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Apg 8, 30 - Theologisches Studienjahr Jerusalem

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Traditionalisten, dass sie von der eigenen Tradition, d.h. von der geschichtlichen<br />

Gewordenheit ihres religiösen Glaubensbekenntnisses so wenig verstehen.<br />

Insofern gibt es, um die Aporien eines solchen traditionalistischen<br />

Subjektivismus zu vermeiden, für Özsoy (in Anschluss an den schon erwähnten<br />

Abû Zayd) im Grunde nur einen gangbaren Weg: Den Koran in seiner<br />

Eigenschaft als geschichtlich situierter Rede adäquat auszulegen, bedeutet, ihn<br />

analog zur Verkündigungspraxis des Propheten, d.h. gegenwartsbezogen<br />

auszulegen; erst dadurch kommt seine Gründung im übergeschichtlichen Wort<br />

Gottes an den Tag. Denn „gerade wenn die Botschaft des Koran für die gesamte<br />

Menschheit unabhängig von Zeit und Ort gültig sein soll, ist [sc. aufgrund der<br />

geschichtlichen Situtiertheit seiner Hörer] eine Vielfalt der Interpretation<br />

unvermeidlich. Wenn die Botschaft [selbst] auch [...] göttliche[n] Ursprung[s] ist,<br />

so ist ihre Interpretation doch absolut menschlich“ 78 – nicht zuletzt jene<br />

Interpretation, die ihr der Prophet höchstselbst im Laufe der Sammlung seiner<br />

ersten Gläubigen hat angedeihen lassen.<br />

V. Ausblick. Schriftauslegung und Hermeneutik: Fundamentaltheologische<br />

Kontexte<br />

Blickt man zurück auf die Vielzahl von Themen, mit denen uns unser<br />

diesjähriges Leitthema konfrontiert, so resümieren sich seine Fragestellungen aus<br />

der Perspektive einer biblischen Theologie zunächst in folgender grundsätzlichen<br />

Problematik:<br />

Wie eigentlich soll Offenbarung gedacht werden, wenn der biblische Gesamttext eine Art<br />

Palimpsest darstellt, eine Schrift also, in welcher nicht nur die Geschichte des Volkes<br />

Israel im Licht einmal ergangener Verheißungen, sondern auch die an Israel ergangenen<br />

Verheißungen im Licht neuer geschichtlicher Ereignisse immer wieder überschrieben und<br />

re-interpretiert werden – (erinnert sei hier als Beispiel kat’ exochen natürlich an das<br />

Christusereignis)? Ist, was wir »Offenbarung« nennen, zuletzt doch nur<br />

menschengefertigtes Wort, nämlich die Interpretation einer Interpretation einer Interpretation?<br />

Will man es bei dieser desillusionierenden Antwort nicht belassen, so ist man<br />

genötigt, sich mit folgenden fundamentaltheologischen Fragen<br />

auseinanderzusetzen:<br />

Welche der uns durch die biblischen Texte gewährten Einsichten erlauben es uns, in ihnen<br />

das unableitbare Wort Gottes zu entdecken?<br />

Wie ist überhaupt das Verhältnis von Menschenwort und Gotteswort innerhalb der<br />

biblischen Schriftcorpora zu fassen?<br />

78<br />

Nasr Hâmid ABÛ ZAYD: Spricht Gott nur Arabisch?, in: DIE ZEIT Nr. 5 (23. Januar 2003).<br />

35

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