12.10.2014 Aufrufe

1 Historischer Hintergrund - Universität Bamberg

1 Historischer Hintergrund - Universität Bamberg

1 Historischer Hintergrund - Universität Bamberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

54<br />

<strong>Historischer</strong> <strong>Hintergrund</strong><br />

aufzubauende Ruhrbehörde als Instrument der Repression gegen die Arbeiterschaft<br />

„zur Sicherung ausländischer Interessen in Kohle-, Koks- und Stahlunternehmungen<br />

der Ruhr“ 45 . Man wußte, daß in den Westzonen über die kommende<br />

Wirtschaftsordnung diskutiert wurde und dabei auch sozialistische Ansätze Beachtung<br />

fanden. Beispiel dafür war das „Ahlener Wirtschaftsprogramm“ der rheinischen<br />

CDU vom 3. Februar 1947 mit ihrer Forderung nach Sozialisierung von<br />

Monopolbetrieben sowie der Vergesellschaftung der Bergwerke 46 ; ebenso die<br />

Forderung des nordrhein-westfälischen Landtages im August 1947 über die Sozialisierung<br />

des Ruhrbergbaus 47 ; schließlich die Verabschiedung des Gesetzes<br />

über die Sozialisierung des Kohlenbergbaus durch den nordrhein-westfälischen<br />

Landtag am 6. August 1948 mit den Stimmen von SPD, KPD und Zentrum, wozu<br />

aber die Militärregierung am 23. August ihre Zustimmung verweigerte.<br />

Demokratischer Zentralismus<br />

Im Anschluß an die 1. Parteikonferenz der SED wurde der sogenannte demokratische<br />

Zentralismus als „das wichtigste bolschewistische Organisationsprinzip“ 48 in<br />

Partei, Verwaltung und Wirtschaft verstärkt umgesetzt: „So soll zwar ‘von unten<br />

nach oben’ demokratisch gewählt - eine Farce in allen kommunistischen Organisationen!<br />

- aber danach ‘von oben nach unten’ bestimmt werden, d.h. alle Instanzen<br />

haben sich ohne Widerspruch den Anordnungen der jeweils vorgesetzten<br />

Dienststelle zu fügen und sie auszuführen.“ 49 Das Prinzip des demokratischen<br />

Zentralismus diente der Rechtfertigung und dem Ausbau staatlicher Machtvollkommenheit.<br />

Die Partei legte großen Wert darauf, ihrer Autorität und ihrem Handeln<br />

eine Grundlage zu geben, die den Anschein erweckte, von tief begründeter<br />

Legalität zu sein. Die Vorgehensweise war dabei stets dieselbe: In unverfrorener<br />

Hemmungslosigkeit bemächtigte sich das System gebräuchlicher Rechts- und<br />

Freiheitsbegriffe, deren Sinn sie - ganz nach Belieben - entstellte, neu definierte<br />

und dergestalt zum Werkzeug ihrer Machtsicherung umfunktionierte. Dabei wurde<br />

der Sinngehalt ursprünglicher Begriffe nicht selten in sein Gegenteil verkehrt. In<br />

diesem Falle diente ausgerechnet der Demokratiebegriff der Legitimierung des<br />

totalitär-autokratischen Systems der SBZ/DDR. 50<br />

Radikalisierung - das Ende der Systemkritik<br />

Die Möglichkeit systemkritischer Anmerkungen wurden von Jahr zu Jahr weiter<br />

eingeschränkt. Erich Gniffke hatte den ersten Quartalsplan 1946 gegenüber dem<br />

Wirtschaftsexperten der SMAD, Kowal, noch als „Milchmädchenrechnung“ bezeichnet,<br />

nach dem dieser - offiziellen Angaben zufolge - nur mit 87 Prozent erfüllt<br />

45 Ebenda, S. 323.<br />

46 Im Gegensatz dazu standen gut zwei Jahre später die „Düsseldorfer Leitsätze“ der<br />

CDU vom 15. Juli 1949: Ein Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft als Wahlkamp f-<br />

programm und damit die endgültige Abwendung vom Ahlener Programm.<br />

47 Die Folge war eine Verschiebung derselben um fünf Jahre auf Drängen der amerikanischen<br />

Militärregierung auf der Washingtoner Kohlenkonferenz im August 1947.<br />

48 SCHENK, Diktatur, S. 29.<br />

49 Ebenda.<br />

50 Zu den Auswirkungen und Formen einer Wirtschaftsführung nach dem Prinzip des<br />

demokratischen Zentralismus: HAMEL, Hannelore, Das sowjetische Herrschaftsprinzip<br />

des demokratischen Zentralismus in der Wirtschaftsordnung Mitteldeutschlands,<br />

Berlin 1966. Vgl. auch: MARTIN, Thomas, Und nichts war uns geblieben, Der Weg<br />

der Freitaler Stahl- Industrie GmbH zum Volkseigenen Betrieb (1945-1948), Stuttgart<br />

1997, 169ff.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!