THEATERjournal - Theater Osnabrück
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8 Dienstag, 27. August 2013<br />
LA BOHÈME<br />
Giacomo Puccinis Publikumshit am <strong>Theater</strong> im Domhof<br />
Es ist eine der bekanntesten, der<br />
beliebtesten Geschichten, die auf<br />
der Opernbühne erzählt werden.<br />
Giacomo Puccinis in Musik und<br />
Bild transformierte Milieustudie<br />
der bettelarmen Künstlerszene<br />
rührt auch mehr als hundert Jahre<br />
nach ihrer Uraufführung 1896 das<br />
Opernpublikum zu Tränen.<br />
Der Weihnachtsabend führt die<br />
Näherin Mimì und den Dichter<br />
Rodolfo für eine kurze leidenschaftliche<br />
Liebe zusammen.<br />
Doch ist diese Verbindung durch<br />
Mimìs Tuberkulose, Rodolfos Eifersucht<br />
und die materielle Not<br />
beider von vornherein zum Scheitern<br />
verurteilt.<br />
Auch Rodolfos Künstlerfreunden,<br />
dem Maler Marcello, dem Musiker<br />
Schaunard und dem Philosophen<br />
Colline, ergeht es im täglichen<br />
trickreich zu meisternden (Über-)<br />
Lebenskampf, ohne Aussicht auf<br />
professionellen Durchbruch, nicht<br />
anders. Eine dauerhafte Liebesbeziehung<br />
findet darin keinen Platz,<br />
allenfalls, wie bei Marcello und seiner<br />
Geliebten Musetta, ein ständiger<br />
Kampf zwischen Hingabe und<br />
Entzweiung.<br />
Die scheinbar schicksalhafte Begegnung<br />
zwischen der sterbenskranken<br />
Mimì und dem armen<br />
Poeten Rodolfo, die als große Liebesgeschichte<br />
beginnt und mit<br />
dem elenden Tod Mimìs endet,<br />
entwickelte sich zum Inbegriff romantischer<br />
Oper.<br />
Doch hatte sich der Komponist,<br />
hatte sich der Autor der Roman-<br />
Vorlage das so gedacht? Seit 1845<br />
waren Henri Murgers Scènes de<br />
Bohème in losen Episoden als<br />
LA BOHÈME<br />
Szenen nach La Vie de Bohème von Henri Mulger in vier Bildern<br />
Text von Guiseppe Giacosa und Luigi Illica<br />
(In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln)<br />
PREMIERE: Samstag, 28. September 2013,<br />
19.30 Uhr, <strong>Theater</strong> am Domhof<br />
MUSIKALISCHE LEITUNG: Andreas Hotz<br />
INSZENIERUNG:<br />
Floris Visser<br />
BÜHNE/KOSTÜME: Dieuweke van Rej<br />
LICHT:<br />
Alex Brok<br />
CHOREINSTUDIERUNG: Markus Lafleur<br />
DRAMATURGIE:<br />
MIT:<br />
Ulrike Schumann<br />
Marie-Christine Haase/Susann Vent,<br />
Lina Liu; Genadijus Bergorulko,<br />
Jan Friedrich Eggers, Mark Hamman,<br />
Daniel Moon, Andrey Nevans/<br />
JunHo You, Shadi Torbey<br />
Chor, Extra- und Kinderchor des<br />
<strong>Theater</strong>s <strong>Osnabrück</strong><br />
<strong>Osnabrück</strong>er Symphonieorchester<br />
Fortsetzungsroman in der Zeitschrift<br />
„Le Corsaire de Satan“ erschienen.<br />
Schlaglichtartig verfolgten<br />
sie den täglichen Daseinskampf<br />
verschiedener Figuren aus<br />
dem Pariser Arbeiter-, Studentenund<br />
Künstlermilieu.<br />
Mit Begeisterung wurden diese<br />
Geschichten gelesen, nicht zuletzt<br />
wohl auch deshalb, da sie sich in<br />
ihren Schilderungen ziemlich nah<br />
an der oftmals sehr rauen Lebenswirklichkeit<br />
bewegten. Die Leserschaft<br />
fand darin sich selbst und<br />
ihre Alltagserfahrungen wieder.<br />
Der Erfolg gab Murger den Anstoß,<br />
eine szenische Adaption zu<br />
verfassen, der aber im Sinne der<br />
Bühnenwirksamkeit mehr Stringenz<br />
und ein dramatischer Bogen<br />
abverlangt wurde. Die Grundatmosphäre<br />
gestaltete sich melodramatischer,<br />
im Gegenzug verlor<br />
sich zum Teil die ‚quasi-authentische‘<br />
Erzählweise.<br />
Auf der Basis dieses Stücks La Vie<br />
de Bohème (Das Leben der Bohème)<br />
und Erzählstränge des Zeitungsromans<br />
schufen Giacomo<br />
Puccini und seine Librettisten<br />
Giuseppe Giacosa und Luigi Illica<br />
ein Musiktheaterwerk, das einerseits<br />
die Sentimentalität des Bühnenfiltrats<br />
noch verstärkte, andererseits<br />
mit einer für die Opernbühne<br />
im Jahr der Uraufführung<br />
immer noch ungewöhnliche<br />
Schilderung prekärer Existenzen<br />
auffiel.<br />
Neben großen melodischen Bögen,<br />
die verschiedenste Gefühlswelten<br />
musikalisch auf die Spitze<br />
Zwei, die sich gut verstehen: Regisseur Floris Visser und Lina Liu.<br />
treiben, zeichnete Puccini lebensnahe<br />
Charaktere, eröffnete er<br />
durch eine Menge Lokalkolorit<br />
angereicherte Klangwelten – und<br />
bewegte sich damit wieder einen<br />
Schritt auf Murgers Zeitschriften-Urfassung<br />
der Bohème zu.<br />
„Ich kenne niemanden, der das<br />
Paris dieser Zeit so gut beschrieben<br />
hat wie Puccini in La Bohème“<br />
(Claude Debussy).<br />
Im heutigen Verständnis der Bohème<br />
rückt oftmals die so verheißungsvoll<br />
aufflammende und<br />
traurig-endende Beziehung von<br />
Mimì und Rodolfo sehr stark in<br />
den Fokus, nicht zuletzt auch deshalb,<br />
weil Puccini diesem Paar die<br />
groß-ausgemalten musikalischen<br />
Szenen widmete. Vergessen sollte<br />
man darum nicht, dass es dem<br />
Komponisten (genau wie dem<br />
Autor Murger) nicht um eine große<br />
Lebensgeschichte zweier Menschen,<br />
sondern um einen relativ<br />
kurzen Ausschnitt daraus ging.<br />
Tragischerweise endet dieser mit<br />
Mimìs Tod, Rodolfo aber wird<br />
weiter leben. Wie, darüber lässt<br />
sich nach dem Besuch der Vorstellung<br />
noch wunderbar weiter<br />
spekulieren.<br />
(US)<br />
EINFÜHRUNGSMATINEE<br />
Eine Einführungsmatinee zur<br />
Premiere von La Bohème findet<br />
am Samstag, 15. September<br />
2013, um 11.30 Uhr im Oberen<br />
Foyer statt. Der Eintritt ist frei.<br />
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