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10 MUSIKSZENE<br />

Von einem, der Auszog: Von Loizersdorf nach New York<br />

Das aufregende Leben des Gitarristen Peter Knoll. Am 29.8. live in Passau<br />

Stand kürzlich der Neuen Woche<br />

Rede und Antwort: Peter Knoll.<br />

<br />

Foto: Schmidt<br />

von Tobias Schmidt<br />

folgt das Liebäugeln mit einer<br />

Laufbahn in sozialen Berufen.<br />

Doch Knoll optiert erst einmal<br />

für die sechs Saiten, die die<br />

Welt bedeuten. Das daraus ein<br />

‚ein für allemal werden würde’<br />

ahnt er noch nicht, als er bei<br />

der Passauer Band „Sunny Side<br />

Up“ einsteigt. „Wir spielten<br />

ausschließlich Eigenkompositionen.<br />

Ich lernte das vertracktere<br />

Vokabular von Soul, Funk<br />

und Jazz“. Lernt es vom unvergessenen<br />

Dichter-Sänger-<br />

Lebenskünstler-und-Musikmentor<br />

Ernst Fengler. „Es war<br />

schon faszinierend, wenn er<br />

Doch seine Lehrer vermitteln<br />

auch das Flair der großen Lehranstalten<br />

und Studios in den<br />

USA. Und diese Saat treibt aus:<br />

„Ich muss ans Berklee College<br />

of Music!“, beschließt Knoll.<br />

Also weg vom Bauernhof<br />

nach Boston. Ohne Großstadterfahrung,<br />

dafür mit zwei Koffern,<br />

einer Gitarre und in der<br />

Volkshochschule aufgefrischtem<br />

Englisch kommt er dort<br />

an. Mit den Instrumentalvirtuosen<br />

will er es gar nicht aufnehmen,<br />

sondern Komponieren<br />

und Arrangieren lernen.<br />

„In knapp 18 Monaten, was<br />

bei der Vergabe einer ‚Green<br />

Card’, einer lebenslangen<br />

Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis<br />

für die USA anspricht,<br />

probiert er es, und passiert<br />

1998 die erste Auswahlrunde<br />

erfolgreich. Bis alles fix ist,<br />

vergehen Jahre. 2004 zieht er<br />

dauerhaft in die USA. Zweieinhalb<br />

Jahre unterhält er als<br />

Musiker Passagiere auf Kreuzfahrtschiffen<br />

von Ancourage<br />

bis zu den Antillen. Mit 42,<br />

andere sind da arriviert, fängt<br />

Knoll noch einmal neu an – er<br />

lebt und arbeitet als freiberuflicher<br />

Musiker in New York. Im<br />

rist, hier ein längeres Engagement<br />

habe“ Knoll nimmt den<br />

Auftrag an… …und unterrichtet<br />

kurze Zeit darauf im Wohnzimmer<br />

von David Evans alias<br />

U2-Gitarrist „The Edge“. „Da<br />

kommst Du ins Schwitzen“, der<br />

Mann versetzt Stadien voller<br />

Zuhörer in Wallung, „privat<br />

ist er aber gänzlich unkompliziert“.<br />

Bis heute besteht Kontakt.<br />

Als Instrumentalist widmet<br />

sich Peter Knoll der freien<br />

Improvisation, eifert einer Traditionslinie<br />

des Jazz nach, die<br />

von Terje Rypdal über David<br />

Torn zu Stian Westerhus und<br />

So ein Regen! Da ist Peter<br />

Knoll den ganzen Weg von<br />

New York nach Loizersdorf<br />

bei Tittling gekommen, und<br />

dann hat der Himmel einfach<br />

kein Einsehen. Doch weil der<br />

Gemüseeintopf von Mutter<br />

Hilde eben gar so vorzüglich<br />

schmeckt, ist hier gut Warten<br />

auf ein Wolkenloch. Zwecks<br />

Fotogelegenheit: Knoll, Gitarrist,<br />

am Balkon seines Elternhauses<br />

lehnend. Mit Fernblick<br />

in die Landschaft, aus der er<br />

stammt. Die Landschaft auf<br />

dem Cover seines Debütalbums<br />

bilden Wolkenkratzer.<br />

„Certainty Is“ heißt diese CD,<br />

doch „Gewissheit“ gab’s im<br />

Leben des deutsch-amerikanischen<br />

Doppelstaatsbürgers<br />

lange nicht.<br />

„Bei mir geschah vieles ein<br />

wenig zeitversetzt“, sagt der<br />

49-Jährige von sich. Die Gitarre<br />

nimmt er mit 18 als Azubi<br />

zur Hand. Im zweiten Anlauf.<br />

Mit zwölf hatte noch der Frust<br />

über die Coolness gesiegt. Die<br />

erlebt Knoll bei einem Gitarre<br />

spielenden Freund. Und<br />

bei „AC/DC, Dire Straits, Led<br />

Zeppelin, J.J. Cale“. Da sind<br />

wir Mitte der 1980er Jahre.<br />

„Wie schon gesagt: Alles ein<br />

wenig zeitversetzt“. Dem Abitur<br />

mit 21 an der Passauer FOS<br />

Foto: Knoll<br />

in einer Spielpause mal eben<br />

den Tonsatz für jedes beliebige<br />

Instrument in der Partitur<br />

anpasste“. Nach der Auflösung<br />

von „Sunny Side Up“<br />

lehrt ihn Fengler noch etwas:<br />

dass man mit Musik auch den<br />

Lebensunterhalt bestreiten<br />

kann. „Damals zumindest“.<br />

Die Formation „Kellerkinder“<br />

ersteht 1990 wieder. Knoll<br />

ist dabei und investiert seine<br />

Gagen in wöchentlichen<br />

Unterricht am Münchner<br />

Gitarreninstitut. „Weil ich wieder<br />

Noten lesen lernen wollte“.<br />

sonst vier Jahre dauert.“ Kurz<br />

vorm Ziel geht das Geld aus.<br />

„Also bin ich zurück und jobbte<br />

in Passau als Hilfskoch und<br />

auf dem Bau.“ Es klappt mit<br />

dem Studienabschluss. Soll<br />

er nun den Sprung nach New<br />

York wagen? „Den Mumm hatte<br />

ich nicht“. Stattdessen zieht<br />

er Mitte der 1990er Jahre nach<br />

Berlin-Friedrichshain. Dorthin,<br />

wo der ‚Osten’ noch sichtbare<br />

Vergangenheit ist. Nicht seine.<br />

Die heißt Amerika, da will<br />

er anknüpfen. Und als ihn eine<br />

Bekannte auf die Chancen<br />

Stadtviertel Tribeca unterrichtet<br />

er in einer Musikschule. Bisweilen<br />

auch Kinder besonderer<br />

Eltern: Diana Krall und Elvis<br />

Costello nehmen bei ihm eine<br />

Probestunde für einen ihrer<br />

Zwillinge. Harvey Keitel trifft<br />

er bisweilen, wenn der seinen<br />

Sohn vom Klavierunterricht<br />

abholt. „Und eines Tages<br />

erkundigte sich eine Tänzerin<br />

namens Morleigh Evans<br />

bei mir nach Hausunterricht<br />

für die Söhne. Die Familie sei<br />

gerade von Irland hergezogen,<br />

da ihr Mann, selbst Gitar-<br />

Eivind Aarset reicht. Oder er<br />

begleitet, wie früher die Kinopianisten,<br />

Stummfilme. Was<br />

punktgenau klappen muss,<br />

also gerade nicht „ein wenig<br />

zeitversetzt“.<br />

Am Freitag, 29. August spielt<br />

Peter Knoll in der Reihe „Jazz<br />

am Russenkai“ im Café Museum<br />

in der Passauer Bräugasse<br />

gemeinsam mit Wolfram Derschmidt<br />

am Kontrabass und<br />

Schlagzeuger Stefan Spatz.<br />

Veranstaltungsbeginn ist um<br />

20 Uhr; der Eintritt ist frei.

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