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DIE ZEIT OHNE BEISPIEL - thule-italia.net

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anstimmen zum Preise der englischen Saulusse, die zu sanften Paulussen geworden sind. Was wollt ihr<br />

von den Nazis erwarten ? Die sind uns gegenüber nur Anfänger! Wenn wir einmal richtig beginnen,<br />

dann wird Europa ein Wunder sehen. Natürlich müssen wir zuerst den Krieg gewinnen, und dabei müßt<br />

ihr uns helfen. Aber dann, meint die "Times", werden wir die alten Fehler wieder gutmachen und<br />

Ordnung schaffen!<br />

Wir glauben nicht, daß die Herren Lords heute noch viel zu lachen haben. Aber wenn sie noch<br />

irgendwo in einem letzten unversehrten Klubzimmer in der Londoner City zusammensitzen und die<br />

"Times" lesen, dann stößt wohl einer den anderen leise an und weist auf diese Stellen und dann<br />

zwinkern sich beide mit den Augen zu und lächeln das Lächeln der Auguren.<br />

-374-<br />

* * * * *<br />

Pseudosozialisten<br />

26. Januar 1941<br />

Wir müssen es tiefbewegten Herzens eingestehen: die britischen Lords, sonst nur damit beschäftigt,<br />

ihre Riesenbesitzungen abzugrasen und ihren märchenhaften Reichtum auf eine möglichst amüsante<br />

Weise zu verjuxen, sind neuerdings unter die Sozialethiker gegangen. Sie schlagen in ihren Reden und<br />

Zuschriften an die "Times" ein Tönchen an, das einem waschechten Kapitalisten das Blut in den Adern<br />

gefrieren macht. Das hallt nur so wider von Lobpreisungen des goldenen sozialen Zeitalters, das nach<br />

Beendigung des Krieges in England und den näheren und weiteren dazugehörigen Kolonialgebieten<br />

anbrechen wird. Dagegen sind wir nur Anfänger auf diesem Sektor, und die Welt wird offenbar in<br />

Zukunft noch allerhand zu staunen haben. Man werfe seinen Reichtum ab und verteile ihn unter die<br />

Armen!<br />

Nun ist es eine alte Regel, daß einem das Hemd immer näher sitzt als der Rock, und daß im Krieg ein<br />

warmes Essen und ein Dach über dem Kopf besser tut als die Vertröstung auf Kaviar und Austern im<br />

Frieden. Man könnte also mit Fug und Recht die Frage aufwerfen, warum die Herren Plutokraten, die<br />

mit bebender Ungeduld das Ende des Krieges erwarten, um mit ihren weltbeglückenden sozialen Umwälzungen<br />

einzusetzen, nicht schon jetzt ein bißchen damit anfangen, und, sagen wir, vorläufig einmal<br />

zugunsten der Armen, die sie zu Objekten ihrer menschenfreundlichen Tätigkeit ausersehen haben,<br />

statt 120 nur 80 Prozent Dividende auf ihre Rüstungsaktien nehmen. Das wäre zwar nicht viel, aber<br />

doch schon etwas; man sähe wenigstens den guten Willen, und das ist auch nicht zu verachten.<br />

So aber sägen sie nur zum Schein den Ast des reichbehängten Pflaumenbaumes ab, auf dem sie sitzen.<br />

Sie spielen aus lauter Angst und Beklommenheit Karl Marx, überschreien sich gegenseitig in radikalen<br />

Sozialphrasen und denken sich das ihrige dabei. Ihre Welt ist ins Wanken gekommen. Es beginnt ihnen<br />

dumpf zu dämmern, daß eine<br />

-375-<br />

neue Zeit im Anbruch ist, und daß man ihr irgend etwas, und seien es auch nur ein paar gute Worte<br />

oder joviale Gesten, zum Opfer bringen muß. Die Öffentlichkeit hat mit verständnisinnigem<br />

Schmunzeln zur Kenntnis genommen, daß zur selben Zeit, in der die englischen Zeitungen der<br />

Bevölkerung Mohrrüben und ungeschälte Kartoffeln als Ersatz für das fehlende Fleisch empfehlen, die<br />

führenden britischen Minister in den Londoner Luxusrestaurants sitzen und ihren Bäuchen mit den auserlesensten<br />

Genüssen Vergnügen bereiten. Das hat auch in England nicht gut gewirkt. Also begibt sich<br />

Mr. Churchill am anderen Tag ins Savoy und bestellt für 3 Shilling inklusive ein mageres Hühnerbein<br />

mit einer Wassersoße und drei Erbsen dazu. Es fehlt natürlich nicht an den dazugehörigen Fotografen<br />

und Filmoperateuren, die dieses im wahrsten Sinne des Wortes einmalige Ereignis auf die Platte und<br />

auf das Zelluloidband nehmen, um es für die Welt und Nachwelt zu erhalten. Reuter funkt es in alle

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