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1 Historischer Hintergrund - Universität Bamberg

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Die Radikalisierung der SED zur „Partei Neuen Typus“ 57<br />

gleichzeitig der Druck auf die Wirtschaftssubjekte erhöht. Planwirtschaft ließ keine<br />

andere Verfahrensweise zu. Die Berücksichtigung sämtlicher betriebsindividueller<br />

Probleme im gesamtwirtschaftlichen Rahmen war durch die Zentralplanbehörden<br />

grundsätzlich nicht zu leisten - zumal jede einzelne Entscheidung eine allumfassende<br />

Kenntnis sämtlicher Vorgänge verlangt hätte. Die 1949er Betriebsrevisionen<br />

vermieden fast durchweg, Fehler der staatlichen Wirtschaftsbürokratie<br />

bei der Aufstellung der Produktionsauflagen zur Erklärung von Planverfehlungen in<br />

den Betrieben heranzuziehen. Damit verfehlten sie in der Praxis jenen Anspruch,<br />

den sich die RTA bezüglich ihrer Kontrolltätigkeit selbst auferlege. Sie gab vor,<br />

ihre Prüfer hätten zu kontrollieren, „ob die Produktionsauflage sachlich richtig,<br />

d.h., unter Beachtung der allgemeinen Arbeitsbedingungen des Betriebes und<br />

seiner Leistungsfähigkeit für den Betrieb erfüllbar ist und ob sie rechtzeitig erteilt<br />

wurde. [...] Die Prüfung wird also feststellen, inwieweit die Zusammenarbeit des<br />

Betriebes mit den Planungsstellen die Voraussetzung für die Erfüllung der Pläne<br />

bietet.“ 56 Das bedeutete konkret, daß die Durchlaufzeit des Materials, welches<br />

für die Produktion benötigt wurde, in der Prüfung Berücksichtigung finden sollte;<br />

ebenso die Frage, ob die Betriebe rechtzeitig über ihre Produktionsauflage informiert<br />

worden waren und über das erforderliche Material verfügen konnten.<br />

Plankritik von Joffe<br />

Auch auf anderen Ebenen wurde bis 1949 noch öffentlich über den elementarsten<br />

Bestandteil der sozialistischen Zentralplanwirtschaft gestritten: Den zentral aufgestellten<br />

Plan: „Die Planung der Industrieproduktion“ lautete der Titel einer Arbeit<br />

von J. Joffe, die 1948 als 4. Beiheft zur Sowjetwissenschaft von Jürgen Kuczynski<br />

u.a. herausgegeben wurde. Joffe stellte darin die Richtigkeit des Zentralplanes<br />

ohne Umschweife in Frage: „Wird der Plan in einem bestimmten Industriezweig<br />

nicht erfüllt, so ist es häufig nicht nur oder nicht in erster Linie ein Zeichen für die<br />

ungenügende Arbeit des Betriebes, sondern auch für größte Mängel des Planes<br />

und der Planungsarbeit selbst.“ 57 Der Veröffentlichung wurde eine Rezension von<br />

A. Kurnajew angehängt. Diese repräsentierte die offizielle sowjetische Position,<br />

der sich die SBZ-Führung bald anschloß. Sie richtete sich massiv gegen jene Teile<br />

des Textes, die sich mit den entscheidenden Elementen der sozialistischen Wirtschaftsordnung<br />

kritisch auseinandersetzten. Die Veröffentlichung ihrer Übersetzung<br />

gemeinsam mit Joffes Aufsatz in der SBZ ließ erkennen, daß die Führungen<br />

der SU und der SBZ/DDR nicht mehr bereit waren, Diskussionen in dieser Richtung<br />

zu dulden: „J. Joffe [...] versteigt sich sogar zu der Behauptung, daß ‘in manchen<br />

Fällen die Nichterfüllung des Planes innerhalb eines bestimmten Industriezweiges<br />

über einen längeren Zeitraum davon zeugt, daß die Planaufgaben schon in<br />

unzulänglicher Weise gestellt, daß die realen Möglichkeiten dieses Industriezweiges<br />

nicht richtig eingeschätzt wurden’ [...] Mit anderen Worten: der Verfasser<br />

meint, in bestimmten Industriezweigen seien die Pläne ‘während eines längeren<br />

Zeitabschnitts’ überhöht gewesen. Wozu verliert sich J. Joffe in so unfundierten<br />

Erörterungen? Überhöhte und unerfüllbare Pläne werden von den Ministerien<br />

56 DN5-261, S. 115f.<br />

57 JOFFE, Josef, Die Planung der Industrieproduktion, 4. Beiheft zur Sowjetwissenschaft,<br />

russische Publikation 1948, Berlin (Ost) wahrscheinlich 1949, S. 104.

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