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Apg 8, 30 - Theologisches Studienjahr Jerusalem

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Ereignis ein wie auch immer gearteter Wortcharakter zukommt, weil Ereignis und Wort,<br />

Sein und Erkenntnis immer schon korrelativ aufeinander bezogen sind, das<br />

Christusereignis seine Be-Deutung also bereits in sich trägt und deshalb durch die rechte<br />

Erkenntnis (Gnosis) nur mehr an den Tag gebracht werden muss – so insbesondere die<br />

neuplatonisch inspirierten Exegesen der Alexandrinischen Schule? Kommt also der Sinn<br />

dieses Ereignisses erst dadurch an den Tag, dass man die neutestamentlichen Schriften vor<br />

dem Hintergrund der alttestamentlichen Messiasverheißung allegorisch bzw. typologisch<br />

interpretiert – so neben den Alexandrinern nicht zuletzt auch Irenäus von Lyon und<br />

Augustinus, die sich dabei auf Paulus berufen können (vgl. Röm 5, 14; Gal 4, 24)? Oder<br />

hat man sich, wie die Antiochenische Schule es betonte, zunächst und vor allem an den<br />

unmittelbaren Wortsinn der Schrift zu halten, der üppig wuchernden Allegorese der<br />

Alexandriner also möglichst Einhalt zu gebieten? – Ist es wiederum statthaft, innerhalb des<br />

Neuen Testamentes bestimmten Schriften eine besondere theologische Dignität<br />

zuzusprechen – so etwa dem Römer- und dem Galaterbrief, deren Entgegensetzung von<br />

»Gesetz« und »Gnade« den Angelpunkt für die reformatorische Frage nach der<br />

Rechtfertigung des Menschen abgibt? Oder hängt eine solche Gewichtung nicht doch<br />

immer auch von den jeweiligen religions- und sozialgeschichtlichen Umständen ab, unter<br />

denen man die Bibel liest, und ist sie insofern nicht historisch kontingent?<br />

Man sieht an solchen Fragen, dass Schriftexegese niemals im luftleeren Raum<br />

vonstatten geht, sondern immer schon von vielfältigen, fundamentaltheologisch<br />

wie dogmatisch relevanten Voraussetzungen gesteuert wird, die aber meist nur<br />

unzureichend reflektiert werden. Schauen wir uns einige der Problemfelder, auf<br />

die wir im Rahmen unseres Jahresthemas geführt werden, zunächst in religionsbzw.<br />

konfessionsspezifischer Hinsicht an (II-IV), bevor wir einige abschließende<br />

fundamentaltheologische Fragen stellen (V).<br />

II.Schriftauslegung und Hermeneutik christlich<br />

In der Spätantike, beginnend bei Origenes und fortgeführt durch Augustinus,<br />

begann man recht bald, eine Hermeneutik des geistlichen Schriftsinns<br />

auszuarbeiten. Ausgehend vom Buchstabensinn (sensus litteralis) wurde – im<br />

Gefolge der paulinischen Trias »Glaube, Hoffnung, Liebe« (1Kor 13, 13) – der<br />

dogmatische (sensus allegoricus), der eschatologische (sensus anagogicus) und<br />

der ethische (sensus moralis) Schriftsinn erhoben, und zwar in der Form eines<br />

existentiellen Zuspruchs, der an den Tag kommt, wo der Einzeltext – ins Gesamt<br />

der Heiligen Schrift eingeordnet – auf den lebendigen Glauben der Kirche<br />

bezogen und in die Zeichen der Zeit eingetragen wird. Dieses hermeneutische<br />

Verfahren erlangte in der mittelalterlichen Exegese, insbesondere bei den<br />

Vertretern der Schule von St. Viktor in Paris, seine subtilste Spitze und strahlte<br />

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