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Paare und Familien<br />
B<br />
Beziehungsweise<br />
Täglich verhan<strong>de</strong>lte und gelebte Ökumene<br />
„Hoehl mit oe“, betont Hans Hoehl mit Augenzwinkern gleich<br />
zu Beginn. „Die mit „ö“ sind nämlich evangelisch!“ Manchmal steckt <strong>de</strong>r<br />
Teufel eben im Detail… und alle müssen lachen. Neben <strong>de</strong>m Ehepaar<br />
Hoehl, die seit 47 Jahren verheiratet sind, nehmen noch die seit acht Jahren<br />
verheirateten Rüdigers am STIMME-Gespräch teil.<br />
Schnell wird <strong>de</strong>utlich, wie unterschiedlich die Startbedingungen<br />
waren. „Wir haben ja noch vor <strong>de</strong>m Zweiten Vatikanischen Konzil geheiratet“,<br />
erzählt Hans Hoehl, „da war klar, dass wir uns katholisch trauen<br />
lassen müssen“. Dem ging eine längere intensive Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit<br />
Helga voraus, seiner evangelischen Zukünftigen. Die sah das nämlich gar<br />
nicht so selbstverständlich. Vor allem, dass sie sich schriftlich verpflichten<br />
sollte, die Kin<strong>de</strong>r katholisch zu erziehen, fand sie befremdlich.<br />
Sofort bricht eine lebhafte Diskussion auf und man merkt: Spätestens<br />
die Kin<strong>de</strong>r sind <strong>de</strong>r „Knackpunkt“! Eine ökumenische Taufe gibt es<br />
nicht und so muss dann eine Entscheidung her. Sie<br />
ist bei bei<strong>de</strong>n Paaren unterschiedlich ausgefallen.<br />
Bei Rüdigers setzte sich Katja letztlich gegen ihren<br />
Mann Gerrit „durch“: ihre drei Kin<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n evangelisch.<br />
Nicht ohne Schuldgefühle, wie sie selbst<br />
sagt. Bei<strong>de</strong> sind sehr verwurzelt in ihrer jeweiligen<br />
Kirche. Nach welchen Kriterien soll man entschei<strong>de</strong>n?<br />
Hoehls haben ihre Kin<strong>de</strong>r katholisch taufen<br />
Ehepaar Hoehl, Fotos: Klaus Wahl<br />
lassen. „Ich bin Christin“, sagt Helga Hoehl selbstbewusst. „Natürlich bin<br />
ich dann mit <strong>de</strong>r Familie in <strong>de</strong>n katholischen Gottesdienst gegangen. Ich<br />
wollte wissen, was die Kin<strong>de</strong>r dort erleben!“ In <strong>de</strong>r Familie selbst haben<br />
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Paare und Familien<br />
die Töchter Ökumene erlebt, wie sie heute sagen. Und zur Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Eltern sind alle drei engagierte Christinnen gewor<strong>de</strong>n.<br />
Was macht für die Paare <strong>de</strong>nn eigentlich <strong>de</strong>n Unterschied aus?<br />
Da herrscht Einigkeit: Das Kreuzzeichen beim Gebet, das im<br />
Übrigen auch für die Kleinen schon sichtbare Beson<strong>de</strong>rheit<br />
sei. Und die Sonntagspflicht, <strong>de</strong>r regelmäßige Kirchgang, <strong>de</strong>r<br />
für die Katholiken selbstverständlicher sei als für Protestanten.<br />
Auch die Ausgestaltung <strong>de</strong>s Gottesdienstes unterschei<strong>de</strong> sich<br />
wesentlich. Hier zeigt sich Ökumene von ihrer besten Seite,<br />
wenn bei<strong>de</strong> Paare betonen, was sie am Gottesdienst <strong>de</strong>s jeweils<br />
An<strong>de</strong>ren schätzen: Da gebe es die evangelische Predigtkultur<br />
mit ihrer Hochachtung <strong>de</strong>s Wortes. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Sei-<br />
Familie Rüdiger<br />
te mögen alle <strong>de</strong>n festlichen Charakter <strong>de</strong>r katholischen Gottesdienste,<br />
in <strong>de</strong>m mehr Wertschätzung auch für sinnliche Elemente zu spüren sei.<br />
„Aber letztlich ist man immer auf <strong>de</strong>r Suche nach <strong>de</strong>m Weg, mit<br />
<strong>de</strong>m man allen gerecht wird“, sagt Katja Rüdiger nach<strong>de</strong>nklich: „Es ist<br />
auch irgendwo ein Ringen“. Der eigene feste Glaube, die eigene Überzeugung<br />
und auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite das schlechte Gewissen: Wird man auch<br />
<strong>de</strong>m Partner gerecht? Wie wer<strong>de</strong>n sich die Kin<strong>de</strong>r später positionieren?<br />
Das Ehepaar Hoehl ist schon länger auf <strong>de</strong>m gemeinsamen Weg<br />
unterwegs und blickt heute mit einer guten Portion Gelassenheit zurück:<br />
„Man wächst daran, das ist das Schöne“, bilanziert Hans Hoehl. Rüdigers<br />
versuchen <strong>de</strong>n Mittelweg: katholischer Kin<strong>de</strong>rgarten, evangelischer<br />
Kin<strong>de</strong>rgottesdienst. „Wir wissen natürlich, dass das irgendwann nicht<br />
mehr funktioniert“, sagt Gerrit Rüdiger. Viele Fragen, keine Patentrezepte.<br />
Schön ist es, wenn es gelingt, unterschiedliche Traditionen als Schatz<br />
und als Bereicherung wahrzunehmen.<br />
Am En<strong>de</strong> bleibt <strong>de</strong>r Eindruck, dass in „ökumenischen Ehen“ offenbar<br />
viel über <strong>de</strong>n Glauben gesprochen wird. Und das ist ja in je<strong>de</strong>m<br />
Fall eine Bereicherung.<br />
Katrin Hil<strong>de</strong>nbrand<br />
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