1 Historischer Hintergrund - Universität Bamberg
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<strong>Historischer</strong> <strong>Hintergrund</strong><br />
aufzubauende Ruhrbehörde als Instrument der Repression gegen die Arbeiterschaft<br />
„zur Sicherung ausländischer Interessen in Kohle-, Koks- und Stahlunternehmungen<br />
der Ruhr“ 45 . Man wußte, daß in den Westzonen über die kommende<br />
Wirtschaftsordnung diskutiert wurde und dabei auch sozialistische Ansätze Beachtung<br />
fanden. Beispiel dafür war das „Ahlener Wirtschaftsprogramm“ der rheinischen<br />
CDU vom 3. Februar 1947 mit ihrer Forderung nach Sozialisierung von<br />
Monopolbetrieben sowie der Vergesellschaftung der Bergwerke 46 ; ebenso die<br />
Forderung des nordrhein-westfälischen Landtages im August 1947 über die Sozialisierung<br />
des Ruhrbergbaus 47 ; schließlich die Verabschiedung des Gesetzes<br />
über die Sozialisierung des Kohlenbergbaus durch den nordrhein-westfälischen<br />
Landtag am 6. August 1948 mit den Stimmen von SPD, KPD und Zentrum, wozu<br />
aber die Militärregierung am 23. August ihre Zustimmung verweigerte.<br />
Demokratischer Zentralismus<br />
Im Anschluß an die 1. Parteikonferenz der SED wurde der sogenannte demokratische<br />
Zentralismus als „das wichtigste bolschewistische Organisationsprinzip“ 48 in<br />
Partei, Verwaltung und Wirtschaft verstärkt umgesetzt: „So soll zwar ‘von unten<br />
nach oben’ demokratisch gewählt - eine Farce in allen kommunistischen Organisationen!<br />
- aber danach ‘von oben nach unten’ bestimmt werden, d.h. alle Instanzen<br />
haben sich ohne Widerspruch den Anordnungen der jeweils vorgesetzten<br />
Dienststelle zu fügen und sie auszuführen.“ 49 Das Prinzip des demokratischen<br />
Zentralismus diente der Rechtfertigung und dem Ausbau staatlicher Machtvollkommenheit.<br />
Die Partei legte großen Wert darauf, ihrer Autorität und ihrem Handeln<br />
eine Grundlage zu geben, die den Anschein erweckte, von tief begründeter<br />
Legalität zu sein. Die Vorgehensweise war dabei stets dieselbe: In unverfrorener<br />
Hemmungslosigkeit bemächtigte sich das System gebräuchlicher Rechts- und<br />
Freiheitsbegriffe, deren Sinn sie - ganz nach Belieben - entstellte, neu definierte<br />
und dergestalt zum Werkzeug ihrer Machtsicherung umfunktionierte. Dabei wurde<br />
der Sinngehalt ursprünglicher Begriffe nicht selten in sein Gegenteil verkehrt. In<br />
diesem Falle diente ausgerechnet der Demokratiebegriff der Legitimierung des<br />
totalitär-autokratischen Systems der SBZ/DDR. 50<br />
Radikalisierung - das Ende der Systemkritik<br />
Die Möglichkeit systemkritischer Anmerkungen wurden von Jahr zu Jahr weiter<br />
eingeschränkt. Erich Gniffke hatte den ersten Quartalsplan 1946 gegenüber dem<br />
Wirtschaftsexperten der SMAD, Kowal, noch als „Milchmädchenrechnung“ bezeichnet,<br />
nach dem dieser - offiziellen Angaben zufolge - nur mit 87 Prozent erfüllt<br />
45 Ebenda, S. 323.<br />
46 Im Gegensatz dazu standen gut zwei Jahre später die „Düsseldorfer Leitsätze“ der<br />
CDU vom 15. Juli 1949: Ein Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft als Wahlkamp f-<br />
programm und damit die endgültige Abwendung vom Ahlener Programm.<br />
47 Die Folge war eine Verschiebung derselben um fünf Jahre auf Drängen der amerikanischen<br />
Militärregierung auf der Washingtoner Kohlenkonferenz im August 1947.<br />
48 SCHENK, Diktatur, S. 29.<br />
49 Ebenda.<br />
50 Zu den Auswirkungen und Formen einer Wirtschaftsführung nach dem Prinzip des<br />
demokratischen Zentralismus: HAMEL, Hannelore, Das sowjetische Herrschaftsprinzip<br />
des demokratischen Zentralismus in der Wirtschaftsordnung Mitteldeutschlands,<br />
Berlin 1966. Vgl. auch: MARTIN, Thomas, Und nichts war uns geblieben, Der Weg<br />
der Freitaler Stahl- Industrie GmbH zum Volkseigenen Betrieb (1945-1948), Stuttgart<br />
1997, 169ff.