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P.T. MAGAZIN 02/2013

Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

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Spezial | Regional<br />

Im südlichsten Zipfel Deutschlands<br />

Das Allgäu wartet mit traditionellem Instrumentenhandwerk, erfolgreichen<br />

Unternehmen und sportlichen Herausforderungen auf<br />

Geigenbauermeister Pierre Chaubert in seiner Werkstatt. Seit über 450 Jahren ist in Füssen<br />

das Lauten- und Geigenmacherhandwerk beheimatet.<br />

Liebhaber von Extremen können in<br />

Oberstdorf ihren Zipfelpass abstempeln<br />

lassen. Deutschlands südlichster<br />

Ort gehört zum Zipfelbund, der 1999<br />

zusammen mit drei weiteren deutschen<br />

Orten in geografischen Extremlagen<br />

gegründet wurde: Görlitz, List auf Sylt<br />

und Selfkant.<br />

Doch vor allem ist Oberstdorf durch<br />

den Skisport bekannt. Die <strong>2013</strong> zum<br />

60sten Mal ausgetragene Vierschanzentournee<br />

findet hier alljährlich ihren<br />

Auftakt.<br />

(Foto: Füssen Tourismus u. Marketing/www.guenterstandl.de)<br />

Sportliches Allgäu<br />

Atemberaubend ist der „Sprung“ in das<br />

Allgäuer Alpenvorland. Sieben große<br />

Seen liegen hier wie Perlen auf einer<br />

Kette aufgereiht nebeneinander. Unweit<br />

Immenstadts ist mit der „Alpsee Bergwelt“<br />

im Westen der Region ein Freizeitangebot<br />

entstanden, welches im Allgäu<br />

als einzigartig gilt. Dort befindet sich<br />

eine der längsten Allwetter-Rodelbahnen<br />

Deutschlands. Noch 100 Meter länger<br />

ist die Hasenhorn-Bahn bei Todtnau im<br />

Schwarzwald. Am Großen Alpsee lassen<br />

sich auf einer Gesamtstrecke von<br />

2.800 Metern mit dem Alpsee-Coaster<br />

knapp 400 Meter Höhenunterschied<br />

überwinden. Zwar geht die Fahrt über<br />

Stock und Stein und Feld und Wiese,<br />

jedoch spürt der Lenker des auf einer<br />

Schienenführung verankerten Bobs die<br />

Unebenheiten nicht. „Jeder entscheidet<br />

selbst, wie schnell er fährt. Die rasante<br />

Fahrt ins Tal dauert zwischen sechs und<br />

zehn Minuten. Der Coaster steuert dabei<br />

durch 68 Kurven, über 23 Wellen, sieben<br />

Jumps und vier Brücken“, erklärt Sabine<br />

Hagenauer, Geschäftsführerin der Alpsee<br />

Bergwelt GmbH & Co. KG. Interessierten<br />

werden sowohl Wetterschutzhauben für<br />

Tage, an denen die Sonne einmal nicht<br />

scheinen sollte, als auch magische Lichtkomponenten<br />

für Nachtrodler, denen die<br />

Trasse durch diverse Scheinwerfer erhellt<br />

wird, geboten. Nahe der „Alpsee Bergwelt“<br />

schwanken nicht nur Bäume im<br />

Wind: Auf 16 verschiedenen Parcours des<br />

„Kletterwaldes Bärenfalle“ spannen sich<br />

Seile, Netze und Gurte über dem Waldboden.<br />

Sportler und Kletterer können<br />

in einer Höhe zwischen einem und 15<br />

Metern insgesamt 170 Kletterelemente<br />

erobern. Angaben von Frank-Schiffer-<br />

Internetdienstleistungen zufolge befinden<br />

sich in Bayern 43 Hochseilgärten.<br />

Der Freistaat liegt damit hinter Baden-<br />

Württemberg mit 46 und vor Nordrhein-<br />

Westfalen mit 30 Kletterparks auf dem<br />

zweiten Platz des Deutschen Hochseilgarten-Verzeichnisses.<br />

Allwetter-Rodelbahn der „Alpsee Bergwelt“ bei<br />

Immenstadt i. Allgäu<br />

Mittelständisches Allgäu<br />

Nördlich der Linie Niedersonthofener See<br />

– Rottachgewässer – Grüntensee liegt<br />

eine der ältesten Städte Deutschlands:<br />

Kempten. „Seitdem der ‚Große Preis des<br />

Mittelstandes‘ 20<strong>02</strong> bundesweit ausgelobt<br />

wird, wurden aus den Mauern<br />

dieser Stadt heraus schon acht engagierte<br />

Unternehmen nominiert. Ebenfalls<br />

je acht wurden aus den Nachbarortschaften<br />

Kaufbeuren und Memmingen<br />

vorgeschlagen, wobei die Memminger<br />

Firma Pfeifer Seil- und Hebetechnik<br />

GmbH 2005 sogar gekürt werden konnte“,<br />

erzählt Robert Knitt von IMBEMA<br />

Consult GmbH. Der heutige Unternehmensberater<br />

betreut eine der drei Servicestellen<br />

der Oskar-Patzelt-Stiftung<br />

in Bayern. „Von den insgesamt über 70<br />

Nominierungen des Allgäus haben fünf<br />

Unternehmen den Preis empfangen und<br />

2012 wurde schließlich auch die Ehrenplakette<br />

verliehen“, fügt der ehemalige<br />

Banker hinzu.<br />

Musikalisches Allgäu<br />

„Mit nur zwei Mann sind wir ein eher<br />

kleiner Betrieb“, sagt Pierre Chaubert.<br />

„Ich habe mir aber sagen lassen, dass<br />

für den Preis schon insgesamt vier mittelständische<br />

Unternehmen aus Füssen<br />

vorgeschlagen worden sind“, ergänzt<br />

der Geigenbauermeister und lächelt. Er<br />

betreibt eine von drei Geigenbauwerkstätten,<br />

durch die Füssen seine Tradition<br />

als Musikstadt pflegt. Die im Ost-Allgäu<br />

befindliche Stadt liegt beinahe eingekeilt<br />

zwischen Weißen-, Hopfen- und Forggensee.<br />

Nach Süden bilden die Alpen eine<br />

weitere natürliche Barriere. An der einstigen<br />

Römerstraße Via Claudia Augusta<br />

gelegen, die Augsburg mit Venedig bis<br />

in die Neuzeit hinein verband, erlangte<br />

Füssen durch seine Lauten- und Geigenmacherkunst<br />

trotz landschaftlicher<br />

Abschottung herausragende Bedeutung.<br />

„Europas erste Lautenmacherzunft<br />

wurde hier 1562 gegründet. In dieser<br />

Zeit arbeiteten unter den etwa 2.000<br />

Einwohnern um die 20 Lautenmachermeister“,<br />

weiß Chaubert zu berichten.<br />

Wesentlich zum Aufstieg der Stadt als<br />

Zentrum des Instrumentenbaus trug der<br />

mit Flößen befahrbare Lech bei, der die<br />

Handelswege nach Wien und Budapest<br />

über die Donau öffnete. Das für den<br />

Instrumentenbau notwendige Holz kam<br />

früher aus den Bergwäldern des benachbarten<br />

Ammergebirges und Nordtirols.<br />

Es gab besonders zahlreiche Bestände<br />

an Fichte, Ahorn und Eibe. Für seine Geigen<br />

beziehe Chaubert den Rohstoff noch<br />

immer aus der Gegend, Ahorn komme<br />

auch aus Böhmen. Das Holz wird im Winter<br />

geschlagen, dann stehe es nicht im<br />

Saft. „Es werden gerade gewachsene, astfreie<br />

Bäume verwendet, die oberhalb von<br />

800 Metern wachsen. Mindestens zehn<br />

Jahre muss das Holz gelagert haben und<br />

abgetrocknet sein, damit es nicht reißt“,<br />

erklärt Chaubert weiter. Ungefähr fünf<br />

Violinen entstehen in seiner Werkstatt<br />

in einem Jahr. Eine Meistergeige kostet<br />

bis zu 20.000 Euro. „Das Instrument hat<br />

eine Seele“, schwärmt Chaubert. Es stehe<br />

in einer gewissen Beziehung zum<br />

Musiker. Zu beachten gilt dabei, ob er<br />

als Solist oder im Orchester auftrete.<br />

Es bleibt ein deutlicher Unterschied zu<br />

den sogenannten „Schülergeigen“ chinesischer<br />

Produktion. Bei einem Stundenlohn<br />

von nur etwa 50 Cent kosten<br />

diese ungefähr 100 Euro. Der Markt leide.<br />

Chaubert schaut missmutig. Das Museum<br />

der Stadt Füssen, das im ehemaligen<br />

Benediktinerkloster St. Mang untergebracht<br />

ist, dokumentiert die Tradition<br />

des Saiteninstrumentenbaus. Dem Besucher<br />

wird neben einer der europaweit<br />

umfangreichsten Sammlungen an historischen<br />

Lauten und alten Geigen auch die<br />

Wanderung der Füssener Handwerker<br />

gezeigt – die Geschichte einer Arbeitsmigration.<br />

Geigenbauer zogen aus, um an<br />

Fürstenhöfen und in Kulturmetropolen<br />

wie Prag, Wien, Lyon oder den oberitalienischen<br />

Städten neue Werkstätten zu<br />

gründen. Die Füssener Handwerkskunst<br />

wirkte lange Zeit prägend. Dass Füssens<br />

Ruf noch nachhallte, beweist Chauberts<br />

Lebensweg. Den Westschweizer verschlug<br />

es 1982 an den Lech. Er belebte die<br />

nunmehr 450-jährige Geschichte dieses<br />

Geigenbauerhandwerk am südlichsten<br />

Zipfel Deutschlands wieder. n<br />

Armin Höhling<br />

WEYERMANN ® SPEZIALMALZE<br />

Brennerstraße 17-19 · D-96052 Bamberg · www.weyermann.de<br />

(Foto: alpsee-bergwelt)<br />

Laute (Mandora) im Kloster St. Mang,<br />

Museum der Stadt Füssen<br />

(Foto: Füssen Tourismus u. Marketing/www.guenterstandl.de)<br />

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