wechselte der Brite allerdings als<br />

amtierender Supersport-Weltmeister ins<br />

GP-Lager.<br />

»Es wird besser. Das war ein großer Schritt vom<br />

Superbike-Paddock hierher. Ich bin aber glücklich.<br />

Jetzt beginnen wir, näher an der Spitze zu sein und<br />

das ist richtig gut«, erklärte er <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com.<br />

Für Lowes veränderte sich im Vergleich<br />

zu den Moto3-Aufsteigern aber noch viel mehr.<br />

»Die Pirelli-Reifen in der Supersport sind ganz<br />

anders, viel weicher. Mit der Elektronik kann man<br />

schnell in die Kurve fahren, stoppen und dann<br />

rausfahren. In der Moto2 müssen wir flüssiger auf<br />

dem Bike fahren und den Speed die ganze Runde<br />

lang mitnehmen. Es ist technisch anspruchsvoller<br />

als die Supersport, aber gut.«<br />

Zur Saisonhalbzeit liegt der 23-Jährige auf Platz 13.<br />

»Bisher lief es nicht allzu schlecht. Nicht fantastisch,<br />

aber es ist zufriedenstellend. Wir wollen aber noch<br />

mehr«, fasst Lowes die erste Hälfte zusammen.<br />

Zufrieden kann auch Salom sein, der sich nach<br />

seinen ersten neun Rennen in der mittleren GP-<br />

Kategorie auf Position sieben hält. Die Saison<br />

begann für den Spanier aber mit Problemen. »Katar<br />

war schwierig. Im ersten Rennen wollte ich unbedingt<br />

ein Ergebnis unter den Top-10, aber schon in<br />

der ersten Runde kam ich von der Strecke ab und<br />

war dann Letzter. Also musste ich wieder Zeit gutmachen<br />

und war am Ende Vierzehnter.«<br />

Schade, aber dennoch zufriedenstellend. Schließlich<br />

wusste Salom schon nach dem Auftakt, dass<br />

er das richtige Tempo hatte. So konnte er aus seinen<br />

Fehlern lernen. »In Mugello war ich Zweiter.<br />

Das war wieder ein sehr, sehr gutes Rennen.«<br />

Etwas schlechter lief es in Barcelona: Folger konnte<br />

dem 23-Jährigen nach einem Sturz gerade so ausweichen.<br />

Doch der Rookie verletzte sich bei dem<br />

Crash am Finger. »Das war schon das zweite Mal,<br />

dass ich mir die Fingerkuppe abgerissen habe.« In<br />

Assen hatte Salom dann kaum eine Chance. »Dort<br />

waren schon die Trainings richtig hart, weil ich<br />

wirklich Schmerzen am Finger hatte. Im Rennen<br />

fühlte ich mich ein bisschen besser, insgesamt war<br />

es aber eine reine Katastrophe. Der Sachsenring<br />

ist eine Strecke, die mir sehr gefällt, aber die Rennen<br />

in der Moto2 sind nun einmal anders als die<br />

in der Moto3.«<br />

Dass die Moto2-Rennen anders sind, hat auch<br />

Vinales längst bemerkt. Doch die große Maschine<br />

scheint dem amtierenden Moto3-Weltmeister<br />

bestens zu liegen. »Die ersten Rennen waren richtig<br />

gut. Ich begann mit einem vierten Platz in Katar, in<br />

Texas konnte ich zum ersten Mal gewinnen und<br />

danach waren wir auch immer Vierter, Zweiter, Fünfter<br />

- ich kann wirklich glücklich sein.« Um dahin zu<br />

kommen, wo er jetzt ist - an die dritte Position in der<br />

WM - musste Vinales im Winter hart arbeiten. »Ich<br />

wollte mich so schnell wie möglich an das neue Bike<br />

Die Rookies konnten sich extrem schnell eingewöhnen<br />

gewöhnen. Damit uns das gelingt, haben wir viele<br />

Testfahrten angesetzt, um schon in Katar richtig gut<br />

vorbereitet anzukommen.«<br />

Salom gelang der starke Umstieg ebenso mit<br />

hartem Training im Winter. »Das Tempo auf dem<br />

Motorrad hat sich nicht wirklich verändert. Was<br />

sich verändert hat, ist, wie man mit dem Motorrad<br />

schnell fährt. Die Moto3-Maschine war einfach<br />

leichter, körperlich weniger anstrengend zu fahren.<br />

Sie hatte aber auch weniger Power, die Reifen sind<br />

kleiner und es war bedeutend einfacher, die Richtung<br />

zu wechseln. In der Moto2 sind jetzt die<br />

Reifen größer, die Kraftentfaltung ist ganz anders.<br />

Du brauchst viel Vertrauen zum Bike, um damit<br />

richtig schnell sein zu können. Die Tests im Winter<br />

haben mir dabei sehr geholfen.«<br />

Bei Lowes sah das Ganze noch etwas anders aus:<br />

»Beim Test habe ich nicht versucht, die Moto2 wie<br />

die Supersport-Maschine zu fahren, sondern einfach<br />

probiert, neu zu starten. Ich habe versucht,<br />

die anderen Wege so gut es geht zu lernen und ich<br />

habe noch immer viel zu lernen. Ich denke, ich<br />

fahre momentan bei 80 Prozent und glaube, dass<br />

da noch mehr kommen kann. Hoffentlich wird es<br />

das Letzte, was uns fehlt, um an der Spitze anzukommen.«<br />

Mit etwas mehr Eingewöhnungszeit<br />

dürften die Rookies dann kaum noch zu schlagen<br />

sein - es sei denn, sie schlagen sich selbst.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 97


Bei der TT lauert<br />

die Gefahr hinter<br />

jeder Kurve<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

RAUSCH,<br />

ADRENALIN<br />

UND<br />

ANGST<br />

DIE TOURIST TROPHY AUF DER ISLE<br />

OF MAN ZÄHLT ZU DEN ÄLTESTEN UND<br />

GEFÄHRLICHSTEN MOTORRADRENNEN<br />

DER WELT. WIE STEHEN DIE PILOTEN<br />

DAZU? MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

HAT SICH UMGEHÖRT UND TRAF DABEI<br />

SOGAR AUF EINE TT-LEGENDE.<br />

FOTOS: TOURIST TROPHY<br />

Glück und<br />

Unglück liegen<br />

nah beieinander<br />

98 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fast jedes Jahr<br />

fordert das<br />

Straßenrennen<br />

ein Todesopfer<br />

Rennen auf<br />

öffentlicher<br />

Straße<br />

Das älteste<br />

Motorradrennen<br />

der Welt<br />

Die TT-Fahrer<br />

wissen, worauf<br />

sie sich einlassen<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 99


»<br />

I<br />

ch liebe die TT. Nicht nur, weil<br />

ich auf der Isle of Man lebe, sondern<br />

auch weil ich eine große<br />

Leidenschaft für die Rennen auf<br />

der Straße habe. Ich liebe die Atmosphäre, das<br />

Adrenalin und ich denke, für die Fahrer ist es<br />

unglaublich, Teil davon zu sein. Ich kann mir<br />

vorstellen, dass es eine fantastische Erfahrung<br />

ist«, schwärmt Cal Crutchlow.<br />

»Es ist das beste Rennen auf der Welt, liefert<br />

dir den besten Nervenkitzel. Besonders für die<br />

Zuschauer ist es einfach wundervoll anzusehen«,<br />

sagt einer, der es wissen muss: John<br />

McGuinness.<br />

Die Faszination der Tourist Trophy auf der britischen<br />

Isle of Man ist kaum zu beschreiben.<br />

Wahre Leidenschaft für Motorradrennsport,<br />

Adrenalin, Gänsehaut - das sind nur einige<br />

Worte, die TT-Fans mit strahlenden Augen<br />

nutzen, um das älteste Motorradrennen der<br />

Welt zu beschreiben. »Ich denke, es ist einfach<br />

etwas anderes, etwas ganz anderes als der ‚normale‘<br />

Rennsport. Der Fakt, dass die Piloten dort<br />

überall mit Vollgas fahren und an den Häusern<br />

vorbeirasen, macht es schon zu etwas Besonderem.<br />

Viele Fahrer, die in England aufwachsen,<br />

träumen von der Isle of Man wie ich von<br />

der GP. Für sie ist es eine andere Lebensart. Für<br />

viele junge Fahrer in Großbritannien ist die TT<br />

die Welt«, erklärt Sam Lowes.<br />

Die Isle of Man<br />

gilt als das<br />

gefährlichste<br />

Rennen<br />

Die Begeisterung für die TT ist vielfach ungebrochen.<br />

Doch gleichzeitig gilt das Event seit<br />

1907 als das gefährlichste und umstrittenste<br />

Rennereignis weltweit. Nach den Rennen in<br />

diesem Jahr ist die Liste der Opfer seit 1911<br />

bereits auf 242 angestiegen. Bob Price und Karl<br />

Harris ließen 2014 ihr Leben. »Natürlich ist die<br />

100 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Isle of Man gefährlich, wenn man sie mit den<br />

Rennen auf der Strecke vergleicht«, meint Bradley<br />

Smith. »Aber die TT hat eine außergewöhnliche<br />

Atmosphäre, nicht zuletzt, weil die Fans<br />

extrem nah dran sein können. Ich genieße es,<br />

dort zu sein, aufgrund der Atmosphäre und der<br />

Leidenschaft der Fans - der Leidenschaft für<br />

den <strong>Motorsport</strong>.«<br />

Moto2-Pilot Lowes mag die Rennen auf der Isle<br />

of Man ebenso. »Im britischen Rennsport gibt<br />

es zahlreiche Fans und ich bin dort aufgewachsen.<br />

Für mich ist es aber auch nicht leicht, denn<br />

es ist sehr gefährlich. Wenn die Fahrer aber<br />

entscheiden, dort zu fahren, müssen wir das<br />

meiner Meinung nach respektieren. Sie haben<br />

definitiv die dickeren Eier«, lacht er.<br />

Während alle britischen Fahrer die Begeisterung<br />

der TT-Fans teilen, sind Grand-Prix-<br />

Fahrer, die nicht aus England kommen, oft<br />

anderer Meinung. »Ich sah einige Rennen und<br />

Bilder von der Isle of Man, aber ich verfolge es<br />

nicht wirklich genau«, gibt Mika Kallio zu. »Ich<br />

glaube, dass jeder sehen kann, dass es ganz<br />

schön gefährlich ist. Jedes Jahr sterben dort<br />

Fahrer.« Dennoch glaubt der Finne, dass jeder<br />

Fahrer, der auf der berühmten Insel startet,<br />

genau weiß, worauf er sich einlässt. »Sie kennen<br />

die Gefahren. Es ist ihre Entscheidung, dort zu<br />

starten.«<br />

Smith und Crutchlow fuhren 2014 eine Paraderunde.<br />

»Um ehrlich zu sein: Die Strecke ist<br />

technisch extrem anspruchsvoll! Die Runde ist<br />

etwa 60 Kilometer lang und sie müssen sechs<br />

davon fahren und das bei durchschnittlich<br />

240km/h. Viele Leute sagen ‚Die sind verrückt!‘<br />

und natürlich sind sie das ein bisschen, aber<br />

die Geschicklichkeit, die Konzentration und<br />

die technischen Fähigkeiten dieser Jungs sind<br />

Wahnsinn«, bewundert Smith die Piloten.<br />

»Nun, nachdem ich dort war und alles gesehen<br />

habe, habe ich viel mehr Respekt vor diesen<br />

Fahrern und allen, die dabei sind. Auf der Isle<br />

VIELE LEUTE SAGEN ‚DIE<br />

SIND VERRÜCKT!‘ UND<br />

NATÜRLICH SIND SIE DAS<br />

EIN BISSCHEN, ABER DIE<br />

GESCHICKLICHKEIT, DIE KONZEN-<br />

TRATION UND DIE TECHNISCHEN<br />

FÄHIGKEITEN DIESER JUNGS<br />

SIND WAHNSINN<br />

of Man ist jede Kurve anders, du bewegst das<br />

Bike lange Zeit bei Vollgas, das Rennen dauert<br />

eine Stunde und 40 Minuten, das ist enorm viel<br />

Stress. Dazu ist das Event drei Wochen lang.«<br />

Aber ist die Tourist Trophy nun zu gefährlich?<br />

Crutchlow ist sich sicher: »Nein. Ich denke, die<br />

Fahrer haben die Kontrolle über ihre eigene<br />

Wahl. Am Ende haben sie die Wahl, dort zu<br />

fahren oder nicht.« Der Ducati-Pilot glaubt,<br />

dass alle Fahrer, die bei der TT starten, eine<br />

extrem starke Leidenschaft besitzen. »Sie lieben<br />

die Straße, ansonsten würden sie die Rennen<br />

nicht fahren. Genauso ist es bei mir in der<br />

MotoGP. Wenn ich hier nicht fahren wollen<br />

würde, dann würde ich nicht kommen. Niemand<br />

schnappt sie sich und setzt sie aufs<br />

Motorrad.«<br />

Vor vielen Jahren war auch die MotoGP in der<br />

TT integriert. Ein Werksfahrer musste bis 1976<br />

auf der Isle of Man starten. »Ich denke aber,<br />

dass die Piloten es trotzdem geliebt haben. Die<br />

Fahrer, die es nicht gemocht haben, sind dann<br />

eben nicht noch einmal gefahren«, so<br />

Crutchlow. »Bevor die Leute nicht dort waren<br />

und die TT gesehen haben, können sie meiner<br />

Meinung nach nichts dazu sagen.« Crutchlow<br />

sah sich das <strong>Spektakel</strong> zwar schon oft an, fuhr<br />

selbst aber noch nie auf öffentlichen Straßen<br />

ein Rennen. »Also kenne ich das Gefühl nicht,<br />

das die Fahrer dort haben müssen. Ich glaube<br />

aber, dass es fantastisch ist. Ich bin ein großer<br />

Unterstützer der Isle of Man TT.«<br />

Mit dem Gedanken, selbst bei der TT anzutreten<br />

hat der 28-Jährige oft gespielt. »Ich würde<br />

fahren, wenn meine Frau mich lassen würde.<br />

Das wird aber nie passieren. Ich glaube nicht,<br />

dass ich das nötig habe. Ich muss da nichts<br />

beweisen, dort fahren und gewinnen. Ich bin<br />

jetzt schon drei Mal die Parade-Runde gefahren<br />

und es macht so viel Spaß. Ein Teil von mir<br />

denkt immer, dass es angsteinflößend ist. Aber<br />

genau darum fahren die Piloten dort. Sie genießen<br />

den Rausch, das Adrenalin, die Angst. Ich<br />

bin dort gefahren. Wenn ich könnte, würde ich,<br />

aber das wird mit Sicherheit nicht passieren.«<br />

Auch Lowes hat ein striktes Verbot. »Für mich<br />

persönlich wäre es zu gefährlich mit den Bikes<br />

und allem. Als ich mit dem Rennsport begonnen<br />

habe, sagten mir meine Eltern: Du darfst<br />

fahren, aber du startest nie bei der TT! Also<br />

habe ich eine gute Ausrede.« Smith ist hingegen<br />

der Meinung, dass es ihm an Erfahrung fehlen<br />

würde. »Ich könnte dort nicht fahren. Ich habe<br />

diese Fähigkeit nicht. Aber ich sammle Erfahrungen.<br />

Ich muss jede Kurve einsehen können,<br />

dort geht das nicht. Da fehlt es mir einfach an<br />

Talent und Fähigkeit.« Kallio hat hingegen gar


kein Interesse: »Ich persönlich möchte dort<br />

nicht unbedingt fahren. Das überlasse ich gerne<br />

den anderen.«<br />

Einer dieser Anderen ist John McGuinness. ‚Mr.<br />

TT‘ startet seit 1996 auf der legendären Insel<br />

und ist heute mit 21 Siegen hinter Joey Dunlop<br />

der zweiterfolgreichste Fahrer der Tourist Trophy.<br />

Doch wie schätzt er die Gefahr nach 18<br />

Jahren ein. Ist es zu riskant, bei der TT zu starten?<br />

»Das ist eine sehr schwierige Frage«, gibt<br />

er zu. »Natürlich ist es sehr gefährlich und in<br />

den vielen Jahren habe ich ziemlich viele<br />

Freunde verloren. Ich persönlich denke aber<br />

nie über die Gefahren nach. Ich denke nur<br />

darüber nach, wie wundervoll es ist, dort zu<br />

fahren. Ich denke daran, dass es das längste,<br />

älteste Rennen der Welt ist. Wir kennen die<br />

Gefahren. Wir sind irgendwie einfach in der<br />

Lage, es wegzudenken.«<br />

Der Brite bestätigt, dass keiner der Teilnehmer<br />

Druck hat, zu starten oder gar dazu gezwungen<br />

wird. »Es ist keine Weltmeisterschaft mehr, sondern<br />

nur ein altes, ikonisches Event. Die Fahrer<br />

kommen jedes Jahr dahin und wir denken einfach<br />

nicht darüber nach. Sicherlich könnte es<br />

uns jederzeit passieren. Aber ich denke nie, dass<br />

es zu gefährlich ist. Vielleicht ist man da als<br />

Fahrer auch etwas egoistisch«, sagt McGuinness,<br />

auf den zu Hause Frau und Kinder warten.<br />

»Meine Familie kommt damit zurecht. Ich bin<br />

nun 25 Jahre lang mit meiner Frau zusammen.<br />

Sie war von Anfang an dabei und auch bei der<br />

Entscheidung, dass ich die TT fahre. Sie stand<br />

immer an meiner Seite.«<br />

Seine beiden Kinder seien nichts anderes<br />

gewöhnt. »Es ist wirklich schwierig. Ich muss<br />

schließlich auch meine Kinder ernähren, denn<br />

es ist nicht nur Spaß, sondern auch mein Job.<br />

Meine Familie hat nie von mir verlangt, aufzuhören.<br />

Sie haben mich immer ermutigt. Ich<br />

denke, wenn die Zeit kommt, da ich aufhören<br />

werde, ist meine Familie sicher glücklich. Ich<br />

bin nicht allzu weit weg von diesem Tag.<br />

Schließlich bin ich schon alt«, eröffnet er gegenüber<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com schmunzelnd.<br />

»Ich bin jetzt schon lange dabei und habe hohen<br />

Respekt. Ich pushe noch immer hart und gehe<br />

an mein Limit, aber ich will nicht mehr über<br />

mein Limit gehen«, erklärt die TT-Legende<br />

weiter. McGuinness weiß, dass es bei jeder Isle<br />

of Man TT um Leben und Tod geht. Richtig<br />

verzichten will dennoch niemand. Kallio meint<br />

den Grund zu kennen: »Ich glaube, wir brauchen<br />

diese Art von Veranstaltung auf der Welt<br />

einfach. Denn die Leute sind aus irgendeinem<br />

Grund immer begeistert, wenn es gefährlich<br />

wird.«<br />

Guy Martin<br />

startete 2004<br />

zum ersten Mal<br />

auf der Isle of<br />

Man<br />

FOTOS: TOURIST TROPHY<br />

Die Gefahr bei<br />

der Tourist Trophy<br />

zieht die<br />

Zuschauer an<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 101


SLIDESHOW | MOTORSPORT | #38 | 2014<br />

❱ EIN UNDERDOG<br />

SIEGT BEI<br />

HUNDEWETTER<br />

TEXT: STEPHAN VORNBÄUMEN<br />

FOTO: NASCAR<br />

Das zweite Daytona-Rennen im NASCAR Sprint Cup war an Zwischenfällen<br />

kaum zu überbieten. Wegen heftiger Regenschauer wurde aus einem<br />

Saturday-Night-Race ein V8-<strong>Spektakel</strong> um die Mittagszeit am Sonntag.<br />

In der 21. Runde gab es einen Massencrash mit 16 Fahrern. Nach 99<br />

Runden folgte der nächste rekordverdächtige Big One mit 26 involvierten<br />

Piloten. Nach 112 von 160 Rennrunden musste der 18. Saisonlauf wegen<br />

einer Gewitterfront abgebrochen werden. Nur 22 Fahrzeuge waren mit<br />

teilweise heftigen Kaltverformungen noch auf der Strecke. Aric Almirola<br />

lag zu diesem Zeitpunkt in Führung und wurde zum Sieger erklärt. So<br />

kam Almirola im Petty-Ford zu seinem ersten Sieg im Sprint Cup.<br />

102 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 103


104 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: FIA FORMULA E<br />

AUFBRUCH IN EIN NEUES ZEITALTER<br />

FORMEL<br />

DIE FORMEL E STARTET IM SEPTEMBER IN IHRE ERSTE SAISON. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM BESUCHTE DIE<br />

TESTFAHRTEN IN DONINGTON UND HAT SICH EIN BILD VOM FORMEL-E-VALLEY GEMACHT. DOCH DIE HOFFNUNGEN<br />

DER NEUEN RENNSERIE RUHEN NICHT AUF DER TECHNIK - UND ERST RECHT NICHT AUF DONINGTON.<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 105


Bereit für die Stadtrundfahrt:<br />

So sieht der neue FIA <strong>Formel</strong><br />

E Rennwagen aus<br />

montag, 07. Juli 2014: Der Großbritannien GP ist soeben<br />

Geschichte, da treibt es <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 100<br />

Kilometer weiter in den Norden Englands. Donington Park:<br />

Heart of British <strong>Motorsport</strong>, wie man stolz von sich sagt.<br />

Petrolheads kennen die charmante Strecke bestens: 1993<br />

wurde dort zum einzigen Mal ein <strong>Formel</strong>-1-Rennen ausgetragen,<br />

damals als Großer Preis von Europa. Doch Donington Park ist mehr als die<br />

bekannten 4,023 Kilometer Asphalt.<br />

Direkt an der Strecke haben sich zahlreiche <strong>Motorsport</strong>betriebe angesiedelt.<br />

Eigentlich nichts Ungewöhnliches. In diesen Ausmaßen jedoch schon. Seit<br />

Januar 2014 ist in Donington auch eine ganze Rennserie beheimatet. Am 2.<br />

Januar begann der Bau des <strong>Formel</strong>-E-Valleys, schon im Mai konnten die ersten<br />

Hallen bezogen werden. Wer es an den Wachleuten an der Pforte vorbei schafft<br />

- ein gemurmeltes Formula E genügt meist -, der kommt über verstaubte<br />

Zufahrtswege und unzählige Geschwindigkeitsschwellen zur Zentrale des<br />

Neuen, zum Mekka des elektrischen <strong>Motorsport</strong>s.<br />

Die Zentrale ist ein Bau mit schön anzusehender Glasfront, im Showroom steht<br />

einer der ersten Show-Boliden. Dahinter geht es wenig prunkvoll zu: alle zehn<br />

Teams arbeiten Tür an Tür in kleinen Hallen. In jeder Halle werden vier Fahrzeuge<br />

aufgebaut, zwei pro Fahrer. Die Hallen sind genauso wie die Autos von<br />

vorne bis hinten einheitlich. Gleiche Größe, gleicher Grundriss, gleicher Bodenbelag.<br />

Es ist nicht wie in der <strong>Formel</strong> 1, wo die McLaren-Mitarbeiter im von Sir<br />

Norman Foster erbauten Ingenieurs-Tempel arbeiten, während Toro Rosso in<br />

der beschaulichen Firmenzentrale in Faenza die Boliden entwickelt, herstellt<br />

und fahrbereit macht. In Donington sind alle gleich - gleich bescheiden. Dafür<br />

kann ein Rennstall für rund drei Millionen Euro eine ganze Saison bestreiten.<br />

Eine Summe, die in der <strong>Formel</strong> 1 für ein müdes Lächeln sorgen würde.<br />

»Wir dürfen aber keinen Vergleich zur <strong>Formel</strong> 1 ziehen, sondern müssen<br />

beide Serien getrennt voneinander betrachten«, sagt Alain Prost gegenüber<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com. Der viermalige <strong>Formel</strong>-1-Weltmeister ist selbst<br />

beim eDams-Team in der <strong>Formel</strong> E involviert. Mehr als die schmucklosen<br />

zehn Hallen sind in der <strong>Formel</strong> E auch nicht nötig: die Batterien kommen<br />

von Williams Advanced Engineering aus Grove, Motor und Getriebe liefert<br />

McLaren aus Woking, die Chassis stammen von Dallara aus Italien. Zum<br />

ersten Mal treffen die Teile 100 Kilometer südöstlich von Paris aufeinander.<br />

Dort werden sie von Spark Racing Technology zusammengebaut. In Donington<br />

werden die Boliden von den jeweiligen Teams einsatzbereit gemacht<br />

und getestet - alle offiziellen <strong>Formel</strong>-E-Testfahrten finden in der Grafschaft<br />

Leicestershire statt. Danach geht es auf Welttournee.<br />

Die Rennen finden nicht in Donington, sondern direkt in den Zentren<br />

von Miami, London, Berlin und in sechs weiteren Mega-Metropolen statt.<br />

»Man weiß gar nicht so wirklich, was auf einen zukommt, da die Strecken<br />

komplett neu sind«, sagt <strong>Formel</strong>-E-Pilot Daniel Abt zu <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

bei seinem Besuch in Donington. Die Testfahrten sind deshalb<br />

kein wirklicher Gradmesser, es kommt auf andere Dinge an. »Deshalb ist<br />

es wichtig, sich eine gute Basis zu erarbeiten und zu wissen, wie man das<br />

Auto auf gewisse Dinge einstellen kann«, so Abt, der gemeinsam mit Lucas<br />

di Grassi für Audi Sport Abt an den Start geht.<br />

»WIR DÜRFEN KEINEN VERGLEICH ZUR FORMEL 1<br />

ZIEHEN, SONDERN MÜSSEN DIE BEIDEN RENNSERIEN<br />

GETRENNT VONEINANDER BETRACHTEN«, SAGT<br />

EX-FORMEL-1-WELTMEISTER ALAIN PROST<br />

GEGENÜBER MOTORSPORT-MAGAZIN.COM.<br />

Was auf Stadtkursen ebenso funktionieren wird wie in Donington ist die<br />

spezielle Fahrweise, die ein reines Elektroauto erfordert. Daniel Abt fährt<br />

derzeit in der GP2. Benzinsparen ist dort kein entscheidendes Thema. Benzin<br />

kann man in der <strong>Formel</strong> E schlecht sparen - dafür elektrische Energie. Die<br />

Lithium-Ionen-Akkus haben eine Kapazität von 30 Kilowattstunden. 20<br />

Minuten Rennbetrieb sollen damit machbar sein, dann wird das Auto gewechselt.<br />

»Auf der einen Seite versucht man zu lernen, wie man das Auto im<br />

Qualifying am schnellsten bewegen kann. Und dann kommt der viel wichtigere<br />

Punkt: man muss herausfinden, wie man am schnellsten fährt und dabei am<br />

wenigsten verbraucht. Das ist für das Rennen enorm wichtig und wird wahrscheinlich<br />

auch mitentscheidend sein«, sagt Abt. <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com-<br />

106 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Experte Christian Danner konnte sich bereits selbst ein Bild von der <strong>Formel</strong> E<br />

machen. Er durfte ebenfalls einige Runden in Donington fahren. Danners erstes<br />

Fazit fällt positiv aus: »Ein <strong>Formel</strong>-E-Rennauto? Da habe ich mich zunächst<br />

schon gefragt, wie das ist. Es hätte auch ein Golfwagen mit Verkleidung sein<br />

können. Aber es ist tatsächlich ein Rennauto: es fährt sich wie ein Rennauto, es<br />

fühlt sich wie ein Rennauto an und das ist grundsätzlich schon mal gut.« Doch<br />

das ist die eine Seite: »Wenn man das ganze Revue passieren lässt, dann muss<br />

man schon sagen, dass die Batteriekapazität ein limitierender Faktor ist. Wenn<br />

man mit maximaler Leistung fährt, dann ist die Batterie relativ schnell leer. Das<br />

heißt, man muss den richtigen Kompromiss finden, damit du als Fahrer über<br />

die 20 Minuten kommst, die das Rennen dauert.«<br />

Bei der Technik gibt es einige Kompromisse, nicht nur die Reichweite. Dass<br />

in die Entwicklung nicht übermäßig viel Geld geflossen ist, sieht man den<br />

Boliden an. Auch sollen die Anschaffungskosten recht niedrig gehalten werden,<br />

ein Auto kostet rund 350.000 Euro. Bedenkt man, dass alleine der Akku<br />

schon mehr als die Hälfte kostet, braucht es kein abgeschlossenes Mathestudium,<br />

um zu erkennen, dass für Chassis und Co. nicht mehr viel übrig bleibt.<br />

Und nicht nur bei der Kapazität bereitet der Akku noch Sorgen: ein Ladevorgang<br />

dauert je nach Ladestrom zwischen 40 und 80 Minuten. Weil bei<br />

der Ladung allerdings Wärme entsteht und diese den Aufladeprozess stört,<br />

muss der Akku dabei gekühlt werden.<br />

Das Gesamtkonzept ist jedoch stimmig. Die Fans müssen nicht zur <strong>Formel</strong> E<br />

kommen, die <strong>Formel</strong> E kommt zu den Leuten. Statt zu versuchen, die Petrolheads<br />

an die Nordschleife zu locken, sie für etwas zu begeistern, wofür die Masse der<br />

alteingesessenen <strong>Motorsport</strong>fans nicht zu begeistern ist, will die <strong>Formel</strong> E ein neues,<br />

junges Publikum ansprechen. Dieser Ansatz findet auch bei <strong>Motorsport</strong>puristen<br />

wie Danner Anklang: »Ich finde das alles supergeil, weil es ein moderner Ansatz<br />

ist! Es ist eine große Chance, ein neues Publikum zu finden.«<br />

Jarno Trulli ist von<br />

der neuen <strong>Formel</strong> E<br />

fasziniert<br />

KALENDER 2014<br />

13. September 2014: Peking (China)<br />

22. November 2014: Putrajaya (Malaysia)<br />

13. Dezember 2014: Punta del Este (Uruguay)<br />

10. Januar 2015: Buenos Aires (Argentinien)<br />

14: Februar 2015: Tba<br />

14. März 2015: Miami (USA)<br />

04. April 2015: Long Beach (USA)<br />

09. Mai 2015: Monte Carlo (Monaco)<br />

30. Mai 2015: Berlin (Deutschland)<br />

27. Juni 2015: London (Großbritannien)<br />

Danner steht mit seiner Meinung nicht alleine da: zahlreiche prominente Namen<br />

sind bereits dem Lockruf der <strong>Formel</strong> E gefolgt. Prominente Teams und bekannte<br />

Fahrer wohin man nur schaut. Sogar Hollywoodstar Leonardo DiCaprio ist<br />

involviert. Er ist Mitbesitzer des Venturi-Teams, für das Ex-<strong>Formel</strong>-1-Pilot Nick<br />

Heidfeld an den Start geht. Online können Fans darüber abstimmen, welcher<br />

Pilot im Rennen kurzzeitig mehr Leistung zur Verfügung hat. Ein weiterer Versuch,<br />

junges Publikum einzubeziehen.<br />

»Wenn du Erfolg im <strong>Motorsport</strong> haben willst, benötigst du unbedingt eine<br />

Marketingplattform. Es muss aber auch eine sehr gute Show mit Blick auf den<br />

sportlichen Aspekt sein, das ist wichtig«, mahnt Prost. »Wenn es nur um Marketing<br />

und Technologie geht, funktioniert es nicht. Wenn nur der Sport im<br />

Vordergrund steht, ebenso wenig.« Die <strong>Formel</strong> E macht vieles richtig. Dass<br />

keine High-End-Produkte durch die Straßen fahren werden, dürfte für die<br />

neue Zielgruppe kein entscheidender Faktor sein. Die Show zählt. Doch langfristig<br />

muss sich die Serie etablieren. Technisch wie finanziell. »Wie werden<br />

die Batterien beispielsweise in drei, vier Jahren aussehen?«, fragt sich Prost. Es<br />

sollen nicht immer Einheitsautos bleiben. Schon in der zweiten Saison dürfen<br />

Komponenten selbst entwickelt werden. »Dann gibt es nicht nur Hersteller,<br />

sondern auch Unternehmen, die ihr Interesse bekunden werden«, ist sich der<br />

Professor sicher. Doch es gibt auch einen Haken: entwickelt ein Hersteller neue<br />

Teile, dürfen diese nicht einem Team vorbehalten sein. Mindestens drei Teams<br />

muss die Möglichkeit gegeben werden, das Teil zum festgelegten Preis zu kaufen.<br />

Unsummen wird so wohl niemand in die Entwicklung stecken.<br />

FOTOS: FIA FORMULA E<br />

Während sich die Teams leicht tun, ihre Budgets durch Sponsoreneinnahmen zu<br />

decken, sehen nicht wenige Experten ein Fragezeichen bei der Serie selbst. »Denn<br />

eine stabile Plattform ist die Grundvoraussetzung dafür, dass eine Meisterschaft<br />

existieren kann und auch für uns alle sichtbar bleibt«, weiß Danner. »Ich halte die<br />

<strong>Formel</strong> E aber für eine tolle Idee, sie haben tolle Einsätze, aber warten wir einmal<br />

ab, wie sie sich entwickelt.«<br />

Sebastien Buemi startet<br />

für das Team e.dams<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 107


ELEKTRO-<br />

BOMBER<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

DAS AUTO: Kein Geringerer als ART-Teamchef<br />

Frédéric Vasseur zeichnet für den Aufbau der<br />

Forme-E-Boliden verantwortlich. Vasseur leitet<br />

Spark Racing Technologies in einem kleinen Städtchen<br />

rund 100 Kilometer südöstlich von Paris. 40<br />

Fahrzeuge baut Spark für die erste Saison auf. Für<br />

die Integration aller Systeme ist Serienpartner Renault<br />

verantwortlich.<br />

CHASSIS: Wie alle anderen Teile eines <strong>Formel</strong>-<br />

E-Boliden ist auch das Chassis ein Einheitsbauteil.<br />

Es stammt vom bekannten italienischen Chassisbauer<br />

Dallara. Das Monocoque besteht aus Kohlefaser<br />

mit einem Honigwaben-Kern aus Aluminium.<br />

Auch für das Bodywork ist Dallara zuständig. Es<br />

besteht ebenfalls aus Karbon und ist darauf ausgelegt,<br />

Überholmanöver zu ermöglichen. Die sogenannte<br />

dirty air soll also so gering wie möglich<br />

gehalten werden.<br />

FAHRWERK: Der Ansatz der <strong>Formel</strong> E wird beim<br />

Fahrwerk deutlich. Die Fahrzeuge sollen nicht nur<br />

spektakulär aussehen, sondern auch kosteneffizient<br />

sein. So kommen Doppelquerlenker aus Stahl zum<br />

Einsatz, die deutlich günstiger und auch robuster<br />

sind als Karbonquerlenker. Vorne und hinten steht<br />

das Fahrzeug auf Druckstreben, sogenannten Pushrods.<br />

Die Vorderachse ist mit Drehstabfedern ausgestattet,<br />

die Hinterachse mit herkömmlichen<br />

Federelementen. Die Dämpfer stammen von Koni<br />

und bieten gemeinsam mit den Stabilisatoren maximale<br />

Einstellmöglichkeiten.<br />

MOTOR & GETRIEBE: Der Antrieb wird von<br />

McLaren geliefert. Im Qualifying-Trimm liefert die<br />

MGU bis zu 270 Pferdestärken. Im Rennmodus<br />

sind es immerhin noch 180 PS, mit Push-to-Pass-<br />

Button, also dem Überholknopf, sind es entsprechend<br />

wieder 90 mehr. Motor und Getriebe wiegen<br />

108 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


DER MOTOR IST TOT, LANG LEBE DIE POWER UNIT - SO HIESS ES ANFANG DES<br />

JAHRES IN DER FORMEL 1. DIE FORMEL E BESCHREITET NOCH EINMAL ANDE-<br />

RE UND BISHER UNERGRÜNDETE WEGE. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM STELLT<br />

DEN ELEKTRORENNER VOR.<br />

FOTOS: FIA FORMULA E<br />

zusammen gerade einmal 82 Kilogramm. Das<br />

sequentielle 5-Gang-Getriebe von Hewland wird<br />

vom Fahrer mittels Wippen betätigt. Um weiter<br />

Kosten zu sparen, ist die Getriebeübersetzung<br />

festgelegt.<br />

BATTERIE: Das Herzstück eines Elektroautos ist<br />

die Batterie. So ist es auch bei einem <strong>Formel</strong>-E-<br />

Boliden. Nicht nur von den räumlichen Ausmaßen<br />

ist der Energiespeicher gigantisch. Fast der gesamte<br />

Heckbereich des Fahrzeugs besteht praktisch aus<br />

der Batterie, die direkt an das Monocoque angeflanscht<br />

ist. Hinter der Batterie, die Williams<br />

Advanced Engineering liefert, befinden sich nur<br />

noch der überschaubare Motor sowie das Getriebe.<br />

Offiziell wiegt der Speicher nur 200 Kilogramm,<br />

die Realität ist aber weiter von diesem Wert entfernt.<br />

Über die Hinterachse kann beim Bremsen Energie<br />

rekuperiert und direkt in die Batterie eingespeist<br />

werden. Das Aufladen benötigt je nach Ladestrom<br />

zwischen 40 und 80 Minuten. Die Batterie liefert<br />

Energie für etwas mehr als 20 Minuten Fahrspaß.<br />

Sie ist mit Abstand das teuerste Bauteil eines <strong>Formel</strong>-E-Fahrzeugs<br />

und macht gut die Hälfte des<br />

gesamten Fahrzeugpreises aus, der rund 350.000<br />

Euro beträgt.<br />

REIFEN: Bei den Pneus nimmt die <strong>Formel</strong> E eine<br />

Vorreiterrolle ein. Während die <strong>Formel</strong> 1 noch<br />

über den Umstieg von 13 Zoll auf deutlich größere<br />

Reifen diskutiert, steht in der <strong>Formel</strong> E schon länger<br />

fest, dass Michelin 18-Zöller liefert. 305/40<br />

R18 auf der Hinterachse, die Vorderachse ist mit<br />

245/40 R18 besohlt. Das Besondere daran: Der<br />

französische Reifenhersteller liefert Allwetter-<br />

Reifen. Die Piloten waren nach den ersten Tests<br />

begeistert: Deutlich mehr Grip als erwartet und<br />

gleichzeitig kaum Verschleiß. Geringer Rollwiderstand<br />

soll zudem die Batterielebensdauer<br />

erhöhen.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 109


FOTOS: ATS FORMEL 3 CUP/ALEXANDER TRIENITZ<br />

FRAGEN AN<br />

TEXT: ROBERT SEIWERT<br />

MARKUS POMMER<br />

DER ATS FORMEL 3 CUP IST DAS ABITUR DES MOTORSPORTS. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM WIRFT<br />

EINEN GENAUEN BLICK INS FAHRERLAGER UND PRÄSENTIERT HOFFNUNGSVOLLE TALENTE UND<br />

SPANNENDE GESCHICHTEN. DIESMAL: HALBZEITMEISTER MARKUS POMMER.<br />

Markus, die Startnummer 27 begleitet dich seit<br />

vielen Jahren. Wie kam es dazu?<br />

Da steckt keine große Geschichte dahinter: Das ist<br />

einfach mein Geburtsdatum. Die 27 hatte ich schon<br />

im Kartsport und meist hat sie mir Glück gebracht.<br />

Dieses Jahr hätte ich die Startnummer 1 im ATS<br />

<strong>Formel</strong> 3 Cup haben können, doch ich habe mich<br />

wieder für die 27 entschieden. In der AutoGP fahre<br />

ich aber mit der 1 auf dem Auto. Dadurch entstehen<br />

zwar hohe Erwartungen, aber das interessiert mich<br />

nicht.<br />

Mit einer Live-Strip-Webseite hast du einen eher<br />

ungewöhnlichen Sponsor auf deinem Auto...<br />

Ja, das stimmt! Damit falle ich im Fahrerlager sofort<br />

auf, und die Fans finden das super. Das ist wirklich<br />

mal kein langweiliger Sponsor, sondern eine coole<br />

Geschichte. Einer der Inhaber der Website wohnt bei<br />

uns im Dorf und wir kennen uns schon seit vielen<br />

Jahren - so kam diese Partnerschaft zustande. Am<br />

Ende ist es aber entscheidend, überhaupt einen<br />

Sponsor zu haben.<br />

Mit dem ATS <strong>Formel</strong> 3 Cup und der AutoGP hast<br />

du dieses Jahr ein anspruchsvolles Doppelprogramm.<br />

Wie gehst du damit um?<br />

Dieses Jahr starte ich an insgesamt 16 Rennwochenenden.<br />

Zu Beginn des Jahres mit all den Testfahrten<br />

war es ziemlich stressig, da war ich fast nur unterwegs.<br />

Der <strong>Motorsport</strong> nimmt schon einen sehr großen<br />

Teil meines Lebens ein, das stimmt. Aber der Erfolg<br />

ist da, und dann macht es gleich noch viel mehr Spaß.<br />

Außerdem fühle ich mich bei meinen Teams sehr wohl,<br />

das ist wichtig für einen jungen Rennfahrer.<br />

Du fährst dieses Jahr deine vierte Saison im ATS<br />

<strong>Formel</strong> 3 Cup. Welche Vorteile hast du gegenüber<br />

den anderen Fahrern?<br />

Das Zauberwort lautet ‚Konstanz‘. Die ist dank meiner<br />

Erfahrung viel höher als bei einigen anderen Fahrern.<br />

Ich kenne das <strong>Formel</strong>-3-Auto perfekt, kann konstant<br />

schnelle Runden abspulen und mache nur wenige<br />

Fehler. 2009, in meinem ersten Jahr in der Deutschen<br />

<strong>Formel</strong> 3, hatte ich zwar die Basics, um schnell zu<br />

fahren. Ich konnte den Speed aber nicht immer abrufen.<br />

Jetzt ist es für mich viel stressfreier, und mit dem<br />

Gewinn der Halbzeitmeisterschaft ging es ja auch<br />

gut los.<br />

Wie geht es für dich weiter im <strong>Motorsport</strong>?<br />

Eigentlich hätte ich dieses Jahr in der GP3-Serie<br />

fahren sollen, doch das hat leider nicht geklappt. Am<br />

liebsten würde ich nächstes Jahr in einer großen<br />

<strong>Formel</strong>serie fahren, aber auch die Indy Lights-Serie<br />

reizt mich. Der Seriensieger bekommt drei Rennen<br />

in der Hauptserie sowie die Teilnahme beim Indy<br />

500-Rennen gesponsert - das wäre natürlich der<br />

Hammer! Sollte es im <strong>Formel</strong>sport nicht weitergehen,<br />

könnte ich mir auch einen Wechsel in den GT3- oder<br />

Sportwagenbereich vorstellen.<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com ist offizieller Medien-Partner des ATS <strong>Formel</strong> Cup.<br />

110 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


ABENTEUER NORDSCHLEIFE<br />

EINMAL RUND UM DIE UHR IN DER GRÜNEN HÖLLE. WAS FÜR EINE AUFGABE! SO MEISTERTEN DAVID SCHIWIETZ UND<br />

BILLIGER.DE/RACING – POWERED BY KREMER RACING DIE GROSSEN HERAUSFORDERUNGEN IM RAHMEN DES<br />

LEGENDÄREN 24-STUNDENRENNENS AUF DEM NÜRBURGRING.<br />

TEXT: SÖNKE BREDERLOW<br />

DAS RENNEN: billiger.de/racing - powered by Kremer<br />

Racing erlebte kein einfaches 24-Stunden-Rennen:<br />

Nachdem die erste Hälfte problemlos verlief und sich<br />

der Porsche sukzessive nach vorne arbeiten konnte,<br />

folgte am Sonntag das Pech. Bereits am frühen Morgen<br />

wechselte das Team das Getriebe, wenig später<br />

mussten auch Teile am Motor getauscht werden. Kurz<br />

vor dem Ende sorgte schließlich auch noch ein Reifenschaden<br />

für Hektik. »Das Team hat großen Kampfgeist<br />

bewiesen und sich jeder Herausforderung<br />

gestellt«, war David Schiwietz nach der Zielankunft<br />

dankbar. »Dieser Erfolg ist nicht zuletzt den fleißigen<br />

Mechanikern zu verdanken!«<br />

VORBEREITUNG: Als Vorbereitung auf das Saisonhighlight<br />

nahm das Team zu Saisonbeginn bereits<br />

an einigen VLN-Rennen teil. Darüber hinaus stand<br />

für David Schiwietz intensives Training auf dem Programm.<br />

»Kraft- und Ausdauersport zählen zu meinem<br />

täglichen Programm«, so Schiwietz. Und auch die<br />

Mechaniker haben schon vor dem Langstreckenklassiker<br />

einen wahren Marathon hinter sich. »Der Porsche<br />

wurde bis ins kleinste Detail kontrolliert und<br />

komplett revidiert«, verrät der 25-Jährige.<br />

NACHTFAHRT: Die Dunkelheit stellt beim 24-Stunden-Rennen<br />

auf dem Nürburgring eine besondere<br />

Herausforderung dar. »Die Strecke ist nicht beleuchtet,<br />

lediglich die eigenen Scheinwerfer können einem<br />

helfen«, berichtet David Schiwietz. Dazu kommen<br />

die zahlreichen Fans an der Strecke, die in jedem<br />

Jahr eine riesige Party an der Nordschleife feiern.<br />

»Die farbigen Lichter und Scheinwerfer können irritieren.<br />

Da ist vollste Konzentration gefordert!«<br />

SCHLAF: Während zahlreiche Fans um die Nordschleife<br />

die Nacht zum Tag machen und auf Schlaf<br />

verzichten, kommen die Fahrer um eine kleine Erholung<br />

nicht herum. »Man kann für ein paar Minuten<br />

die Augen schließen und ein bisschen entspannen«,<br />

berichtet Schiwietz. »Dann geht es aber auch gleich<br />

wieder zurück ins Auto.«<br />

NORDSCHLEIFE: Keine Rennstrecke ist länger und<br />

gefährlicher als die legendäre Nordschleife des Nürburgrings.<br />

Im Gegensatz zu den modernen Rundkursen<br />

aus der <strong>Formel</strong> 1 eine große Herausforderung.<br />

»Die Nordschleife verzeiht keine Fehler«, weiß Schiwietz.<br />

»Auslaufzonen gibt es nicht, jede Unaufmerksamkeit<br />

endet in der Leitplanke.« Dazu kommt der<br />

Geruch nach frischen Bratwürsten, der nahezu 24<br />

Stunden lang über der Strecke hängt...<br />

David Schiwietz startet<br />

in einem Porsche auf<br />

der Nordshcleife<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 111


Wie meistern die Piloten des ADAC GT<br />

Masters die Regenmassen? Unser<br />

Kolumnist Maxi Buhk klärt auf<br />

TALENT - TIM GEORGI<br />

DAS NASSE ELEMENT<br />

TEXT: MARION ROTT<br />

WORAUF MUSS EIN RENNFAHRER BEI EINEM REGENRENNEN ACHTEN? JEDE MENGE! MOTORSPORT-<br />

MAGAZIN.COM KOLUMNIST MAXIMILIAN BUHK HAT IM ADAC GT MASTERS SCHON VIEL ERFAHRUNG MIT<br />

DEM NASSEN ELEMENT GEMACHT.<br />

DIE EINSTELLUNG:<br />

„Regenrennen sind spektakulär für die Zuschauer,<br />

aber ein Kraftakt für uns Fahrer. Natürlich versuche<br />

ich, jedes Regenrennen positiv anzugehen. Ich sage<br />

mir: Super, ein Regenrennen, klasse, das wird ein<br />

Spaß! In ein Regenrennen gehst du mit etwas mehr<br />

Anspannung. Du weißt nie, was passiert und ob dir<br />

der Regen diesmal hilft oder dich in die Pfanne haut.<br />

Regen ist eine echte Herausforderung. Sobald du<br />

einen kleinen Tropfen auf der Windschutzscheibe<br />

siehst, bist du sofort der Meinung, dass das Auto<br />

komplett quer kommt und du hast das Gefühl, die<br />

Strecke steht schon unter Wasser. Das ist natürlich<br />

Quatsch. Davon musst du dich frei machen, denn bei<br />

ein paar Tropfen kannst du normal weiterfahren.“<br />

DIE BODENHAFTUNG:<br />

„Erst wenn es dauerhaft regnet und die Feuchtigkeit<br />

stärker wird, beginnt das Auto zu rutschen. Der Grip<br />

wird weniger und du musst versuchen, die Ideallinie<br />

zu kreuzen. Dort ist der meiste Gummi und daher<br />

wird es dort rutschiger. Das heißt: Neben der Linie<br />

bremsen, außen die Kurven fahren und auch am<br />

Kurvenausgang weg von der Linie, um eine bessere<br />

Traktion zu haben.“<br />

DAS GEFÜHL:<br />

„Je heftiger der Regen wird, desto mehr gilt es<br />

natürlich, auf nasse Stellen auf der Strecke zu achten.<br />

Da kommt das Gefühl ins Spiel. Du musst einschätzen,<br />

ob du schneller durch die nasse Stelle<br />

oder über die rutschige Ideallinie bist. Richtig<br />

schwierig wird es auf Slicks. Dann ist Längshangeln<br />

und Gripsuchen angesagt. Dabei benutzt du schon<br />

mal die Kerbs der Schikanen, weil das Auto dann<br />

besser dreht und du es besser bewegt bekommst.<br />

Natürlich musst du auch immer die verschobenen<br />

Bremspunkte im Blick haben - glücklicherweise hilft<br />

uns das ABS da sehr. Auch das Herunterschalten<br />

verändert sich. Du versuchst, weniger aggressiv zu<br />

schalten und nicht so viel Motorbremse zu nutzen,<br />

weil das das Heck nervöser macht.“<br />

DER TEAMKOLLEGE:<br />

„Wir versuchen natürlich, uns als Teamkollegen<br />

untereinander zu helfen. Wenn Maximilian Götz und<br />

ich die gleichen Bedingungen haben, sagt er mir<br />

trotz der Hektik des Fahrerwechsels schon, dass ich<br />

in einem Sektor oder den Kurven drei bis fünf aufpassen<br />

muss, weil es nass ist. Wir geben uns gegenseitig<br />

Hinweise, auf was wir achten müssen. Sobald<br />

ich im Auto sitze und selbst fahre, wird alles Routine<br />

und meine Denkweise ist im Rennmodus. Wenn ich<br />

ihm aber von außen zuschauen muss, bin ich viel<br />

nervöser. Ich weiß nicht, was gerade in seinem Kopf<br />

oder dem Cockpit vorgeht und mir fallen immer<br />

Dinge ein, die schiefgehen könnten. Ich stehe einfach<br />

nur hilflos da und muss vielleicht sogar zusehen,<br />

wie ihm einer ins Auto fährt. Maximilian geht<br />

es da nicht anders, wenn er zum Zusehen verdammt<br />

ist. Aber letztlich gilt: Ob Sonne oder Regen - gewinnen<br />

können wir nur gemeinsam.“<br />

Als Rennfahrer<br />

muss man für alle<br />

Eventualitäten<br />

gerüstet sein<br />

112 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


DIE ZUKÜNFTIGEN<br />

CHAMPIONS<br />

Welche Linien sind die Besten? Wie fahre ich am besten bei Regen?<br />

Wie hat deine Karriere begonnen? - Colin Edwards stellte sich auf<br />

dem Sachsenring geduldig allen Fragen der Nachwuchstalente des<br />

ADAC Junior Cup powered by KTM. Fast zeitgleich vergas ADAC Pocket<br />

Bike Cup Fahrer Noah Paricio Rahe vor Aufregung alles, was er von<br />

seinem großen Vorbild Jorge Lorenzo wissen wollte. Doch der Mallorquiner<br />

begrüßte ihn mit offenen Armen und unterschrieb auf seinem<br />

Helm mit den Worten: Für den zukünftigen Champion Noah.<br />

Die ADAC MX Academy<br />

legte 2013 einen<br />

fulminanten Start hin<br />

FOTOS: ADAC MOTORSPORT<br />

Wie süß! Jorge<br />

Lorenzo und sein<br />

treuer Fan<br />

Team Deutschland<br />

greift erneut an<br />

ANGRIFF IN LETTLAND<br />

Neuigkeiten vom Motocross der Nationen: Ab 2014 ist der ADAC<br />

auf Wunsch des DMSB-Präsidiums für die Betreuung der besten<br />

deutschen MX-Fahrer verantwortlich. Hubert Nagl bleibt Teammanager.<br />

Nachdem die erfolgreiche Truppe aus Ken Roczen, Max<br />

Nagl und Marcus Schiffer mit Dennis Ullrich als Ersatzmann 2012<br />

im belgischen Lommel zum ersten Mal ganz oben auf dem<br />

Treppchen der Nationen stand, soll der Weltmeisterschafts-Pott<br />

2014 in Lettland zurückerobert werden.<br />

2015<br />

KOMMT DIE ADAC FORMEL 4<br />

Das ADAC <strong>Formel</strong><br />

Masters wird zur<br />

ADAC <strong>Formel</strong> 4<br />

Die Stars von morgen starten ab 2015 in der ADAC <strong>Formel</strong> 4! Die<br />

neue <strong>Formel</strong>-Nachwuchsserie soll ab der kommenden Saison<br />

das ADAC <strong>Formel</strong> Masters ersetzen. Dadurch soll ein durchgängiger<br />

Weg für junge Talente geschaffen werden – von der <strong>Formel</strong><br />

4 über die <strong>Formel</strong> 3 bis in die <strong>Formel</strong> 1. „Ich bin überzeugt, dass<br />

durch diese Meisterschaft der Grundstein für einige zukünftige<br />

F1-Fahrer gelegt wird“, sagt Gerhard Berger.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 113


IMPRESSUM<br />

Verlag & Redaktion<br />

NÄCHSTE AUSGABE:<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN #39 ERSCHEINT<br />

AM 09.10.2014<br />

FOTO: FERRARI<br />

Chefredakteure (V.i.S.d.P.)<br />

ADRIVO SPORTPRESSE GMBH<br />

LANDSBERGER STRASSE 394<br />

D-81241MÜNCHEN<br />

HANDELSREGISTERNR.: HRB180601<br />

UID: DE 815 069 751<br />

TEL: +49 (0) 89 18 96 592 60<br />

FAX: +49 (0) 89 18 96 592 61<br />

E-MAIL: INFO@MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

WWW.ADRIVO-MEDIA.COM<br />

ADRIVO SPORTPRESSE GMBH<br />

LIEBENAUER HAUPTSTRASSE 34<br />

A-8041 GRAZ<br />

FIRMENBUCHNR.: 257237 S<br />

UID: ATU 61 32 18 12<br />

STEPHAN HEUBLEIN (VERANTWORTLICH FÜR REDAKTIONELLEN INHALT)<br />

KERSTIN HASENBICHLER<br />

Art Director<br />

KLAUS SEELE<br />

TOPAKTUELL IM INTERNET<br />

ERGEBNISSE, NEWS & BILDER:<br />

WWW.MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

APPS FÜR IOS UND ANDROID:<br />

SUCHE NACH »MOTORSPORT-MAGAZIN«<br />

Leitender Redakteur<br />

Redaktion<br />

ROBERT SEIWERT<br />

SAMY ABDEL AAL, YANNICK BITZER, SÖNKE<br />

BREDERLOW, TOBIAS EBNER, MARCO HILLITZER,<br />

MICHAEL HÖLLER, ANNIKA KLÄSENER, CHRISTIAN<br />

MENATH, MARIA POHLMANN, MARION ROTT, NICO<br />

PAPPELAU, PHILIPP SCHAJER, FABIAN SCHNEIDER,<br />

MANUEL SPERL, FABIAN STEIN, HEIKO STRITZKE, KEITH<br />

SUTTON, MARK SUTTON, STEPHAN VORNBÄUMEN,<br />

MIKE WIEDEL, MARKUS ZÖRWEG<br />

Bildagenturen<br />

ADRIVO SPORTRESSE GMBH, SUTTON IMAGES, MILAGRO<br />

ÜBER 384.000 FANS SAGEN »GEFÄLLT MIR«:<br />

www.facebook.com/motorsportmagazin/<br />

Objektleitung<br />

Anzeigenleitung<br />

MIKE WIEDEL<br />

TELEFON: +49 (0) 89 18 96 592 63<br />

MANUEL SPERL (VERANTWORTLICH FÜR ANZEIGENTEIL)<br />

KATRIN DÖKEL-MAYRHOFER<br />

TELEFON: +49 (0) 89 18 96 592 71<br />

Druck<br />

DIERICHS DRUCK + MEDIA GMBH & CO KG, KASSEL<br />

FOLGE @MSM_ONLINE HIER:<br />

www.twitter.com/MSM_Online<br />

Vertrieb<br />

Abo-Service<br />

ASV VERTRIEBS GMBH, HAMBURG<br />

ABO-SERVICE MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

SÜDERSTR. 77, 20097 HAMBURG<br />

TELEFON: +49 (0) 40 468 605 142<br />

TELEFAX: +49 (0) 40 347 295 17<br />

E-MAIL: ABO@ASV.DE<br />

Online-Abo<br />

WWW.MOTORSPORT-MAGAZIN.COM/MAGAZIN/<br />

Leserbriefe<br />

LESERBRIEFE@MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

Fortsetzung des<br />

Impressums unter<br />

WWW.MOTORSPORT-MAGAZIN.COM/<br />

IMPRESSUM.HTML<br />

Die adrivo Sportpresse GmbH ist nicht verantwortlich für die inhaltliche Richtigkeit der<br />

Anzeigen und übernimmt keinerlei Verantwortung für in Anzeigen dargestellte Produkte<br />

und Dienstleistungen. Die Veröffentlichung von Anzeigen setzt nicht die Billigung der angebotenen<br />

Produkte und Serviceleistungen durch die adrivo Sportpresse GmbH voraus.<br />

Nachdruck, Übersetzung und Auszüge nur mit Genehmigung unter ausführlicher<br />

Quellenangabe gestattet. Copyright für Inhalt und Gestaltung – falls nicht ausdrücklich<br />

anders vermerkt – by adrivo Sportpresse GmbH. Gezeichnete Artikel decken sich<br />

nicht unbedingt mit der Meinung der Redaktion. Für unverlangt eingesandte<br />

Manus kripte, Fotos, Dias, Bücher sowie Satz- und Druckfehler wird nicht gehaftet.<br />

Im Falle höherer Gewalt oder bei Störung des Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch<br />

auf Lieferung oder Entschädigung. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter<br />

Form zu veröffentlichen.<br />

114 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


0,50 EURO ERSPARNIS PRO HEFT* • KEIN ABO-ZWANG! • NACH ERHALT DER 3. AUSGABE<br />

JEDERZEIT KÜNDBAR • VERSAND BEQUEM NACH HAUSE • NOCH VOR DEM ERSTVERKAUFSTAG*<br />

MOTORSPORT FÜR<br />

ZUHAUSE<br />

MIT DEM EASY<br />

POLE-POSITION-ABO<br />

SCHNELLER LESEN<br />

ONLINE BESTELLEN UNTER WWW.MOTORSPORT-MAGAZIN.COM/MAGAZIN/<br />

+ + + AUSFÜLLEN + + + AUSSCHNEIDEN + + + ABSCHICKEN + + + PER POST + + + PER FAX + + + PER E-MAIL + + + ANRUFEN + + +<br />

Formular ausfüllen und absenden an: adrivo Sportpresse GmbH, <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com, Landsberger Straße 394,<br />

D 81241 München FAX: +49 (0)40 / 347 295 17, E-MAIL: abo@asv.de. Oder rufen Sie uns direkt an: +49 (0)40 / 468 605 142<br />

Firma<br />

Name<br />

Vorname<br />

Straße, Hausnummer<br />

PLZ<br />

Ort<br />

Land<br />

Telefon<br />

Fax<br />

E-Mail<br />

Ja, ich möchte alle Vorteile nutzen und bestelle hiermit drei Ausgaben des <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>s<br />

inkl. Versand für EUR 12,00 in Deutschland (Österreich EUR 15,00,<br />

Schweiz SFR 29,70, sonstiges Ausland EUR 16,50 / Luftpost EUR 21,00).<br />

Wenn ich das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> nicht weiter lesen möchte, teile ich Ihnen dies nach Erhalt der<br />

dritten Ausgabe mit. Andernfalls erhalte ich sechs weitere Ausgaben des <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>s zum<br />

Preis von EUR 24,00 in Deutschland (Österreich EUR 30,00, Schweiz SFR 59,40 sonstiges Ausland<br />

EUR 33,00). Das Abonnement ist nach Erhalt der dritten Ausgabe jederzeit kündbar. Bei Kündigung<br />

erhalte ich bereits bezahlte Beträge zurück.<br />

Die Zahlung erfolgt per Rechnung.<br />

Beginn Zustellung: mit aktueller Ausgabe mit der nächsten erscheinenden Ausgabe<br />

Die Zahlung erfolgt per Lastschrift von folgendem Konto:<br />

Kontoinhaber: *<br />

Kontonummer: *<br />

Bankleitzahl: *<br />

Name der Bank: *<br />

* Gilt nur für Deutschland. Preise und Zustellung im Ausland können abweichen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!