28.09.2014 Aufrufe

Ausgabe als pdf - Trafikantenzeitung

Ausgabe als pdf - Trafikantenzeitung

Ausgabe als pdf - Trafikantenzeitung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

im blickpunkt<br />

schwinglich – und viele Arbeiter<br />

waren rasch starke Raucher.<br />

Die Zigarettenpause<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg änderte<br />

sich das Rauchverhalten<br />

im großen Maßstab. Die Zigarette<br />

wurde vollends zum Massenprodukt<br />

und zum Synonym für<br />

die neue, massenbewegte Zeit.<br />

Die gewerkschaftlichen Forderungen<br />

auch nach Pausen während<br />

der Arbeitszeit wurden mit<br />

„Zigarettenlänge“ definiert. Für<br />

die junge Generation verband<br />

sich damit ein selbstbestimmtes<br />

und intensives Lebensgefühl.<br />

In den 1920er-Jahren versuchte<br />

man damit auch starre Gesellschafts-<br />

und Geschlechterbilder<br />

aufzuweichen. Die aufkommende<br />

Tabakwerbung griff neue<br />

Themen auf und warb gezielt mit<br />

Frauen <strong>als</strong> Werbeträgerinnen.<br />

Man versprach sich davon nicht<br />

nur die neue Käufergruppe<br />

Frauen, sondern der Blick für<br />

Exotisches und Erotisches zog<br />

verstärkt Männer in ihren Bann.<br />

Tabakrevolution<br />

nach dem 2.<br />

Weltkrieg<br />

Mit dem Ende<br />

des Zweiten Weltkriegs stand<br />

der Tabakmarkt vor großen Zäsuren:<br />

Im Gefolge der amerikanischen<br />

Besatzungssoldaten<br />

verbreitete sich die amerikanische<br />

Zigarette und mit ihr der<br />

American Blend auch in Europa.<br />

Statt des traditionellen Orienttabaks<br />

oder reinen Virginias<br />

wurden nun Mischungen aus<br />

Virginia, Burley und nur noch<br />

kleinen Mengen von Orienttabak<br />

geraucht.<br />

In den 50er-Jahren sorgte die<br />

Einführung der Filterzigarette<br />

für die nächste Neuerung auf<br />

dem Produktsektor.<br />

Rauchverbote sind<br />

keine modernen Ideen<br />

Der erste Gegner des Rauchens<br />

war die katholische Kirche bzw.<br />

die spanische Inquisition – der<br />

Versuch, das „Teufelszeug“ zu<br />

verbieten, scheiterte bekanntlich<br />

trotz drastischer Strafdrohungen.<br />

In vielen Ländern, darunter<br />

auch Österreich, wollten<br />

die Machthaber dieser Zeit diese<br />

„Unsitte“ mit Verboten verhindern;<br />

beispielsweise durfte Tabak<br />

nur in Apotheken und zur medizinischen<br />

Verwendung verkauft<br />

werden, und das Rauchen war<br />

mit hohen Geldstrafen bedroht.<br />

Wie so viele andere Verbote<br />

waren auch diese angesichts der<br />

schieren Menge von Rauchern<br />

erfolglos. Sultan Murad IV. stellte<br />

das Rauchen unter Todesstrafe –<br />

pikanterweise darf er heute sogar<br />

<strong>als</strong> unfreiwilliger Namenspatron<br />

einer türkischen Zigarettenmarke<br />

dienen. In Russland wurde<br />

Anfang des 17. Jahrhunderts der<br />

Tabakkonsum durch Aufreißen<br />

der Nasenflügel und Aufschneiden<br />

der Lippen bestraft.<br />

Unter ihrem puritanischen König<br />

Jakob I. versuchten die Briten<br />

es auf andere Weise: Die Zölle<br />

wurden um das 40-fache erhöht<br />

– was zwar nur eine exorbitante<br />

Zunahme des Schmuggels mit<br />

Historische Inkonsequenz: erst die Warnung vor dem bösen<br />

Tabak, später die Werbung für die eigenen Zigaretten<br />

sich brachte, es wurde aber ungebremst<br />

weitergeraucht. Deshalb<br />

reduzierte man die Abgaben<br />

wieder und freute sich über die<br />

saftigen Steuereinnahmen.<br />

Die USA versuchten in den 20er-<br />

Jahren gleichzeitig mit Alkohol<br />

auch Zigaretten zu verbannen –<br />

dies war jedoch noch viel mehr<br />

<strong>als</strong> die Prohibition zum Scheitern<br />

verurteilt.<br />

Auch Adolf Hitler war ein Gegner<br />

des Tabaks, den er <strong>als</strong> „die<br />

Rache des roten Mannes“ an<br />

den Ariern bezeichnete. Auch<br />

der Begriff des „Passivrauchens“<br />

stammt übrigens aus jener Zeit<br />

und hat es erst jüngst wieder<br />

zu unrühmlicher Bekanntheit<br />

gebracht. Erste Rauchverbote<br />

in den Zügen und öffentlichen<br />

Einrichtungen Nazideutschlands<br />

sowie Einschränkungen<br />

der Tabakwerbung hatten jedoch<br />

mit Kriegsbeginn ein rasches<br />

Ende. Stattdessen wurden eigene<br />

Marken wie „Sturm“ und<br />

„Trommler“ an Soldaten verteilt<br />

und standen der Bevölkerung <strong>als</strong><br />

Monatsration zu. Wenn man es<br />

schon nicht verhindern kann, so<br />

will man zumindest selbst daran<br />

verdienen – und daran hat sich<br />

bis heute nichts geändert.<br />

Quellenangabe u. a. aus:<br />

Mündl, Kurt: „Tabak – Ein Kraut verändert<br />

die Welt“. Verlag Styria 2001<br />

Fellner, Sabine / Thiel, Georg: „Nicotiana<br />

– Europäische Rauchkultur“.<br />

Austria Tabak GmbH, Verlag Sonderzahl<br />

2009.<br />

Launer, Ekkehard: „Zum Beispiel Tabak“.<br />

Lamuv Verlag 1995<br />

...das schnelle<br />

w w w . l o a d . a g<br />

trafik a nten zeitung November/2013<br />

23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!