Berliner Leben & Arbeit
SILVESTER IM WESTIN GRAND BERLIN
SILVESTER IM WESTIN GRAND BERLIN
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
WISSENSCHAFT<br />
der aufgestellt und keine Leitung verlegt<br />
werden. Die nötige Infrastruktur entsteht<br />
von allein, weil immer mehr Haushalte<br />
drahtlose Router anschaffen. Zur<br />
Orientierung genügen drei empfangene<br />
Signale. „Fast überall in der Nürnberger<br />
Innenstadt sind es jedoch mindestens<br />
zehn“, sagt der Fra unhofer-Forscher<br />
Meyer. Deshalb falle es kaum ins Gewicht,<br />
wenn ein Router ausfällt oder<br />
ein neu gebautes Haus die Signalkarte<br />
ändert. Zudem können die Benutzer die<br />
empfangenen Signale an die Betreiber<br />
zurücksenden. So werden die WLAN-<br />
Fingerabdrücke laufend aktualisiert.<br />
Ähnlich wie das mp3-Format für Musik,<br />
das im selben Institut entwickelt wurde,<br />
könnte sich die WLAN-Ortung als<br />
weltweiter Standard etablieren. Denn<br />
sie funktioniert völlig kostenlos in jeder<br />
Stadt, sobald genügend WLAN-Fingerabdrücke<br />
im digitalen Stadtplan notiert<br />
sind. Der dazu nötige Drahtlosnetz-Adapter<br />
ist bei fast allen tragbaren Computern<br />
wie Notebooks und PDAs und<br />
zunehmend auch bei Handys eingebaut.<br />
Telefonkosten entstehen nicht, denn die<br />
Benutzer müssen nicht online sein, um<br />
sich zu orientieren. Das nötige Datenpaket<br />
können sie vor dem Städtetrip herunterladen.<br />
„Ob Stadtbesucher online sein müssen,<br />
um die neuesten Ausgehtipps zu erhalten,<br />
ist noch ungeklärt“, sagt Meyer.<br />
„Wie wir die Ortung mit den Zusatzfunktionen<br />
kombinieren, müssen wir<br />
mit den beteiligten Serviceanbietern<br />
noch austüfteln - ebenso, ob die Dienste<br />
für die Nutzer kostenfrei bleiben.“<br />
Möglicherweise werden Firmen dafür<br />
zahlen müssen, bei Serviceangeboten<br />
aufgeführt zu werden. Die schlauen Geräte<br />
verraten also nur die Tipps, für die<br />
eine inserierende Firma bezahlt - wer<br />
den Infodienst nicht bucht, wird auch<br />
nicht genannt.<br />
In mehreren Probeläufen hat die neue<br />
Technik ihre Tauglichkeit bereits bewiesen.<br />
Ende 2006 lief das System in<br />
einigen Straßenzügen der Nürnberger<br />
Altstadt. Dieses Jahr haben Meyer und<br />
seine Kollegen fleißig Fingerabdrücke<br />
der WLAN-Netze gesammelt. Jetzt<br />
funktioniert die Ortung im Umkreis von<br />
fünf Kilometern um den historischen<br />
Stadtkern. Trotzdem werden die Besucher<br />
des Christkindl-Marktes noch auf<br />
papierene Stadtpläne oder GPS zurückgreifen<br />
müssen. „Die WLAN-Ortung<br />
als Gesamtpaket inklusive der Zusatzdienste<br />
wollen wir bis Mitte kommenden<br />
Jahres einführen“, sagt Meyer.<br />
Bereits von Januar an werden die kommerziellen<br />
Partner des Fraunhofer-Projekts<br />
das System testen. Anschließend<br />
sollen sie ihre Anwendungsideen einbringen.<br />
Einer der Hauptpartner ist der<br />
Telefonbuch Verlag Hans Müller, der<br />
hinter den Gelben Seiten steht. Die sind<br />
längst per PDA auch mobil abrufbar<br />
- doch die WLAN-Ortung erspart den<br />
Benutzern das lästige Eintippen von<br />
Straßennamen.<br />
Auch Notrufdienste könnten von der<br />
Technik profitieren. Sie wären damit in<br />
der Lage, panische Anrufer eindeutig zu<br />
orten, die über das Internet (VoIP) telefonieren<br />
und ihren Standort nicht angeben.<br />
Das ist heute nur bei Telefonaten<br />
per Festnetz oder Funk möglich.<br />
Von Vorteil kann die Ortungstechnik<br />
auch in der Freizeit sein. Zum Beispiel<br />
beim Geocaching, einer beliebten Spielerei<br />
mit GPS-Geräten. Dazu deponiert<br />
jemand i gendwo eine Kiste mit einer<br />
Botschaft oder einer Flasche Wein und<br />
stellt die GPS-Koordinaten ins Internet.<br />
Dann beginnt die satellitengestützte<br />
Schnitzeljagd. Per WLAN-Ortung<br />
funktioniert das ohne teures mobiles<br />
Navigationsgerät. Und wer sich spontan<br />
verabreden will, hat es mit der neuen<br />
Technik künftig leichter: Das Handy<br />
informiert seinenBesitzer automatisch,<br />
wenn ein guter Bekannter im selben<br />
Stadtteil unterwegs ist.<br />
Gerhard Baier, Prokurist im Müller-Verlag,<br />
rechnet fest damit, dass die WLAN-<br />
Ortung bald Standard ist: „Das ist eine<br />
einfache und einleuchtende Idee, die<br />
sich rasch durchsetzen wird.“ Er ist zuversichtlich,<br />
dass das Verfahren in zwei<br />
bis drei Jahren in jeder deutschen Groß-<br />
stadt funktionieren wird.<br />
Noch haben allerdings nur<br />
wenige Handys eine WLAN-<br />
Funktion als Grundvoraussetzung<br />
für die Ortung. Und<br />
mit dem Notebook unter dem<br />
Arm wird wohl kaum jemand<br />
Großstädte erkunden. Baier<br />
erwartet indessen, dass der<br />
Drahtlos-Adapter bei Mobiltelefonen<br />
bald ebenso zur<br />
Grundausrüstung gehören<br />
wird wie heute die eingebaute<br />
Digitalkamera.<br />
Das Kartenlesen könnte dann<br />
dank GPS und WLAN-Ortung<br />
zu einer altmodischen Fertigkeit<br />
werden, die viele nicht<br />
mehr erlernen wollen. Doch<br />
wehe, ihr Akku ist leer. •<br />
32 <strong>Berliner</strong> <strong>Leben</strong> & <strong>Arbeit</strong>