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Satire - Satire - Satire<br />

Der Weihnachtsfestprotest<br />

Satire von Dirk Bußmann<br />

Kurz vor Weihnachten. Zum Frühstück berichtet der<br />

Nachrichtensprecher im Radio von giftigen Schadstoffen<br />

in Kinderspielzeugen. Seit Jahren dieselbe<br />

Debatte. Hätte man schon längst gegen vorgehen<br />

müssen, meint der Sprecher. Meine ich auch.<br />

Die armen Kinder. Natürlich rege ich mich auf, weil<br />

diesbezüglich niemand seinen Protest geltend<br />

macht.<br />

Einkaufen. Vor dem Supermarkt ein Bettler – und<br />

das bei diesen Temperaturen. Der muss doch total<br />

durchgefroren sein. Hat auch kaum Geld in der<br />

vor ihm liegenden Mütze. So ist das zu Weihnachten:<br />

Alle machen auf Harmonie und Gemütlichkeit,<br />

helfen tut aber keiner. Den meisten Leuten ist ihr<br />

Verhalten gar nicht bewusst. „Eine verlogene Gesellschaft“,<br />

denke ich noch, während ich an dem<br />

Bettler vorbeigehe.<br />

Beim Verstauen der Einkäufe im Kofferraum fällt<br />

mein Blick auf die Müllcontainer des Supermarktes.<br />

Wie viele brauchbare Lebensmittel die immer<br />

wegwerfen! Wirklich eine Schande, wo doch eine<br />

zunehmende Anzahl von Menschen in Deutschland<br />

immer mehr verarmt und Probleme hat die eigene<br />

Ernährung zu sichern! Dagegen müsste man wirklich<br />

einmal vorgehen! Aber das macht ja wieder<br />

keiner.<br />

Irgend so ein Langhaariger spricht mich an, anscheinend<br />

von einer Hilfsorganisation. Geld möchte<br />

er von mir. Für die Folgen der Flutkatastrophe in<br />

Pakistan, einem Land, welches große Probleme<br />

beim Wiederaufbau hat, weil weltweite Spendengelder<br />

nur zögerlich fließen, was, wie durch die<br />

Medien verbreitet wurde, wohl mit den unsicheren<br />

Regierungsverhältnissen dort zusammenhängt. Wir<br />

sprechen darüber und sind beide der Auffassung,<br />

dass dringender Handlungsbedarf besteht.<br />

Schließlich sind die hungernden Pakistani ohne<br />

Obdach die letzten, die dafür Verantwortung tragen.<br />

Die Fallstricke der Spendenbereitschaft. Ich sage<br />

ihm noch, wie bedauerlich ich das finde.<br />

Am Rande der Fußgängerzone malträtieren drei<br />

Kinder mit Schulranzen einen Mitschüler. Wieder<br />

und wieder schlagen sie ihm auf den Kopf, nehmen<br />

sein Mobiltelefon auseinander und verteilen<br />

die Einzelteile auf mehre Mülleimer. Wie gemein!<br />

Und wieder tut keiner etwas! Ich schaue mich um,<br />

aber die meisten Passanten bemerken den Vorgang<br />

nicht – oder wollen ihn nicht bemerken. Zivilcourage<br />

in Deutschland, das ist ja ebenso ein Thema<br />

für sich. Irgendwann lassen die Jugendlichen<br />

von ihrem Opfer ab, welches weinend damit beginnt<br />

die Mülltonnen zu durchwühlen. Zu meiner Zeit<br />

hätte es so etwas nicht gegeben.<br />

Vieles liegt im Argen: Dumpinglöhne, Bildungsmisere,<br />

Staatsverschuldung, Pflegenotstand, Verarmung,<br />

Obdachlosigkeit – wohin man schaut nur<br />

Missmanagement, Fehlverhalten und soziale Kälte.<br />

Gerade kurz vor Weihnachten wird mir immer<br />

bewusst, wie viel Not und Elend es doch auf der<br />

Welt gibt. Viele Leute denken über so etwas ja gar<br />

nicht nach. Die haben vor Weihnachten ja nur ihre<br />

Geschenke im Kopf, hasten im Weihnachtstrubel<br />

umher wie die Ameisen und kommen gar nicht auf<br />

die Idee, dass hier irgendetwas grundlegend verkehrt<br />

laufen könnte. Wirklich schade! Das fehlende<br />

Bewusstsein ist die Wurzel allen Übels, führt<br />

dazu, dass sich niemand mehr wirklich für andere<br />

einsetzt. Wenn man dieses Verhalten bewusst wahrnimmt,<br />

führt das bei Menschen wie mir zu einer<br />

Verärgerung, ja zu einem Zorn auf die gesamte<br />

Restwelt. Man möchte durch die überfüllten Fußgängerzonen<br />

springen, sich die Leute greifen und<br />

sie anschreien: „Wacht endlich auf! Wann handelt<br />

ihr endlich?“ Aber so etwas macht ja wieder keiner<br />

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