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1 Historischer Hintergrund - Universität Bamberg

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Die Radikalisierung der SED zur „Partei Neuen Typus“ 53<br />

Schenk konstatierte: „Die Mehrzahl der [SED-] Mitglieder hat die verschiedenen<br />

Abweichungen nie begriffen.“ 39 Auch neue Methoden zur Disziplinierung sollten<br />

innerhalb der SED künftig verwirklicht werden. Die wichtigste bestand darin, die<br />

Mitglieder der SED zu „Kritik und Selbstkritik“ 40 zu zwingen. Wer hinfort politisch<br />

von der offiziellen Linie der Partei abwich, dem drohte ein Parteiverfahren 41 ,<br />

an dessen Ende der Beschuldigte in der Regel Selbstkritik zu üben hatte. Die 1.<br />

Parteikonferenz kann als letzter großer Versuch verstanden werden, unter Leitung<br />

der SED-Führung durch verstärkten politischen Druck und Disziplinierung der<br />

Partei alle sozialistischen Kräfte zu bündeln, um angesichts der unmittelbar drohenden<br />

Spaltung Deutschlands das Ruder noch einmal herum zu reißen, d.h., die<br />

Einheit des Landes im Schatten der roten Fahne herbeizuführen. Unter dem Slogan<br />

„für Einheit und gerechten Frieden“ 42 verschärfte die SED ihre propagandistische<br />

Auseinandersetzung mit den Westmächten. <strong>Hintergrund</strong> bildeten das in London<br />

beschlossene „Ruhrstatut“ und die geplante Einrichtung einer „militärischen<br />

Sicherheitsbehörde“. Gerechtfertigt wurde das harte Vorgehen der Partei mit dem<br />

Vorwurf an die Adresse der westlichen Besatzungsmächte, sie betrieben durch<br />

oben genannte Beschlüsse „die Zerreißung Deutschlands“, versündigten sich damit<br />

gegen die „Beschlüsse“ der Potsdamer Konferenz und verfolgten die Absicht,<br />

„ganz West- und Süddeutschland zu einem Kolonialgebiet des amerikanischen<br />

Imperialismus zu machen“ 43 . Der Verlust des Ruhrgebietes bedeutete für die SBZ<br />

einen herben Rückschlag. Die Entscheidung der sowjetischen Besatzungsmacht,<br />

ihre Wirtschaft bevorzugt mit dem Aufbau der Schwerindustrie zu beauftragen,<br />

verlangte nach umfangreichen Einfuhren von Kohle und Erz. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />

hoffte man noch, diese aus dem Ruhrgebiet zu erhalten. Das sogenannte<br />

Ruhrstatut, es sah vor, das Ruhrgebiet internationaler Kontrolle zu unterstellen,<br />

wurde im März 1948 auf der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz erstmals ins<br />

Gespräch gebracht und fand seine Umsetzung am 22. April 1949. Damit erloschen<br />

die Hoffnungen der SBZ-Führung, von den Rohstoffvorkommen an der<br />

Ruhr bevorzugt profitieren zu können, zumal die Sowjetunion nicht einmal vorgesehen<br />

war Mitglied der internationalen Ruhrkontrolle zu werden.<br />

Mit großem propagandistischen Aufwand versuchte die SED, noch zu Beginn des<br />

Jahres 1949 das Abkommen über die internationale Ruhrkontrolle zu verhindern.<br />

Die 1. Parteikonferenz erhob heftige Vorwürfe gegen die drei westlichen Besatzungsmächte.<br />

Man erhoffte auf diese Weise, noch rechtzeitig ein Übergreifen der<br />

sogenannten antifaschistisch-demokratischen Umwälzung auf das Ruhrgebiet<br />

auslösen zu können. Ohnehin wurde das Kohlenrevier an der Ruhr mit seinem<br />

hohen Arbeiter-Anteil als Region angesehen, wo sich der Sozialismus sowieso<br />

über kurz oder lang von selbst durchsetzen werde. Fest überzeugt von den intensiven<br />

„Bestrebungen der Werktätigen [des Ruhrgebietes] zur Enteignung der<br />

Konzernherren und Rüstungsgewinnler“ 44 , interpretierte die Führung der SBZ die<br />

39 Ebenda, S. 29.<br />

40 AUTORENKOLLEKTIV, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. I, S. 225,<br />

vgl. auch: SCHENK, Diktatur, S. 55-60.<br />

41 SCHENK, Diktatur, S. 29.<br />

42 Dieser Slogan stammte schon aus der sogenannten „Volkskongreßbewegung“, vgl.<br />

Manifest der 1. Parteikonferenz vom 25.-28. Januar 1949, in: Dokumente der SED, Bd.<br />

II, Berlin 1951, S. 182.<br />

43 Ebenda, S. 177.<br />

44 AUTORENKOLLEKTIV, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. I, S. 323.

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